Bankrecht, Darlehensvertrag, Nichtabnahmeentschädigung, Vorfälligkeitsentschädigung, Schadensersatz, Anfechtung, Widerruf, Aktiv-Aktiv-Methode, Aktiv-Passiv-Methode, Annuitätendarlehen, Cash-Flow-Methode, Zins, Tilgung, Wiederanlage
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Bankrecht - Vorfälligkeitsentschädigung
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Stand: 1. April 2013
Ablauf in der Praxis (Dokumentation)
BGH - Urteil vom 30.11.2004
BGH - Urteil vom 07.11.2000
BGH - Urteile vom 01.07.1997
BGH - Urteile vom 01.07.1997 - XI ZR 197/96 und XI ZR 267/96
Der Bundesgerichtshofs hat am hat 01.07.1997 entschieden, dass ein Darlehensnehmer die vorzeitige Rücknahme eines grundpfandrechtlich gesicherten
Festkredits verlangen kann, wenn er das haftende Grundstück veräußern will oder wenn er es als Sicherheit für eine weitere Kreditaufnahme benötigt. Der
Darlehensnehmer muß dafür eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung zahlen. Die kreditgebende Bank kann jedoch als Vorfälligkeitsentschädigung nicht
jeden beliebigen Preis bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) verlangen. Sie kann vielmehr nur den Ausgleich der Nachteile beanspruchen, die ihm
durch die vorzeitige Ablösung entstehen. Die Einzelheiten hierzu sind in den schriftlichen Urteilsgründen niedergelegt worden.
BGH - Urteil vom 30.11.2004 - XI ZR 285/03
... Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2004 durch den Vorsitzenden Richter Nobbe, die Richter
Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Wassermann und die Richterin Mayen für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. Juli 2003 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Von
Rechts wegen
Tatbestand: Die Parteien streiten über die Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung wegen vorzeitiger Ablösung eines Realkredits. Dem liegt folgender
Sachverhalt zugrunde:
Mit Vertrag vom 11. Mai 1989 gewährte die beklagte Hypothekenbank der Rechtsvorgängerin der Klägerin ein grundpfandrechtlich gesichertes
Annuitätendarlehen über 8,3 Millionen DM zu 7,35% Zinsen bei 2% Tilgung ab 1. Juli 1994 fest bis zum 31. Mai 1999 zur Finanzierung einer gewerblichen
Immobilie. Nachdem die Darlehensnehmerin das beliehene Objekt in den Jahren 1993/1994 verkauft hatte, und der im Zuge des Verkaufs mit der Ablösung
und Löschung der Grundpfandrechte beauftragte Notar um Angabe des Ablösungsbetrages gebeten hatte, willigte die Beklagte in die vorzeitige Ablösung des
Annuitätendarlehens gegen Zahlung einer von ihr auf 770.000 DM festgesetzten Vorfälligkeitsentschädigung ein. Am 4. Februar 1994 wurde das Darlehen
einschließlich der Vorfälligkeitsentschädigung vereinbarungsgemäß zurückgeführt. Im Jahre 1999 verlangte die Klägerin aus abgetretenem Recht die teilweise
Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung. Daraufhin zahlte die Beklagte im März 2000 ohne Anerkennung einer Rechtspflicht einen Betrag von 34.330,90
DM zurück. Die Klägerin begehrt die Zahlung weiterer 42.275,34 €, die Beklagte im Wege der Widerklage die Rückzahlung von 16.475,82 €. Während die
Klägerin die für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung bedeutsame Wiederanlagerendite der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank
entnimmt, hält die Beklagte eine Berechnung anhand des Pfandbriefindex PEX des Verbands deutscher Hypothekenbanken und des Bundesverbandes
öffentlicher Banken Deutschlands, aber auch der DGZF-Renditen der DGZ-Deka Bank Deutsche Kommunalbank für zulässig. Ferner beruft sie sich erstmals
im Revisionsverfahren darauf, dass die streitige Vorfälligkeitsentschädigung mangels eines in den Vorinstanzen festgestellten Anspruchs der
Darlehensnehmerin auf Einwilligung in die vorzeitige Kreditablösung nicht der gerichtlichen Angemessenheitskontrolle unterliege.
