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© 1997 bis heute / KD Mainlaw - Rechtsanwalt Tronje Döhmer, Grünberger Straße 140 (Geb 606), 35394 Gießen
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Stand: 9. März 2022

Uhren
Ukraine - Bandera-Staat (Stepan Bandera - überzeugter Faschist und im Westen der Ukraine verehrt)
Ukraine-Krieg
Umgangskalender (Dialogportal für getrennt lebende Eheleute)
Umgangsrecht I (alt - nicht aktualisiert)
Umgangsrecht II (alt - nicht aktualisiert)
Umgangsrechte (Leitsatzkommentar)
Umgangsrecht - Mainlaw
Umverteilen (Stiftung)
Umweltliste für Autos - VCD
Unharmonischer Intimverkehr
Universitäten
UN-Kaufrecht
Unlauterer Wettbewerb - Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (Leitsatzkommentar)
Unschuldsvermutung - Entscheidung des EGMR
(Un) schuldsvermutung - Rechtsstaat in Mittelhessen
Unterbringung - Bekanntgabe des Sachverständigengutachtens (Bekanntgabe des Gutachtens an Verfahrenspfleger/Betreuer ersetzt nicht die notw. Bekanntgabe an den Betroffenen persönlich)
Unterbringung - einstweilige - § 126a StPO (Praxisbeispiel)
Unterbringung - Europäische Kommission zur eigenen Verantwortung
Unterbringung psychisch Kranker - ab in die Klapse
Unterbringung - Zwangsfixierung und Zwangsbehandlung - Einstellung von Ermittlungsverfahren (BVerfG - so geht's nicht)
Unterhalt - Düsseldorfer Tabelle (OLG Düsseldorf)
Unterhalt - Düsseldorfer Tabelle - 01.07.1998 - 01.07.1999 - 01.07.2001 - 01.01.2002 - 01.07.2003 - 01.07.2005 - 01.07.2007 - 01.01.2008 (jeweils mit Anmerkungen, aber veraltet)
Unterhalt - Volljährigenunterhalt
Unterhalt nach der Trennung
Unterhalt - nachehelicher
Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt
Unterhaltsrecht (alt - nicht aktualisiert)
Unterhaltsrecht (nach Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes am 01.01.2008)
Unterhaltsrecht - Mainlaw
Unterhaltsvorschussgesetz
Unterirdische Beratung führt zum Zschäpe-Geständnis?
Unterlassungen - Tötung durch Unterlassen und unterlassene Hilfeleistung
Unternehmensberatung
Unternehmensberatung! Was ist das?
Unternehmensbewertung im Zugewinnausgleich
Unternehmensdaten aus dem Bundesanzeiger
Unternehmensregister (Zentrales elektronisches Unternehmensregister der Bundesministeriums der Justiz)
Untersuchungshaft
Untersuchtungshaftbefehl - Begründnung von Fortdauerentscheidungen
Untersuchungshaft - kleines Lexikon
Untersuchungshaft - überlang Überlastung des Gerichts
Urheberrecht (Institut für Urheber- und Medienrecht)
Urheberrechte im Netz - iRights
Urlaubsrecht - Mainlaw
Urteil dicht
Urteile mit Witz
USA - Rechtsstaat und Menschenrechte
US-Propaganda - eine weitere Lüge Syrien-Krieg

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Ukraine-Krieg

(MR, 27.02.2022) Die Rede des russischen Präsidenten Herrn Putin vom 23.02.2022, mit der er den militärischen Einsatz auf das Staatsgebiet des unabhängigen Staates Ukraine zu rechtfertigen versucht, enthält u. a. drei historische Prämissen. Es lohnt sich, diese zu hinter-fragen.

„Wir erinnern uns gut, wie 1940 und Anfang 1941 die Sowjetunion auf jede Weise bestrebt war, den Beginn des Krieges zu verhindern oder wenigstens hinauszuzögern."

