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OLG Köln, Beschluss v. 18. 12. 1998 - 13 W 48-98
1. Das LG geht zutreffend davon aus, dass der Namensschutz der klagenden Stadt auch die Verwendung ihres Namens als
Second-Level-Domain unter der Top-Level-Domain ".de" umfaßt. Im angefochtenen Beschluss ist hierzu unter anderem ausgeführt:
"Zwar handelt es sich im technischen Sinne bei der Domainbezeichnung nicht um einen Namen, da sie nicht einem bestimmten
Namensträger bzw. dessen Produkten oder Dienstleistungen zuzuordnen ist. Vielmehr handelt es sich um die Adresse des
angerufenen Computers, auf dem der Adressat seine Homepage abgelegt hat. Diese Adresse besteht in einer bestimmten
Nummernfolge (sog. IP-Nummer, für Internet Protocol), welche naturgemäß selten an die Einprägsamkeit eines aus Buchstaben
zusammengefügten Namens heranreichen kann. Die Nummernkombination wurde daher in Buchstaben ,übersetzt'. Eine solche rein
technische Betrachtungsweise ließe jedoch die nicht zu übersehende Tatsache außer Betracht, dass der Internet-Anwender die in
Buchstabenkombinationen übersetzte IP-Nummer regelmäßig mit dem Anbieter eines Internet-Angebots in Verbindung bringt.
Denn wer das Internet für Selbstdarstellungszwecke nutzen möchte, wird in der Regel unter einer die Identität mit dem eigenen
Namen oder Kennzeichen wahrenden Domain werben wollen. Dies ist nicht nur in der Praxis tatsächliche Gegebenheit, wo der
Domain-Name längst in das Marketing-Gesamtkonzept des fortschrittlichen Unternehmens eingebunden ist. Die entsprechende
Vorstellung wird auch den durchschnittlichen Anwender begleiten, der sich auf die online-Suche nach einer ihm bekannten Marke
oder Person macht. Der durchschnittliche Anwender wird in aller Regel die Domainbezeichnung gedanklich mit dem Namen des
gesuchten Anwenders verbinden. Aber auch der erfahrene Anwender wird sich weder über die sich hinter dem - in
Buchstabenkombinationen übersetzten -Domain-Namen verbergende IP-Nummer Vorstellungen machen, noch über den Umstand,
dass er eigentlich mit einem externen Computer, nicht etwa mit einer Kommunikationseinrichtung des Anbieters in Kontakt tritt.
Denn der Domain-Name bleibt als alleiniges und gängiges Assoziationsmerkmal. Folgerichtig handelt es sich bei den
Domain-Namen um namensähnliche Kennzeichen, denen - zumindest mittelbar - Namensfunktion zukommt. Sie dienen der
Unterscheidung eines bestimmten Subjekts von anderen und haben dabei ebenso wie die in Wort und Schrift festgehaltenen Namen
Ordnungs- und Unterscheidungsfunktion."
Die hier vertretene Auffassung kann inzwischen als gesicherte Erkenntnis gelten (z.B. LG Mannheim, NJW 1996, 2736; LG
Braunschweig, NJW 1997, 2687; LG Ansbach, NJW 1997, 2688; KG, NJW 1997, 3321; LG Frankfurt a.M., NJW-RR 1998, 974;
Kur, CR 1996, 590ff.; Ernst, NJW-CoR 1997, 426ff.; Bücking, NJW 1997, 1886ff.; Wiebe, CR 1998, 157 [158]). Soweit
ersichtlich, weichen allein die vom Bekl. angeführten Entscheidungen des LG Köln (BB 1997, 1121 - kerpen.de; NJW-CoR 1997,
304 - hüerth.de und NJW-RR 1998, 976 - pulheim.de) von dieser klaren Linie ab. Dass die rein technische Betrachtungsweise an
der Namensfunktion der einen Städtenamen (ohne Zusätze) verwendenden Second- Level-Domain (unter der regionalen
Top-Level-Domain "de") vorbeigeht, ist im angefochtenen Beschluss zutreffend aufgezeigt. Die hinsichtlich der Registrierung freie
Wählbarkeit des Domain-Namens (soweit nicht bereits anderweitig belegt) besagt ebenfalls nichts gegen dessen Namensfunktion i.S.
des § 12 BGB.
