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- Stand: 19. September 2003 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)
BGH, Urteil 17. Mai 2001 - I ZR 251/99 - *
Sachverhalt: Die Kl. veranstaltet unter der Bezeichnung ,,Ambiente" in Frankfurt am Main eine Messe für Tischkultur; Küche,
Wohn- und Lichtkonzepte sowie Geschenkideen. Sie ist seit 1994 Inhaberin der Marke ,,Messe Frankfurt Ambiente", die für die
Durchführung und Veranstaltung von Messen und Ausstellungen eingetragen ist. Die Bekl. ist die DENIC. Sie vergibt die Domain-
Namen (Internet-Adressen), die mit ,, .de" enden. Bei der Endung .de" handelt es sich um die auf Deutschland hinweisende so
genannte Top-Level-Domain; der unmittelbar davor befindliche Bestandteil eines Domain-Namens wird als Second-Level-Domain
bezeichnet. Die Bekl. registriert einen Domain-Namen, der aus technischen Gründen nur einmal vergeben werden kann, für den
Anmelder, wenn er nicht bereits für einen anderen eingetragen ist; dabei prüft sie nicht, ob an der angemeldeten Bezeichnung Rechte
Dritter bestehen. Als die Kl. die Bezeichnung ,,ambiente.de" für sich registrieren lassen wollte, stellte sie fest, dass diese von der
Bekl. bereits an einen Dritten- den Streithelfer der Bekl. - vergeben worden war. Die Kl. verlangte vom Streithelfer unter Hinweis
auf ihre Rechte an der Bezeichnung ,,Ambiente" die Freigabe des Domain-Namens. Dieser verpflichtete sich daraufhin zwar
strafbewehrt, jede Handlung zu unterlassen, die dazu führen künnte, dass die Bezeichnung ,,ambiente.de" im Internet genutzt wird,
weigerte sich aber; den Domain-Namen freizugeben. Daraufhin bat die Kl. die Bekl. unter Vorlage der Unterlassungserklärung, die
Überlassung des Domain- Namens gegenüber dem Streithelfer zu kündigen und den Domain-Namen für sie einzutragen. Die Bekl.
lehnte ab. Sie trug die Kl. lediglich in ihre so genannte Warteliste ein, danach rückt die Kl. in die Position des Streithelfers ein, falls
dieser den Domain-Namen ,,ambiente.de" frei- gibt. Die Kl. hat beantragt, die Bekl. zu verurteilen, die Registrierung des
Streithelfers als Domain-Inhaber der Zeichenfolge ,,Ambiente" unter der TOP-Level-Domain ,, .de" aufzuheben und den Antrag der
Kl. auf Registrierung einer Zeichenfolge ,,Ambiente" als Domain- Name unter der TOP-Level-Domain ,,.de" zu den in ihren
Vergaberichtlinien in der aktuellen Fassung geregelten Bedingungen anzunehmen und ihre Registrierung als Domain- Inhaberin
vorzunehmen; hilfsweise: festzustellen, dass die Bekl. nicht berechtigt ist, auf Grund einer bereits für den Streithelfer erfolgten
Registrierung einen Antrag der Kl. zur Registrierung des Zeichens ,,Ambiente" unter der TOP-Level-Domain ,,.de" abzuweisen.
Das LG hat der Klage mit dem Hauptantrag stattgegeben (LG Frankfurt a. M. NJW 1999, 586 = MMR 1999, 233 = WRP 1999,
366>. Das BerGer hat die Klage abgewiesen (OLG Frankfurt a.M., NJW 2001, 376 = MMR 2000, 36 = WRP 2000, 214 =
uW/EDE-R442>. Die Revision der Kl. hatte keinen Erfolg.
Aus den Gründen: 1. DasBerGen hat einen Anspruch der Kl. auf Umschreibung der fraglichen Bezeichnung verneint. Zur
Begründung hat es ausgeführt:
Bei der Prüfung der kennzeichen- und wettbewerbsrechtlichen Zulässigkeit einer bestimmten Second- Level- Domain seien die
Grundsätze der Pressehaftung im Wettbewerbsrecht entsprechend anzuwenden. Wenn ein Anmelder durch Registrierung
undunberechtigte Benutzung einer bestimmten Bezeichnung die Kennzeichenrechte eines Dritten verletze oder diesen in
wettbewerbsrechtlich unzulässiger Weise behindere, künne die Bekl. als Vergabestelle danach nur unter zwei Gesichtspunkten in
Anspruch genommen werden: Entweder die Bekl. wolle den vorsätzlich begangenen Verstoß des Dritten fördern,oder siesperre
einen Eintrag nach einem Hinweis auf seine Rechtswidrigkeit nicht, obwohl er für sie erkennbar das Kennzeichen- oder
Wettbewerbsrecht in grober Weise verletzte. Ein offensichtlicher Rechtsverstoß sei etwa dann anzunehmen, wenn ein Domain-Name
für dieBekl. unschwer erkennbar mit einem berühmten Kennzeichen übereinstimme und der Anmelder sich daran in unzulässiger
Weise anhängen oder den Domain-Namen in ersichtlichrechtswidriger Weise blockieren wolle.