Das Landgericht hat der Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens bis auf einen Teil der beantragten Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht
hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die im zweiten Rechtszug erhobene Widerklage abgewiesen. Mit der - vom Berufungsgericht zugelassenen
- Revision verfolgt sie ihre Anträge weiter.
Entscheidungsgründe: Die Revision ist nicht begründet.
I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt: Die Klägerin habe aus abgetretenem Recht einen
bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung der zuviel geleisteten Vorfälligkeitsentschädigung im geltend gemachten Umfang. Als ihre
Rechtsvorgängerin die beliehene Immobilie habe verkaufen wollen, sei die Beklagte nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) verpflichtet
gewesen, in eine vorzeitige Beendigung des Darlehensvertrages gegen Zahlung einer angemessenen, ihre finanziellen Nachteile ausgleichenden
Vorfälligkeitsentschädigung einzuwilligen. Sofern die Bank unter solchen Umständen eine darüber hinausgehende Entschädigung durchsetze, sei sie um den
Differenzbetrag ungerechtfertigt bereichert. So liege es hier. Mit der Vorfälligkeitsentschädigung solle die Bank im wirtschaftlichen Ergebnis so gestellt
werden, wie sie stünde, wenn das Darlehen für den vereinbarten Festschreibungszeitraum fortgeführt und mit Zinsen bedient worden wäre. Dies werde bei
Zugrundelegung der PEX-Indexwerte nicht erreicht. Die börsentägliche PEX-Berechnung basiere auf Renditewerten, zu denen die meldenden Institute ihre
jeweiligen Pfandbriefemissionen verkaufen würden, also nicht notwendigerweise auf tatsächlich durchgeführten Wertpapiergeschäften. Zudem bestehe das
Indexportfolio nicht aus tatsächlich gehandelten Pfandbriefen, sondern aus 30 synthetischen Pfandbriefen mit Laufzeiten von ein bis zehn Jahren und drei
Kuponklassen von 6%, 7,5% und 9%. Im Gegensatz dazu beruhten die Renditen der Pfandbriefe, die in der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank
genannt würden, auf Berechnungen echt börsennotierter Pfandbriefe. Zwar würden in der Statistik zumindest für den hier maßgeblichen Ablösezeitpunkt im
Februar 1994 lediglich Monatswerte ausgewiesen, während der PEX-Index taggenaue Werte nenne. Ein durchschnittlicher Monatswert reiche aber als
Berechnungsfaktor aus, da er auf taggenauen Eingaben beruhe. Dabei sei zu bedenken, daß es bei der Berechnung einer fiktiven Wiederanlage letztendlich um
eine mit einer gewissen Ungenauigkeit behaftete abstrakte Schadensermittlung nach § 287 ZPO gehe. Nach dem überzeugenden Sachverständigengutachten sei
eine etwaige Ungenauigkeit jedenfalls unbedeutend und stehe in keinem Verhältnis zu den finanziellen Nachteilen, die sich für den betroffenen
Darlehensnehmer aus einer Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung anhand der PEX-Indexwerte ergebe. Da dem PEX-Index nicht immer tatsächliche
Wertpapiergeschäfte zugrunde lägen, ergebe sich außerdem das Problem, daß nicht nur Marktkräfte, sondern auch subjektive Einschätzungen der meldenden
Institute auf ihn einwirkten. Hinzu komme, daß auch die bei der Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung erforderliche Transparenz beim PEX-Index nicht
gewährleistet sei.
II. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand.
1. Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht sei rechtsfehlerhaft zu der Auffassung gelangt, die Beklagte sei zur Einwilligung in die vorzeitige Ablösung des
Realkredits gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung verpflichtet gewesen, ist unbegründet. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats hat
der Kreditnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf vorzeitige Ablösung eines Realkredits, wenn diese für eine (beabsichtigte) Grundstücksveräußerung
erforderlich ist (BGHZ 136, 161, 166 f.). Besondere Ausführungen zur Erforderlichkeit der Ablösung sind jedenfalls im Normalfall nicht notwendig, da es
allgemein üblich ist, daß in einem Immobilienkaufvertrag die Verschaffung lastenfreien Eigentums vereinbart wird (Senatsurteil vom 3. Februar 2004 - XI ZR
398/02, WM 2004, 780, 781, zur Veröffentlichung in BGHZ 158, 11 ff. vorgesehen). Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin das belastete Grundstück
unstreitig verkauft hat und da nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung (S. 3) und dem von ihr selbst vorgelegten Schreiben
des Notars vom 25. Januar 1994 (BK 1) über die von der Verkäuferin im Zuge des Verkaufs gewünschte Ablösung der Grundschulden mit Hilfe des
Kaufpreises davon auszugehen ist, daß der Verkauf lastenfrei erfolgt ist, liegt ein Anspruch der Rechtsvorgängerin der Klägerin auf vorzeitige Ablösung des
Realkredits auf der Hand. Dementsprechend sind in den Vorinstanzen beide Parteien übereinstimmend zu Recht ohne weiteres davon ausgegangen, daß die
Rechtsvorgängerin einen solchen Anspruch hatte und die von der Beklagten festgelegte Vorfälligkeitsentschädigung daraufhin zu überprüfen ist, ob sie die mit
der vorzeitigen Kreditablösung verbundenen finanziellen Nachteile der Beklagten übersteigt. Erstmals in der Revision zieht die Beklagte einen solchen
Anspruch grundlos und ohne Berücksichtigung auch ihres eigenen Vorbringens in Zweifel.
2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch die Kontrolle der Vorfälligkeitsentschädigung durchgeführt.
a) Die Rendite für die Wiederanlage der vorzeitig zurückgewährten Darlehensvaluta hat es zu Recht nicht dem PEX-Index, sondern der Kapitalmarktstatistik
der Deutschen Bundesbank entnommen und auf dieser Grundlage einen Bereicherungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB bejaht.
aa) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats unterliegt die Festsetzung der Vorfälligkeitsentschädigung durch die kreditgebende Bank einer
gerichtlichen Nachprüfung daraufhin, ob die Entschädigung die mit der vorzeitigen Kreditablösung verbundenen finanziellen Nachteile der Bank übersteigt,
sofern ihrem Vertragspartner nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ein Anspruch auf vor zeitige Ablösung des Darlehens
gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung zustand (Senat BGHZ 136, 161, 166 ff.; Senatsurteile vom 1. Juli 1997 - XI ZR 197/96, WM 1997, 1799,
1800, vom 6. Mai 2003 - XI ZR 226/02, WM 2003, 1261, 1262 und vom 3. Februar 2004 - XI ZR 398/02, WM 2004, 780, 781). Zeigt sich dabei, daß die von
der Bank in Rechnung gestellte Entschädigungssumme den durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entstandenen Schaden übersteigt, so ist der
Differenzbetrag nach Bereicherungsrecht zurückzuzahlen (siehe Senat BGHZ aaO S. 167 und Senatsurteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 197/96, aaO).
bb) Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (BGHZ 136, 161, 168 ff.; 146, 5, 10; BGH, Urteil vom 1. Juli 1997 - XI ZR 197/96, WM 1997, 1799,
1800) kann eine Bank den Schaden, der ihr durch die Nichtabnahme oder durch die vorzeitige Ablösung des Darlehens entsteht, sowohl nach der
Aktiv-Aktiv-Methode als auch nach der Aktiv-Passiv- Methode berechnen. Bei der von der Beklagten gewählten Aktiv-Passiv- Methode stellt sich der
finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens und vereinbarungsgemäßer
Durchführung des Vertrages tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite dar, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in
sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten zu vermindern und auf den Zeitpunkt der Leistung der
Vorfälligkeitsentschädigung abzuzinsen (Senat BGHZ 136, 161, 171; 146, 5, 10 f.). Für die vergleichbare Berechnung einer Nichtabnahmeentschädigung nach
der Aktiv- Passiv-Methode hat der erkennende Senat ferner ausgesprochen, daß die Schadensberechnung nach der Cash-Flow-Methode zu erfolgen hat und
dabei die Rendite einer laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen zugrunde zu legen ist, die der Kapitalmarktstatistik der Deutschen
Bundesbank entnommen werden kann (BGHZ 146, 5, 11 ff.). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht sachverständig beraten bei der Ermittlung des
der Beklagten aus der vorzeitigen Ablösung des Annuitätendarlehens entstandenen Schadens gemäß § 287 ZPO ausgegangen. Die Ausführungen des
Berufungsgerichts hat der erkennende Senat nur daraufhin zu überprüfen, ob die Ausübung des tatrichterlichen Ermessens bei der Ermittlung des Schadens auf
grundsätzlich falschen oder offenbar unsachlichen Erwägungen beruht und ob wesentlicher Tatsachenvortrag der Parteien außer acht gelassen wurde (BGHZ 3,
162, 175 f.; 6, 62, 63; Senatsurteil vom 27. Januar 1998 - XI ZR 158/97, WM 1998, 495, 496). Einen solchen Rechtsfehler vermag die Revision mit ihrem
Hinweis auf den PEX-Index schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil dieser keine geeignete Grundlage für die Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen ist.
