LG Hamburg, 22.12.2003 - 315 0 377/03, BGB, 12, domain, Namensschutz, Schaumburg-Lippe, Gesamtname, Allgemeinheit, Namenstraeger, Gebrauch, Einrichtungen, Gueter , Erzeugnisse, Unterlassung,
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BGB § 12
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LG Hamburg, Urteil vom 22.12.2003 - 315 0 377/03 *
Tatbestand: Der Kl. ist Angehöriger der Familie Schaumburg-Lippe, einer Familie des deutschen Hochadels. Die Geschichte seiner
Familie reicht viele Jahrhunderte zurück. "Schaumburg-Lippe" ist auch der Name einer geografischen Region im Bückeburger
Vorland. Gab es früher einen niedersächsischen Landkreis SchaumburgLippe, so gibt es nach einer Gemeindereform keine
Gebietskörperschaft mehr, die den Namen "Schaumburg-Lippe" trägt. Gleichwohl hat sich der Name "Schaumburg-Lippe" als
Region erhalten. So gibt es die "Stadtwerke Schaumburg-Lippe", die "Schaumburg-Lippische Landeszeitung" pp. Der Bekl. hat auf
seinen Namen eine Internetadresse www.Schaumburg-Lippe.de bei der DENIC registrieren lassen. Unter dieser Adresse hat er eine
Website eingerichtet, auf der er landeskundliche, touristische, historische und ähnliche Inhalte verbreitet. Der Kl. begehrt im
vorliegenden Verfahren, dem Bekl. zu untersagen, sich der Internet-Domain "Schaumburg-Lippe.de" zu bedienen. Ferner verlangt
er von dem Bekl., in die Löschung der InternetDomain "Schaumburg-Lippe.de" gegenüber der DENIC e. G. einzuwilligen. Die
Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe: I. Der Kl. kann sein Begehren nicht auf § 12 BGB stützen. Nach § 12 BGB kann der an einem Namen
Berechtigte, wenn sein Interesse dadurch verletzt wird, dass ein anderer unbefugt den gleichen Namen gebraucht, von diesem
Unterlassung und Beseitigung verlangen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Durch § 12 BGB wird der gesetzlich vorgeschriebene und kraft Gesetzes erworbene bürgerliche Name geschützt, und zwar der
Vor- und Familienname; nur dem Gesamtnamen kommt volle Individualisierung zu (Schwerdtner, in: MünchKomm, 4. Aufl., § 12
Rdnr. 41 m.w. Nachw.). Adelsbezeichnungen sind Teil des bürgerlichen Namens (vgl. Art. 109 111 WRV). Das gilt nur dann nicht,
wenn die Adelsbezeichnung vor dem In-Kraft-Treten der Weimarer Verfassung lange Zeit nicht geführt worden ist (Scbwerdtner,
in: MünchKomm, § 12 Rdnr. 42 m. w. Nachw.); das kann jedoch im Streitfall unberücksichtigt gelassen werden, jedenfalls ist dazu
nichts vorgetragen. Insoweit ist der bürgerliche Name des Kl. "Prinz zu Schaumburg-Lippe" bzw. "Fürst zu Schaumburg-Lippe".
Eine unbefugter Gebrauch eines Namens, mithin eine Namensanmaßung liegt vor, wenn ein anderer Unbefugter den gleichen Namen
gebraucht und dadurch ein schutzwürdiges Interesse des Namensberechtigten verletzt. Die Namensanmagung als
Verletzungstatbestand setzt die rechtmäßige Namensführung des Verletzten, den unbefugten Namensgebrauch durch den Verletzer
und eine Verletzung schutzwürdiger Interessen voraus (Schwerdtner, in: Münch-Komm, § 12 Rdnr. 173 m. w. Nachw.).
Wer den Namen eines anderen als Domain-Namen gebraucht, verletzt dessen Namensrecht (BGH, NJW 2002, 23 031, st. Rspr.;
Nägele, WRP 2002, 138 m. w. Nachw. aus der BGH-Rspr.). Ob im Streitfall der Bekl. die Bezeichnung "Schaumburg-Lippe" i. S.
des § 12 BGB namensmäßig gebraucht, könnte zweifelhaft sein, verwendet er doch die Domain "Schaumburg-Lippe" nicht zur
Kennzeichnung seiner eigenen Person, sondern als Adresse für eine von ihm betriebene heimatkundliche Internet-Seite. Die
Rechtsprechung und die herrschende Lehre (Schwerdtner, in: MünchKomm, § 12 Rdnr. 183 m. w. Nachw.) verstehen jedoch unter
dem Gebrauch eines fremden Namens nicht nur die Selbstbezeichnung mit dem Namen eines anderen, sondern auch die sonstige
Ingebrauchnahme eines fremden Namens für eigene Zwecke. Ein unbefugter Namensgebrauch ist danach jegliche Benutzung eines
fremden Namens für eigene Zwecke im Zusammenhang mit Personen, Sachen und Unternehmungen im wirtschaftlichen,
literarischen und künstlerischen Bereich (Schwerdtner, in: Münch-Komm, § 12 Rdnr. 183 mw. Nachw.). Namensschutz soll damit
auch die Fälle umfassen, in der Namensträger durch den Gebrauch eines Namens zu bestimmten Einrichtungen, Gütern oder
Erzeugnissen, mit denen er nichts zu tun hat, in Verbindung gebracht wird. Es geht mithin um eine Zuordnungsverwirrung. Diese ist
jedoch die gleiche -unabhängig davon, ob der Bekl. damit eine von ihm betriebene Domain bezeichnet oder sich selbst damit
kennzeichnet. Insoweit kann kein Zweifel bestehen, dass eine Benutzung des Namens durch den Bekl. zu bejahen ist.