Darüber hinaus seien auch Ansprüche aus §§ 33, 20 1 GWB in Erwägung zu ziehen. Die Bekl. halte auf dem Markt für die Vergabe
von Second-Level-Domains unter der Top-Level-Domain ,, .de" ein Monopol, zumindest sei sie ein marktstarkes Unternehmen. Bei
der im Rahmen des § 20 1 GWB erforderlichen Interessenabwägung sei allerdings ebenfalls darauf abzustellen, dass die Bekl. -
ähnlich einem Presseunternehmen bei der Aufnahme von Anzeigen - nur eingeschränkte Prüfungspflichten treffe. Es sei der Bekl.
nicht zuzumuten, umfangreiche rechtliche Überprüfungen anzustellen und die Rechtsbeziehungen zwischen dem Anmelder und
einem Dritten - hier der Kl. und dem Streithelfer - im Einzelnen zu überprüfen und zu beurteilen. Ein Anspruch gegenüber der
Domain Vergabestelle auf Löschung und Neuvergabe einer Second-Level-Domain komme daher nur dann in Betracht, wenn die
vorbestehende Registrierung offensichtlich rechtswidrig sei und sich der Inhaber des Domain-Namens ersichtlich gesetzwidrig verhalte.
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe sei die Bekl. nicht verpflichtet, dem Begehren der Kl. zu entsprechen. Dabei komme es nicht
darauf an, ob die vom Streithelfer abgegebene Unterwerfungserklärung zu einem entsprechenden Vertrag geführt habe oder ob
lediglich gesetzliche Ansprüche der Kl. gegenüber dem Streithelfer in Betracht kämen. Auch wenn ein solcher Vertrag zustande
gekommen sei, sei es der Bekl. nicht zuzumuten, die umstrittenen vertraglichen Verhältnisse zwischen den Parteien zu überprüfen
und abschließend zu beurteilen. Im Ubrigen habe die Kl. durch ihr eigenes Verhalten die Annahme nahegelegt, ihr rechtliches
Verhältnis zum Streithelfer sei noch nicht abschließend geklärt; denn sie habe seine Unterlassungserklärung nicht als ausreichend
angesehen und weitere Maßnahmen für erforderlich gehalten. Habe die Unterwerfungserklärung des Streithelfers nicht zu einer
Unterlassungsvereinbarung geführt, sei ein Anspruch gegen die Bekl. ebenfalls nicht zubegründen. Der Begriff ,,Ambiente" komme
in zahlreichen anderen Versionen, Firmen- namen und Schlagwörtern vor, so dass aus der Sicht der Bekl. ein marken- rechtlicher
Anspruch gegen den Streithelfer aus der für die Kl. geschützten Bezeichnung ,,Messe Frankfurt Ambiente" nicht offensichtlich
gewesen sei.
Die Prüfung der Zulässigkeit einer bestimmten Second-Level-Domain falle danach zunächst allein in den Verantwortungsbereich des
Anmelders. Denn die Aufgabe der Domain- Vergabestelle sei es in erster Linie, kostengünstig, rasch und zuverlässig die Verwaltung
des Domain- Systems und dabei insbesondere die Vergabe von neuen Second- Level- Domains durchzuführen. Ihre Aufgabe sei es
dagegen nicht, im Konfliktfalle die sich gegen-überstehenden Bezeichnungen im Hinblick auf sämtliche Anspruchsgrundlagen
umfassend zu prüfen. Nur dann, wenn ihr ein rechtskräftiges und vollstreckbares Urteil gegen den ersten Anmelder - hier den
Streithelfer - vorgelegt werde, in dem diesem die Registrierung oder Benutzung des fraglichen Domain-Namens untersagt und mit
dem er zu deren Freigabe verpflichtet werde, könne von der Bekl. verlangt werden, die bisherige Registrierung aufzuheben und nach
der Reihenfolge der Warteliste zu verfahren.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben keinen Erfolg. Das BerGer. hat im Ergebnis zu Recht
angenommen, dass der Kl. gegenüber der Bekl. kein Anspruch auf Löschung und Neuvergabe des Domain-Namens ,,ambiente.de"
zusteht.