An was Herr Putin damit konkret erinnern wollte, lässt er offen. Erst der japanische Angriff auf Pearl Harbor am 07.12.1941 veranlasste den Eintritt der USA in den Zwei-ten Weltkrieg. Dieser hatte bereits am 01.09.1939 begonnen. Der Überfall auf die Sowjetunion begann am 22.06.1941. Die Planungen für diesen Angriff begannen bereits im Juni 1940 nach dem Sieg über Frankreich. Der US-amerikanischen streng antikommunistischen Administration ist das nicht entgangen. Die Hoffnungen auf eine Zerschlagung der infolge der Oktoberrevolutionen entstandenen Sowjetunion durch das kapitalistisch-faschistische Deutschland waren groß und durchaus real. Das Kapital der USA finanzierte die Hitler-Kriege finanziell, was u.a. für die deutsche U-Boote-Flotte gilt.

Vor dem Beginn des Krieges fürchtete sich Stalin gewiss. Er musste schon seit Jahren einen Krieg der Japaner gegen die Sowjetunion im Osten fürchten. Die Japaner hielten große Teile Chinas besetzt und rückten immer weiter nach Süden vor. Hätten die Japaner ihre militärische Macht in China konsolidieren können, wäre ein Angriff der Japaner auf die Sowjetunion nur eine Frage der Zeit gewesen. Viele Armeen der Sowjetunion waren deshalb im Osten und an der Grenze zu China gebunden.

Die Invasion der Japaner in China begann am 07.07.1937. Die Ergebnisse dieses Krieges gegen China stellte spätestens mit dem Beginn der Invasion auch eine Be-drohung für die Sowjetunion dar. Moskau erkannte dies frühzeitig. Eine Maßnahme des Hinauszögerns des deutschen Krieges gegen die Sowjetunion könnte daher der deutsch-sowjetische Nichtan-griffspakt vom 24.08.1939 gewesen sein. Beide Seiten war bewusst, dass dieser Vertrag den Angriff auf die Sowjetunion nicht für alle Zei-ten ausschließen würde. Zu einer Verhinderung des Beginns des Krieges war dieser Pakt nicht geeignet. Niemand dürfte dies besser gewusst haben als die Strategen in Moskau.

„Bis zum letzten Moment haben wir versucht, den potentiellen Aggressor nicht zu provozieren."

Stalin und seinen Gefolgsleuten sowie dem militärischen Apparat der Sowjetunion blieb damals keine andere Wahl, als die Füße Still zu halten. Angesichts der Ereignis-se in Europa dürfte ihnen ihre militärische Unterlegenheit und die militärische Überle-genheit Hitler-Deutschlands bewusst gewesen sein. Dass die deutschen Faschisten sich „Lebensraum" im Osten verschaffen wollten, dürfte ihnen nicht entgangen sein. Es ging nicht darum, ob die deutschen Faschisten provoziert werden. Es ging darum, wann sich die deutschen Faschisten stark genug fühlten, den militärischen Marsch auf Moskau anzutreten. Dafür mussten sie lediglich ihre militärische Besat-zungsmacht in den in Europa angegriffenen Ländern stabilisieren.

„Deshalb haben wir sogar die allernötigsten und auf der Hand liegenden Verteidigungsmaßnahmen unterlassen oder viel zu spät eingeleitet."

Die Sowjetunion war aus wirtschaftlichen, militärtechnischen- und strategischen Gründen lange Zeit nicht in der Lage, die erforderlichen Verteidigungsmaßnahmen einzuleiten. Die diesbezüglichen Anstrengungen sind zu spät unternommen worden. Das ist richtig. Andererseits darf die schwerwiegende Bedrohung der Sowjetunion durch die hochgerüsteten militärischen Kräfte Japans nicht unterschätzt werden.