cc) Die von der Beklagten gewünschte Bestimmung der Wiederanlagerenditen nach dem PEX-Index ist nicht nur zwischen den Parteien, sondern auch in
Rechtsprechung und Literatur umstritten. Zum Teil wird der PEX-Index für eine zumindest genauso gut geeignete oder aussagekräftige Berechnungsgrundlage
wie die Statistik der Deutschen Bundesbank erachtet und infolgedessen den Kreditinstituten ein unbeschränktes Wahlrecht zugestanden (Rösler/Wimmer/Lang,
Vorzeitige Beendigung von Darlehensverträgen S. 167 Rdn. 21; Rösler BKR 2002, 644; Wimmer BKR 2004, 479 f.; vgl. auch OLG Schleswig BKR 2002, 642,
643 f.). Begründet wird dies vor allem damit, daß der PEX-Index taggenau sei, während die Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank jedenfalls für den
hier maßgebenden Zeitraum im Februar 1994 lediglich Monatsdurchschnittsrenditen ausweise. Zudem sei die Zuordnung zu bestimmten Laufzeiten bei den
PEX-Renditen genauer, weil sie auf ganzjährige Laufzeiten von ein bis zehn Jahren bezogen seien, während die Statistik der Deutschen Bundesbank
Laufzeitbänder von ein bis zwei Jahren, zwei bis drei Jahren usw. enthalte. Dagegen lehnt die Gegenmeinung (Tiffe VuR 2002, 403; Wehrt WM 2004, 401,
404) eine Berücksichtigung der PEX-Indexwerte mit den dem angefochtenen Berufungsurteil zugrunde liegenden Erwägungen ab. Der erkennende Senat
schließt sich dieser Auffassung an.
(1) Der PEX-Index gibt das Marktgeschehen einseitig aus der Sicht von Hypothekenbanken wie der Beklagten wieder. Das Indexportfolio des PEX besteht nach
den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts nicht aus wirklich gehandelten, sondern aus 30 synthetischen Pfandbriefen. Den von
Hypothekenbanken mitgeteilten Renditen liegen zu einem erheblichen Teil keine realen Umsätze zugrunde, sondern bloße Angebote, zu denen
Hypothekenbanken Pfandbriefe verkaufen möchten. In solche Angebote fließen nach den rechtsfehlerfreien Ausführungen des Berufungsgerichts, die sich auch
auf die Lebenserfahrung stützen können, unter anderem subjektive Einschätzungen und Wünsche ein. Verzerrungen durch eine Meinungsführerschaft von ganz
wenigen großen Hypothekenbanken sind, wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, nicht völlig ausgeschlossen. Berücksichtigt werden überdies
ausschließlich Briefrenditen emittierender Hypothekenbanken. Geldkurse, in denen sich auch die Vorstellungen von Pfandbriefkäufern widerspiegeln und bei
denen die Renditen nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten ca. 0,10 bis 0,15 Prozentpunkte über den Emissionsrenditen liegen (GA II 227), bleiben von
vornherein unbeachtet. Da Hypothekenbanken, die sich durch die Veräußerung von Pfandbriefen möglichst günstig refinanzieren wollen, verständlicherweise
an hohen Verkaufskursen und dadurch bedingt möglichst geringen Renditen für die Käufer interessiert sind, weist der PEX-Index systembedingt zu niedrige
Renditen aus, die bei der Berechnung von Vorfälligkeitsentschädigungen zu überhöhten Forderungen an den Kreditnehmer führen.