1. Zutreffend ist das BerGer. davon ausgegangen, dass der Kl. keine kennzeichen- oder wettbewerbsrechtlichen Ansprüche gegen
die Bekl. zustehen.
Bei der Prüfung kennzeichen- und wettbewerbsrechtlicher Anspruchsgrundlagen hat das BerGer. zu Recht lediglich eine Haftung
der Bekl. wegen der Mitwirkung an einer Rechtsverletzung durch den Streithelfer in Betracht gezogen. Der Streitfall bietet keine
Anhaltspunkte dafür, dass die Bekl. selbst unmittelbar Kennzeichenrechte verletzt oder gegen das Wettbewerbsrecht Verstoßen
haben könnte. Das Registrieren und Verwalten eines Domain-Namens durch die Bekl. für einen Dritten ist - vergleichbar dem
Eintragen einer Marke durch das Deutsche Patent- und Markenamt - nicht als ein Benutzen im geschäftlichen Verkehr i. S. der §§
14, 15 MarkenG anzusehen. Soweit die Revision dies in Zweifel zieht, stellt sie lediglich auf das Verhalten des Streithelfers ab;
indem er ,,ambiente.de" als Domain-Name habe registrieren lassen, habe er bereits Kennzeichenrechte der Kl. verletzt. Ob dies
zutrifft, kann im Streitfall offen bleiben (vgl. dazu ÖOGH, MarkenR 2001, 253 (254) - cyta.at), weil eine unmittelbare Verletzung
durch die Bekl. nicht in Rede steht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Bekl. mit der Registrierung und Verwaltung des
Domain-Namens ,,ambiente.de" in die Absicht verfolgt hätte, eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil der Kl. zu fördern
und damit zu Zwecken des in Wettbewerbs i. S. des § 1 UWG zu handeln.
Auch eine mittelbare Kennzeichenrechtsverletzung durch die die Bekl., die das BerGer. grundsätzlich für möglich gehalten hat,
kommt im Streitfall nicht in Betracht. Das Markengesetz, das in § 14 IV bestimmte Vorbereitungshandlungen als Marken-
verletzungstatbestände behandelt (vgl. dazu Starck, in. Festschr. f. Piper, S. 627 ff.), regelt zwar die mittelbaren-
Markenverletzungen nicht abschließend (vgl. OLG Düsseldorf, WRP 1996, 559 [562] - adp; Ingerl/Rohnke, MarkenG, § 14 Rdnr.
136). Soweit darüber hinaus auch eine mittelbare Verletzung von Kennzeichenrechten möglich ist, handelt es sich jedoch um eine
Form der Teilnahme, die ein vorsätzliches Verhalten des Dritten voraussetzt. Hieran fehlt es im Streitfall.
Das BerGer. hat eingehend geprüft, ob die Bekl. als Störerin haftet, weil sie - ohne Verschulden - mit der Registrierung des
Domain-Namens eine zurechenbare Ursache für - eine Verletzung von Rechten der Kl. durch den Streithelfer gesetzt hat. Diese
Frage hat das BerGer. im Ergebnis mit Recht verneint.
a) Das BerGer. ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine Störerhaftung die Verletzung von Prüfungspflichten voraussetzt. Als
Störer kann nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zwar grundsätzlich jeder auf Unterlassung und Beseitigung in Anspruch
genommen werden, der auch ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden willentlich und adäquat-kausal an der
Herbeiführung oder Aufrechterhaltung einer rechtswidrigen Beeinträchtigung mitgewirkt hat. Dabei kann als Mitwirkung auch die
Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der
Inanspruchgenommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte. Weil die Störerhaftung aber nicht über
Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die nicht selbst die rechtswidrige Beeinträchtigung vorgenommen haben, setzt die Haftung
des Störers die Verletzung von Prüfungspflichten voraus. Deren Umfang bestimmt sich danach, ob und inwieweit dem als Störer
Inanspruchgenommenen nach den Umständen eine Prüfung zuzumuten ist (vgl. BGH, NJW 1997, 2180 GRUR 1997, 313 [31Sf.] =
LM H. 7/1997 HOAT Nr.33 = WRP 1997, 325 Architektenwettbewerb, zum UWG; NJW 1994, 2827 = GRUR 1994, 841 [842f.] =
LM H. 1/1995 § 16 UWG Nr.150 = WRP 1994, 739 - Suchwort, zum Kennzeichenrecht; NJW 1999, 1960 = GRUR 1999,418
[419f.J = LM H. 4/1999 § 97 UrhG Nr.38 = WRP 1999,211 - Möbelklassiker, zum Urheberrecht, jew. m. w. Nachw.).