2. Dem LG ist auch darin zuzustimmen, dass der Bekl. unbefugt von dem Namen der Kl. Gebrauch macht. Unbefugt ist der Gebrauch eines Namens, wenn ein eigenes Benutzungsrecht nicht gegeben ist. Denn in dem Recht auf den Namen liegt auch das Recht auf den ausschließlichen Gebrauch desselben gegenüber jedem, der nicht ebenfalls ein Recht auf diesen Namen hat. Das Namensrecht verbietet dem Dritten die Anmaßung eines fremden Namens, welche zu einer Identitätsoder Zuordnungsverwirrung führt (BGH, NJW 1996, 1672 m.w. Nachw.). Darauf stellt die Zivilkammer im angefochtenen Beschluss zutreffend ab:
"Der Namensschutz des § 12 BGB umfaßt auch diese Zuordnungsverwirrung, d.h. Fälle, in denen durch die Namensnennung eine
Verbindung zwischen dem Namensträger und Produkten oder Unternehmen suggeriert wird, die in Wahrheit nicht besteht (LG
Braunschweig, NJW 1997, 2687 m.w. Nachw.). Denn ein nicht unerheblicher Teil der Internet Benutzer wird bei der Verwendung
der Domain "herzogenrath.de" ohne weiteren Zusatz meinen, es handele, sich um die Adresse der Stadt Herzogenrath. Nach
allgemeinem Sprachverständnis wird mit der isolierten Verwendung des Ortsnamens die Kommune als solche bezeichnet (LG
Lüneburg, WM 1997, 1452 [1454])."
a) Die Kl. muß sich vom Bekl., der die Domain "herzogenrath.de" in seiner im Internet unter "www.transiotemp.de", aber auch unter "www.transiotemp.herzogenrath.de" aufzurufenden Webagentur, für Subdomainnamensreservierungen anbietet (u.a. für: "www.Ihr-Name.Herzogenrath.de" oder "www.Herzogenrath.de-Ihr-Name"), nicht darauf verweisen lassen, den Namenszusatz "Stadt-" zu verwenden. Die Vorstellung des Bekl., der Namensschutz der Kl. beschränke sich auf die amtliche Bezeichnung "Stadt Herzogenrath", ist verfehlt. Anerkanntermaßen wird durch § 12 BGB nicht nur der volle Name, sondern auch eine namensmäßige Kurzbezeichnung des Namensträgers geschützt. Dementsprechend ist Herzogenrath als namensmäßiger Hinweis auf die Kl. als Gebietskörperschaft auch ohne den Zusatz "Stadt" namensrechtlich geschützt. Unzulässiger Namensgebrauch setzt auch nicht voraus, dass der Name oder Namensteil von einem Dritten zur Bezeichnung seiner eigenen Person benutzt wird. Es genügt vielmehr, wenn der Namensträger durch den anderweitigen Gebrauch seines Namens mit bestimmten Einrichtungen, Gütern oder Erzeugnissen in Verbindung gebracht wird, mit denen er nichts zu tun hat (st. Rspr. des BGH, z.B. NJW-RR 1991,934 m. w. Nachw.).