(2) Demgegenüber liefert die Statistik der Deutschen Bundesbank auf der Grundlage tatsächlich durchgeführter Wertpapiergeschäfte ein hinreichend
repräsentatives Bild der Rückkaufrenditen von Pfandbriefen, die gerade von Hypothekenbanken erzielbar sind. Zwar wird von ihr nur der börsliche Handel
erfaßt, während der außerbörsliche Handel unberücksichtigt bleibt. Dieses Spektrum reicht aber aus, um die Berechnung der Wiederanlagerendite auf eine
hinreichend solide Grundlage zu stellen. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß die Statistik der Deutschen Bundesbank für den hier maßgebenden
Ablösezeitpunkt (4. Februar 1994) lediglich Monatszinssätze ausweist. Eine größere als die im Rahmen der abstrakten Schadensermittlung gemäß §§ 249, 252
BGB und der notfalls zu Hilfe genommenen Schadensschätzung nach § 287 ZPO häufig auftretende Ungenauigkeit ist damit - wie das Berufungsgericht
rechtsfehlerfrei ausgeführt hat - nicht verbunden, zumal sich durch Interpolation der Monatszinssätze genauere Zwischenwerte ermitteln lassen. Davon
abgesehen würde der sich aus einer verbleibenden Ungenauigkeit ergebende Nachteil gegenüber der prinzipiellen Ungeeignetheit der PEX-Indexwerte nicht ins
Gewicht fallen.
b) Entgegen der Auffassung der Revision mußte das Berufungsgericht der Beklagten schließlich auch nicht das Recht zubilligen, die Wiederanlagerendite
anhand der DGFZ-Renditen der DGZ-Deka Bank Deutsche Kommunalbank zu berechnen. Dem Vorbringen der Beklagten ist nicht zu entnehmen, woraus sich
die angebliche Geeignetheit dieser Renditen aus Pfandbriefen vor allem öffentlich-rechtlicher Kreditinstitute für die Berechnung der
Vorfälligkeitsentschädigung einer privaten Hypothekenbank wie der Beklagten ergeben soll. Einen Systemvergleich mit der Kapitalmarktstatistik der
Deutschen Bundesbank brauchte das Berufungsgericht daher nicht vorzunehmen. ...
BGH - Urteil vom 07.11.2000 - XI ZR 27/00
Das Urteil bezieht sich auf ein nicht abgenommenes Darlehn, das im Volltext unter www.kanzlei-doehmer.de/bgb_249_1.htm nachgelesen werden kann.
Wichtig sind die Ausführungen zur Höhe der Nichtabnahmeentschädigung, die auch für die Vorfälligkeitsentschädigung Geltung beanspruchen:
1.
Die Bank kann den Schaden, der ihr durch die Nichtabnahme oder durch die vorzeitige Ablösung eines Darlehens entsteht, sowohl nach der
Aktiv-Aktiv-Methode als auch nach der Aktiv-Passiv-Methode berechnen.
2.
Bei der Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode stellt sich der finanzielle Nachteil des Darlehensgebers als Differenz zwischen den Zinsen, die der Darlehensnehmer
bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, und der Rendite dar, die sich aus einer laufzeitkongruenten Wiederanlage der freigewordenen Beträge in
sicheren Kapitalmarkttiteln ergibt. Der Differenzbetrag ist um ersparte Risiko- und Verwaltungskosten zu vermindern und auf den Zeitpunkt der Leistung der
Nichtabnahmeentschädigung abzuzinsen.
3.
Der nach der Aktiv-Passiv-Berechnungsmethode berechnete Schaden darf den auf die betreffende Darlehensart entfallenden Durchschnittsnettogewinn
vergleichbarer Banken übersteigen. Der nach der Aktiv-Passiv-Methode ermittelte Schaden umfasst in einer Position sowohl den Zinsmargenschaden, d. h. den
der Bank entgangenen Nettogewinn, als auch den Zinsverschlechterungsschaden, d. h. ihren aus einer Wiederausleihe zu einem niedrigeren Zinssatz
resultierenden Schaden.
