VG Gießen, Urteil , 26.10.2005, 8 E 1697/05, IHKG, 2, 3, Beitragsordnung, Pflichtmitgliedschaft, Kammer, Beitrag, GG, 2, Handlungsfreiheit, Zwangsmitgliedschaft, Niederlassungsfreiheit, Industrie- und Handelskammer, Beitragsordnung, Aequivalenzprinzip,
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IHKG §§ 2, 3; Beitragsordnung
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VG Gießen, Urteil vom 26.10.2005 8 E 1697/05 *
„ ... Tatbestand: Die Klägerin ist eine GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist die erlaubnisfreie Vermittlung von Dienstleistungen als Teledienstleister im
Sinne des Teledienstgesetzes einschließlich aller damit im Zusammenhang stehenden Dienstleistungen (Beratung, Telefondienst, E-Mail-Dienst, Fax-Dienst,
Internet-Dienst, Intranet-Dienst und vergleichbare genehmigungsfreie Dienste). Ausgenommen sind Vermittlungstätigkeiten nach § 34 c Gewerbeordnung und
sonstige erlaubnispflichtige Gewerbe nach Gewerbeordnung sowie Geschäfte der Banken, Bausparkassen und Versicherungen. Die Klägerin hatte seit dem Jahr
1999 ihren Sitz in Wettenberg. Am 22.07.2004 beschloss die Gesellschafterversammlung eine Sitzverlegung nach Gießen. Dies wurde am 04.05.2005 in das
Handelsregister eingetragen.
Mit Bescheid vom 19.01.2005 veranlagte die Beklagte, die Industrie- und Handelskammer Wetzlar, die Klägerin die einem Grundbeitrag für das Jahr 2005 in
Höhe von 214,-- EUR.
Durch Bescheid vom 04.02.2005 veranlagte die Beklagte die Klägerin abermals zu einem Grundbeitrag für das Jahr 2005 in Höhe von 214,-- EUR.
Am 03.03.2005 legte die Klägerin gegen den Beitragsbescheid vom 04.02.2005 Widerspruch ein und führte aus, der Bescheid vom 04.02.2005 beziehe sich auf
einen solchen vom 19.01.2005, den sie aber nicht erhalten habe. Überdies sei der Beitragsbescheid rechtswidrig.
Unter dem 04.04.2005 versandte die Beklagte ihren Bescheid vom 19.01.2005 erneut.
Mit Fax vom 07.04.2005 legte die Klägerin auch gegen den Beitragsbescheid vom 19.01.2005 Widerspruch ein. Auch diesen Bescheid hielt die Klägerin für
rechtswidrig. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Beitragsbescheids lägen nicht vor. Ferner bestünden europarechtliche Bedenken gegen die Heranziehung
der Klägerin zu Beitragszahlungen.
Mit Bescheid vom 30.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Bescheide seien rechtmäßig. Die Klägerin sei
Mitglied der Beklagten, woraus die Beitragspflicht folge. Da für die Klägerin kein Gewinn gemeldet worden sei, werde eine Umlage nicht erhoben und es
verbleibe beim Grundbeitrag in Höhe von 214,-- EUR. Die Veranlagung der Klägerin zu Beiträgen verstoße auch nicht gegen Europarecht.
Am 25.07.2005 hat die Klägerin Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe europarechtliche Bedenken gegen ihre Heranziehung zu
Beitragszahlungen durch die Beklagte. Die Beitragsbescheide seien auch deshalb rechtswidrig, da sie, die Klägerin, im Jahr 2004 ihren Sitz nach Gießen verlegt
habe. Hierfür sei die Beklagte nicht zuständig. Die Sitzverlegung sei durch Gesellschafterbeschluss vom 22.07.2004 erfolgt. Es komme insoweit nicht darauf an,
wann die Sitzverlegung in das Handelsregister eingetragen worden sei. Sie, die Klägerin, habe ihre Verwaltung zudem seit Jahren in der Bleistraße 34 in Gießen.