b) Das BerGer. hat weiter zu Recht angenommen, dass der Beklagten grundsätzlich nur eine Prüfung auf offenkundige, aus ihrer
Sicht eindeutige Rechtsverstöße zuzumuten ist. Die Bekl. ist regelmäßig nur dann verpflichtet, die Registrierung eines
Domain-Namens abzulehnen oder aufzuheben, wenn für sie unschwer zu erkennen ist, dass die Nutzung dieses Domain-Namens
Rechte Dritter beeinträchtigt (vgl. ÖOGH, Medien und Recht 2001, 328 [331 f.] - fpo.at; LG Frankfurt a. M., CR 2001, 51; LG
Magdeburg, MMR 1999, 607 = K&R 1999, 426 [428]; Abel, CR 1999, 788f.; Hoeren, Wuß V F § 14 MarkenG 2.00; Welze/,
MMR 2000, 39 f.; Bettinger/Freytag, CR 1999, 28 [33ff.]; Wagner, ZHR 162 [1998], 701 [719ff.]; Bücking, Namens- und
Kennzeichenrecht im Internet, 1999, Rdnr. 252; zweifelnd: Völker/ Weidert, WRP 1997, 652 [661 f.]; für eine weitergehende
Prüfungspflicht: Völker, WUB VF § 14 MarkenG 1.00, Rdnr. 3; gegen eine Prüfungs-pflicht: A. Nordemann, NJW 1997, 1891
[1896f.]; Poeck, in: Schwarz [Hrsg.], Recht im Entscheidungen - Zivilgerichte: BGH Internet, Abschn. 4-2.1, S.16). Diese
eingeschränkten Prüfungspflichten betreffen darüber hinaus nicht die - automatisierte - Erstregistrierung eines Domain-Namens,
sondern greifen erst dann ein, wenn die Bekl. darauf hingewiesen wird, dass die eingetragene Domain-Bezeichnung Rechte Dritter verletzt.
aa) Wie weit die Prüfungspflichten eines möglichen Störers reichen, hat der Senat unter Berücksichtigung der Funktion und
Aufgabenstellung des als Störer Inanspruchgenommenen sowie im Blick auf die Eigenverantwortung des unmittelbar handelnden
Dritten beurteilt (vgl. BGH, NJW-RR 1995, 304 = GRUR 1995, 62 [64f.] = LM H. 4/1995 § 3 UWG Nr.367 = Betonerhaltung;
NJW-RR 1993, 868 = GRUR 1993, 561 [562] = LM H. 9/1993 § 1 ItWG Nr.625 = WRP 1993, 476; NJW-RR 1994, 1385 =
GRUR 1994, 819 [821] = LM H. 1/1995 § 1 UWG Nr.664 = WRP 1994, 728; NJW-RR 1996, 162 = GRUR 1996, 71 [72f.] = LM
H. 2/1996 § 1 ItWG Nr.698 = WRP 1996, 98 - Produktinformation 1 bi- sIll; NJW 1997,2180 = GRUR 1997, 313 [31sf.] = LM H.
7/1997 HOAI Nr.33 - Architektenwettbewerb). Um die Arbeit der Betroffenen nicht über Gebühr zu erschweren und die
Verantwortlichen nicht zu überfordern, wurde beispielsweise nur eine eingeschränkte Prüfungspflichtangenommen, wenn der
Störungszustand für den als Störer Inanspruch- genommenen nicht ohne weiteres oder nur mit unverhälmismäßigem Aufwand
erkennbar ist (vgl. BGH, GRUR 1990, 1012 [1014] = WRP 1991, 19; NJW 1992, 765 = GRUR 1992, 618 [619] = WRP 1992, 640
- Pressehaftung 1 und II; NJW 1994, 2827 = GRUR 1994, 841 [842f.] = LM H. 1/1995 § 16 ItWG Nr.150 - Suchwort; NJW-RR
1997, 1468 = GRUR 1997, 909 [911] = LM H. 1/1998 § 1 IIWG Nr.743 = WRP 1997, 1059 - Branchenbuch-Nomenklatur).
