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Nachehelicher Unterhalt

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Stand: 30. März 2013

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Sorgerecht - Unterhaltsrecht - Umgangsrechte

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Die gesetzlichen Grundlagen für den nachehelichen Unterhalt finden sich in §§ 1361, 1569 f. BGB.

1. Ein Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten besteht, wenn
- eine Anspruchsgrundlage gegeben ist,
- der Unterhaltsgläubiger bedürftig ist,
- der Unterhaltsschuldner leistungsfähig ist und
- keine Ausschlussgründe vorliegen.

Die Anspruchsgrundlagen sind im Gesetz abschließend geregelt. Es gibt
- Unterhalt wegen der Betreuung eines Kindes ( § 1570 BGB),
- Unterhalt wegen Alters ( § 1571 BGB),
- Unterhalt wegen Krankheit ( § 1572 BGB),
- Unterhalt bis zur Erlangung einer Erwerbstätigkeit ( § 1573 BGB),
- Unterhalt bei Wegfall einer angemessenen Erwerbstätigkeit ( § 1573 BGB),
- Aufstockungsunterhalt ( § 1573 BGB) und
- Unterhalt aus Billigkeitsgründen ( § 1576 BGB).

Wird der Unterhalt nicht im Scheidungsverbund geltend gemacht, sondern durch eine isolierte Klage nach dem Scheidungstermin beantragt, so ist der Anspruch nur begründet, wenn seit der Scheidung ununterbrochen ein Unterhaltstatbestand gegeben war (so genannte Unterhaltskette). Es ist aber ausreichend, wenn die Unterhaltstatbestände nacheinander vorliegen. Haben zum Beispiel beide Ehegatten haben während der Ehe gearbeitet, ein gleich hohes Einkommen erzielt und hatten sie keine Kinder, so lebt der Unterhaltsanspruch nicht wieder auf, wenn die Ehefrau fünf Jahre nach der Ehescheidung wird die Ehefrau arbeitslos wird.



2. Die Höhe des Unterhalts hängt (auch) von den ehelichen Lebensverhältnissen ab. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Bestimmung der ehelichen Lebensverhältnisse ist der Zeitpunkt der Ehescheidung. Dies gilt auch in den Fällen einer langen Trennungszeit. Verbessert sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nach der Scheidung, so ist das nunmehr erhöhte Einkommen zu berücksichtigen, wenn die Einkommensverbesserung im Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war. Auch eine Erwerbstätigkeit, die nach der Trennung und vor der Scheidung aufgenommen wurde, prägte die ehelichen Lebensverhältnisse nicht.

3. Bei der Unterhaltsberechnung ist vom Nettoeinkommen des Verpflichteten auszugehen. Zum Einkommen zählen auch sämtliche Sondervergütungen wie der Arbeitgeberbeitrag zu den vermögenswirksamen Leistungen, Weihnachts- und Urlaubsgeld.

Berufsbedingte Aufwendungen sind mit 5 % des Nettoeinkommens anzusetzen. Höhere Ausgaben müssen nachgewiesen werden.

Grundsätzlich beträgt der Unterhaltsanspruch 3/7 des bereinigten Nettoeinkommens des Unterhaltsschuldners. Jedoch werden von einigen Oberlandesgerichten andere Berechnungsformeln angewendet.

War der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch während der Ehezeit berufstätig, berechnet sich der Unterhaltsanspruch aus 3/7 der Differenz beider Nettogehälter (Differenzmethode).

Wurde die Berufstätigkeit erst nach der Trennung der Parteien aufgenommen (Anrechnungsmethode), so ist zunächst der Unterhalt zu berechnen, als ob der bedürftige Ehegatte nicht berufstätig sei (3/7 des bereinigten Nettoeinkommens). Von diesem Betrag werden dann 6/7 des Einkommens des Unterhaltsbedürftigen abgezogen.



4. Im Juni 2001 änderte der BGH seine Rechtsprechung. In dem der Entscheidung zugrunde liegendem Sachverhalt hatte die Aufstockungsunterhalt begehrende Klägerin und den Haushalt und die gemeinsame Tochter versorgt sowie halbtags gearbeitet.

Das Oberlandesgericht hatte sie zur leichten vollschichtigen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Der BGH hat dem nicht widersprochen.

Nach der bisherigen BGH-Rechtsprechung hätte der Unterhalt nach der gemischten Differenz-/Anrechnungsmethode berechnet werden müssen.

