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Verbot der Vorbereitung eines Angriffskrieges
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Stand: 30. März 2013
Art. 26 GG Verfassungswidrigkeit des Angriffskrieges
(1) Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung
eines Angriffskrieges vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter Strafe zu stellen.
(2) Zur Kriegsführung bestimmte Waffen dürfen nur mit Genehmigung der Bundesregierung hergestellt, befördert und in Verkehr gebracht werden. Das Nähere
regelt ein Bundesgesetz.
§ 80 StGB Vorbereitung eines Angriffskrieges
Wer einen Angriffskrieg ( Artikel 26 Abs. 1 des Grundgesetzes ), an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die
Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.
§ 80a StGB Aufstacheln zum Angriffskrieg
Wer im räumlichen Geltungsbereich dieses Gesetzes öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ( § 11 Abs. 3 ) zum Angriffskrieg (
§ 80 ) aufstachelt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.
Bundesverwaltungsgericht zu Art 26 GG - BVerwG, Urteil v. 23.06.1981 - 1 C 61/76 (NJW 1982, 194)
Sachverhalt: Der Kl. ist eine Personenvereinigung, die es sich nach ihrer Satzung zur Aufgabe gemacht hatte, alle "antiimperialistischen Bestrebungen und
Bewegungen im Nahen Osten' politisch und materiell zu unterstützen. Im Mai 1974 beantragte der Kl. bei der Bekl. die Genehmigung für eine
Straßensammlung "zur Unterstützung des Kampfes des Volkes von Oman". Das gesammelte Geld sollte nach dem Antragsschreiben an die Volksfront für die
Befreiung Omans und des Arabischen Golfes (PFLO) in Aden weitergeleitet werden.Die Bekl. lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, die Sammlung sei
geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören. Sie sei somit verfassungswidrig i. S. von Art. 26 I 1 GG und verletze mithin Recht und Ordnung
i. S. von § 2 BadWürttSammlG. Die Fortsetzungsfeststellungsklage hatte in der Revisionsinstanz Erfolg.
... Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des BerGer. bedurfte der Kl. für die von ihm beabsichtigte Sammlung der Erlaubnis nach § 1 I Nr. 1
BadWürttSammlG vom 13. 1. 1969 (GBl S. 1).
Die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis regelt § 2 SammlG, von dessen Vorschriften nach den Feststellungen des BerGer. nur die Regelung des
Absatzes 1 Nr. 1 einschlägig ist. Danach ist die Erlaubnis zu erteilen, wenn keine Gefahr besteht, daß durch die Sammlung oder durch die Verwendung des
Sammlungsertrages Recht oder Ordnung verletzt werden.
Das BerGer. hat die angeführte Bestimmung dahin ausgelegt, daß unter "Recht" i. S. dieser Vorschrift nicht nur polizeilich-ordnungsrechtliche Gründe im
eigentlichen Sinne zu verstehen sind, sondern die gesamte verfassungsmäßige Ordnung i. S. von Art. 2 I GG, nämlich alle Vorschriften des Grundgesetzes und
jedes formell und materiell verfassungsmäßige Gesetz. Dagegen ist unter bundesrechtlichen Gesichtspunkten nichts zu erinnern.
Nach der Ansicht des BerGer. verstößt die vom Kl. beabsichtigte Verwendung des Sammlungserlöses gegen die Verfassung und verletzt damit Recht i. S. von §
2 I Nr. 1 SammlG, weil die Erteilung der Erlaubnis gegen die im Grundgesetz niedergelegte Aufgabenverteilung im Bereich der auswärtigen Beziehungen (Art.
73 Nr. 1, 59 GG) verstoßen und Art. 26 I GG verletzt hätte. Beide Gründe greifen nicht durch.
Die Auffassung des BerGer., die Erlaubnisbehörde müsse die Sammlungserlaubnis versagen, wenn der Sammlungserlös zur Bekämpfung der völkerrechtlich
anerkannten Regierung eines fremden Staates verwendet werden solle, läßt sich schon im Ansatz nicht mit einem einschlägigen Kompetenzmangel des Landes
und der mit der Anwendung des Sammlungsgesetzes betrauten Behörden begründen. Sie setzt vielmehr die Kompetenz der Erlaubnisbehörde, die angeführte
Frage im Rahmen des Erlaubnisverfahrens nach dem Sammlungsgesetz zu prüfen und nach Maßgabe des einschlägigen sachlichen Rechts zu entscheiden,
notwendig voraus.