bb) Für die Phase der ursprünglichen Registrierung sind der Bekl. nach diesen Grundsätzen unter Berücksichtigung ihrer Funktion
und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung des Anmelders keine Prüfungspflichten zuzumuten. Auch die
Revision vertritt nicht den Standpunkt, dass die Bekl. gehalten gewesen wäre, bereits die Erstregistrierung von ,,ambiente.de" durch
den Streithelfer zu verweigern. Aufgabe der Bekl. ist es, die Second-Level-Domains unter- halb der deutschen Top-Level-Domain
,,.de" zu vergeben und zu verwalten. Die Bekl., die keine eigenen Zwecke verfolgt und ohne Gewinnerzielungsabsicht handelt,
nimmt diese Aufgabe im Interesse sämtlicher Internet-Nutzer wahr. Die Erfüllung dieser Aufgabe liegt zugleich im öffentlichen
Interesse. Würde sie nicht von einer privaten Organisation wie der Bekl. übernommen, müsste sie - wie teilweise im Ausland - von
staatlichen Stellen erfüllt werden, ebenso wie staatliche Stellen im Allgemeininteresse auch Straßennamen und Hausnummern
vergeben oder Marken eintragen (Bettinger/Freytag, CR 1999, 28 [35]). In Deutschland wird derzeit kein Anlass gesehen, die
Registrierung von Domain- Namen in einen anderen rechtlichen und organisatorischen Rahmen zu überführen (vgl. dazu Hoeren,
CR 1996, 355 [356]; Wagner, ZHR 162 [1998], 701 [704f.]; Strömer, Online-Recht, 1997, S.52). Nach Ansicht der
Bundesregierung arbeitet die Bekl. bislang zur Zufriedenheit der deutschen Internetgemeinschaft; ihr Registrierungsverfahren
gewährleistet eine funktionsfähige und faire Versorgung allerAntragsteller mit Domain-Namen (BT-Dr 14/3958 v. 28.7. 2000, S.4).
Die Bekl., die nur wenige Mitarbeiter beschäftigt, versucht das Registrierungsverfahren insbesondere dadurch effektiv zu gestalten
und eine möglichst schnelle und preiswerte Registrierung zu gewährleisten, dass sie die angemeldeten Domain-Namen in einem
automatisierten Verfahren allein nach dem Prioritätsprinzip vergibt, ohne dabei zu prüfen, ob an der angemeldeten Bezeichnung
Rechte Dritter bestehen (zu den technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Domainvergabe vgl. Bettinger/Freytag,
CR 1999, 28 [29 f.]; zur Domainvergabe im Ausland vgl. Strömer, Online- Recht, 2. Aufl. [1999], 5. 79ff.). Nur auf diese Weise
war die Bekl. bislang in der Lage, die Registrierung einer großen Zahl von Second-Level-Domains zu bewältigen. Jede Prüfung -
auch wenn sie sich auf völlig eindeutige, für jedermann erkennbare Verstöße beschränken würde - ließe sich mit dem bewährten
automatisierten Verfahren nicht in Einklang bringen.
cc) Aber auch wenn die Bekl. von einem Dritten auf eine - angebliche - Verletzung seiner Rechte hingewiesen wird, treffen sie nur
eingeschränkte Prüfungspflichten. In dieser zweiten Phase ist die Bekl. nur dann gehalten, eine Registrierung zu löschen, wenn die
Verletzung der Rechte Dritter offenkundig und für die Bekl. ohne Weiteres feststellbar ist. Auch für diese zweite Phase gilt, dass
weiterreichende Prüfungspflichten die Bekl. überfordern und ihre Arbeit über Gebühr erschweren würden (vgl. Kur, Internet und
Kennzeichenrecht, in: Loewenheim/Koch, Praxis des Online-Rechts, 1998, S.325 [373]; Bettinger/Freytag, CR 1999, 28 [3Sf.]).