Den rassistischen Nachfahren der völkerrechtswidrigen Vernichter der nordamerikanischen indianischen Urbevölkerung, der Landräuber, der Sklavenhalter in den USA wäre es ein Fest gewesen, wenn die japanischen und deutschen Truppen die UdSSR vom Westen und vom Osten her vernichtet hätten. Die Entwicklungen in Chi-na bereiteten allerdings diesem Wunschkonzert im Verlaufe des Zweiten Weltkrieges ein unerwartetes Ende. Die in einem ewig langen Bürgerkrieg verfeindeten Armeen Chiang Kai-sheks und Mao Zedongs waren gezwungen, gemeinsame und verlustreiche Anstrengungen zu unternehmen, um die japanischen Besatzer aus dem Land zu vertreiben. Ihren Kampf um die Macht in China mussten sie einstweilen zurück-stellen. Diese Entwicklung war von großem Vorteil für die Sowjetunion. Sie konnte ihre Armeen zum großen Teil aus dem Osten abziehen und an die Westfront verle-gen. Dies führte neben anderen Anstrengungen im Bereich der Produktion von Kriegswaffen zur entscheidenden Wende in Krieg der Faschisten gegen die Sowjetunion. Die russische Kriegsmaschinerie konnte das faschistische Militär Deutschlands in erbitterten und verlustreichen Kämpfen zurückdrängen sowie Schritt für Schritt in Richtung Westen vordringen. Die sowjetische militärische Überlegenheit nahm im-mer mehr zu, sodass die Imperialisten in Washington befürchten mussten, die Sowjetunion werde im Verlaufe des Weltkrieges große Teile Europas besetzen. Dies erst veranlasste die USA nach dem Eintritt in den Zweiten Weltkrieg zu ihrem militärischen Engagement in Westeuropa. Die Motive dafür waren antikommunistisch und imperialistisch, aber keinesfalls antifaschistisch und antirassistisch.

Mit unterlassenen oder viel zu spät eingeleiteten allernötigsten und auf der Hand liegenden Verteidigungsmaßnahmen hat all dies, was im Kreml bekannt gewesen sein dürfte, nichts zu tun. Die massenhaften Opfer des chinesischen Volkes offenbar-ten den Japanern, dass ihre Bemühungen, ganz China zu unterwerfen, scheitern mussten. Nach und nach mussten sie sich zurückziehen. Die Aussichtslosigkeit ihrer militärischen Offensive in China nahm immer mehr Gestalt an. Aus nationalistischen Gründen entlud sich ihre Enttäuschung darüber mithilfe des Angriffs auf Pearl Har-bor. Die Quittung dafür erhielten die Japaner am Ende durch den Abwurf zweier Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki, obwohl diese Massenvernichtungsakti-on durch die US-Administration militärisch nicht mehr geboten war.

Am 30.03.2006 veröffentlichte die FAZ eine doppelseitige Dokumentation unter der Überschrift „Kein Tag ohne Krieg". Völkerrechtswidrige Angriffskriege gab es nach der Beendigung des Zweiten Weltkrieges sehr viele. Die Erkenntnisse, die sich aus dem Zweiten Weltkrieg ergeben haben, mündeten in viele Prinzipien. Einige davon konnten in die Normen des internationalen Rechts aufgenommen werden. Ignoriert werden sie dennoch von nahezu allen westlichen Staaten, die sich im Kriegsbündnis NATO zusammengeschlossen haben. Mit seinem Angriff auf die Ukraine folgt das kapitalistische Russland als Staat der Oligarchen einer Vielzahl von negativen Beispielen (Kriege in Korea, Vietnam, Kambodscha, vielen afrikanischen Staaten, Serbien, Afghanistan, Irak, Libyen, Syrien u.v.a.m.). Die berechtigte Forderung „Nie wieder Krieg!" ist in die Jahre gekommen und erscheint auf dem Hintergrund der globalen Machtstrukturen als Makulatur. Kapitalismus ist Krieg bis er an seinen Widersprüchen zugrunde geht. Dieser Prozess hat hoffentlich nicht das Ende der von Propaganda zerfressenen Menschheit zur Folge.

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(Un) schuldsvermutung - Rechtsstaat in Mittelhessen


Aus einer Anzeige vom 15.01.2019: „Die Beschuldigten wurden einer Verkehrskontrolle unterzogen. Alle befanden sich im Fzg mit dem amtlichen Kennzeichen XX XX XXX. Fahrer war der Beschuldigte XXX, der unter der ST/XXXXX/19 wegen Fahren unter Drogeneinfluss veranzeigt wurde. Im Fahrzeug wurde bei einer Durchsuchung insgesamt ca. 33 g Haschisch aufgefunden. Da alle Insassen angaben, nicht Besitzer des Rauschgifts zu sein, werden alle als Beschuldigte geführt."