Diese Kompetenz kommt der Erlaubnisbehörde auch tatsächlich zu. Die Gesetzgebung über das Sammlungswesen als solches liegt - da sie in den Art. 70 ff.
GG nicht (auch) dem Bund zugewiesen ist - ausschließlich bei den Ländern (Art. 70 GG; vgl. auch BVerfGE 20, 150 (161) = NJW 1966, 1651). Diese
Kompetenz der Länder zur gesetzlichen Regelung des Sammlungswesens ist hinsichtlich der Sammlungen, die - wie die streitbefangenen Sammlungen -
Auslandsberührungen haben, durch Art. 73 Nr. 1 GG nicht beschränkt; auswärtige Angelegenheiten i. S. dieser Vorschrift sind nämlich nur die Beziehungen,
die sich aus der Stellung der Bundesrepublik Deutschland als Völkerrechtssubjekt zu anderen Staaten ergeben (BVerfGE 33, 52 (60) = NJW 1972, 1934).
Dementsprechend nimmt Art. 73 Nr. 1 GG die Kompetenz zur Regelung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit von Sammlungen mit Auslandsberührungen
nicht aus der Gesetzgebungskompetenz der Länder zur Regelung des Sammlungswesens heraus und führt demzufolge auch nicht zu diesbezüglichen
inhaltlichen Beschränkungen der landesrechtlichen Regelungen des Sammlungswesens und der auf diesen landesrechtlichen Regelungen beruhenden Prüfungs-
und Entscheidungskompetenzen der Erlaubnisbehörden. Diese haben somit die Erlaubnisfähigkeit der zur Genehmigung gestellten Sammlungen auch
hinsichtlich ihrer etwaigen Auslandsbeziehungen uneingeschränkt nach dem hierfür maßgeblichen sachlichen Recht - das ist, da besondere landesrechtliche
Vorschriften für Sammlungen mit Auslandsberührung nach den Feststellungen des BerGer. nicht bestehen, vorliegend § 2 I Nr. 1 SammlG - zu prüfen und
darüber zu entscheiden, ob die Verwendung des Sammlungsertrages gegen Recht i. S. dieser Vorschrift verstoßen würde.
Ein solcher Verstoß läßt sich von vornherein nicht aus den Art. 73 Nr. 1, 59 GG herleiten. Diese Vorschriften sind Kompetenznormen. Derartige Normen
können durch den Kl., der Kompetenzen weder in Anspruch nehmen kann noch nimmt, nicht verletzt werden. Der Kl. wird vielmehr bei der Durchführung von
Sammlungen aufgrund der auch ihm als nach bürgerlichem Recht nicht rechtsfähiger Vereinigung zustehenden Vereinigungsfreiheit (Art. 9 I GG) und
Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) tätig. Diese Freiheiten sind nicht schon durch Kompetenznormen beschränkt, sondern erst durch Regelungen des sachlichen
Rechts, die - aufgrund diesbezüglicher Kompetenzen erlassen - die Tätigkeit des Grundrechtsträgers regeln und damit die diese Tätigkeit betreffenden
Grundrechte in verfassungsmäßiger Weise beschränken.