Die Voraussetzungen des § 12 BGB sind gleichwohl nicht erfüllt, weil der Bekl. nicht den Namen des Kl. gebraucht. Wie
ausgeführt, steht unter Schutz des § 12 BGB der vollständige Name des Berechtigten. Da Adelsbezeichnungen Teil des bürgerlichen
Namens sind, ist der bürgerliche Name des Kl. "Erbprinz zu Schaumburg-Lippe" bzw. "Fürst zu SchaumburgLippe", nicht aber
"Schaumburg-Lippe". Der Bekl. betreibt jedoch die Domain "Schaumburg-Lippe".
Etwas anderes kann der Kl. auch nicht daraus herleiten, dass - nach eigenem, von dem Bekl. bestrittenen Vortrag sich die
Bezeichnung seiner Familie als "Schaumburg-Lippe" durchgesetzt habe. Dies erscheint der Kammer durchaus nachvollziehbar, da
jedenfalls in der direkten Anrede der vollständige Name des Kl. aufwändig erscheint, so dass es nahe liegt, dass zu einer verkürzten
Anrede gegriffen wird. Das bedeutet jedoch nicht, dass die verkürzte Form des Namens wie der vollständige Name vollen Umfangs
an dem Schutz des § 12 BGB teilnimmt. Wie ausgeführt, ist Schutzobjekt des § 12 BGB der vollständige Name, der Gesamtname,
nicht aber Teile desselben; der vollständige Name des Kl. lautet "Fürst zu Schaumburg-Lippe".
Allerdings kann § 12 BGB auch dann anwendbar sein, ,wenn ein unterscheidungskräftiger Teil des fremden Namens so benutzt
wird, dass die Interessen des Berechtigten verletzt werden. So ist anerkannt, dass der Vorname Gegenstand des Namensschutzes
sein kann, etwa als Teil eines Künstlernamens oder Sportlernamens, wenn schon sein alleiniger Gebrauch beim Publikum die
Erinnerung an den Träger des Künstlernamens oder Sportlernamens weckt und daher geeignet ist, Verwechselungen mit diesem
hervorzurufen (OLG München, GRUR 1960, 394 - Romy; BGH, NJW 1983, 1184 - Uwe). Insoweit kann geschlossen werden, dass
"Schaumburg-Lippe" als - zweifelsfrei kennzeichnender Teil des vollen Namens "Fürst bzw. Prinz zu SchaumburgLippe" unter den
Schutz des § 12 BGB fällt. Im Streitfall ist jedoch zu beobachten, dass "Schaumburg-Lippe" die Bezeichnung einer landschaftlichen
Region mit eigener Identität und Geschichte ist. Bis zur jüngsten Gemeindereform hatte die Region sogar ihre eigene
staatliche/kommunale Eigenständigkeit. So hat sich der Name in einer Vielzahl von Kennzeichen erhalten, so in
"Evangelisch-Lutherische Landeskirche Schaumburg-Lippe", "Stadtwerke SchaumburgLippe", "Sparkasse Schaumburg-Lippe" und
anderen regionalen Vereinigungen. Es kann kein Zweifel daran bestehen, dass in den genannten Unternehmenskennzeichen der
Bestandteil "Schaumburg-Lippe" der prägende ist. In solchen Unternehmenskennzeichen einen Namensmissbrauch zu Lasten des Kl.
anzunehmen, wäre abwegig. Hat der verkürzte Namen eigene starke Kennzeichnungskraft wie "Schaumburg-Lippe" so kann das
Namensrecht - über den vollständige Namen hinaus - nicht in kürzester Form solche Inhalte, die in Bezug zu "SchaumburgLippe"
stehen, dominieren. Der Namensschutz zu Gunsten eines -unterscheidungskräftigen - Teil des Gesamtnamens findet insoweit seine
Schranken dort, wo der Namensteil seinen eigenen kennzeichnenden Inhalt hat und dieser Inhalt für die Allgemeinheit offengehalten
werden muss. So wird ein Ernst August Prinz zu Hannover nicht aus seinem Namensrecht, genauer: aus dem kennzeichnenden Teil
seines Namens die Verwendung der Bezeichnung der Stadt Hannover durch Dritte untersagen können.
Eine andere Frage ist, ob ein Dritter, im Streitfall der Kl., auch wenn er zeitlich vor anderen die Domain für sich hat registrieren
lassen, die Domain besetzen kann, insbesondere anderen die Benutzung des Namens untersagen kann. Hier kann auf die
Entscheidung "Heidelberg.de" des LG Mannheim verwiesen werden (NJW 1996, 2736 = GRUR 1997, 377). Eine solche Freigabe
zu verlangen, fehlt jedoch dem Kl., der die Übertragung auf sich begehrt, die Aktivlegitimation.
II. Andere Anspruchsgrundlagen, auf die der Kl. sein Begehren stützen könnte, sind nicht ersichtlich.
* Quelle: NJW-RR 2004, 1121 f