Die Klägerin beantragt, die Bescheide der Beklagten vom 19.01.2005 und vom 04.02.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30.06.2005
aufzuheben. Die Beklagte, die Klage abzuweisen.
Sie ist der Ansicht, ihre Bescheide seien rechtmäßig. Maßgeblich für die Sitzverlegung sei der Zeitpunkt der Eintragung im Handelsregister. Durch einen bloßen
Gesellschafterbeschluss könne eine Sitzverlegung nicht vollzogen werden. Gemäß ihrer, der Beklagten, Beitragsordnung sei der Grundbeitrag auch dann in voller
Höhe zu erheben, wenn der gewerbliche Betrieb - wie hier - nicht im ganzen Erhebungszeitraum beitragspflichtig gewesen sei.
Das Gericht hat einen Handelsregisterauszug betreffend die klägerische GmbH eingeholt. Hierzu wird auf den chronologischen Registerauszug des Amtsgerichts
Gießen (Az.: 21 HRB 3422) verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Behördenakte der Beklagten Bezug
genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe: Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenen Umfang begründet. Nur insoweit sind die Beitragsbescheide vom
19.01.2005 und vom 04.02.2005 sowie der Widerspruchsbescheid vom 30.06.2005 rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1
S. 1 VwGO).
Die Klägerin ist kammerzugehörig im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG und somit Mitglied der Beklagten, solange ihre Sitzverlegung in den Bezirk der Industrie- und
Handelskammer Gießen noch nicht in das Handelsregister eingetragen war. Denn nach § 2 Abs. 1 IHKG gehören zur Industrie- und Handelskammer unter
anderem juristische Personen des privaten Rechts, welche im Bezirk der Industrie- und Handelskammer entweder eine gewerbliche Niederlassung oder eine
Betriebsstätte oder eine Verkaufsstätte unterhalten, sofern sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind. Diese Voraussetzungen sind in Bezug auf die Klägerin bis zur
Eintragung der Verlegung ihres Sitzes in das Handelsregister gegeben.
Die hiernach grundsätzlich bestehende Pflichtmitgliedschaft der Klägerin bei der Beklagten verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht.
Verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab ist insoweit Art. 2 Abs. 1 GG (BVerwG, U. v. 21.07.1998 - 1 C 32.97 -, GewArch 1998, 410, 411). Das
Bundesverfassungsgericht hat zudem bereits mit Beschluss vom 19.12.1962 - 1 BvR 541/57 - (BVerfGE 15, 235, 243) ausgeführt, die pflichtige Zugehörigkeit
zu den Industrie- und Handelskammern sei mit dem Grundgesetz vereinbar, weil diese Kammern legitime äffentliche Aufgaben wahrnähmen und der Gesetzgeber
den Kammern Aufgaben übertragen habe, deren Wahrnehmung für die Kammermitglieder nicht übermäßig belastend und zumutbar sei. Dieser Rechtsprechung
hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 21.07.1998 (a.a.O., S. 411) ausdrücklich nochmals angeschlossen. Sie wird auch von der erkennenden
Kammer geteilt (B. v. 09.06.2000 - 8 E 3210/99 - S. 4 UA).
Von der Ansicht, dass das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und nicht der Schutzbereich der Vereinigungsfreiheit des Art. 9
Abs. 1 GG den verfassungsrechtlichen Maßstab für die Zulässigkeit einer Zwangsmitgliedschaft in einer öffentlich-rechtlichen Vereinigung bildet, geht auch die
ganz herrschende Meinung aus (vgl. z. B. OVG NW, B. v. 29.04.1998 - 4 A 2384/97 -, GewArch 1998, 413, 414; VG Arnsberg, U. v. 15.12.1997 - 13 K
3737/96 -, NVwZRR 1998, 557, 558; Frentzel/Jäkel/Junge, Industrie- und Handelskammergesetz, Komm., 6. Aufl., 1999, § 2 Rdnr. 3; Löwer, GewArch 2000,
89, 95).