Auch die dem Berufungsurteil zugrunde liegende weitere Annahme, eine Tätigkeit, die mit den außenpolitischen Zielsetzungen des Bundes nicht vereinbar sei,
dürfe nicht erlaubt werden, läßt sich nicht auf die Art 73 Nr. 1, 59 GG stützen. Die Tatsache, daß eine grundrechtlich geschützte Tätigkeit mit den
außenpolitischen Zielsetzungen des Bundes nicht übereinstimmt, reicht als solche zur Unterbindung dieser Tätigkeit nicht aus, weil das Grundrecht den
Grundrechtsträger gerade für diesen Fall vor staatlichen Eingriffen schützt, sofern und soweit nicht die Verfassung zu grundrechtsbeschränkenden Regelungen
oder zu unmittelbaren Eingriffen in dieses Grundrecht besonders ermächtigt und der Staat von dieser Ermächtigung verfassungsmäßig Gebrauch macht. Die
Annahme, eine grundrechtlich geschützte Tätigkeit verletze schon deshalb das Recht, weil sie nicht im Einklang mit der staatlichen Politik stehe, würde jedes
Grundrecht unter einen Politik-Vorbehalt stellen und damit das Grundrecht als solches beseitigen.
Der Senat teilt deshalb auch nicht die Auffassung des OVG Lüneburg, zu dem in Art. 2 I GG normierten Vorbehalt der verfassungsmäßigen Ordnung gehöre
auch die Kompetenz des Bundes zur Regelung der auswärtigen Beziehungen (NJW 1978, 390 m. abl. Anm. von Frohn, NJW 1978, 1122). Ebensowenig kann
die "von den Ländern zu wahrende Treuepflicht gegenüber dem Bund" (OVG Lüneburg, aaO, S. 391) einen Grundrechtseingriff rechtfertigen, dem die hierfür
erforderliche Ermächtigungsgrundlage fehlt.
Schließlich kann auch die Erwägung, die Verwendung des Sammlungserlöses verstoße deswegen gegen das Grundgesetz und damit gegen Recht i. S. von § 2 I
Nr. 1 SammlG, weil der Sammlungserlös zur Bekämpfung der völkerrechtlich anerkannten Regierung eines fremden Staates verwendet werden solle und die
Sammlung wegen dieser Zielsetzung geeignet sei, das Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zu dritten Staaten zu belasten, nicht auf die Art. 73 Nr. 1, 59
GG gestützt werden, die - wie dargelegt - nicht das Verhalten von Privatpersonen regeln und schon deshalb keine Gebote oder Verbote enthalten, die durch die
Verwendung des Sammlungserlöses verletzt werden könnten.
Ein Verbot, das durch die Sammlung oder - wie das BerGer. annimmt - durch die Verwendung des Sammlungserlöses verletzt werden könnte, enthält dagegen
Art. 26 I 1 GG. Nach dieser Vorschrift, die sich gleichermaßen an die staatlichen Organe wie an Privatpersonen richtet (Maunz, in: Maunz-Dürig, GG, Art. 26
Rdnr. 17; v. Mangoldt-Klein, GG, 2. Aufl., Art. 26 Anm. III 2; Menzel, in: BK, Art. 26 Anm. II 2; Hernekamp, in: v. Münch, GG, Art. 26 Rdnrn. 9 und 10),
sind Handlungen verfassungswidrig - also rechtswidrig und deswegen nicht erlaubt -, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten; nach Satz 2 (aaO) sind derartige Handlungen unter Strafe
zu stellen.
Das BerGer. hat zu Unrecht angenommen, die Voraussetzungen des Art. 26 I 1 GG seien vorliegend mit der Folge erfüllt, daß die Verwendung des
Sammlungserlöses gegen Recht verstoße und die Sammlung deswegen gem. § 2 I Nr. 1 SammlG habe verboten werden müssen.
Art. 26 I 1 GG erklärt für verfassungswidrig Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der
Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten. Die Vorschrift schützt das friedliche Zusammenleben der Völker; sie betrifft
den zwischenstaatlichen - internationalen - Bereich (Menzel, Art. 26 Anm. II 1; v. Mangoldt-Klein, Art. 26 Anm. III 1; Maunz, Art. 26 Rdnrn. 7 bis 12;
Hernekamp, Art. 26 Rdnr. 6).