Beschuldigt und schuldig ist, wem nichts nachgewiesen werden kann. Das ist die polizeiliche Kriminalhypothese, die der Logik der von vielen Staatsanwaltschaften bevorzugten „Drecksacktheorie" folgt: Schuldig ist, wer angeklagt wird.

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Unterbringung - einstweilige - § 126a StPO - ein Beispiel aus der Praxis

Aus dem Schriftsatz eines Verteidigers:

„ ... werden die Beschwerde gegen die Fortdauer der vorläufigen Unterbringung und die erhobene Verzögerungsrüge ergänzend begründet:

(1) Der Beschuldigte befindet sich aufgrund des Unterbringungsbefehls des Amtsgerichts ... vom 26.09.2016 in der Fassung des Beschlusses des Tatgerichts vom 07.09.2017 seit dem 30.09.2016 ununterbrochen in der vorläufigen Unterbringung. Die Dauer der vorläufigen Unterbringung beträgt daher mit Ablauf des 30.06.2019 2 Jahre und 9 Monate. Dies ist eine unverhältnismäßig lange Zeit.

(2) Die Dauer der vorläufigen Unterbringung des Beschuldigten dokumentiert unwiderlegbar eine tatsächliche und verfahrensrechtliche Schlechterstellung des Beschuldigten als vorläufig Untergebrachter gegenüber Gefangenen in der Untersuchungshaft.

(3) Diese Schlechterstellung ist nicht gerechtfertigt. Sie verstößt bereits gegen einfaches Recht.

Die Europäische Kommission wies kürzlich, nämlich in einem Schreiben vom 09.04.2019 nochmals ausdrücklich darauf hin, "dass die Bundesrepublik Deutschland nicht nur die Konvention (gemeint: UN-BRK), sondern auch das dazugehörige Fakultativprotokoll ratifiziert hat."

Sollte der Beschuldigte an der vom Tatgericht angenommenen psychischen Erkrankung leiden, würde er als behinderter unter den Schutz der UN-BRK und des dazugehörigen Fakultativprotokolls fallen. Das kann nicht ernsthaft bestritten werden. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Revisionsbegründungsschrift vom 08.05.2019 Bezug genommen.

Einer nicht behinderten und in Untersuchungshaft befindlichen Person könnte nicht über einen Zeitraum von 2 Jahren und 9 Monaten hinweg die Freiheit entzogen werden. Erst recht gilt dies, wenn einer solchen Person lediglich die Begehung einfacher Körperverletzungen zur Last gelegt werden könnte.

(4) Für den Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung und die Ungefährlichkeitsvermutung (Kammeier/Pollhähne, Maßregelvollzugsrecht, 4. Aufl., Rz. B 52 ff).

Die Anwendbarkeit des § 20 StGB stellte das Tatgericht in den Gründen des schriftlichen Urteils vom 01.10.2018 ausdrücklich fest. Der Beschuldigte kann sich daher nicht nur auf die Unschuldsvermutung berufen. Seine Unschuld ist gerichtlicherseits bereits anerkannt.

Die Ungefährlichkeitsvermutung ist zulasten des Beschuldigten nicht widerlegt, insbesondere nicht durch die Ausführungen des Tatgerichts in den schriftlichen Urteilsgründen. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten wird erneut Bezug genommen auf den Inhalt der Revisionsbegründungsschrift vom 08.05.2019.

(5) Im Jahr 2007 führte der Gesetzgeber in den Verfahren über eine vorläufige Unterbringung eine Haftprüfung durch das zuständige Oberlandesgericht ein. Damit sollte eine verfahrensrechtliche Schlechterstellung vorläufig untergebrachter Personen gegenüber Gefangenen in der Untersuchungshaft beseitigt werden.

Der Gesetzgeber verfehlte seine Ziele in verfassungsrechtlicher, menschenrechtlicher und völkerrechtlicher Hinsicht. Dies belegt u.a. der Fall des Beschuldigten.