Die Prüfung der rechtlichen Zulässigkeit einer bestimmten Domain-Bezeichnung fällt - wie das BerGer. zu Recht angenommen hat -
grundsätzlich zunächst allein in den Verant- wortungsbereich des Anmelders. Da er die als Domain-Name zu registrierende
Zeichenfolge auswählt und den Domain- Namen für seine Zwecke nutzt, liegt es in seiner Verantwortung sicherzustellen, dass der
angemeldete Domain-Name keine Rechte Dritter verletzt. Der Anmelder hat dementsprechend nach den Registrierungsbedingungen
der Bekl., die auch insoweit auf dem weltweit von den nationalen Registrierungsstellen anerkannten Internet-Standard RFC 1591
beruhen (vgl. Bettinger/Freytag, CR 1999, 28 [29]), bei der Anmeldung des Domain-Namens zu versichern, dass er die
Bezeichnung auf ihre Vereinbarkeit mit den Rechten Dritter überprüft hat und sich dabei keine Anhaltspunkte für die Verletzung
von Rechten Dritter ergeben haben.
Die Bekl. könnte ihre Aufgabe nicht mehr in der gewohnt effizienten Weise erfüllen, wenn sie verpflichtet wäre, in jedem Fall, in
dem ein Dritter eigene Rechte an einer regis- trierten Domain-Bezeichnung geltend macht, in eine rechtliche Prüfung einzutreten.
Sie ist selbst dann, wenn ihr ein Verstoß gegen Rechte Dritter dargelegt wird, als rein technische Registrierungsstelle regelmäßig
nicht in der Lage zu beurteilen, ob der behauptetet Rechtsverstoß vorliegt. Wäre die Bekl. gehalten, sämtlichen Hinweisen auf
angebliche Rechtsverletzungen nachzugehen, wäre die Prüfungspflicht nicht mehr nur auf Ausnahmefälle beschränkt. Ihre personelle
und sachliche Ausstattung würde bei der großen Zahl der zu bearbeitenden Registrierungsanträge und bei den vielfältigen
Konfliktfällen für eine solche Prüfung nicht ausreichen. Die Klärung des Konflikts könnte dabei keineswegs endgültig der Bekl.
überlassen werden; maßgeblich wäre auch bei einer Prüfung durch die Bekl. die gerichtliche Klä- rung des Streits zwischen den
beiden Prätendenten, also zwischen dem Inhaber des Domain-Namens und dem bessere Rechte beanspruchenden Dritten. Im
Übrigen erscheint es auch nicht angemessen, das Haftungs- und Prozessrisiko, das bei Auseinandersetzungen um die
Rechtmäßigkeit eines Domain-Namens dessen Inhaber trifft, auf die Bekl. zu verlagern. Unter diesen Umständen kann es der Bekl.
nicht verwehrt werden, Dritte, die behaupten, durch einen Domain- Namen in ihren Rechten verletzt zu sein, darauf zu verweisen,
mögliche Ansprüche gegenüber dem Inhaber des Domain-Namens geltend zu machen.
Anders liegt es nur dann, wenn die Bekl. ohne weitere Nachforschungen zweifelsfrei feststellen kann, dass ein registrierter
Domain-Name Rechte Dritter verletzt. Bei solchen offenkundigen, von dem zuständigen Sachbearbeiter der Bekl. unschwer zu
erkennenden Rechtsverstößen kann von der Bekl. erwartet werden, dass sie die Registrierung aufhebt.
c) Die - von der Revision im Streitfall geltend gemachte - Verletzung von Kennzeichenrechten kann die Bekl., wie das BerGer
zutreffend angenommen hat, nur dann unschwer erkennen, wenn ihr ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel vorliegt oder wenn die
Rechtsverletzung derart eindeutig ist, dass sie sich ihr aufdrängen muss (vgl. Abel, CR 1999, 788; Welzel, MMR 2000, 39 [40];
Renck' NJW 1999, 3587 [359~; Kur, Internet und Kennzeichenrecht, in: Loewen- heim/Koch, Praxis des Online-Rechts, S.373;
Köhler, in: Köhler/Piper, UWG, 2. Aufl., § 1 Rdnn 329). Diese Voraus- setzungen sind im Streitfall nicht gegeben.
