BGB §123
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AG Giessen, Urt. v. 06.08.2002 - 46 C 229/01 *
Tatbestand: Die Klägerin betrieb über Handelsvertreter den Verkauf unter anderem von Bettzeug. Die Beklagte bestellte bei der
Klägerin am 21.02.2000 vier Oberbetten, Unterbetten und Kopfkissen der Marke Sydney zum Preis von 3.772,- DM, abzüglich 6 %
Skonto 3.545,68 DM. Wegen des Inhalts der Bestellung wird Bezug genommen auf die sich in der Akte befindliche Kopie Bl. 5 d.
A. Als Zugaben sollte die Beklagte ein Eco-Reinigungssystem "Igea" im Wert von 1.998,-DM eine Reise im Wert von 598,-- DM
sowie eine Kamindecke im Wert von 298,-- DM erhalten. Der Kaufpreis von abzüglich Skonto 3.545,68 DM bezog sich nur auf die
bestellten Oberbetten, Unterbetten und Kissen. Die Beklagte leistete eine Anzahlung in Höhe von 45,68 DM. Zur Finanzierung des
restlichen Kaufpreises in Höhe von 3.500,-- DM schloss die Beklagte mit der Hanseatic-Bank einen Kreditvertrag ab. Wegen des
Inhalts des Vertrages wird Bezug genommen auf die sich in der Akte befindliche Kopie Bl. 6 d. A. Die Hanseatic-Bank zahlte den
Betrag von 3.500,-- DM an die Klägerin aus. Die Klägerin lieferte der Beklagten die bestellten Waren. Mit Schreiben vom
07.11.2000 erklärte der Bevollmächtigte der Beklagten gegenüber der Klägerin die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger
Täuschung. Es wird Bezug genommen auf Bl. 8 und 9 d. A. Mit Schreiben vom gleichen Tage setzte er die Hanseatic-Bank über die
Anfechtung in Kenntnis. Es wird Bezug genommen auf Bl. 10 und 11 d. A. Bis zur Anfechtung des Kaufvertrages hatte die
Beklagte Zahlungen auf den Kreditvertrag an die Hanseatic-Bank geleistet. Da die Beklagte in der Folgezeit keine weiteren
Zahlungen mehr an die Hanseatic-Bank leistete, belastete diese der Klägerin ein Betrag von 2.855,60 DM. Am 22.03.2001 trat die
Hanseatic-Bank sämtliche Ansprüche aus dem Kreditvertrag mit der Beklagten mit einem Forderungsbestand von 2.855,60 DM zum
26.02.2001 an die Klägerin ab. Wegen des Inhalts der Forderungsabtretung der Hanseatic-Bank wird Bezug genommen auf die sich
in der Akte befindliche Kopie Bl. 48 d. A. Die Klägerin nahm die Abtretungserklärung an.
Mit Schriftsatz vom 04.04.2001 kündigte die Klägerin das Darlehen außerordentlich, hilfsweise zum nächst zulässigen Termin. Es
wird Bezug genommen auf den Schriftsatz vom 04.04.2001 (Bl. 32 ff d. A.). In Höhe der Klageforderung nimmt die Klägerin
Bankkredit, für den sie 9,5 % Zinsen zu zahlen hat, in Anspruch. Die Klägerin behauptet, der Rückstand aus dem Darlehensvertrag
betrage 2.855,60 DM. Die Klägerin ist der Ansicht, eine arglistige Täuschung liege nicht vor. Bei dem verkauften Bettzeug handele
es sich um hochwertige Produkte, die den Kaufpreis von 3.772,-- DM bzw. (abzüglich 6 % Skonto) von 3.545,68 DM Wert seien.
Dieser Kaufpreis entspreche dem objektiven Marktwert der Waren. Bei der Wertbestimmung sei zu berücksichtigen, dass die
Klägerin einen Direktvertrieb betreibe, so dass ein Verkäufer direkt zu dem Kunden nach Hause komme, der ihn beraten würde. Für
diese Beratung und Bequemlichkeit sei ein angemessener Betrag zu berücksichtigen. Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu
verurteilen, an sie 1.789,52 _ (=3.500,-- DM) nebst 9,5 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte behauptet, der Kontostand auf dem Darlehenskonto habe zum
31.01.2001 DM 2.819,16 betragen. Die Beklagte ist der Ansicht, die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung sei wirksam. Bei dem
verkauften Bettzeug handele es sich um minderwertige Ware, die im Fachhandel zu einem Preis von unter 1.000,-- DM zu erhalten
sei. Die Ware sei den Kaufpreis nicht wert. Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die zur Akte , gereichten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Das Gericht hat gemäß Beschluss vom 18.09.2001 Beweis erhoben durch Einholung
eines Sachverständigengutachtens. Wegen der schriftlichen Feststellungen des Sachverständigen Dr. N. wird Bezug genommen auf
dessen schriftliches Gutachten vom 19.12.2001 (Bl. 71, 72 d. A.) sowie auf seine ergänzende gutachterliche Stellungnahme vom
24.04.2002 (Bl. 94 bis 96 d. A.).
Entscheidungsgründe: Die Klage ist unbegründet. Die von der Beklagten erklärte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ist
wirksam. Aus den Feststellungen des Sachverständigen Dr. Nagel ergibt sich, dass die vier Oberbetten, vier Unterbetten und vier
Kissen einen Marktpreis von 988,- DM haben, wobei, da Preise nicht allgemein verbindlich seien, Abweichungen je nach
Geschäftstyp und Kalkulation möglich seien, im Normalfall sich diese Abweichung in einem Bereich von maximal 25 % bewegten.
Diesen Marktpreis hat der Sachverständige nach Prüfung der Ware und unter Bezugnahme auf die Beschreibung der Ware im
Kaufvertrag ermittelt. Hierbei ist er von der Annahme ausgegangen, dass die Ware das IWS-Siegel tragen dürfe. Vergleichbare
Ware mit Schafswolle im Flor und nicht nur Acryl sei zu dem von ihm festgestellten Marktpreis im Endverbrauchermarkt zu kaufen.
Das Gericht folgt den überzeugenden und fundierten Ausführungen und Feststellungen des Sachverständigen.
Soweit die Klägerin der Ansicht ist, bei der Preisbildung sei zu berücksichtigen, dass sie einen Direktvertrieb betreibe, geht dies fehl.
Mit dem Sachverständigen ist das Gericht der Auffassung, dass dem Endkunden mit einem Direktvertrieb ein günstigerer Preis
suggeriert wird, weil die Zwischenstufe Einzelhandel gespart wird. Jedenfalls verteuert sich der Preis durch den Direktvertrieb nicht.
Gegenteiliges hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Fachkundige Beratung erhält der Kunde im Übrigen auch im Endverbrauchergeschäft.
Insgesamt ist festzustellen, dass die der Beklagten verkaufte und gelieferte Ware (Bettzeug und Kissen) weit überteuert ist. Der
Kunde, hier im vorliegenden Fall die Beklagte, die darauf vertraut, die Ware sei ihr Geld wert, wird getäuscht. Ihr wird Ware
verkauft, die für weniger als ein Drittel des Kaufpreises im Einzelhandel zu erwerben ist.
* Quelle: eigene