Würde der Auslegung und Sichtweise der Europäischen Kommission gefolgt, dass die EU-Charta kein Recht der Union ist, welches beim Umgang mit Menschen im Strafrecht, insbesondere in der einstweiligen Unterbringung nach § 126a StPO zu beachten ist, wäre das ein Armutszeugnis. Wäre das richtig, hätte sogar die EU einschließlich der Kommission kein Werkzeug in der Hand, den Nachfolgestaat des NSDAP-Regimes im Zusammenhang mit der Anwendung des aus der Nazizeit stammenden Rechts (§ 63 StGB) zur Einhaltung der sich aus der Charta ergebenden Rechte zu zwingen.

(6) Die derzeit geltende Rechtslage eröffnet reichhaltige Möglichkeiten für willkürliche Ungleichbehandlungen und Wertungen ganz im Sinne des im Jahr 1933 herrschenden Gedankengutes (Kranke und Behinderte sind gefährlich ... es handelt sich um unwertes Leben … usw.). Dies kann nicht geduldet werden.

Die diesbezüglichen Vorgaben sind nicht akzeptabel. So soll bei der Prüfung der Frage der Fortdauer der vorläufigen Unterbringung zu beachten sein, dass § 126a StPO dem Schutz der Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern diene. Daher könne die vom Beschuldigten ausgehende Gefahr für höchste Rechtsgüter dazu führen, dass die Fortdauer der Unterbringung trotz vermeidbarer Verfahrensverzögerungen angeordnet werden müsse (Meyer-Gossner/Schmidt, StPO, 59. Aufl., Rz. 10a zu § 126a).

Solche Kommentierungen fördern eine pauschalisierende Auslegung im Sinne von krank, behindert und gefährlich, also ganz im Sinne des im Jahre 1933 herrschenden Gedankengutes.

(7) Im konkreten Fall des Beschuldigten sind selbst im Sinne einer äußerst „konservativen" Betrachtung folgende weitere Gesichtspunkte zu beachten:

- Die Verteidigung strebt mit ihren Anträgen lediglich eine fachgerechte Behandlung des Beschuldigten in einer Klinik außerhalb des Verwahrvollzuges der Vitos Kliniken an.
- Das Tatgericht ging in seinem zweifelhaften Urteil vom 01.10.2018 davon aus, der Beschuldigte habe lediglich einfache Körperverletzungsdelikte begangen.
- Das Vorliegen einer vom Beschuldigten ausgehenden „Gefahr für höchste Rechtsgüter" ist nicht festgestellt. Die maßgeblichen Begrifflichkeiten tauchen in den schriftlichen Urteilsgründen nicht auf, weil insoweit keine Prüfung erfolgte.
- Dem Tatgericht und dem Beschwerdegericht ist es möglich, sich über allgemein zugängliche Quellen davon zu unterrichten, welche Zustände (Missstände) in der Klinik Frankfurt-Höchst herrschen. Entsprechendes gilt bundesweit für Maßregelvollzugsanstalten, insbesondere für die vom Vitos-Konzern in Hessen betriebenen Verwahranstalten. Es besteht aufgrund des Inhalts der Veröffentlichungen der Verdacht, dass sich die Zustände dort nicht von denen in der Klinik Frankfurt-Höchst unterscheiden.

(8) Nach alledem werden das Tatgericht und das Beschwerdegericht erneut aufgefordert, die beantragten Entscheidungen zu treffen. Die Beschwerdeschrift datiert vom 04.03.2019. Den Beschluss über die Nichtabhilfe der Beschwerde fasste das Tatgericht am 11.03.2019.

Seither sind nahezu drei Monate vergangen, ohne dass sich im Ansatz erkennen ließe, was seitens der Strafjustiz hinsichtlich des für den Beschuldigten eingelegten Rechtsmittels unternommen worden sein könnte. Mit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes hat das nichts mehr zu tun.

Die Verteidigung kann sich nicht persönlich über den Verfahrensstand informieren. Sie stellte am 02.10.2018 (!) den Antrag, ihr mit Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe vollständige Einsicht in die Akten einschließlich der Beiakten zu gewähren. Warum der Verteidigung diese Akteneinsicht bisher verweigert worden ist, kann nicht nachvollzogen werden. ..."

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Unterbringung - Europäische Kommission zur eigenen Verantwortung

Brüssel im Mai 2019: „ ...vielen Dank für Ihre oben genannte Nachfrage zu meiner Antwort auf die Beschwerde des Herrn ... wegen seiner vorläufigen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß § 63 des deutschen Strafgesetzbuchs. Da Sie Herrn ... offensichtlich anwaltlich vertreten, möchte ich zu der Angelegenheit noch einmal Stellung nehmen.