aa) Die Bekl. kann in aller Regel nicht beurteilen, ob die Nutzung eines Domain-Namens eine Verwechslungsgefahr begründet und
damit gegen § 14 II Nr. 2 MarkenG. verstößt. Die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung
aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten, zu denen insbesondere die zueinander in einer Wechselbeziehung stehenden drei
Beurteilungselemente - Kennzeichnungskraft des prioritätsälteren Zeichens, Identität oder Ähnlichkeit oder Zeichen sowie Identität
oder Ähn- lichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen - gehören (vgl. BGH, NJW-RR 2001, 827 = GRUR
2001, 507 [508] = WRP 2001, 694 - EvianiRevian, mw. Nachw.). Selbst wenn die Bekl. sich - wie die Revision meint - in
Datenbanken ohne großen Aufwand über aktuell vergebene Marken informieren und darüber hinaus in Erfahrung bringen könnte,
für welche Waren oder Dienstleistungen der Domain-Name genutzt wird, wäre es ihr jedenfalls nicht ohne weiteres möglich, die oft
schwierige Rechtsfrage zu beantworten, ob nach der gebotenen Abwägung aller Umstände eine Verwechslungsgefahr besteht. Nicht
minder schwierig ist es im Allgemeinen für die Bekl., zuverlässig zu beurteilen, ob es sich bei einer Marke um eine bekannte
Kennzeichnung handelt und ob die Nutzung des Domain- Namens deren Unterscheidungskraft oder Wertschätzung ohne
rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (§14 II Nr.3 MarkenG, vgl. dazu BGH, Urt. v. 1.3.2001 - 1
ZR 211/98, Umdn 5. 14ff. = GRUR 2001, 1050 - Tagesschau). Auch diese Beurteilung setzt besondere Kenntnisse im Markenrecht
voraus, die bei den Sachbearbeitern der Bekl. nicht vorausgesetzt werden können. Eine Markenrechtsverletzung kann - wie das
BerGer. zu Recht angenommen hat - für die Bekl. allenfalls dann offensichtlich sein, wenn der Domain-Name mit einer berühmten
Marke identisch ist, die über eine überragende Verkehrsgeltung auch in allgemeinen Verkehrskreisen verfügt (vgl. Wagner, ZHR
162 [1998], 701 [721]; weitergehend Völker, Rdnr. 4; Ubber, WRP 1997,497 [511]. Ferner müssen sich - um von einer
Offenkundigkeit sprechen zu könne - diese Umstände auch den Mitarbeitern der Bekl. ohne weiteres erschließen.
bb) Das BerGer hat zu Recht angenommen, dass die Bekl. bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe nicht als Störerin im Rahmen einer
möglichen Markenverletzung haftet. Entgegen der Ansicht der Revision konnte die Bekl. im Rahmen der ihr zumutbaren Prüfung
nicht erkennen, dass die Nutzung des Domain-Namens ,,ambiente.de" durch den Streithelfer die von der Kl. beanspruchte, nicht
eingetragene bekannte Marke ,,Ambiente" verletzt (§§ 4 Nr.2, 14 II Nr.3 MarkenG).
(1) Ein rechtskräftiger gerichtlicher Titel aus dem sich ergibt, dass die Nutzung des Domain-Namens ,,ambiente.de" Markenrechte
der Kl. verletzt, liegt nicht vor. Ein Verstoß gegen § 14 II Nn 3 MarkenG ist auch nicht ausnahmsweise deshalb offensichtlich, weil
der Bestandteil des Domain-Namens ,,ambiente" mit einer berühmten Marke ,,Ambiente" der Kl. übereinstimmen würde. Die Kl. hat
zwar vorgetragen, dass die Marke ,,Ambiente" für die von ihr angebotenen Dienstleistungen nicht nur in Fachkreisen, sondern auch
beim allgemeinen Publikum über eine herausragende Verkehrsbekanntheit verfüge. Daraus lässt sich jedoch nicht darauf schließen,
dass dieser Umstand auch für die Mitarbeiter der Bekl. ohne weiteres auf der Hand liegt.
(2) Ob kennzeichen- wettbewerbsrechtliche Ansprüche bestehen, war zudem für die Bekl. auch deshalb nicht ohne weiteres zu
erkennen, weil - wie die Revisionserwiderungen der Bekl. und des Streithelfers zu Recht geltend machen - nicht festgestellt (und
auch nicht vorgetragen) ist, dass der Streithelfer den Domain-Namen ,,ambiente.de" im geschäftlichen Verkehr verwendet. Nach den
Feststellungen des BerGer. nutzt der Streithelfer den Domain-Namen nur in der Weise, dass er auf der entsprechenden Homepage
Fotografien verschiedener Städte und Landschaften eingestellt hat.