Jetzt berechnete der BGH den der Klägerin zustehenden Unterhalt aus der hälftigen Differenz zwischen dem (teilweise fiktiven) Einkommen der Klägerin und dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen.

Begründet wurde die Änderung der Rechtsprechung damit, dass nach der (jetzigen) Auffassung des Bundesgerichtshofes die ehelichen Lebensverhältnisse auch durch den wirtschaftlichen Wert der Haushaltstätigkeit geprägt werden.

Zusätzlich entscheid das BVerfG im Februar 2002, dass die bisherige Rechtsprechung, nach der der wirtschaftliche Wert der Haushaltsführung und Kinderbetreuung durch den nicht oder nicht voll erwerbstätigen Ehegatten als nicht prägend angesehen wurde, ein Verstoß gegen Art. 6 GG darstellt.

5. Der Unterhaltsanspruch wird durch den Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners begrenzt (siehe Düsseldorfer Tabelle).



6. Verzicht auf nachehelichen Unterhalt

„... Tatbestand: Die Antragstellerin begehrt - als Folgesache - im Wege der Stufenklage nachehelichen Unterhalt wegen Krankheit. Der am 23. September 1970 geborene polnische Antragsgegner war im Mai 2000 aus Polen nach Deutschland eingereist; hier lernte er am 20. Juni 2000 die am 23. März 1955 geborene deutsche Antragstellerin kennen. Beide schlossen am 25. Juli 2000 miteinander die Ehe, nachdem sie am 21. Juli 2000 in einem Ehevertrag folgende Vereinbarungen getroffen hatten:

Für die güterrechtlichen Wirkungen der Ehe wählten die Parteien deutsches Recht und vereinbarten Gütertrennung. Für den Fall der Scheidung verzichteten sie wechselseitig auf jeglichen Unterhalt in allen Lebenslagen, auch in außergewöhnlichen und in Fällen der Not. Auch den Versorgungsausgleich schlossen sie aus.

Bei Abschluss des Vertrags ging die Antragstellerin keiner Erwerbstätigkeit nach; sie war wegen einer angeborenen Darmkrankheit erheblich erwerbsgemindert und bezog Sozialhilfe. Der Antragsgegner besaß keine Aufenthalts- und keine Arbeitserlaubnis; er wandte sich im August 2000 an das Sozialamt und erhielt Sozialhilfe. Die Antragstellerin erlitt am 23. Juli 2002 eine Gehirnblutung mit Störung des Sprachzentrums; sie kann eigene Angelegenheiten nicht mehr ohne fremde Hilfe wahrnehmen, ist erwerbsunfähig und lebt von Sozialhilfe.

Die kinderlose Ehe wurde durch Verbundurteil des Amtsgerichts geschieden (rechtskräftig seit 29. November 2003). Das Amtsgericht hat im Verbundurteil die Stufenklage auf nachehelichen Unterhalt abgewiesen. Auf die Berufung der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht das amtsgerichtliche Urteil insoweit aufgehoben, den Antragsgegner verurteilt, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse im Jahre 2003 zu erteilen, und die Sache wegen der weiteren Stufen an das Amtsgericht zurückverwiesen. Mit der zugelassenen Revision erstrebt der Antragsgegner die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe: Das Rechtsmittel hat Erfolg.

I. Das Oberlandesgericht geht - in Anwendung deutschen Rechts - davon aus, dass die Antragstellerin bei Leistungsfähigkeit des Antragsgegners von diesem Krankheitsunterhalt nach § 1572 Nr. 1 BGB beanspruchen könne. Der Ehevertrag stehe dem nicht entgegen, da er, wie sich aus dem Zusammenhang von Inhalt, Beweggrund und Zweck der Verzichtsvereinbarung ergebe, sittenwidrig sei.

Der Antragsgegner habe bei Vertragsschluss gewusst, dass die Antragstellerin aufgrund ihrer Krankheit für ihren Lebensbedarf auf die Hilfe Dritter angewiesen gewesen sei, dass als Dritter auch das Sozialamt in Betracht komme und dass infolge des Unterhaltsverzichts auch künftig der Dritte für den Unterhalt der Antragstellerin werde aufkommen müssen. Ebenso habe der Antragsgegner berechtigterweise damit gerechnet, nach der Eheschließung mit der deutschen Antragstellerin eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis zu erhalten und damit über ein Einkommen zu verfügen, aus dem er auch den Unterhalt für die Antragstellerin hätte aufbringen können.