Neben der von Herrn ... vermuteten Verletzung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) führt Ihr Mandant in seiner Beschwerde vom 28. Februar 2019 eine Reihe von Artikeln der Europäischen Grundrechtecharta (EU-Charta) an, durch deren Nichtbeachtung seine Rechte ebenfalls verletzt worden seien.

Nach den hier vorliegenden Informationen geht hervor, dass die EU-Charta für den vorliegenden Fall anzuwenden ist. Gemäß Artikel 51 Absatz 1 sind die Bestimmungen der Charta an die EU-Organe gerichtet. Sie binden die Mitgliedstaaten nur, wenn diese das EU-Recht umsetzen. Für die vorläufige Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik ist im Fall des Herrn ... kein EU-Recht anwendbar. Daher gilt auch hier die EUCharta nicht.

Zu der von Herrn Lemke vermuteten Verletzung der UN-BRK erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass die Bundesrepublik Deutschland nicht nur die Konvention, sondern auch das dazugehörige Fakultativprotokoll ratifiziert hat. Dies bedeutet, dass Einzelpersonen oder Gruppen von Einzelpersonen, die behaupten, Opfer einer Verletzung der Bestimmungen der UN-BRK durch den Mitgliedstaat zu sein, unter bestimmten Bedingungen eine Beschwerde an den UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen richten können. Zu den Bedingungen, die Beschwerdeführer erfüllen müssen, gehört insbesondere, dass alle verfügbaren innerstaatliche Rechtsmittel erschöpft sein müssen. ..."

Artikel 51 der EU-Charta lautet:

Anwendungsbereich

(1) Diese Charta gilt für die Organe und Einrichtungen der Union unter Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips und für die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Dementsprechend achten sie die Rechte, halten sie sich an die Grundsätze und fördern sie deren Anwendung gemäß ihren jeweiligen Zuständigkeiten.

(2) Diese Charta begründet weder neue Zuständigkeiten noch neue Aufgaben für die Gemeinschaft und für die Union, noch ändert sie die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben.

Das bedeutet nach der Auslegung und Sichtweise der Europäischen Kommission, dass die EU-Charta kein Recht der Union ist, welches beim Umgang mit Menschen im Strafrecht, insbesondere in der einstweiligen Unterbringung nach § 126a StPO zu beachten ist. Das ist m. E. Armutszeugnis. Wäre das richtig, hätte die EU kein Werkzeug in der Hand, den Nachfolgestaat des NSDAP-Regimes im Zusammenhang mit der Anwendung des aus der Nazizeit stammenden Rechts (§ 63 StGB) zur Einhaltung der sich aus der Charta ergebenden Rechte zu zwingen.

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Unterbringung psychisch Kranker - ab in die Klapse

Bayern plant mit Gesetzesnovelle Ausweitung der Möglichkeiten zur Zwangseinweisung in psychiatrische Einrichtungen. Straftat keine Voraussetzung

Wegsperren wird offenbar zum einzigen Prinzip der bayerischen Innenpolitik. Seit Wochen wird gegen das geplante neue Polizeigesetz protestiert, das unter anderem eine zeitlich unbegrenzte Inhaftierung von »Gefährdern« erlaubt. Jetzt nimmt die CSU-Landesregierung Menschen mit seelischer Beeinträchtigung ins Visier. Am heutigen Mittwoch bringt sie das Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz (Bay-PsychKHG) in den Landtag ein, das die Möglichkeiten für eine Zwangseinweisung in die Psychiatrie ausweitet. Zudem soll eine »Unterbringungsdatei« angelegt werden, in der mindestens fünf Jahre Informationen über alle auf Anordnung eines Gerichts in die Psychiatrie Eingewiesenen gespeichert werden, darunter Name, Familienstand, Krankheitsbezeichnung und Dauer der Unterbringung.