Die Pflichtmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer ist jedenfalls in ihrer konkreten Ausgestaltung nicht unvereinbar mit dem verfassungsrechtlichen
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der als Bestandteil der verfassungsmäßigen Ordnung eine Schranke des Art. 2 Abs. 1 GG bildet. Eine solche
Pflichtzugehörigkeit ist geeignet und erforderlich, damit die Kammern die ihnen zukommenden öffentlichen Aufgaben erfüllen können. Nur die
Pflichtmitgliedschaft sichert eine von Zufälligkeiten der Mitgliedschaft und Pressionen freie sowie umfassende Ermittlung, Abwägung und Bündelung der
maßgeblichen Interessen, die erst eine objektive und vertrauenswürdige Wahrnehmung der Gesamtinteressen aller Mitglieder ermöglicht (vgl. BVerfG, B. v.
19.12.1962 - 1 BvR 541/57 -, BVerfGE 15, 235, 242 f.). Die Pflichtzugehörigkeit zur Industrie- und Handelskammer verstößt schließlich auch nicht gegen den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Sie bedeutet keine die Grenze des Zumutbaren überschreitende Beeinträchtigung der unternehmerischen
Handlungsfreiheit der Mitglieder, sondern ermöglicht diesen im Gegenteil die Chance zur Mitwirkung in der Kammer und zur Nutzung der Kammerleistungen
(BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, GewArch 1999, 193, 194 zur Pflichtmitgliedschaft in einer Handwerkskammer).
Die Pflichtzugehörigkeit der Klägerin zu der Beklagten steht ferner mit europarechtlichen Vorgaben in Einklang. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen die
Europäische Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vor. Die Pflichtmitgliedschaft ist insbesondere mit Art. 11 EMRK
vereinbar, der das Recht der Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gewährleistet. Diese Konvention ist in innerstaatliches Rechts transformiert worden und
hat in der Normenhierarchie den Rang eines einfachen Gesetzes (vgl. VG Würzburg, U. v. 29.11.1995 - W 10 K 95.1000 -, GewArch 1996, 161). Der
Schutzbereich des Art. 11 EMRK, nach dem alle Menschen das Recht haben, sich frei mit anderen zusammenzuschließen, betrifft jedoch nicht Abwehransprüche
gegenüber öffentlich-rechtlichen Zwangsvereinigungen (vgl. VG Gießen, U. v. 09.06.2000 8 E 3210/99 -, S. 6 UA).
Die Pflichtzugehörigkeit zu den Industrie- und Handelskammern steht auch mit Art. 43 EGV (= Art. 52 nach der Zählung des Vertrages von Maastricht), der die
Niederlassungsfreiheit regelt, in Einklang. Die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer solchen Kammer widerspricht nicht dem in dieser Vorschrift enthaltenen
Diskriminierungsverbot, nach dem jede ungerechtfertigte Benachteiligung von EU-Ausländern gegenüber Inländern nicht erlaubt ist. Dies wäre dann der Fall,
wenn ausländische Unionsbürger von der Mitgliedschaft ausgeschlossen wären und dadurch Nachteile erlitten. Ausländische Unionsbürger werden aber nicht von
einer Mitgliedschaft ausgeschlossen. Das deutsche Industrie- und Handelskammergesetz knüpft die Frage der Pflichtzugehörigkeit allein an die Ausübung eines
Gewerbebetriebs an und differenziert nicht nach der Staatsangehörigkeit (vgl. VG Koblenz, Gerichtsbescheid v. 11.01.1996 - 3 K 2856/95.KO -, GewArch
1996, 283, 284; Gornig, WiVerw 1998, 157, 178). Selbst wenn man der weitergehenden Ansicht folgte, die Niederlassungsfreiheit verlange nicht nur einen
Anspruch auf Inländergleichbehandlung, sondern enthalte darüber hinaus auch ein Beschränkungsverbot (vgl. zu Meinungsstand-. Bröhmer, in: Calliess/Ruffert,
EUV / EGV, 2. Aufl., 2002, Art. 43 EG-Vertrag, Rdnr. 29), liegt jedenfalls insoweit ein Rechtfertigungsgrund vor. Nach der ein Beschränkungsverbot
annehmenden Meinung soll das Verbot bewirken, die Niederlassungsfreiheit als ein umfassendes Freiheitsrecht - und somit nicht nur auf die
Niederlassungsgleichheit bezogen - zu schützen. Eine Beschränkung dieser so verstandenen Freiheit kann danach nur zugelassen werden, wenn damit ein mit
dem Vertrag zu vereinbarender Zweck verfolgt wird und dies aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist. Unbeschadet dessen, ob daher
die generelle Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer als eine Verletzung des Beschränkungsverbots angesehen werden kann,
besteht ein Rechtfertigungsgrund insoweit jedenfalls deswegen, weil die Industrie- und Handelskammern mit ihrer statuierten Pflichtmitgliedschaft dem
Allgemeinwohl dienen und legitime öffentliche Aufgaben wahrnehmen (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.1998 - 1 C 7.98 -, GewArch 1999, 193 f.; U. v. 21.07.1998 -
