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BGB § 12
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BGH, Urteil vom 09.09.2004 - I ZR 65/02 *
Tatbestand: Die Klägerin ist Trägerin des Marienhospitals Osnabrück. Seit 1995 verwendet sie bzw. ihr Rechtsvorgänger
für das Krankenhaus die Abkürzung „MHO" in einer gleichbleibenden bildlichen Darstellung auf dem Briefkopf im Verkehr
mit Krankenkassen, Geschäftspartnern und Patienten sowie in Stellenanzeigen in der Presse und auf der Übersichtstafel am
Eingang des Krankenhauses. Seit der Ausgabe 1996/97 ist das Krankenhaus (auch) unter „MHO" im örtlichen Telefonbuch
zu finden. Die Beklagte, die in Osnabrück eine Werbeagentur betreibt, ließ Anfang 1998 den Domainnamen „mho.de" für
sich registrieren. Sie nimmt für sich in Anspruch, die Bezeichnung „mho.de" seitdem zum Aufbau von Datenbanksystemen
für Kunden zu verwenden, wobei „mho" für „Medienhaus Osnabrück" stehe. Es bedeute für sie einen erheblichen Aufwand,
die bestehenden Datenbanksysteme ihrer Kunden auf eine neue Internetadresse umzustellen. Die Klägerin hat behauptet, die
Beklagte habe die Internetadresse „mho.de" bewußt besetzt, um ihr den Zugang zum Internet unter der bekannten
Abkürzung „MHO" zu vereiteln; sie ist der Ansicht, dass es sich um einen Fall einer missbräuchlichen Registrierung eines
Domainnamens („Domain grabbing") handele. Sie hat die Beklagte auf Freigabe des Domainnamens „mho.de" in Anspruch
genommen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Unter
Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels hat das Berufungsgericht die Beklagte auf den Hilfsantrag der Klägerin
verurteilt,
1. die weitere Nutzung der für sie bestehenden Internet-Domain-Anschrift „mho.de" zu unterlassen;
2. gegenüber dem Domainverzeichnis DENIC den Verzicht und die Freigabe des Domainnamens „mho.de" zu erklären.
Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie ihren
Klageabweisungsantrag weiterverfolgt. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe: I. Das Berufungsgericht hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 12 BGB bejaht. Zur
Begründung hat es ausgeführt: Indem die Beklagte unter der Abkürzung „MHO" auftrete, greife sie rechtswidrig in das
Namensrecht der Klägerin ein. Dieses Namensrecht stehe der Klägerin bereits seit 1995 zu, weil sie seit diesem Zeitpunkt
unter dieser Bezeichnung auftrete. Unmaßgeblich sei, dass die Beklagte die Bezeichnung „mho.de" als erste für sich habe
registrieren lassen. Vielmehr komme es darauf an, wer als erster einen Namen verwende; dies sei unzweifelhaft die Klägerin,
während sich die Beklagte erst seit 1998 der Abkürzung „MHO" bediene. Die Beklagte könne auch nicht mit Erfolg
einwenden, dass der lediglich regionale Gebrauch der Bezeichnung „MHO" durch die Klägerin keinesfalls ein Verbot der
weltweiten Benutzung dieser Bezeichnung rechtfertigen könne; denn für beide Parteien beschränke sich die Bedeutung der
Internetbenutzung auf den regionalen Bereich.
II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Revision nicht stand. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und
zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
1. Im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht Ansprüche aus §§ 5, 15 MarkenG ungeprüft gelassen. Denn der Klägerin
stehen gegenüber der Beklagten keine Ansprüche aus der Unternehmensbezeichnung „MHO" zu.
a) Allerdings geht der zeichenrechtliche Schutz aus §§ 5, 15 MarkenG in seinem Anwendungsbereich grundsätzlich dem
Namensschutz des § 12 BGB vor (vgl. BGHZ 149, 191, 196 - shell.de; BGH, Urt. v. 11.4.2002 - I ZR 317/99, GRUR
2002, 706, 707 = WRP 2002, 691 - vossius.de). In seinem Anwendungsbereich vermittelt der zeichenrechtliche Schutz dem
Inhaber des älteren Zeichens eine stärkere Rechtsposition, weil das prioritätsältere Zeichen grundsätzlich ein
prioritätsjüngeres Zeichen verdrängt, so dass der Inhaber des jüngeren Zeichens auch dessen Verwendung als Domainname
unterlassen muß (vgl. BGH, Urt. v. 21.2.2002 - I ZR 230/99, GRUR 2002, 898, 900 = WRP 2002, 1066 - defacto; vgl.