4.
Die Schadensberechnung nach der Aktiv-Passiv-Methode setzt nicht voraus, dass der Darlehensgeber sich tatsächlich refinanziert hat. Sie beruht auf der
Grundlage einer fiktiven Wiederanlage, für die eine tatsächliche Refinanzierung unerheblich ist.
5.
Bei der Berechnung der Zinsen, die der Darlehensnehmer bei Abnahme des Darlehens tatsächlich gezahlt hätte, ist zu berücksichtigen, dass es sich um ein
Annuitätendarlehen handelt, auf das während der Laufzeit monatlich neben Zins- auch Tilgungsleistungen erbracht werden, die die zu verzinsende
Darlehenssumme reduzieren.
6.
Um dieser fortlaufenden Rückführung des zu verzinsenden Kapitals Rechnung zu tragen, ist bei der Berechnung der Zinsen nach der Cash-Flow-Methode zu
verfahren, bei der berücksichtigt wird, dass Zins- und Tilgungszahlungen unterjährig zu verschiedenen Zeitpunkten an die Bank geflossen wären.
7.
Der Berechnung ist, da der konkret vereinbarte Tilgungsverlauf zu berücksichtigen ist, der vereinbarte Nominalzinssatz zugrunde zu legen. Ein Abstellen auf
den vereinbarten Tilgungsverlauf und die weiteren Kosten entspricht dem konkreten Gesamtaufwand, der Grundlage für die Berechnung des Effektivzinses ist.
8.
Der effektive Vertragszins kann allenfalls dann zu korrekten Ergebnissen führen, wenn vertragsspezifische Tilgungsvereinbarungen unberücksichtigt bleiben.
9.
Bei der Ermittlung der Rendite aus einer Wiederanlage des durch die Nichtabnahme freigewordenen Darlehensbetrages ist die Rendite einer
laufzeitkongruenten Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen zugrunde zu legen.
10.
Auf die im niedrigere Rendite festverzinslicher Wertpapiere der öffentlichen Hand kommt es nicht an. Da die Sicherheit von Hypothekenpfandbriefen
angesichts der besonderen Schutzbestimmungen des Hypothekenbankgesetzes mit der von Kapitalmarkttiteln öffentlicher Schuldner durchaus vergleichbar ist,
ist es Banken zumutbar, eine Wiederanlage in Pfandbriefen vorzunehmen. Das gilt besonders für Hypothekenbanken, die selbst Pfandbriefe emittiert haben.
11.
Die erforderliche Transparenz der Schadensberechnung ist auch dann gewährleistet, weil die Zinssätze von Hypothekenpfandbriefen der Kapitalmarktstatistik
der Deutschen Bundesbank sowie Tageszeitungen mit größerem Wirtschaftsteil entnommen werden können.
12.
Soweit ein Kreditinstitut bei der Wiederanlage von Tilgungsraten, die bei vertragsgemäßer Abwicklung in wenigen Tagen oder Wochen fällig geworden wären,
wegen der längeren Restlaufzeiten nicht auf Hypothekenpfandbriefe zurückgreifen kann, bestehen keine Bedenken, für diese Zeiträume auch eine Wiederanlage
in Monats- oder sogar Tagesgeldern zuzulassen.
13.
Bei der Berechnung der bei einer Wiederanlage in Hypothekenpfandbriefen erwirtschafteten Rendite ist zu berücksichtigen, dass ein Annuitätendarlehen
vereinbart ist. Der finanzielle Vorteil, den die Bank durch die Nichtabnahme eines Darlehens erlangt, besteht in der Möglichkeit, jede Tilgungsrate bis zu dem
Zeitpunkt anzulegen, zu dem die Rate bei ordnungsgemäßer Abwicklung des Darlehensvertrages an sie zurückgeflossen wäre.
14.