b) Es kommt für den Freigabeanspruch der Kl. ferner nicht darauf an, ob sich Städte im Internet durchgehend mit oder ohne den
Zusatz "Stadt" präsentieren. Weitaus überwiegend geschieht dies jedenfalls ohne den Zusatz "Stadt" (entgegen den ehemaligen
Regeln des DE-NIC zur Benennung von Domains unterhalb der Top-Level-Domain "de"). Diese Handhabung entspricht - wie
bereits im angefochtenen Beschluss zum Ausdruck gebracht - sowohl dem allgemeinen Sprachgebrauch als auch dem Interesse der
angesprochenen Verkehrskreise an einer möglichst kurzen Internetadresse. Wer im Internet unter der regionalen Top-Level-Domain
".de" nach einer Stadt sucht; gibt als erstes (sc.: nach der Kürzel http:--www.) den Städtenamen ohne weitere Namenszusätze ein
(bei der Suche nach der Stadtverwaltung Herzogenrath somit "herzogenrath.de"). Angesichts der weit verbreiteten und wachsenden
Gepflogenheit von Städten und Gemeinden, sich so im Internet zu präsentieren (teilweise auch schon auf diesem Wege
Verwaltungsdienstleistungen online anzubieten), sind die Erwartungen des regionalen Nutzerkreises (als Hauptzielgruppe der
regionalen Top-Level-Domain ".de") darauf gerichtet, durch Eingabe des Städtenamens als Second-Level-Domain unmittelbar auf
die Homepage der Stadtverwaltung zu gelangen. Auf den Zusatz "Stadt" wird teilweise ausgewichen, wenn der Stadtname bereits
von einer Person gleichen Namens als Domain belegt ist (wie im Fall der Stadt Kerpen, die sich unter "stadt-kerpen.de" im Internet
präsentiert, während der Aufruf von "kerpen.de" zur Homepage einer Familie dieses Namens führt). Wie solche
Gleichnamigkeitskonflikte zu lösen sind, braucht hier indessen nicht entschieden zu werden, da der Bekl. einen anderen Namen führt
(dazu, dass auch dann nicht ohne weiteres auf die Priorität der Anmeldung abgestellt werden kann, sei auf OLG Hamm, NJW-RR
1998, 909 = CR 1998, 241 m.Anm. Bettinger verwiesen).
c) Es kann hier letztlich auch offen bleiben, ob bereits in der Registrierung und Konnektierung der Domain "herzogenrath.de" (bloße
Reservierungen von Domain-Namen sind gemäß Beschluss der DENIC-eG seit dem 1. 2. 1997 ohnehin nicht mehr möglich,
Altreservierungen sind spätestens zum 1. 2. 1998 ausgelaufen; eine registrierte Domain muß spätestens nach einem Monat auch
konnektiert werden, d.h. regelmäßig über zwei Nameserver gefunden werden können) eine Namensanmaßung i.S.des § 12 BGB
liegt. Denn der Bekl. hat sich nicht mit der Registrierung und Konnektierung der Domain (die nicht dazu verpflichtet, Webseiten
aufzusetzen) begnügt, sondern macht, hiervon in zuordnungsverwirrender Weise Gebrauch, wie ein Aufruf der von ihm unter
"www.herzogenrath.de" abgelegten Webseite zeigt. Dass der Bekl. auf der bei Aufruf von "www.herzogenrath.de" erscheinenden
Seite auch einen "Hyperlink zur Stadtverwaltung Herzogenrath" anbietet, ändert nichts an der schon in der isolierten Benutzung des
Namens der Kl. für eine eigene Webseite liegenden Namensanmaßung. Gleiches gilt für die Tatsache, dass der Bekl. diese Webseite
nicht unmittelbar für seine Angebote nutzt (zu diesen Angeboten kommt man unter anderem über den "Hyperlink zum
www.Forum.Herzogenrath.de" oder die angegebene Internetadresse der Webagentur des Bekl.
"www.transiotemp.herzogenrath.de"). Soweit diese Angebote "herzogenrath" als Second-Level-Domain verwenden, verletzen sie
ebenfalls das Namensrecht der Kl. Geschäftliche Interessen des Bekl., unter anderem den Namen der Kl. zur Vermietung von
Internetadressen mit regionalem Bezug zu verwenden, müssen gegenüber dem berechtigten Interesse der Kl. an der Verwendung
ihres Namens als eigener Internetadresse zurücktreten. Soweit die Beeinträchtigung der Kl. bei der Verwendung als
Second-Level-Domain durch Zusätze zum Namen der Kl. vermieden werden kann, ist es Sache des Bekl., sich solcher Zusätze zu
bedienen, die eine Identitäts- oder Zuordnungsverwirrung ausschließen.
d) Die Kl. muß sich auch nicht darauf verweisen lassen, dass sie bereits unter der domain "herzogenrath-online.de" im Internet
präsent ist. Dabei handelt es sich erklärtermaßen lediglich um eine von der Kl. vorläufig verwendete Ausweichadresse im Hinblick
auf die rechtswidrige Weigerung des Bekl., die von ihm blockierte Domain "herzogenrath.de" freizugeben, wie dies mit der
vorliegenden Klage erstrebt wird. ...