auch BGH GRUR 2002, 706, 707 f. - vossius.de). Aus dem Namensrecht des § 12 BGB kann dagegen in der Regel nur
gegen den Inhaber eines registrierten Domainnamens vorgegangen werden, dem an diesem Namen selbst keine eigenen
Rechte zustehen (vgl. BGHZ 155, 273, 275 - maxem.de). Kann sich der Inhaber des Domainnamens dagegen auf ein eigenes
Namensrecht stützen, kommt das Recht der Gleichnamigen zum Zuge. Dies bedeutet, dass sich im Streit um den
registrierten Namen grundsätzlich derjenige durchsetzt, der als erster diesen Namen für sich hat registrieren lassen (BGHZ
149, 191, 200 - shell.de; BGH GRUR 2002, 898, 900 - defacto). Es gilt insoweit das Gerechtigkeitsprinzip der Priorität
(vgl. BGHZ 148, 1, 10 - Mitwohnzentrale.de), das nur unter besonderen Umständen zurücktritt (vgl. BGHZ 149, 191, 201
f. - shell.de).
b) Aus den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen ergibt sich, dass die Klägerin die Unternehmensbezeichnung
„MHO" in der von ihr verwendeten bildlichen Darstellung durch Benutzung erworben hat (§ 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG).
Grundsätzlich kann dieses aus einer Wort-/Bildkombination bestehende Kennzeichen auch einen Schutz gegenüber der
Verwendung des Wortzeichens „MHO" vermitteln, weil die Unternehmensbezeichnung der Klägerin durch die
Buchstabenfolge „MHO" geprägt wird. Im übrigen ist davon auszugehen, dass mit der festgestellten Verwendung der
Wort-/Bildkombination eine Benutzung der bloßen Buchstabenfolge „MHO", etwa im Fernsprechverkehr, einhergeht, so
dass der Klägerin auch ein Recht an der Unternehmensbezeichnung „MHO" als reiner Buchstabenfolge zusteht. Ungeachtet
der Frage, ob die behauptete Verkehrsgeltung besteht, kann dieser Bezeichnung - auch wenn es sich um eine nicht als Wort
aussprechbare Buchstabenkombination handelt - die Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden (vgl. BGHZ 145,
279, 280 ff. - DB Immobilienfonds).
c) Die Beklagte verletzt jedoch die Unternehmensbezeichnung der Klägerin nicht. Die Gefahr einer Verwechslung mit dem
Klagezeichen (§ 15 Abs. 2 MarkenG) wird durch die beanstandete Verwendung des Domainnamens „mho.de" nicht
hervorgerufen, weil die Tätigkeitsbereiche der Parteien derart weit auseinander liegen, dass es am Merkmal der
Branchennähe fehlt. Auch ein Schutz aus § 15 Abs. 3 MarkenG scheidet aus. Weder den getroffenen Feststellungen noch
dem Parteivorbringen läßt sich entnehmen, dass es sich bei dem Klagezeichen um eine im Inland bekannte geschäftliche
Bezeichnung handelt.
2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch nicht die Annahme, dass die Beklagte ein
Namensrecht der Klägerin nach § 12 BGB verletzt hat.
a) Grundsätzlich steht der Klägerin an ihrer Unternehmensbezeichnung mit Namensfunktion auch ein Namensrecht nach §
12 BGB zu. Allerdings geht der Schutzbereich des Namensrechts in der Regel nicht über den Schutzbereich des
Unternehmenskennzeichens hinaus. Denn der aus § 12 BGB abgeleitete namensrechtliche Schutz einer
Unternehmensbezeichnung ist auf den Funktionsbereich des betreffenden Unternehmens beschränkt und reicht nur so weit,
wie geschäftliche Beeinträchtigungen zu befürchten sind (vgl. BGH, Urt. v. 12.2.1998 - I ZR 241/95, GRUR 1998, 696,
697 = WRP 1998, 604 - Rolex-Uhr mit Diamanten; BGHZ 149, 191, 197 f. - shell.de, m.w.N.). Eine Anwendung des § 12
BGB scheidet daher meist aus, weil sich der Funktionsbereich des Unternehmens in der Regel mit dem Anwendungsbereich
des - das Namensrecht verdrängenden - Kennzeichenschutzes aus §§ 5, 15 MarkenG deckt. Ausnahmsweise kann jedoch der
Funktionsbereich des Unternehmens auch durch eine Verwendung der Unternehmensbezeichnung außerhalb des
Anwendungsbereichs des Kennzeichenrechts berührt werden. In diesen Fällen kann der Namensschutz ergänzend gegen
Beeinträchtigungen der Unternehmensbezeichnung herangezogen werden, die - weil außerhalb des geschäftlichen Verkehrs
oder außerhalb der Branche und damit außerhalb der kennzeichenrechtlichen Verwechslungsgefahr - nicht mehr im
Schutzbereich des Unternehmenskennzeichens liegen.