Die Sittenwidrigkeit sei auch nicht deshalb zu verneinen, weil der Ehevertrag vor der Eheschließung und damit vor der Entstehung einer Unterhaltspflicht des Antragsgegners vereinbart worden sei. Aus der Senatsentscheidung vom 9. Juli 1992 (XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403) ergebe sich nichts Gegenteiliges. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall sei die Eingehung der Ehe vom Abschluss des Unterhaltsverzichts abhängig gemacht worden. Eine solche Abhängigkeit liege hier nicht vor. Wie der Antragsgegner in seiner Anhörung erklärt habe, hätten die Parteien aus Liebe geheiratet. Die Antragstellerin habe somit die Aussicht gehabt, künftig einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu erwerben. Der Verzicht auf diesen Anspruch stelle sich folglich im Falle ihrer Unterhaltsbedürftigkeit als ein Vertrag zu Lasten der Sozialhilfe dar.

Der Antragsgegner könne sich auch nicht auf das Senatsurteil vom 11. Februar 2004 (XII ZR 265/02 - FamRZ 2004, 601) berufen, wonach in einem Ehevertrag Unterhalt wegen einer bereits bei der Eheschließung vorliegenden Krankheit ausgeschlossen werden könne. Ein solcher Fall liege hier nicht vor, weil die Parteien Unterhaltsansprüche nicht wegen einer Vorerkrankung, sondern schlechthin ausgeschlossen hätten. Für den Antragsgegner sei die voreheliche Krankheit, die nach seiner Behauptung auch Ursache der späteren Gehirnblutung sei, "kein Problem", mithin nicht Motiv für den späteren Unterhaltsverzicht gewesen. Zudem gehe es - anders als in dem vom Senat entschiedenen Fall - vorliegend nicht um die Benachteiligung des Vertragspartners, sondern um die Benachteiligung der Sozialhilfe, also eines Dritten.

II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht in allen Punkten stand:

1. Das Oberlandesgericht geht zu Recht davon aus, dass sich die Frage nach einer Unterhaltspflicht des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin nach deutschem Recht bestimmt (Art. 18 Abs. 4 Satz 1, Art. 17 Abs. 1 Satz 1, Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB). Bei Anwendung des deutschen Rechts kann sich eine Unterhaltspflicht des Antragsgegners aus § 1572 BGB ergeben.

2. Die Grundsätze, die der Senat für die Inhaltskontrolle von Eheverträgen aufgestellt hat und die einer evident einseitigen, durch die individuelle Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht gerechtfertigten und für den belasteten Ehegatten unzumutbaren Lastenverteilung begegnen sollen (grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601), hindern den Antragsgegner nicht, sich auf den mit der Antragstellerin vereinbarten Unterhaltsverzicht zu berufen. Eine solche evident einseitige Lastenverteilung liegt, wovon offenbar auch das Oberlandesgericht ausgeht, hier im Verhältnis der Ehegatten zueinander nicht vor.

a) Nach diesen Grundsätzen hat der Tatrichter zunächst im Rahmen einer Wirksamkeitskontrolle zu prüfen, ob die Vereinbarung schon im Zeitpunkt ihres Zustandekommens offenkundig zu einer derartig einseitigen Lastenverteilung führt, dass ihr - und zwar losgelöst von der künftigen Entwicklung der Ehegatten und ihrer Lebensverhältnisse - die Anerkennung der Rechtsordnung zu versagen ist. Das ist hier nicht der Fall.

