BGB § 12

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OLG Hamm, Urteil v. 13. 1. 1998 - 4 U 135-97 (NJW-RR 1998, 909)

Der Bekl. betreibt eine Online-Agentur und bietet Dienstleistungen im Bereich des Internet an. Er ist als Einzelkaufmann mit der Firma "X" im Handelsregister des AG A. eingetragen. Seit 1995 ist er mit der Domain-Adresse "krupp.de" im Internet registriert. Die Kl., die mit dem Bekl. keine geschäftlichen Beziehungen unterhält, möchte sich ihrerseits mit der Domain-Adresse "krupp.de" im Internet registrieren lassen, was aber wegen der Voreintragung des Bekl. nicht möglich ist. Denn jede Domain-Adresse kann aus den vom Internet vorgegebenen technischen Möglichkeiten nur einmal vergeben werden. Die Kl. erstrebt deshalb, dass der Bekl. ihr seine Domain-Adresse "krupp.de" überläßt. Sie sieht ihn dazu aus kennzeichenrechtlichen Gründen als verpflichtet. Denn er verletzte mit der von ihm gewählten Domain-Adresse ihre Marken- und Firmenrechte. Sie sei durch ihre Konzernunternehmen weltweit in den Geschäftsfeldern Stahl, Maschinenbau, Anlagenbau und anderen tätig. Dabei habe sich die Bezeichnung "Krupp" als Firmenschlagwort allgemein durchgesetzt. Außerdem sei diese Bezeichnung auch als Marke für sie geschützt.Das LG hat den Bekl. antragsgemäß verurteilt, der Übertragung der bestehenden Internet-Domain-Anschrift "krupp.de" an die Kl. zuzustimmen. Die Berufung des Bekl. hatte im wesentlichen keinen Erfolg. Das Urteil des LG wurde nur dahin abgeändert, dass der Bekl. zu verurteilen war, die weitere Nutzung der für ihn bestehenden Internet-domain-Anschrift "krupp.de" zu unterlassen.

Das LG hat in dem angefochtenen Urteil zu Recht angenommen, dass die Domain-Adresse des Bekl. "krupp.de" das Namensrecht der Kl. verletzt. Soweit es daraus folgernd den Bekl. entsprechend dem Klagebegehren verurteilt hat, der Übertragung der bestehenden Internet-Domain-Anschrift "krupp.de" an die Kl. zuzustimmen, geht diese Verurteilung aber insoweit zu weit, als sie den Bekl. zur Mitwirkung daran verpflichtet, dass die Kl. nunmehr statt des Bekl. die umstrittene Domain-Adresse "krupp.de" erhält. Der Unterlassungsanspruch der Kl. geht vielmehr nur dahin, dass der Bekl. seine Sperrposition als derzeitiger Inhaber der umstrittenen Domain-Adresse "krupp.de" aufgibt. Diese Domain-Adresse im Gegenzug für sich zu erhalten, ist dann allein Sache der Kl.. ...

Der Unterlassungsanspruch der Kl. gegenüber dem Bekl., die Domain-Adresse "krupp.de" für sich zu nutzen, folgt aus § 12 BGB. Nach dieser Vorschrift kann der Namensberechtigte von dem, der seine Interessen an der ungestörten Namensführung durch unbefugte Benutzung des gleichen Namens verletzt, Beseitigung der Beeinträchtigung und Unterlassung der Namensführung für die Zukunft verlangen.

Durch § 12 BGB wird nicht nur der bürgerliche Name geschützt, sondern alle namensartigen Kennzeichnungen, auch Firmenabkürzungen und Firmenschlagworte wie hier die Bezeichnung "krupp.de" als schlagwortartige Kurzbezeichnung für das Unternehmen der Kl. (Palandt-Heinrichs, BGB, 57. Aufl., § 12 Rdnr. 10 m. w. Nachw.). Diesen so der Kl. nach § 12 BGB zustehenden Namensschutz für ihr Firmenschlagwort verletzt der Bekl. dadurch, dass er für sich und seinen Geschäftsbetrieb die Domain-Adresse "krupp.de" hat registrieren lassen und dass er seitdem diese Domain-Adresse für sich nutzt.



