LG Hanau, 27.03.2003 - 1 O 1510/02, BGB, 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323, 346, 464, 476, Gebrauchtwagenkauf, Gewaehrleistung, Fehler, Mangel, Beweislastumkehr, Verschleissteile, Motor, ueberholt, Laufleistung, Wissenserklärung, Ruecktritt, Nachfristsetzung, free,Giessen, Wetzlar, Marburg, Limburg, Frankfurt, Berlin, Hamburg, Muenchen, Koeln, Leverkusen, Bochum, Dortmund, Essen, Dresden, Leipzig, Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Daenemark, Irland, Grossbritannien, Nordirland, Griechenland, Portugal, Spanien, Finnland, Oesterreich, Schweden
BGB §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323, 346, 464, 476

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LG Hanau, Urteil vom 27.03.2003 - 1 O 1510/02 *

Tatbestand: Die Parteien schlossen am 7. 5. 2002 einen Kaufvertrag über einen Kfz-Wohnwagen der Firma D. Der Kaufpreis betrug 7700 Euro und wurde von dem Kl. in der Art geleistet, dass er 6600 Euro in bar zahlte und sein Wohnmobil für 1000 Euro von dem Bekl. in Zahlung genommen wurde. Der Kaufvertrag über den D-Wohnwagen enthielt folgenden Zusatz: "Das Fahrzeug hat einen überholten Motor mit einer Laufleistung von ca. 60 000 km". Dies wurde dem Kl. auch mündlich mitgeteilt. Der Motor war von dem Vorbesitzer teilüberholt worden. In der Folgezeit wurden von der Bekl. diverse Überprüfungen und Instandsetzungsarbeiten an dem Wohnwagen durchgeführt. Hinten links befindet sich im Holzboden ein großes Loch. Das Fahrzeug hat zudem mehrere Löcher im Fahrzeugboden. Weitere Löcher sind mit Kitt und Unterbodenschutz verschlossen worden. Mit Schreiben vom 9. 5. 2002 rügte der Kl. angebliche Mängel. Mit Schreiben vom 16. 6. 2002 behauptete der Kl. weitere Mängel und erklärte, dass er das Fahrzeug zurückgeben und auf eine zügige Rückabwicklung hoffe. Mit Schreiben vom 3. 9. 2002 rügte der Kl. nochmals Mängel und erklärte, dass er das Fahrzeug endgültig zurückgeben wolle. Er setzte eine Frist von fünf Tagen zur Rückzahlung des Kaufpreises. Bei dieser Gelegenheit erklärte der Bekl., er werde keine Arbeiten zum Zwecke einer Nacherfüllung oder Nachbesserung vornehmen. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kl. die Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadensersatz für die Zulassungs- und Schilderkosten von 70 Euro. Mit Schreiben vom 9. 9. 2002 erklärte der Kl. nochmals den Rücktritt vom Kaufvertrag. Das LG hat die Klage abgewiesen.



Entscheidungsgründe: Dem Kl. steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises wegen des erklärten Rücktritts gem. §§ 434 I 2 Nr. 2, 437 Nr. 2, 323, 346 BGB zu.

Es kann dahinstehen, ob die von dem Kl. geltend gemachten Mängel Sachmängel i. S. von § 464 BGB sind oder ob es sich - was angesichts des hohen Alters und der hohen Laufleistung des Kraftfahrzeugs nahe liegt - um übliche Abnutzungs- und Verschleißerscheinungen handelt, welche keine Abweichung von der Sollbeschaffenheit begründen können.

Jedenfalls hat der beweispflichtige Kl. nicht unter Beweis gestellt, dass die betreffenden Mängel im Zeitpunkt des Gefahrübergangs vorlagen.

Die Beweislastumkehr des § 476 BGB kommt dem Kl. vorliegend nicht zugute, da die Vermutung, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft gewesen war, mit der Art der Sache nicht vereinbar ist.

Diese Ausnahme von der grundsätzlich gegebenen Beweislastumkehr ist vor allem bei gebrauchten Sachen anzunehmen, bei denen die von vornherein anzunehmende unterschiedliche Abnutzung zu berücksichtigen ist (Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 476 Rdnr. 10). Dies gilt insbesondere bei Kraftfahrzeugen (Palandt/Putzo, § 476 Rdnr. 10). Bei sämtlichen hier geltend gemachten Mängeln handelt es sich um solche, welche infolge Verschleißes kurzfristig auftreten können. Es besteht daher keine Vermutung, dass sie bereits bei Gefahrübergang vorhanden gewesen sind.