Der innerstaatliche Frieden - sei es innerhalb der Bundesrepublik Deutschland, sei es innerhalb eines fremden Staates - ist dagegen als solcher durch Art. 26 I 1
GG nicht geschützt. Handlungen, die sich - etwa im Rahmen einer bürgerkriegsähnlichen Auseinandersetzung - gegen den innerstaatlichen Frieden richten,
unterfallen deshalb nicht als solche, sondern nur dann der Vorschrift des Art. 26 I 1 GG, wenn sie zugleich geeignet sind und in der Absicht vorgenommen
werden, dadurch das internationale friedliche Zusammenleben der Völker zu stören.
Die in Rede stehenden Handlungen müssen objektiv zur Herbeiführung einer Störung des friedlichen Zusammenlebens der Völker geeignet sein und außerdem
subjektiv "gerade in dieser Absicht' vorgenommen werden (Menzel, Art.26 Anm. II 3 und I 2; Maunz, Art. 26 Rdnr. 13; Hernekamp, Art. 26 Rdnr. 14):
Störungseignung und Störungsabsicht müssen zusammen vorliegen (Hernekamp, aaO).
Nach den vom BerGer. getroffenen tatsächlichen Feststellungen fehlt es vorliegend an den Voraussetzungen des Art. 26 I 1 GG: Weder die Verwendung des
Sammlungserlöses noch die Genehmigung der Sammlung durch die Erlaubnisbehörde wären geeignet gewesen, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören.
Unter welchen Voraussetzungen Handlungen geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, ist hinsichtlich der Störung, zu deren
Herbeiführung die Handlung objektiv geeignet sein muß, im einzelnen umstritten: Teils soll eine solche Störung erst in "bewaffneten Auseinandersetzungen i.
S. von Art. 2 Nr. 4 UN-Charta" liegen (Hernekamp, Art. 26 GG Rdnr. 18). Nach anderen Autoren sind friedensbedrohende Handlungen i. S. von Art. 26 I 1 GG
(schon) solche Maßnahmen bzw. deren Propagierung, die - wie z. B. die grundsätzliche und systematische Mißachtung völkerrechtlicher Verträge oder die
Verweigerung der Zusammenarbeit mit anderen Staaten auf rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet - eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Grundsätze
der internationalen Ordnung mit sich bringen (Menzel, Art. 26 Anm. II 3, ihm folgend v. Mangoldt-Klein, Art. 26 Anm. III 3 b). Nach einer dritten Meinung
kommen auch andere als auf die Herbeiführung eines Krieges gerichtete Handlungen in Betracht (Maunz, Art. 26 Rdnr. 10; vgl. dagegen aber dort auch Rdnr.
37 und 40, wonach der Gesetzgebungsauftrag des Art. 26 I 2 GG durch die § § 80, 80a StGB i. d. F. des Gesetzes vom 25. 6. 1968 (BGBl I, 741) - Strafbarkeit
der Vorbereitung eines Angriffskrieges, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, und Strafbarkeit der Aufstachelung zum Angriffskrieg -
vollständig erfüllt sein soll); Störungen des friedlichen Zusammenlebens der Völker sind nach dieser Meinung "internationale Krisen, d. h. ... ernstere und
nachhaltigere Störungen des friedlichen Zusammenlebens der Völker" (Maunz, Art. 26 Rdnr. 12; Stratmann, Das grundgesetzliche Verbot friedensstörender
Handlungen, Diss. iur. Würzburg 1971, S. 171 f.).
Die Unterschiede der angeführten Meinungen mögen hier auf sich beruhen: Auch diejenigen Autoren, die eine Störung des friedlichen Zusammenlebens der
Völker i. S. von Art. 26 I 1 GG nicht erst in bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Völkern sehen, sondern diese Störung schon in ein früheres
Stadium von Unzuträglichkeiten oder Auseinandersetzungen verlegen, nehmen eine Störung i. S. von Art. 26 I 1 GG nicht schon bei beliebigen internationalen
Mißhelligkeiten an, sondern nur bei einer "schwerwiegenden" Beeinträchtigung der Grundsätze der internationalen Ordnung (Menzel, Klein) bzw. bei
"ernsteren und nachhaltigeren" Beeinträchtigungen eines reibungslosen Zusammenlebens der Völker (Maunz, Stratmann). Handlungen sind hiernach jedenfalls
nur dann geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, wenn sie zu schwerwiegenden, ernsten und nachhaltigen Beeinträchtigungen im
zwischenstaatlichen Verkehr führen können. Handlungen, die schwerwiegende Beeinträchtigungen des internationalen Verkehrs nicht erwarten lassen, sind
dagegen schon objektiv nicht geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören.