Im Zeitpunkt des Vertragsschlusses lebte die Antragstellerin - für den Antragsgegner erkennbar - von Sozialhilfe; auch der Antragsgegner, der weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitserlaubnis besaß und bereits im August 2000 Sozialhilfe beantragte und erhielt, verfügte über kein eigenes Einkommen. Angesichts der beiderseitigen Mittellosigkeit der Parteien begründete deren wechselseitiger Unterhaltsverzicht ebenso wie der Ausschluss von Versorgungs- und Zugewinnausgleich keine einseitige Lastenverteilung. Aus der bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses absehbaren zukünftigen Entwicklung ergibt sich nichts anderes. Anhaltspunkte dafür, dass aus der Lebensplanung eines von ihnen ehebedingte Nachteile, etwa durch Kinderbetreuung, erwachsen könnten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Ziel war vielmehr, dass die Antragstellerin, die für die Zukunft eine Rente erwartete, diese vor der Inanspruchnahme durch eine etwaige nacheheliche Unterhaltspflicht gegenüber dem Antragsgegner gesichert sehen wollte. Der Antragsgegner seinerseits wollte sein Hausgrundstück in Polen und wohl auch ein künftiges Arbeitseinkommen in Deutschland vor einem etwaigen Zugriff im Wege nachehelicher Unterhaltsansprüche absichern. Die Wechselseitigkeit des Unterhaltsverzichts war insoweit nicht nur formal vereinbart; sie sollte jeden der Ehegatten vor einer im Zeitpunkt des Vertragschlusses zumindest vorstellbaren Inanspruchnahme durch den jeweils anderen Ehegatten im Scheidungsfall schützen. Für die Annahme einer einseitigen Lastenverteilung ist bei einer solchen Konstellation kein Raum.

b) Hält ein Ehevertrag der Wirksamkeitskontrolle stand, so muss der Tatrichter im Rahmen der Ausübungskontrolle prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte die ihm durch den Vertrag eingeräumte Rechtsmacht missbraucht, wenn er sich im Scheidungsfall gegenüber einer vom anderen Ehegatten begehrten gesetzlichen Scheidungsfolge darauf beruft, dass diese durch den Ehevertrag wirksam abbedungen sei. Dafür ist entscheidend, ob sich nunmehr - im Zeitpunkt des Scheiterns der Ehe - aus dem vereinbarten Ausschluss der Scheidungsfolge eine evident einseitige Lastenverteilung ergibt, die hinzunehmen für den belasteten Ehegatten auch bei angemessener Berücksichtigung der Belange des anderen Ehegatten und seines Vertrauens in die Geltung der getroffenen Abrede sowie bei verständiger Würdigung des Wesens der Ehe unzumutbar ist. Das kann insbesondere dann der Fall sein, wenn die tatsächliche einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrunde liegenden Lebensplanung grundlegend abweicht. Eine solche Gestaltung ist hier weder vorgetragen noch sonst erkennbar.

Die Antragstellerin lebt wie auch schon vor der Eheschließung mit dem Antragsgegner von Sozialhilfe. Es ist nicht festgestellt, dass ihre zwischenzeitlich eingetretene Hilfsbedürftigkeit zu einer wesentlichen Steigerung ihres Bedarfs geführt hat. Im übrigen wäre auch eine solche Bedarfssteigerung ein Umstand, der durch die Krankheit der Antragstellerin verursacht wäre, der nicht in der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse angelegt ist und dessen Geltendmachung gerade durch den wechselseitigen Unterhaltsverzicht ausgeschlossen werden sollte. Da in dem wechselseitigen Ausschluss eines solchen nicht ehebedingten Risikos keine evident einseitige und für die Antragstellerin im Nachhinein unzumutbare Lastenverteilung liegt, hindert § 242 BGB die Berufung des Antragsgegners auf den Unterhaltsverzicht nicht.

3. Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts ist der Unterhaltsverzicht auch nicht deshalb sittenwidrig und nichtig (§ 138 BGB), weil er den Träger der Sozialhilfe belastet.

Nach der Rechtsprechung des Senats kann eine Vereinbarung, durch die Verlobte oder Eheleute für den Fall ihrer Scheidung auf nachehelichen Unterhalt verzichten, nach deren von Inhalt, Beweggrund und Zweck bestimmten Gesamtcharakter gegen die guten Sitten verstoßen, falls die Vertragsschließenden dadurch bewusst eine Unterstützungsbedürftigkeit zu Lasten der Sozialhilfe herbeiführen, auch wenn sie eine Schädigung des Trägers der Sozialhilfe nicht beabsichtigen (vgl. etwa Senatsurteile BGHZ 86, 82, 88 = FamRZ 1983, 137 und vom 24. April 1985 - IVb ZR 22/84 - FamRZ 1985, 788, 790). Durch einen Unterhaltsverzicht werde eine Unterstützungsbedürftigkeit eines Ehegatten zu Lasten der Sozialhilfe allerdings dann nicht herbeigeführt, wenn die Ehegatten bei Abschluss des Ehevertrags noch nicht verheiratet gewesen seien, die Eheschließung aber vom vorherigen Unterhaltsverzicht abhängig gemacht hätten. Denn in einem solchen Fall habe der später bedürftige Ehegatte von vornherein keine Aussicht gehabt, einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt zu erwerben. Der Unterhaltsverzicht habe daher die Bedürftigkeit dieses Ehegatten und damit dessen Risiko, zur Bestreitung seines Lebensunterhalts auf Leistungen der Sozialhilfe angewiesen zu sein, nicht erhöht (Senatsurteil vom 9. Juli 1992 - XII ZR 57/91 - FamRZ 1992, 1403 f.).