Eine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit ist auch nicht deshalb anzunehmen, weil in dem Kaufvertrag vermerkt ist, dass das Kraftfahrzeug einen überholten Motor mit einer Laufleistung von ca. 60 000 Kilometern habe. Es handelt sich dabei um eine reine Wissenserklärung. Die Auslegung einer solchen Erklärung hängt wesentlich davon ab, ob die angebliche Überholung in die Besitzzeit des Verkäufers fällt oder nicht. Außerdem ist zu berücksichtigen, ob der Händler über eine eigene Werkstatt verfügt. Wenn dies nicht der Fall ist, so kann der Käufer nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass er für die Richtigkeit der fraglichen Erklärung einstehen will. Auslegungserheblich ist ferner, welche Strecke das Fahrzeug seit der behaupteten Motorüberholung zurückgelegt hat. je länger die mit dem angeblich überholten Motor zurückgelegte Fahrstrecke und je größer der zeitliche Abstand ist, desto eher wird es sich bei einer solchen Erklärung um eine reine Wissenserklärung handeln (Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rdnr. 1684). Nach diesen Grundsätzen ist vorliegend davon auszugehen, dass es sich um eine reine Wissenserklärung handelte. Nach den Angaben im Kaufvertrag war bereits eine erhebliche Strecke (60 000 Kilometer) mit dem Fahrzeug zurückgelegt. Der Bekl. hat auch für den Kl. ersichtlich nicht über eine eigene Werkstatt verfügt. Die Überholung fiel zudem nicht in die Besitzzeit des Bekl., was der Bekl. dem Kl. auch mitgeteilt hatte. Einschränkend enthält der Kaufvertrag auch noch den Vermerk "Überholt laut Rechnung".

Bei Würdigung all dieser Umstände ist davon auszugehen, dass es sich bei der Mitteilung der Motorüberholung um eine reine Wissenserklärung ohne Haftungsübernahmewillen handelt.

Ungeachtet dessen liegt jedoch auch insoweit keine Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit vor. Der Kaufvertrag enthält lediglich die Erklärung, dass der Motor überholt sei. Dies hat der Bekl. dem Kl. auch mündlich mitgeteilt. Diese Erklärung kann in der Regel nicht dahin gehend verstanden werden, dass der Motor generalüberholt ist. Die Teilüberholung eines Motors ist dann gegeben, wenn einzelne Teile repariert oder erneuert worden sind (Reinking/Eggert, Rdnr. 1682). So liegt der Fall hier. Die durchgeführten Maßnahmen wurden von dem Bekl. als Überholung bezeichnet. Dies kann nicht als Generalüberhölung verstanden werden, sondern nur als teilweise Erneuerung bzw. Reparatur des Motors. äiese ist auch erfolgt. Dementsprechend wurde dem Kl. auch mündlich mitgeteilt, dass ein Teil des Motors überholt worden sei.



Letztlich fehlt es auch an der für den Rücktritt erforderlichen Nachfristsetzung. Mit Schreiben vom 9. 5. 2002 setzte der Kl. dem Bekl. eine Frist zur Beseitigung von diversen Mängeln, welche jedoch nicht mit dem hier geltend gemachten Mängeln identisch sind. Erstmals mit Schreiben vom 16. 6. 2002 rügte der Kl. die im vorliegenden Rechtsstreit vorgetragenen Mängel. Zugleich hat er jedoch die Rückabwicklung des Vertrags verlangt. Die erforderliche Fristsetzung ist damit nicht erfolgt. Auch mit Schreiben vom 3. 9. 2002 hat der Kl. lediglich Rückabwicklung verlangt. Auch eine endgültige und ernsthafte Erfüllungsverweigerung liegt nicht vor. Soweit der Bekl. bei Übergabe des Schreibens vom 3. 9. 2002 erklärt hat, er werde keine Arbeiten mehr an dem Fahrzeug ausführen, führt dies nicht zur Annahme einer ernsthaften und endgültigen Erfüllungsverweigerung. Von einer Erfüllungsverweigerung kann nur dann die Rede sein, wenn der Schuldner wirklich die Erfüllung in bestimmter Weise endgültig verweigert. Die Weigerung muss als das letzte Wort des Schuldners aufzufassen sein, so dass eine Änderung des Entschlusses ausgeschlossen erscheint (BGH, NJW 1984, 48 [49]). An die Annahme, der Schuldner verweigere die Leistung endgültig, sind strenge Anforderungen zu stellen (BGH, NJW-RR 1993, 139 [140]). Solange die Möglichkeit besteht, dass der Schuldner noch - insbesondere durch Fristsetzung - umgestimmt werden könnte, muss ein Versuch in diese Richtung unternommen werden (BGH, WM 1957, 1344). Eine Erfüllungsverweigerung lässt sich aus der Erklärung, dass der Schuldner nicht leisten will, dann nicht ableiten, wenn nicht Erfüllung gefordert wird, sondern Rechte aus einem erklärten Rücktritt geltend gemacht werden (BGH, NJW 1996, 1814). So liegt der Fall hier. Der Kl. hat nach seinem Vortrag bei Übergabe des Schreibens am 3. 9. 2002 gerade nicht Erfüllung verlangt. Er hat vielmehr seine bereits zuvor abgegebene Rücktrittserklärung wiederholt. Der Kl. hat daher zu keinem Zeitpunkt nach seinem bereits im Juni erklärten Rücktritt zu erkennen gegeben, dass er überhaupt dazu bereit ist, eine Nachbesserung durchführen zu lassen.



* Quelle: NJW-RR 2003, 1561 f.