(3) Schließlich bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Streithelfer durch die Benutzung des Domain-Namens
,,ambiente.de" die Wertschätzung der - unterstellt - bekannten Marke ,,Ambiente" ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise
ausnutzt oder beeinträchtigt. Auch wenn dem Streithelfer - wie die Revision geltend macht - bei der Verwendung des mit der
Klagemarke identischen Domain- Namens die mit der Kl. verbundenen Gütevorstellungen zugute kämen und auf diese Weise
zusätzlich Gäste auf seine Homepage gelockt würden, könnte nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dies in
unlauterer Weise geschieht.
(4) Eines rechtskräftigen Titels, durch den der Inhaber des Domain-Namens zur Unterlassung dieser Bezeichnung verurteilt worden
ist, bedarf es freilich dann nicht, wennder Inhaber des Domain-Namens den Dritten durch eine Unterwerfungserklärung klaglos
gestellt hat. Für die Bekl. kann eine solche Erklärung jedoch nur dann maßgeblich sein, wenn zwischen dem Dritten und dem
Inhaber des Domain- Namens kein ernsthafter Streit über die Wirksamkeit des entsprechenden Unterlassungsvertrags besteht. Auch
diese Voraussetzung ist vorliegend nicht gegeben. Der Bekl. war es nicht ohne weiteres möglich, selbst zu beurteilen, ob ein solcher
Vertrag zu Stande gekommen ist. Selbst wenn - wie die Revision meint - der Bekl. zuzumuten wäre, den ihr bekannten
Schriftwechsel zwischen der Kl. und dem Streithelfer rechtlich zu würdigen, könnte sie dem doch den Abschluss eines
entsprechenden Unterlassungsverpflichtungsvertrags nicht eindeutig entnehmen. Die Kl. hat selbst in diesem Schriftwechsel die
Unterwerfungserklärung des Streithelfers als unzureichend bezeichnet. Unter diesen Umständen kann sie nicht erwarten, dass die
Bekl. einen Anspruch der Kl. gegenüber dem Streithelfer auf Freigabe des Domain-Namens zweifelsfrei bejaht.
2. Das BerGen hat zu Recht angenommen, dass der Kl. auch keine kartellrechtlichen Ansprüche aus §§ 33, 20 1 GWB zustehen.
Die Bekl. verfügt zwar wegen der Bedeutung des allein von ihr vergebenen Top-Level-Domains ,,.de" auf dem Deut- schen Markt
für die Vergabe von Second-Level-Domains über eine überragende Stellung. In der Ablehnung, den Do- main-Namen
,,ambiente.de" dem Streithelfer zu entziehen und ihn für die Kl. zu registrieren, liegt jedoch keine unbillige Behinderung. Vielmehr
fällt die gebotene Interessen- abwägung (dazu BGH, NJW-RR 2000 773 - GRUR 2000, 95 [96] = LM H. 1/2000 § 20 GWB Nn 22
= WRP 1999, 1175 - Feuerwehrgeräte, m. w. Nachw.) zu Gunsten der Bekl. aus. Dabei kann offen bleiben, inwieweit die Kl. über
bessere Rechte an der Domain-Bezeichnung ,, ambiente.de" verfügt. Jedenfalls ist das Interesse der Bekl. an einer effektiven
Vergabepraxis grundsätzlich höher zu bewerten. Insoweit gelten dieselben Grundsätze, die auch für die Beurteilung der
Störerhaftung maßgebend sind. Nur wenn es für die Bekl. offenkundig und eindeutig zu erkennen ist, dass die Nutzung des
Domain-Namens Rechte des Dritten beeinträchtigt, tritt ihr Interesse hinter das des Dritten zurück mit der Folge, dass die Bekl. die
Registrierung des ersten Anmelders aufzuheben hat.
Die Unbilligkeit ergibt sich - entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht daraus, dass die Bekl. gegenüber dem Streithelfer zur
fristlosen Kündigung berechtigt wäre, weil dessen Verhalten eine nach den Registrierungsbedingungen unzulässige Reservierung des
Domain-Namens ,,ambiente.de" darstellt. Ob ein solches Kündigungsrecht bestünde, wenn der Streithelfer - wie in seiner
strafbewehrten Unterwerfungserklärung gegenüber der Kl. angekündigt - den Domain-Namen nicht nutzen würde, kann offen
bleiben, weil der Streithelfer nach den unbeanstandet gebliebenen Feststellungen des BerGer. unter ,,ambiente.de" eine Homepage betreibt.
* Quelle: NJW 2001, 3265 ff