Ob das eine oder das andere der Fall ist, bemißt sich nicht nach theoretischen Wahrscheinlichkeitsmaßstäben, sondern danach, ob die zu beurteilende
Handlung, gemessen an den objektiven Erfahrungen und der hieraus zu entnehmenden internationalen Praxis, zur Herbeiführung einer Störung des friedlichen
Zusammenlebens der Völker geeignet ist (vgl. Hernekamp, Art. 26 Rdnr. 18; ferner Menzel, Art. 26 Anm. II 3 und v. Mangoldt-Klein, Art. 26 Anm. III 3 a
letzter Abs., die freilich die Feststellung, ob ein Gefährden des friedlichen Zusammenlebens der Völker vorliegt, unzutreffend "dem freien richterlichen
Ermessen" überantworten). Die zur Beurteilung stehende Handlung ist somit in allen ihren konkreten Merkmalen, die für die Beurteilung ihrer Geeignetheit zur
Friedensstörung erheblich sein können, daraufhin zu bewerten, ob sie zu einer schwerwiegenden, ernsten und nachhaltigen Beeinträchtigung
zwischenstaatlicher Beziehungen führen kann.
Das BerGer. hat dies nicht beachtet. Es hat nicht alle von ihm festgestellten konkreten Merkmale der beantragten Sammlung in die Beurteilung einbezogen,
sondern hat lediglich geprüft, ob Sammlungen der in Rede stehenden Art an und für sich geeignet sein können, das friedliche Zusammenleben der Völker zu
stören. Es hat sich insofern mit der Feststellung begnügt, Sammlungen, deren Erlös zum Kauf und zur Lieferung von Waffen verwendet werden sollten, seien -
ebenso wie der Kauf und die Lieferung von Waffen selbst - offenkundig geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören; derartige Handlungen
seien - auch wenn sie noch so unbedeutend seien - nach Art. 26 I GG verboten.
Diese Auffassung geht an dem Rechtsgehalt des Art. 26 I 1 GG vorbei. Diese Vorschrift will nicht - wie insbesondere auch ihre Aufnahme in das Grundgesetz
und die sie ergänzende Bestimmung des Art. 26 I 2 GG deutlich zeigen - Handlungen erfassen, die keine schwerwiegende, ernste und nachhaltige
Beeinträchtigung internationaler Beziehungen erwarten lassen und - ihre Rechtswidrigkeit einmal unterstellt - allenfalls als eine Gefährdung oder Verletzung
polizeilicher Schutzgüter oder als Ordnungswidrigkeit eingestuft werden könnten. Solche Handlungen können gegebenenfalls aufgrund einfachen Bundesrechts
oder aufgrund Landesrechts verboten sein. Art. 26 I 1 GG erfaßt derartige Handlungen minderer Bedeutung und Gewichtigkeit jedoch nicht. Er belegt nur
solche Handlungen mit einem verfassungskräftigen Verbot, die nach den konkret gegebenen Umständen tatsächlich geeignet sind, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, in dieser Absicht vorgenommen werden, wegen dieses Gehalts als strafwürdig erscheinen und deswegen nach Art. 26 I 2
GG unter Strafe zu stellen sind.