1 C 32.97 -, GewArch 1998, 410,412).
Die Pflichtmitgliedschaft in einer Industrie- und Handelskammer ist auch nicht unvereinbar mit Art. 49 EGV (= Art. 59 nach der Zählung des Vertrags von
Maastricht). Diese Vorschrift, die die Dienstleistungsfreiheit regelt, wird schon deshalb nicht verletzt, da in- und ausländische Gewerbetreibende mit Sitz im
Kammerbezirk gleichbehandelt werden. Sie sind also jeweils Zwangsmitglieder mit entsprechender Beitragspflicht, so dass keine Wettbewerbsnachteile
vorhanden sind, die an die Fremdstaatlichkeit anknüpfen (vgl. VG Koblenz, Gerichtsbescheid v. 11. 0 1. 1996 - 3 K 2856/95 -, GewArch 1996, 283, 2841 VG
Gießen, B. v. 05.08.1999 - 8 G 956/99 -, S. 6 BA).
Die Klägerin vermag sich auch nicht darauf zu berufen, sie habe bis zu ihrer Sitzverlegung keine Betriebsstätte im Bezirk der Beklagten gehabt. Eine
Betriebsstätte in diesem Sinn kann jeder körperliche Gegenstand sein, welcher der Tätigkeit eines Unternehmers dient und einen räumlichen Bezug zu einem
bestimmten Punkt der Erdoberfläche hat (Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 2 Rdnr. 73). Deshalb reicht es aus, dass die Klägerin im maßgeblichen Zeitraum einen
Telefonanschluss in Wettenberg besaß, auch wenn die dort eingehenden Anrufe nach Gießen umgeleitet wurden.
Die Heranziehung zu Beiträgen durch die Beklagte ist jedoch rechtswidrig, soweit dies den Zeitraum nach Eintragung der Sitzverlegung der Klägerin in den
Bezirk der Industrie- und Handelskammer Gießen in das Handelsregister betrifft. Die Vorschrift des § 6 Abs. 2 S. 2 der Beitragsordnung der Beklagten, wonach
der Grundbeitrag, der als Jahresbeitrag erhoben wird, auch dann in voller Höhe zu entrichten ist, wenn der gewerbliche Betrieb oder seine Betriebsstätten nicht
im ganzen Erhebungszeitraum oder nur mit einem Betriebsteil beitragspflichtig sind, ist nämlich nichtig. Diese Regelung verstößt gegen das Äquivalenzprinzip
und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Die Auffassung, der Grundbeitrag einer Industrie- und Handelskammer sei unteilbar und in voller Höhe zu entrichten,
unabhängig davon, ob die Kammerzugehörigkeit des Beitragspflichtigen während des gesamten Beitragsjahres bestanden habe (vgl. Nds. OVG, U. v. 20.05.1996
8 L 647/95 -, GewArch 1996, 413, 414) vermag nicht zu überzeugen. Vielmehr ist insoweit zu berücksichtigen, dass auch ein solcher Grundbeitrag ein Beitrag
im abgabenrechtlichen Sinne ist und hierfür alle Voraussetzungen für die Erhebung von Beiträgen erfüllt sein müssen (Frentzel/Jäkel/Junge, a.a.O., § 3 Rdnr. 43).