Nach dem Missbrauch der Psychia-trie in der Zeit des Hitlerregimes hat der Gesetzgeber strenge Anforderungen an eine Zwangseinweisung festgelegt. Ein Gericht muss eine klare Selbst- oder Fremdgefährdung feststellen. Das neue Gesetz würde nach Ansicht von Kritikern der Willkür Tür und Tor öffnen. Denn künftig soll gegen seinen Willen in eine psychiatrische Einrichtung gesteckt werden können, wer »Rechtsgüter anderer, das Allgemeinwohl oder sich selbst« gefährdet.

Damit würden psychisch Kranke »in massiver Weise diskriminiert«, sagte Matthias Seibt vom Bundesverband Psychiatrieerfahrener am Dienstag gegenüber /jW/. Die CSU leiste mit ihrem Gesetz dem Vorurteil vom »gemeingefährlichen Verrückten« Vorschub. Dabei hätten Studien längst belegt, dass psychisch Kranke nicht häufiger straffällig werden als Menschen ohne Diagnose. Margit Berndl vom Paritätischen Wohlfahrtsverband in Bayern kritisierte laut /Spiegel online/, psychisch kranke Menschen würden im Gesetzentwurf »wie Kriminelle behandelt«.

So sieht das auch Sylvia Gabelmann, Sprecherin für Arzneimittelpolitik und Patientenrechte der Linksfraktion im Bundestag. »Bayern will aus Menschen mit psychischen Erkrankungen Straftäter machen«, sagte sie am Dienstag im Gespräch mit /jW/. Werde das Vorhaben umgesetzt, würden sie ihrer Freiheits- und Persönlichkeitsrechte beraubt. Gabelmann sieht Parallelen zu den geplanten weiteren Verschärfungen des bayerischen Polizei-Aufgaben-Gesetzes (siehe dazu /jW/-Schwerpunktseite am 27.2.).

Gabelmann: »Auch hier überholt die CSU die AfD mittlerweile rechts.« In der /Süddeutschen Zeitung/ (Montagausgabe) übte Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion, scharfe Kritik an dem Gesetzesentwurf. Er enthalte nur vier Paragraphen, die Hilfe für Kranke thematisierten, aber 35, in denen es um ihre »Unterbringung« zum Zwecke der Gefahrenabwehr gehe. Positiv an dem Vorhaben sei lediglich der Aufbau eines flächendeckenden psychiatrischen Krisendienstes. »Fast alle anderen Vorschriften orientieren sich am Strafrecht und am Maßregelvollzug für Straftäter«, urteilt der Jurist Prantl. Zu befürchten sei eine »Mollathisierung des Rechts«, schrieb er mit Blick auf den Fall Gustl Mollath. Der stand 2006 in Nürnberg wegen diverser Delikte vor Gericht, wurde für schuldunfähig erklärt und in den Maßregelvollzug der forensischen Psychiatrie eingewiesen. Aufgrund »stets fortgeschriebener Gefährlichkeitsgutachten« (Prantl) wurde er dort bis 2013 festgehalten. Erst das Bundesverfassungsgericht hob alle Unterbringungsbeschlüsse auf.

Breite Ablehnung erfährt auch die geplante Unterbringungsdatei, in der Daten der Patienten vom Namen bis zur Diagnose gespeichert werden und für Behörden inklusive der Polizei zugänglich sein sollen. Die SPD-Landtagsabgeordnete und Gesundheitsexpertin Kathrin Sonnenholzner sagte dem /Bayerischen Rundfunk (BR)/ am Dienstag, die Psychiatrie gerate mit einer solchen Datei in Verruf. Zu Recht werde »mehr Stigmatisierung« befürchtet. So würden Menschen mit Depressionen »behandelt wie verurteilte geisteskranke Verbrecher«.

Die Landesregierung will mit dem BayPsychKHG, das das Unterbringungsgesetz von 1992 ablösen soll, nach eigenen Angaben die Zahl der Zwangseinweisungen senken. Der Freistaat hat laut /BR/ mit 60.000 nicht freiwilligen Unterbringungen allein im Jahr 2015 die Spitzenposition in Deutschland inne. (Quelle: jw 18.04.2018)

Kommentar: Der aufmerksame Beobachter und kritische Analyst sollte sich die Mühe machen, die sich andeutende Gesetzgebungspraxis mit den Quellen aus der Zeit von 1933 bis 1945 abzugleichen. Die Nachkommen scheinen aus der Geschichte nichts gelernt zu haben, weil sie diese leugnen oder gar nicht mehr kennen.

