* Inhaltsverzeichnis - Verkehrshaftungsrecht - Versicherungsrecht - KD-Guestbook *
In letzter Zeit ist häufiger festzustellen, dass sich Rechtsschutzversicherer an Rechtsanwälte wenden, die Versicherungsnehmer vertreten haben, denen die Rechtsschutzversicherer im Rahmen der geltenden Versicherungsbedingungen Deckungsschutz gewährt haben und der indes im Nachhinein wieder weggefallen ist. Dieses Verhalten ist z.B. dann festzustellen, wenn ein Versicherer, zum Beispiel im Rahmen der Gewährung von Deckungsschutz aufgrund strafrechtlichen Verhaltens des VN, von der Leistungspflicht frei wird, sofern der VN eine Vorschrift des Strafrechts verletzt hat und sich im Rahmen der Rechtsverfolgung herausstellt, dass der VN den Strafrechtsverstoß vorsätzlich begangen hat. Dies ergibt sich aus dem allgemeinen Risikoausschluss des § 4 Abs. 3 a ARB 75, der deckungsgleich ist mit § 2 i (Strafrechtsschutz) bzw. § 2 j im Rahmen des Ordnungswidrigkeitenrechtsschutzes. Ein derartiger Rückforderungsanspruch ist nicht nur für den Fall denkbar, dass der Versicherer aufgrund von Kostenvorschussrechnungen direkt an den Anwalt des VN leistet, sondern auch dann, wenn Leistungen des Rechtsschutzversicherers, zum Beispiel zur Abgeltung von Gerichtskostenvorschüssen, an die Gerichtskasse gezahlt werden und die Gerichtskasse - aus welchem Grunde auch immer - nicht verbrauchte Vorschüsse an den Versicherungsnehmer auskehrt, der dem Rückforderungsbegehren des Versicherers mit einer nachgewiesenen Zahlungsunfähigkeit begegnet.
1. Dieses direkt an den Anwalt des VN gerichtete Rückzahlungsbegehren wird seitens der Rechtsschutzversicherungen u.a. im erstgenannten Fall dann gestellt, wenn das Begehren zur Erteilung des Deckungsschutzes oder aber die Anforderung des Kostenvorschusses durch den Rechtsanwalt nicht ausdrücklich damit begründet wird, dass sowohl Deckungsschutz als auch Kostenvorschuss namens und im Auftrage des jeweiligen VN begehrt werde. Rechtsschutzversicherer vertreten dann die Auffassung, dass eine Leistung im Sinne des Gesetzes vom Rechtsschutzversicherer an den Anwalt erfolgt sei, sodass dieser in Ermangelung einer Leistungsverpflichtung auch zur Rückzahlung verpflichtet sei. Nach einer anderen Auffassung könne sich dieser gegenüber dem Rechtsanwalt geltend zu machende Rückforderungsanspruch auch aus § 67 VVG ergeben, der bekanntlich den Übergang von Ersatzansprüchen eines Versicherungsnehmers gegenüber einem Dritten auf den Schadenversicherer regelt. Beide Begründungen tragen indes nicht. Vielmehr ist weder das Bereicherungsrecht anwendbar noch kann sich überhaupt begrifflich ein Rückforderungsanspruch des VN gegenüber dem Anwalt ergeben, der im Wege des § 67 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergehen kann. Der Versicherer hat sich an seinen VN zu halten, dem er durch seine Zahlungen die Chance hat einräumen wollen, sich optimal zu verteidigen. Ob der Versicherer durch seine Zahlung Vorbehalts- bzw. Kulanzleistungen erbracht hat (so: Harbauer RSV 6. Auflage § 20 ARB 75 Rz. 30) oder in der Zahlung gar ein stillschweigender Verzicht auf den Einwand der Leistungsfreiheit zu sehen ist (so: AG Mains ZfS 1989, 90), soll hier nicht entschieden werden. Vielmehr geht der Verfasser im Weiteren von der Rückzahlungsverpflichtung aus; die Frage ist nur von wem.