Diese Rechtsprechung zur Nichtigkeit von Unterhaltsvereinbarungen, die zu Lasten der Sozialhilfe abgeschlossen werden, ist durch die unter 2. dargestellten Grundsätze, die der Senat zur Inhaltskontrolle von Eheverträgen entwickelt hat, nicht gegenstandslos geworden. Sie bedarf allerdings der Eingrenzung und Präzisierung: Wie der Senat ausgesprochen hat, gehört es zum grundgesetzlich verbürgten Recht der Ehegatten, ihre eheliche Lebensgemeinschaft eigenverantwortlich und frei von gesetzlichen Vorgaben entsprechend ihren individuellen Vorstellungen und Bedürfnissen zu gestalten. Die auf die Scheidungsfolgen bezogene Vertragsfreiheit entspringt insoweit dem legitimen Bedürfnis, Abweichungen von den gesetzlich geregelten Scheidungsfolgen zu vereinbaren, die zu dem individuellen Ehebild der Ehegatten besser passen. So können etwa Lebensrisiken eines Partners, wie sie z.B. in einer bereits vor der Ehe zu Tage getretenen Krankheit oder in einer Ausbildung angelegt sind, die offenkundig keine Erwerbsgrundlage verspricht, von vornherein aus der gemeinsamen Verantwortung der Ehegatten füreinander herausgenommen werden. Entsprechendes gilt auch für andere nicht ehebedingte Risiken. Aus dem Gedanken der nicht allein auf die Ehezeit beschränkten Solidarität ergibt sich nichts Gegenteiliges: Dieser Gedanke ist weder dazu bestimmt noch geeignet, unterhaltsrechtliche Pflichten, in denen sich die nacheheliche Solidarität konkretisiert, als zwingendes, der Disposition der Parteien entzogenes Recht zu statuieren (Senatsurteil BGHZ 158, 81, 95 = FamRZ 2004, 601, 604).

Daraus folgt, dass ein ehevertraglicher Unterhaltsverzicht nicht schon deshalb sittenwidrig ist, weil er bewirkt, dass ein Ehegatte im Scheidungsfall auf Sozialhilfe angewiesen bleibt, während er ohne den Unterhaltsverzicht von seinem geschiedenen Ehegatten Unterhalt beanspruchen und deshalb Sozialhilfe nicht mehr in Anspruch nehmen könnte. Denn die berechtigten Belange des Sozialhilfeträgers gebieten es Ehegatten nicht, mit Rücksicht auf ihn Regelungen zu unterlassen, die von den gesetzlichen Scheidungsfolgen abweichen, ihrem individuellen Ehebild aber besser gerecht werden als die gesetzliche Regelung. Eine Pflicht von Eheschließenden zur Begünstigung des Sozialhilfeträgers für den Scheidungsfall kennt das geltende Recht nicht. Dies gilt unabhängig davon, ob der Ehevertrag vor oder nach der Eheschließung vereinbart worden ist und ob die Ehegatten im ersten Fall die spätere Eheschließung vom Abschluss des Ehevertrags abhängig gemacht haben.