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Unterlassungen - Tötung durch Unterlassen und unterlassene Hilfeleistung

Bundesdeutsche Qualitätsmedien leisteten sich im ZDF Morgenmagazin am 05.07.2018 einen weiteren Beweis für ihre sonderliche, propagandistische und menschenfeindliche Denkweise. Eine sicher gut bezahlte Moderatorin, die für sich in Anspruch nimmt, Journalistin zu sein, befragte einen Seenotrettungshelfer danach, aus welchen Gründen er sich für berechtigt und befugt hält, Menschen, die auf ihrer Flucht in Seenot geraten sind, zu retten. Mit solchen Fragen werden rechtsstaatliche Grundsätze in ihr kriminelles Gegenteil verkehrt. In unzähligen Strafgesetzbüchern dieser Welt gibt es den Straftatbestand der unterlassenen Hilfeleistung. Darüber hinaus können viele Straftatbestände durch Unterlassung begangen werden. Menschen, die ausländische, vor allem afrikanische Flüchtlinge im Mittelmeer retten, müssen dagegen rechtfertigen, warum sie mit ihrer Hilfeleistung verhindern, dass unzählige Menschen ihr Leben durch Ertrinken verlieren. Die Vertreter des ausländerfeindlichen, asylfeindlichen und rassistischen Mainstreams kommen gar nicht auf die Idee, dass es eine tradierte, rechtliche Verpflichtung für alle Menschen gibt, in Seenot geratene Menschen vor dem Schicksal des Ertrinkens auf hoher See zu bewahren, wenn sie denn dazu eine entsprechende Möglichkeit haben. Eine solche Verpflichtung akzeptierten sogar, wenn auch nur gelegentlich, die faschistischen Marinesoldaten im sogenannten Dritten Reich. So verkommen ist das Denken der Journaille schon.

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USA - Rechtsstaat und Menschenrechte

Zur Krise des Rechtsstaats merkt Losurdo an: " ... Die Krise rule of law, die die kapitalistische und imperialistische Metropole selbst überzieht und die, wiewohl sie in 1. Linie die Barbaren trifft, doch nicht einmal US-Staatsbürger verschont, hat die traditionelle Weigerung des Westens zur Basis, sich gegenüber 'Barbaren' an den Rechtsstaat halten zu müssen. ..." (Losurdo, Wenn die Linke fehlt, 2017, Seite 78)

Westlichen Journalisten und rechten Ideologen schreibt Losurdo u.a. folgendes ins Stammbuch: "... Die Weltsupermacht 'ist die Nummer 1 beim einsperren ihrer Bürger mit einer Gefangenenrate weit über der von Russland, Kuba, Iran oder China' (Shane 2012). Und man sollte sich nicht einbilden, dass die Haftbedingungen in den USA besonders mild wären. Die Vereinigten Staaten stellen sich gern als Verkörperung der Menschenrechte dar und spielen sich diesbezüglich besonders gegenüber China auf. Abgesehen davon, dass in letzterem Land die am meisten pro-westlich eingestellten Kreise es nicht glauben wollen und entsetzt sind, wenn sie erfahren, dass in den USA die weiblichen Häftlinge gezwungen werden, in Handschellen zu gebähren (Tatlow 2012. ..." (Losurdo, Wenn die Linke fehlt, 2017, Seite 72, 73)

Bei den USA handelt es sich um ein Land, welches die Mindestanforderungen, die an einen Rechtsstaat zu stellen sind, nicht erfüllt. So ist es möglich, dass ein Präsident souverän nicht nur über den Tod des einen oder anderen "Verdächtigen", sondern de facto auch über den von dessen Familienmitgliedern entscheiden kann und entscheidet. Dafür gibt es eigens angelegte Todeslisten, die kill lists (Losurdo, Wenn die Linke fehlt, 2017, Seite 74 ff). Ein solches Land darf die Welt nicht nur nicht anführen, sondern es darf bei seinem Treiben auch nicht von seinen Verbündeten unterstützt werden.

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