Entgegen der Ansicht der Bekl. stellt eine Domain-Adresse kein bloßes Registrierungszeichen vergleichbar einer reinen Kennung ohne Namensfunktion dar, dem von vornherein Verletzerqualität i. S. des § 12 BGB fehlen würde. Die Domain-Adresse hat vielmehr über ihre Registrierungsfunktion hinaus auch eine Kennzeichnungsfunktion, indem sie die unter der Domain-Adresse registrierte Person oder Einrichtung von anderen Internet-Teilnehmern abgrenzen soll (KG, NJW 1997, 3321; LG Düsseldorf, WM 1997, 144; LG Frankfurt a. M., BB 1997, 1120; Hoeren, WRP 1997, 993; Völker-Weidert, WRP 1997, 652; Kur, CR 1996, 590). Dies stellt auch der Bekl. im Ergebnis nicht in Abrede, wenn er die Wichtigkeit seiner Domain-Adresse für die Identifizierung seines Unternehmens im Geschäftsverkehr herausstreicht. Mehr wird im Rahmen des § 12 BGB für die Verletzungstauglichkeit eines Namensgebrauches aber nicht verlangt, als dass die verletzende Bezeichnung dafür genutzt wird, um der so bezeichneten Person oder Institution eine Identität zu verleihen, die sie von anderen Personen und Institutionen unterscheiden soll.

Die Wahl der Domain-Adresse "krupp.de" durch den Bekl. verletzt auch das Interesse der Kl. an der ungestörten Führung ihres Namens "Krupp", wie es § 12 BGB als entscheidende Voraussetzung für den Namensschutz verlangt (LG München, CR 1997, 479 - Juris). Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob sich diese Interessenverletzung schon daraus ergibt, dass die Kl. aufgrund der gleichlautenden Domain-Adresse zu Unrecht mit dem Unternehmen des Bekl. in Verbindung gebracht werden kann. Eine solche Verwechselungsgefahr mag angesichts der unterschiedlichen Branchen wenig wahrscheinlich sein. Auch wenn man eine Diversifikation auf seiten der Kl. berücksichtigt, so ist der Medienbereich, in dem der Bekl. mit seinem Geschäftsbetrieb tätig ist, doch so weit von dem industriellen Bereich der Kl. entfernt, dass der Verkehr allein aufgrund der Namensgleichheit zwischen dem Firmenschlagwort der Kl. und der Domain-Adresse des Bekl. noch nicht auf organisatorische oder geschäftliche Verbindungen zwischen den Parteien schließen wird.



Das Firmenschlagwort "Krupp" der Kl. ist aber aufgrund seiner überragenden Verkehrsgeltung nicht nur gegen Verwechselungsgefahr, sondern auch gegen Verwässerungsgefahr geschützt (Baumbach-Hefermehl, WettbewerbsR, 17. Aufl., § 16 UWG Rdnr. 61; Palandt-Heinrichs, § 12 Rdnr. 31 jeweils m. w. Nachw.). Diese überragende Verkehrsgeltung der abgekürzten Bezeichnung "Krupp" für das Unternehmen der Kl. kann der Senat aus eigener Sachkunde feststellen. Denn sie gehört zum allgemeinen Wissensschatz (vgl. dtv-Lexikon Bd. 11 Stichwort "Krupp"; Brockhaus Enzyklopädie, 17. Aufl. [1970] Stichwort: "Krupp, Friedr. K."). Der Name "Krupp" steht für eine ganze Epoche deutscher Industriegeschichte. Er ist fast zum Synonym für die Stahlindustrie schlechthin geworden (Diercke, Erdkunde für Gymnasien in NRW, Strukturwandel und Raumordnung in Europa 9, 2. Aufl. [1995]). Diese überragende Verkehrsgeltung ihres Firmenschlagwortes "Krupp" gibt der Kl. prinzipiell das Recht, zur Erhaltung der Kennzeichnungskraft ihres Namens daneben keine weiteren Unternehmen gleichen Namens dulden zu müssen.

Demgegenüber kann sich der Bekl. hier auch nicht darauf berufen, dass er selbst mit bürgerlichem Familiennamen "Krupp" heißt und dass er - bislang unbeanstandet - die Einzelfirma "X-Krupp" führt. Zwar kann es prinzipiell niemandem verwehrt werden, seinen angestammten Namen auch im Geschäftsleben zu führen (Teplitzky, GK-UWG, § 16 Rdnr. 382 m. w. Nachw.). Auch die vom Bekl. entsprechend § 18 HGB gewählte Firmierung mag die schlagwortartige Abkürzung "Krupp" als Domain-Adresse nahelegen. Allein diese gegebene Namensgleichheit läßt die Wahl der Domain-Adresse aber noch nicht als befugt erscheinen, was den Schutzanspruch der Kl. aus § 12 BGB ausschließen würde.