Allerdings kann eine Unterhaltsabrede dann sittenwidrig sein, wenn die Ehegatten damit auf der Ehe beruhende Familienlasten objektiv zum Nachteil der Sozialhilfe geregelt haben (Senatsurteil vom 24. April 1985 aaO). Das ist namentlich dann der Fall, wenn sich aus der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse, insbesondere aus der Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit, im Scheidungsfall Nachteile für einen Ehegatten ergeben, die an sich durch den nachehelichen Unterhalt ausgeglichen würden, deren Ausgleich die Ehegatten aber vertraglich ausgeschlossen haben. Das gilt auch dann, wenn ein von den Ehegatten vereinbarter Unterhaltsverzicht einer auf das Verhältnis der Ehegatten zueinander bezogenen Inhaltskontrolle standhält - etwa weil dieser Verzicht durch anderweitige Vorteile (z.B. durch Zuwendung eines Wohnrechts) des verzichtenden Ehegatten kompensiert wird, ohne dessen sozialhilferechtliche Bedürftigkeit entfallen zu lassen. Auch in einem solchen Fall können die Ehegatten ehebedingte Nachteile, die das Recht des nachehelichen Unterhalts angemessen zwischen ihnen ausgleichen will, nicht durch einen Unterhaltsverzicht auf den Träger der Sozialhilfe verlagern und damit die wirtschaftlichen Risiken ihrer individuellen Ehegestaltung gleichsam "sozialisieren". Ein solcher Fall liegt hier indes nicht vor, da nach der konkreten Fallgestaltung bei keinem der Ehegatten ehebedingte Nachteile zu befürchten waren, auf deren Ausgleich sie zu Lasten des Sozialhilfeträgers verzichten wollten. Die Antragstellerin war bereits bei Vertragsschluss nicht in der Lage, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen, und bezog deshalb Sozialhilfe. Selbst wenn die spätere Hirnblutung ihre Bedürftigkeit gesteigert hätte, wäre dies kein Nachteil, der durch die Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse bedingt wäre. Auch in der Person des Antragsgegners, der bei Vertragsschluss keine Arbeitserlaubnis besaß und in dem auf die Eheschließung folgenden Monat Sozialhilfe beantragt und erhalten hat, sind ehebedingte Nachteile, die durch seinen Unterhaltsverzicht auf die Sozialhilfe übergeleitet würden, nicht erkennbar.

Fraglich ist, ob ein Unterhaltsverzicht sich darüber hinaus auch in anderen Fällen als sittenwidrig erweisen kann, in denen aufgrund der Eheschließung eine Belastung des Sozialhilfeträgers eintritt, indem dieser für einen Ehegatten dauerhaft oder doch längerfristig aufkommen muss, weil die Ehegatten für den Scheidungsfall eine Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten ausgeschlossen haben. Zu denken ist etwa an Fälle, in denen - wie hier von der Antragstellerin geltend gemacht - ein mittelloser ausländischer Staatsangehöriger durch die Eheschließung mit einer deutschen Staatsangehörigen ausländerrechtliche Vorteile erstrebt, die zu einer dauerhaften oder doch langfristigen Inanspruchnahme des Sozialhilfeträgers führen würden, wenn der von den Ehegatten vereinbarte Unterhaltsverzicht wirksam wäre. Die Frage kann hier dahinstehen. Denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Voraussetzung für eine sittenwidrige Belastung des Sozialhilfeträgers ist stets, dass ohne den Unterhaltsverzicht des einen Ehegatten eine Unterhaltspflicht des anderen Ehegatten bestünde und erst der Ausschluss dieser Pflicht zur Belastung des Sozialhilfeträgers führt. Das ist hier nicht ersichtlich. Wie ausgeführt, war die Antragstellerin bereits bei Abschluss des Ehevertrags zur Deckung ihres eigenen Lebensbedarfs nicht in der Lage und bezog deshalb ihrerseits Sozialhilfe. Es ist nicht erkennbar, dass sie zu diesem Zeitpunkt zur Leistung von Unterhalt an den Antragsgegner in der Lage war oder doch damit rechnen konnte, im Falle einer späteren Scheidung leistungsfähig zu sein. Die angebliche Erwartung einer künftigen Rente der Antragstellerin ändert daran nichts. Diese Rente ist nach Voraussetzungen, Zeitpunkt und Höhe völlig unbestimmt; dass sie den Selbstbehalt der Antragstellerin übersteigen und ausreichen würde, den Unterhaltsbedarf des Antragsgegners zu decken, ist weder festgestellt noch vorgetragen. Von daher fehlt es an zureichenden Anhaltspunkten für eine gegenwärtige oder künftige Leistungsfähigkeit der Antragstellerin, die deren nacheheliche Unterhaltspflicht hätte begründen und den Verzicht des Antragstellers auf einen solchen Unterhalt als eine sittenwidrige Belastung des Sozialhilfeträgers hätte erscheinen lassen können. ..." (BGH, Urteil vom 25.10.2006 - XII ZR 144/04).