Dabei verkennt das Gericht nicht, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Bemessung des Grundbeitrags ein weites Ermessen zusteht und
Typisierungen und Pauschalierungen insoweit zulässig sind (Franz, in: Kluth [Hrsg.], Handbuch des Kammerrechts, 2005, 323, 383 [Rdnr. 133]). Als Beiträge
im Rechtssinne sollen die von den Industrie- und Handelskammern erhobenen Mitgliedsbeiträge jedoch den besonderen Vorteil abdecken, der sich aus der
Mitgliedschaft in der Kammer ergibt. Bei der Bemessung solcher Beiträge ist das Äquivalenzprinzip und der Gleichheitssatz zu beachten (vgl. VG Neustadt, U.
v. 24.05.1996 7 K 3257/95.NW -, GewArch 1997, 23, 24). Das Äquivalenzprinzip erfordert, dass die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil
stehen darf, der durch die Zahlung abgegolten werden soll. Einzelne Mitglieder dürfen im Verhältnis zu anderen nicht übermäßig belastet werden (BVerwG, U.
v. 26.06.1990 1 C 45.87 -, GewArch 1990, 398, 399). Dieses Prinzip wird vorliegend deshalb verletzt, da es nach § 6 Abs. 2 S. 2 der Beitragsordnung der
Beklagten möglich ist - und im vorliegenden Fall tatsächlich auch geschehen - dass ein Unternehmen den vollen Grundbeitrag für dasselbe Jahr an mehrere
Industrie- und Handelskammern zu zahlen hat. Dies verletzt auch den Gleichheitssatz in diesem beitragsrechtlichen Sinne, da hiernach ihren Sitz verlegende
Unternehmen durch die mehrfache Veranlagung im selben Jahr durch verschiedene Industrie- und Handelskammern unverhältnismäßig belastet werden. Insoweit
ist nämlich zu berücksichtigen, dass der Grundbeitrag nach der Haushaltssatzung der Beklagten für das Rechnungsjahr 2005 bei Zugehörigen zur Beklagten, die
im Handelsregister eingetragen sind - wie vorliegend - in voller Höhe von 214,-- EUR erhoben wird, selbst wenn das Mitglied in dem entsprechenden Jahr keinen
Gewinn erzielt hat.
Demgegenüber vermag sich die Klägerin nicht darauf zu stützen, sie habe ihren Sitz bereits im Jahre 2004 verlegt und sei im Veranlagungsjahr nicht mehr
Mitglied der Beklagten gewesen. Für die Sitzverlegung einer GmbH ist nicht der Gesellschafterbeschluss maßgeblich, sondern die Eintragung in das
Handelsregister. Dies ist ausweislich des von dem Gericht eingeholten Handelsregisterauszugs am 04.05.2005 erfolgt. Nach § 54 Abs. 1 S. 1 GmbHG ist die
Abänderung des Gesellschaftsvertrags einer GmbH zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Vorliegend hat die Gesellschafterversammlung am
22.07.2004 eine Änderung des Gesellschaftsvertrags bezüglich des Sitzes der Gesellschaft und mit ihr die Sitzverlegung nach Gießen beschlossen. Gemäß § 54
Abs. 3 GmbHG hat die Abänderung des Gesellschaftsvertrags keine rechtliche Wirkung, bevor sie in das Handelsregister des Sitzes der Gesellschaft eingetragen
ist. Die Satzungsänderung erlangt somit erst durch die Eintragung rechtliche Wirksamkeit (vgl. Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, Komm., 17. Aufl.,
2000, § 54 Rdnr. 26).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO und entspricht dem Verhältnis des Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten.
Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch die Klägerin im Vorverfahren war für notwendig zu erklären, da sie vom Standpunkt einer verständigen, nicht
rechtskundigen Partei im Zeitpunkt der Bestellung für erforderlich gehalten werden durfte (vgl. § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO).
* Quelle: eigene