b. Dieses vorgegebene Prinzip der Leistungen im Dreiecksverhältnis kann auch dann nicht unterlaufen werden, wenn - worauf anscheinend die Versicherer abzuheben gedenken - ein Anwalt sich nicht ausdrücklich gegenüber dem Versicherer „namens und im Auftrage des jeweiligen VN" meldet und damit nicht expressis verbis zum Ausdruck bringt, nicht in eigener Sache, sondern in Sachen des VN sich an die Rechtsschutzversicherer zu wenden. Die Rechtsstellung des Anwalts offenbart sich auch gegenüber dem Rechtsschutzversicherer bereits aus dessen Stellung als Interessenvertreter seines Mandanten. Daran kann die seitens des Anwalts in der Korrespondenz mit dem Rechtsschutzversicherer vorgenommene Wortwahl nichts ändern. Leistungsbeziehungen gibt es nun einmal nur im Verhältnis zwischen Versicherer und VN bzw. VN (Mandant) und Anwalt, was gerade Rechtsschutzversicherern unbekannt ist.
c. Wäre es dem Rechtsschutzversicherer unbekannt, hieße dies, dass dieser seine eigenen Versicherungsbedingungen nicht kennt. So bestimmt § 20 Abs. 4 Satz 1 der ARB 75 - und die entsprechende Vorschrift in § 2 der ARB 94 - dass der Versicherungsnehmer zur Rückzahlung der Leistungen verpflichtet ist, die der Versicherer für ihn erbracht hat, nachdem dem Versicherungsnehmer ein vorsätzliches Verhalten zur Last gelegt wurde. Die eigenen Rechtsschutzbestimmungen weisen mithin den Weg, der einzig und allein zum VN und nicht zu dessen Anwalt führt. So hat auch der BGH in VersR 1991, 1357 (1357) geurteilt, dass vertragliche Ansprüche auf Rückzahlung nicht geschuldeter Entschädigungen Ansprüche aus § 812 BGB verdrängen. Aus den in Bezug genommenen Bestimmungen der allgemeinen Rechtsschutzbedingungen ist des Weiteren der Schluss zu ziehen, dass der Rückforderungsanspruch sich auch ausschließlich gegen den VN richtet, selbst dann, wenn der Versicherer an dessen Anwalt gezahlt hat (vgl. dazu: LG München II RuS 1991, 344 (344)). Die Zahlung des Versicherers ist rechtlich als Zahlung an den VN zu charakterisieren, der dadurch von seiner Zahlungspflicht aus dem Anwaltsvertrag befreit ist.
Die Anwendbarkeit von § 67 VVG setzt jedoch begrifflich voraus, dass es einen Anspruch des VN gegen den Anwalt gibt, der sodann auf den Versicherer übergegangen sein kann. Ein derartiger Anspruch ist indes nicht ersichtlich. Aufgrund des zwischen Anwalt und Mandanten (VN) bestehenden Vertragsverhältnisses war der Mandant verpflichtet, die Leistungen des Anwalts zu vergüten. Diese Vergütungspflicht hat sich selbstverständlich nicht deshalb geändert, weil sich der Vorwurf vorsätzlichen Handelns des VN im Laufe des Verfahrens bestätigt hat. Dieser Vergütungsanspruch ist - ebenso wie der zunächst bestehende Anspruch des VN gegenüber dem Versicherer - durch dessen Zahlung an den Anwalt erfüllt worden.
3. Besitzt der Rechtsschutzversicherer weder einen eigenen noch einen übergegangenen Anspruch selbst in dem Falle, in dem er Versicherungsleistungen direkt an den Anwalt gezahlt hat, besteht natürlich erst recht kein Rückgriffsanspruch in dem Falle, in dem Zahlungen an die Gerichtskasse, zum Beispiel zum Ausgleich eines Gerichtskostenvorschusses geleistet werden und die Gerichtskasse im Falle des Nichtverbrauches des Vorschusses Rückzahlungen an den VN leistet. Auch hier ist der Versicherer über die geltenden Rechtsschutzbestimmungen gehalten, seinen Vertragspartner (den VN) in Anspruch zu nehmen. Das Insolvenzrisiko kann also auch im Rahmen dieser Fallkonstellation nicht auf einen Dritten, nämlich auf den Anwalt des Mandanten, verlagert werden.