Das BerGer. hat diese fundamentale rechtliche Bedeutung des Art. 26 I 1 GG verkannt, ihm unzutreffend den Charakter einer schlichten polizeilichen Regelung
beigelegt und dadurch den Anwendungsbereich dieser Bestimmung in einer dem Sinn und Zweck des Verfassungsverbots nicht entsprechenden Weise auf
Handlungen ausgedehnt, die wegen ihrer geringen Bedeutung jenseits der Anwendungsgrenzen dieses Verbots liegen. Das BerGer. hat damit insbesondere die
Eignungsfrage unter Zugrundelegung eines unzutreffenden rechtlichen Maßstabes geprüft und auch im Ergebnis unrichtig beantwortet. Die Frage, ob die zur
Genehmigung gestellte Sammlung geeignet war, eine schwerwiegende, ernste und nachhaltige Beeinträchtigung zwischen staatlicher Beziehungen
hervorzurufen, ist nämlich bei Einbeziehung und Berücksichtigung aller konkreten Umstände des vorliegenden Falles zu verneinen.
Es ist nicht ersichtlich, daß die zeitlich begrenzte, auf das Gebiet des Stadtkreises H. beschränkte Sammlung - als solche ist sie zur Genehmigung gestellt und
von der nach § 10 I Nr. 3 lit. b SammlG i. d. F. des Gesetzes vom 14. 3. 1972 (GBl S. 92) nur für derartige Sammlungen zuständigen Bekl. überprüft worden -
geeignet war, das friedliche Zusammenleben zwischen den Völkern zu stören.
Die als Straßensammlung zur Genehmigung gestellte streitige Sammlung sollte im Stadtgebiet der Bekl. während eines im Genehmigungsantrag nicht näher
bezeichneten, vor Klageerhebung jedenfalls abgelaufenen Zeitraums durchgeführt werden. Diese Sammlung war - auch wenn man davon ausgeht, daß ihr
Zweck und die Verwendung des Erlöses von der Regierung des Sultanats Oman mißbilligt wurden - nach räumlicher Ausdehnung, zeitlichem Umfang und zu
erwartendem Sammlungserlös derart unbedeutend, daß nicht angenommen werden kann, ihre Durchführung und/oder die zweckentsprechende Verwendung des
Sammlungserlöses hätten zu schwerwiegenden, ernsten und nachhaltigen Beeinträchtigungen im internationalen Verkehr zwischen der Bundesrepublik
Deutschland und dem Sultanat Oman oder der Bundesrepublik Deutschland und sonstigen Staaten oder zwischen sonstigen Staaten führen können. Deshalb
kann auch nicht festgestellt werden, die Verwendung des Sammlungserlöses sei geeignet, das friedliche Zusammenleben der Völker in der durch Art. 26 I 1 GG
verbotenen und nach Art. 26 I 2 GG unter Strafe zu stellenden Weise zu stören.
Das BerGer. hat nicht nur in der streitigen Sammlung eine friedensgefährdende Handlung gesehen, sondern hat auch eine Genehmigung dieser Sammlung als
"kriegerische Aktion gegenüber dem anderen Staat' bewertet, "die entsprechende Reaktionen von dessen Seite auslösen" könne, so daß durch die Genehmigung
das friedliche Zusammenleben zwischen diesen Staaten gefährdet sei. Auf diese Erwägung läßt sich die Ablehnung der Sammlungserlaubnis in keinem Fall stützen:
Entweder erfüllt die erlaubnisbedürftige Sammlung die Voraussetzungen des Art. 26 I 1 GG, dann ist die erforderliche Erlaubnis aus diesem Grunde zu
versagen. Erfüllt die erlaubnisbedürftige Sammlung die Voraussetzungen des Art. 26 I 1 GG dagegen nicht, dann kann die erforderliche Erlaubnis nicht mit der
Begründung abgelehnt werden, das behördliche Handeln erfülle als solches die Voraussetzungen des Art. 26 I 1 GG und sei deswegen verfassungswidrig:
Wenn nämlich Art. 26 I 1 GG dem erlaubnisbedürftigen Handeln nicht entgegensteht, dann steht damit zugleich verfassungskräftig fest, daß dieses Handeln
nicht aus den Gründen des Art. 26 I 1 GG unterbunden werden darf und daß somit die Folgen, die sich aus der staatlichen Erlaubnis eben dieses Handelns
ergeben, von Verfassungs wegen hinzunehmen sind.