b) Eine Beeinträchtigung berechtigter geschäftlicher Interessen ist im allgemeinen dann gegeben, wenn ein Nichtberechtigter
ein fremdes Kennzeichen als Domainname unter der in Deutschland üblichen Top-Level-Domain „de" benutzt und sich
damit unbefugt ein Recht an diesem Namen anmaßt. Ein solcher unbefugter Namensgebrauch liegt grundsätzlich schon in
der Registrierung, weil bereits damit die den berechtigten Namensträger ausschließende Wirkung einsetzt (BGHZ 149, 191,
199 - shell.de). Daher kann derjenige, dem an dieser Bezeichnung ein eigenes Namensrecht zusteht, im allgemeinen bereits
gegen die Registrierung eines Domainnamens durch einen Nichtberechtigten vorgehen (BGHZ 155, 273, 276 f. -
maxem.de). Der Nichtberechtigte kann demgegenüber in der Regel nicht auf schützenswerte Belange verweisen, die im
Rahmen der gebotenen Interessenabwägung zu seinen Gunsten zu berücksichtigen wären. Eine Ausnahme muß allerdings
für den Fall gemacht werden, dass die Registrierung der erste Schritt im Zuge der - für sich genommen rechtlich
unbedenklichen - Aufnahme einer entsprechenden Benutzung als Unternehmenskennzeichen ist. Dem liegt die Erwägung
zugrunde, dass es der Inhaber eines identischen Unternehmenskennzeichens im allgemeinen nicht verhindern kann, dass in
einer anderen Branche durch Benutzungsaufnahme ein Kennzeichenrecht an dem gleichen Zeichen entsteht. Ist ein solches
Recht erst einmal entstanden, muß auch die Registrierung des entsprechenden Domainnamens hingenommen werden. Da es
vernünftiger kaufmännischer Praxis entspricht, sich bereits vor der Benutzungsaufnahme den entsprechenden Domainnamen
zu sichern, führt die gebotene Interessenabwägung dazu, dass eine der Benutzungsaufnahme unmittelbar vorausgehende
Registrierung nicht als Namensanmaßung und damit als unberechtigter Namensgebrauch anzusehen ist.
c) Den Feststellungen des Berufungsgerichts ist nicht zu entnehmen, ob die Beklagte vor oder alsbald nach der Registrierung
des Domainnamens die Bezeichnung „mho" oder - was hier allerdings nicht in Rede steht - „mho.de" in der Weise benutzt
hat, dass ihr an diesem Zeichen ein eigenes Recht nach § 5 Abs. 2 Satz 1 MarkenG zusteht. Liegen diese Voraussetzungen
vor, stehen den Parteien an der Bezeichnung „mho" oder „MHO" unabhängig voneinander Kennzeichenrechte zu, die im
Hinblick auf die bestehende Branchenverschiedenheit zu keiner Kollision führen. Die Beklagte wäre unter diesen Umständen
eine berechtigte Namensträgerin, die ihren Namen als Domainnamen unabhängig davon registrieren lassen darf, ob ihre
Berechtigung zur Führung des Namens schon länger besteht als die anderer berechtigter Namensträger.
III. Das angefochtene Urteil kann unter diesen Umständen keinen Bestand haben. Dem Senat ist eine abschließende
Entscheidung verwehrt, weil Feststellungen zu einem eigenen Unternehmenskennzeichen der Beklagten fehlen.
* Quelle: http://www.bundesgerichtshof.de/