Bei längeren Anlagezeiträumen sind regelmäßig höhere Renditen zu erzielen. sind, darf bei zwischen wenigen Tagen und mehreren Jahren liegenden
Anlagezeiträumen nicht von einem einheitlichen Wiederanlagezinssatz ausgehen.
15.
Die Erträge einer laufzeitkongruenten Wiederanlage sind anhand des Nominalzinssatzes zu berechnen.
16.
Die in der Kapitalmarktstatistik der Deutschen Bundesbank veröffentlichten Renditen können der Berechnung des Ertrages einer laufzeitkongruenten
Wiederanlage zugrunde gelegt werden.
17.
Im Rahmen der Schadensberechnung sind angemessene Beträge für ersparte Verwaltungsaufwendungen und für das entfallende Risiko des Darlehens in Abzug
zu bringen.
18.
Dem entfallenden Darlehensrisiko ist durch einen prozentualen Abschlag Rechnung zu tragen. Der Abschlag für die entfallende Risikovorsorge ist je nach den
Risiken des konkreten Vertrages gemäß §287 ZPO zu schätzen. In der instanzgerichtlichen Rechtsprechung wurden Abschläge zwischen 0,05% und 0,06%
bzw. 0,014% gemacht.
19.
Die ersparten Verwaltungsaufwendungen sind nicht als prozentuale Abschläge, sondern als absolute, von der Darlehenssumme unabhängige Beträge
anzusetzen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Darlehensvertrag hauptsächlich zu Beginn Verwaltungsaufwand erfordert, während die weitere, meist
EDV-mäßige Durchführung in aller Regel keinen erheblichen Verwaltungsaufwand mit sich bringt.
20.
Die sich ergebenden Beträge sind auf den Zeitpunkt der Zahlung der Nichtabnahmeentschädigung unter Zugrundelegung des aktiven Wiederanlagezinses
abzuzinsen.
21.
Es ist zu berücksichtigen, dass bei einem Annuitätendarlehen der Zinsanteil kontinuierlich abnimmt und der Kapitalstand des Darlehens sich entsprechend
ändert. Abzuzinsen ist dabei mit der realen Zinsstrukturkurve..
22.
Das so genannte KAPO-Programm ist grundsätzlich zur Berechnung einer Nichtabnahme- bzw. Vorfälligkeitsentschädigung geeignet. Es trägt insbesondere
dem Umstand Rechnung, dass je nach Laufzeit der Darlehensraten unterschiedliche Renditen der Wiederanlagen anzusetzen sind.
23.
Zunächst ist der gesamte Zinsverlust zu ermitteln, indem die bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung zu zahlenden Zinsen berechnet werden.
24.
Zu berechnen ist die Differenz zwischen Vertragszins und Kapitalmarktrendite. Fehlerhaft ist es, den Abzinsungszinssatz um die ersparte Risikovorsorge zu kürzen.
25.
Der Zinsverlust ist zusätzlich noch um die ersparten jährlichen Verwaltungsaufwendungen zu kürzen.
26.
Die Grundlagen der angewandten Computerprogramme sind so deutlich zu machen, dass eine Überprüfung möglich ist.
27.
In der Schadensberechnung ist anzugeben, welche Wiederanlage zugrunde liegt. Eine ausreichende Überprüfungsmöglichkeit besteht aber erst dann, wenn die
Art der Wiederanlage genannt wird.
28.
Die für die Schadensberechnung herangezogenen Zinssätze müssen so genau bezeichnet werden, dass eine Überprüfung anhand der Bundesbankstatistik oder
anderer leicht zugänglicher Quellen möglich ist.
29.
Die für die einzelnen Wiederanlagezeiträume anzuwendenden Zinssätze können durch Interpolation ermittelt werden.
30.
Als weitere Schadensposition können die Kosten geltend gemacht werden, die ihr durch die Berechnung der Nichtabnahmeentschädigung entstehen. Diese
Kosten können gemäß §287 ZPO geschätzt werden.
31.
Da der Berechnungsaufwand nicht entscheidend von der Höhe der Darlehenssumme abhängt, kann als Schadensersatz nicht ein bestimmter Prozentsatz des
Darlehens verlangt werden. Vielmehr ist ein absoluter Betrag anzusetzen.