Auch der Gesichtspunkt der Priorität bei der Wahl der Domain-Adresse gibt dem Bekl. nicht das bessere Namensrecht gegenüber der Kl. Denn der Grundsatz der Priorität entscheidet nur bei der grundsätzlichen Namenswahl. Die Priorität im Erwerb des Namensrechtes als solchem gibt den besseren Rang (vgl. § 6 III MarkenG). Wann und wo und in welchem Medium später mit dem gewählten Namen aufgetreten wird, ist für die Rangstellung des Namensrechtes bedeutungslos. Die Kl., der unstreitig der bessere Zeitrang an ihrem Firmenschlagwort "Krupp" zukommt, weil sie damit, wie allgemein bekannt, schon zu Vorkriegszeiten Verkehrsgeltung hatte, hat daher den Wettlauf mit dem Bekl. um die Domain-Adresse nicht deshalb verloren, weil sich der Bekl. die umstrittene Domain-Adresse "krupp.de" zuerst hat registrieren lassen.

Wie sonst auch im Falle der Gleichnamigkeit bietet auch hier allein der Grundsatz der Priorität keine interessengerechte Lösung. Vielmehr lassen sich auch die Probleme kollidierender Domain-Adressen nur unter Rückgriff auf das Recht der Gleichnamigen interessengerecht lösen ( Kur, CR 1996, 590; Ubber, WRP 1997, 497; a. A. Omsels, GRUR 1997, 328). Danach muß auch bei der Wahl der Domain-Adresse ein Interessenausgleich gefunden werden, der beiden Seiten ein kennzeichnungskräftiges Auftreten im Internet ermöglicht, also die Wahl einer griffigen Domain-Adresse gestattet. Dabei braucht hier nicht im einzelnen entschieden zu werden, wie dieser Interessenausgleich bei kollidierenden Domain-Adressen generell vorzunehmen ist (vgl. zu diesem Interessenausgleich grundsätzlich: Teplitzky, GK-UWG, § 16 Rdnrn. 400 ff. m. w. Nachw.). Angesichts der dargelegten Verkehrsgeltung des Firmenschlagwortes der Kl. und der grundsätzlichen Pflicht des Bekl. zur Abstandswahrung als Prioritätsjüngerem (vgl. dazu Teplitzky, GK-UWG, § 16 Rdnrn. 402, 412) rechtfertigt es das Interesse des Bekl., seinen eigenen Namen als Domain-Adresse zu führen, jedenfalls hier nicht, diesen Namen in identischer Form mit dem Firmenschlagwort der Kl. zu verwenden. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Besonderheiten des Internets es dem Bekl. gestatten, eine Domain-Adresse zu wählen, deren Abstand zum Firmenschlagwort der Kl. normalerweise nicht genügen würde (vgl. dazu Teplitzky, GK-UWG, § 16 Rdnr. 398). Die identische Verwendung des Firmenschlagwortes der Kl. als Domain-Adresse, um die es im vorliegenden Fall allein geht, ist auf keinen Fall zu billigen, weil der Bekl. schon durch geringfügige Zusätze, die seinem Namen die ursprüngliche Kennzeichnungskraft durchaus belassen würden, es seinerseits der Kl. ermöglicht hätte, unter "Krupp" als Domain-Adresse ins Internet zu kommen (Völker-Weidert, WRP 1997, 652 [657]).


Der Schutzanspruch aus § 12 BGB gibt der Kl. allerdings nicht das Recht, wie hauptsächlich von ihr beantragt wird, vom Bekl. die Zustimmung dazu zu verlangen, dass ihr die Domain-Adresse "krupp.de" übertragen wird (a. A. LG München, CR 1997, 479). § 12 BGB räumt dem Verletzten lediglich einen Beseitigungsanspruch und einen Unterlassungsanspruch ein, ggf. auch einen Schadensersatzanspruch (Palandt-Heinrichs, § 12 Rdnrn. 32 ff.). Das bedeutet, dass der Verletzer nur den Störungszustand nicht aufrechterhalten darf. Er ist aber nicht verpflichtet, an einer Verbesserung der Rechtsstellung des Verletzten in namensgemäßer Hinsicht mitzuwirken. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass der Bekl. seine Sperrposition, die er mit der Registrierung und Nutzung seiner Domain-Adresse "krupp.de" ausübt, zwar aufgeben muß, dass er aber nicht verpflichtet ist, seinerseits dafür zu sorgen, dass nunmehr die Kl. statt seiner die umstrittene Domain-Adresse erhält. Dieses Ziel zu erreichen, ist vielmehr allein Sache der Kl., wobei der Bekl. keine Unterstützung mehr schuldet, sobald er seine Sperrposition aufgegeben hat.