BGB §§ 651 i, 651 k

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- Stand: 19. September 2003 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

OLG Köln, Urteil vom 18.03.2003 - 9 U 93/02 *

Tatbestand: Die Kl. schlossen mit einer Studiengesellschaft Reiseverträge, um ihren minderjährigen Kindern einen High-School-Aufenthalt in den USA zu ermöglichen. Der Reiseveranstalter hatte für Buchung und Durchführung des Hin- und Rückflugs, Auswahl von Gastfamilien einschließlich der Organisation des Aufenthalts dort, Auswahl von High-Schools am Gastort und Regelung der Schulgeldkosten, Betreuung der Kinder vor Ort sowie monatliche Auszahlung eines Taschengeldes in Höhe von 200 US-Dollar zu sorgen. Die Bekl. hatte sich als Versicherer gegenüber den Reisenden gem. § 651 k BGB in einem Sicherungsschein verpflichtet. Das Taschengeld hatten die Kl. im Voraus auf ein als Treuhandkonto des Reiseveranstalters bezeichnetes Konto zu überweisen. Dieser beließ die eingehenden Beträge auf einem Kontokorrentkonto. Nach Eintreffen der Schüler in den USA wurde der Reiseveranstalter insolvent, so dass es nicht mehr zur Auszahlung des Taschengeldes an die Kinder kam. Mit der Klage haben die Kl. von der Bekl. als Sicherungsgeberin Zahlung der überwiesenen Taschengeldbeträge verlangt. Das LG hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Bekl. hatte keinen Erfolg.

Entscheidungsgründe: 1. Den Kl. zu 1 und 3 steht auf Grund des Sicherungsscheins gem. § 651 k BGB ein Anspruch auf Zahlung in Höhe des im Voraus an den Reiseveranstalter eingezahlten Taschengeldes zu, und zwar dem Kl. zu 1 1.194,07 Euro und der Kl. zu 3 2.389,84 Euro. Durch die Vereinbarung zwischen Reiseveranstalter und Versicherer erwächst den Versicherten ein eigener Anspruch gegen den Versicherer (vgl. Palandt/Sprau, BGB, 61. Aufl., § 651 k Rdnr. 4).



Nach dem Inhalt des Sicherungsscheins hat die Bekl. gegenüber den Reisenden die "Bürgschaft gem. § 651 k BGB für die Erstattung vertragsgemäß gezahlter und noch nicht verbrauchter Reisepreiszahlungen, soweit Reiseleistungen infolge Zahlungsunfähigkeit oder Konkurses des umseitig genannten Reiseveranstalters ausfallen sowie für notwendige Aufwendungen, die den Reisenden infolge Zahlungsunfähigkeit oder Konkurses des Reiseveranstalters für die Rückreise entstehen..." übernommen.

Nach Ansicht des Senats gehört - jedenfalls bei der vorliegenden Ausgestaltung - das nach der vertraglichen Vereinbarung vorausgezahlte Taschengeld zum gesicherten Reisepreis im Sinne des Sicherungsscheins.

Der Reisevertrag ist seinem Wesen nach ein aus dem Werkvertrag entwickelter entgeltlicher gegenseitiger Vertrag (vgl. Palandt/Sprau, Vorb. § 651 a Rdnr. 1). Reiseleistung und Reisepreis stehen sich gegenüber.

Nach dem Programm "High School USA 2001 /02", Abschnitt "Taschengeld" hat es der Reiseveranstalter übernommen, die Reiseteilnehmer monatlich über sein US-Konto mit Taschengeld zu versorgen.

Er weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Geldüberweisungen in die USA zeitraubend seien und gebührenträchtig. Auch sei es der Wunsch der Gastfamilien, dass Austauschschüler über ein geregeltes Taschengeld verfügen. Hinzukommt, dass die Verfahrensweise der monatlichen Auszahlung unter anderem den Sinn hat, dass die Schüler nicht über das ganze Taschengeld in einer Summe verfügen sollen, sondern sich die Ausgaben monatlich einteilen. Dies dient auch der Sicherheit. Die Organisation der Taschengeldzahlung ist damit eine Leistung des Veranstalters, die im Entgelt einkalkuliert ist. Es handelt sich nicht um eine gesonderte Treuhandvereinbarung.



Dadurch, dass die Buchung der Reise nach den Bedingungen zwingend von der Einzahlung des Taschengeldes abhängig ist, gehört dieser Betrag zum Reisepreis. Er ist damit nicht nur ein „durchlaufender Posten", sondern als Teil des Reisepreises zu sehen.

Soweit die Bekl. vorträgt, dass bei großzügigen Gastfamilien das Taschengeld nicht verbraucht würde, führt dieser Gesichtspunkt zu keiner anderen Beurteilung der rechtlichen Einordnung.

Sinn und Zweck des § 651 k BGB stehen der Einbeziehung des Taschengeldes in die Reiseleistung und den Reisepreis nicht entgegen. Die Vorschrift beruht auf der Umsetzung von Art. 7 EG-Richtlinie über Pauschalreisen vom 13.6.1990 (vgl. BGH, NJW 2001, 1934 = r + s 2001, 482). Danach ist es Ziel der Richtlinie, dass die vom Verbraucher gezahlten Beiträge und die Rückreise in der Insolvenz gesichert sind. Es wird ein vollständiger Schutz gegen die in der Richtlinie genannten Risiken bezweckt (vgl. BGH, NJW 2001, 1934 = r + s 2001,482; EuGH, NJW 1999,3181; NJW 1998,2201; NJW 1996, 3141). Die Erstattung der Reisezahlung soll gewährleistet sein. Damit ist auch die Taschengeldzahlung gesichert.

Dass der Ausfall der Taschengeldbeträge nicht auf der Insolvenz beruhen soll, wie die Bekl. vorträgt, ist nicht erkennbar. Durch die Insolvenz des Reiseveranstalters bedingt konnte das Taschengeld nicht ausgezahlt werden.



* Quelle: NJW-RR 2003, 930