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LG Limburg, Urteil vom 22.02.2001 - 1 0 517/00 -
Tatbestand: Die Klägerin ist Erbin und Tochter der bei einem Verkehrsunfall am 07.11.1997 in L. getöteten Frau H.. Die Beklagte
ist die Haftpflichtversicherung, des von Frau M. zum Unfallzeitpunkt geführten Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen
LDK-HS 987. Frau M. erfasste die Getötete, als diese als Fußgängerin die Straße überquerte. Frau H. erlag ihren schweren
Verletzungen in der Chirurgischen Klinik in G..
Frau M. wurde durch das Amtsgericht Wetzlar aufgrund des Vorfalles mit Urteil vom 09.12.1998 wegen fahrlässiger Tötung zu
einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen verurteilt.
Die Parteien einigten sich dahingehend, dass bei der Regulierung des Schadensfalls eine Haftungsquote von 50 % zugrundegelegt
werden soll. Auf dieser Basis regulierte die Beklagte auch bereits Schäden.
Nunmehr streiten die Parteien noch über die Ersatzfähigkeit von zwei Schadenspositionen, welche die Klägerin mit der vorliegenden
Klage geltend macht.
Zum einen begehrt sie den Ersatz eines Haushaltsführungsschadens, welcher ihr für die Zeit vom 07.11.1997 bis zum 07.11.2007
durch den Ausfall der Haushaltsführung durch die Verstorbene in Höhe von insgesamt 48.000,-- DM entstanden sei. Zum anderen
begehrt die Klägerin den Ersatz von Kosten, die bei der Auflösung der Wohnung der verstorbenen Mutter entstanden seien. ...
Die Klägerin ist der Auffassung, dass die geltend gemachten Ansprüche von den §§ 844, 845 BGB umfasst seien. Ihre Mutter sei
täglich 2 Stunden mit der Führung des Haushaltes beschäftigt gewesen, wobei sie auf die Hilfe der Mutter wegen ihrer
Sehbehinderung angewiesen gewesen sei. Außerdem seien die Möbel ihrer Mutter bei der Wohnungsauflösung zunächst eingelagert worden.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 29.307,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 14.05.1999 und 8,42 % Zinsen
seit dem 01.05.2000 zu zahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. ...
Entscheidungsgründe: Die Klage ist nicht begründet. Eine rechtliche Grundlage für den Ersatz der geltend gemachten Schäden
besteht nicht. Im Besonderen kann die Klägerin die in Ansatz gebrachten Forderungen nicht auf §§ 844, 845 BGB, § 10 StVG
stützen. Diese Vorschriften erfassen die geltend gemachten Schadenspositionen nicht. Eine analoge Anwendung scheidet aus, da die
Vorschriften als Ausnahmebestimmungen von dem Grundsatz, dass nur der in seinem Rechtsgrund unmittelbar Verletzte
ersatzberechtigt ist, eng auszulegen sind.
I. Ein Anspruch hinsichtlich des Ersatzes des entstandenen Haushaltsführungsschadens gemäß § 845 BGB bzw. § 10 Abs. StVG
scheidet aus, weil nach dieser Bestimmung nur ein Ersatzanspruch bestehen kann, wenn der Getötete kraft Gesetzes zur
Dienstleistung verpflichtet war. Unbeachtlich ist, inwieweit Dienstleistungen auch ohne das Bestehen einer Rechtspflicht tatsächlich
erbracht worden sind.
Eine Dienstleistungsverpflichtung der Mutter kann im vorliegenden Fall nicht angenommen werden. Sie ergibt sich auch nicht aus §
1618 a BGB. Nach dieser Bestimmung sind Eltern und Kinder einander Beistand und Rücksicht schuldig. Eine Verpflichtung der
Eltern zur Dienstleistung für ihre Kinder enthält die Vorschrift indessen nicht dafür bieten weder ihre Entstehung noch ihr Wortlaut
oder ihr Sinn und Zweck irgendeinen Anhalt (vgl. OLG Bamberg, NJW 1985, S.2724>. Ziel dieser Bestimmung, die 1979 durch das
Gesetz zur Neuregelung des Rechts der elterlichen, Sorge in das BGB eingeführt worden ist, war es nicht, zu Lasten der Eltern eine
neue, dem bisherigen Recht völlig fremde Verpflichtung zu Dienstleistungen zu schaffen (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.). Die
Bedeutung des § 1618 a BGB besteht im Wesentlichen darin, die Verantwortung füreinander als Grundlage der Familie
herauszustellen. Die Verpflichtungen, die sich für das einzelne Familienmitglied daraus ableiten, sind für eine intakte Familie an sich
selbstverständlich. Rechte und Pflichten, die darüber hinausgehen, will die Vorschrift nicht begründen (vgl. OLG Bamberg, a.a.O.).
Soweit gleichwohl eine im Vordringen befindliche Auffassung davon ausgeht, dass § 1618 a BGB eine echte Rechtspflicht
begründet (vgl. Staudinger/Coester, § 1618 a Rdnr. 10 m.w.N.), verbleibt die Notwendigkeit, die Vorschrift insgesamt
zurückhaltend anzuwenden, um den Zweck des Gesetzes nicht zu unterlaufen. Eine Mitarbeitspflicht von Eltern, die als gesetzliche
Dienstleistungspflicht im Sinne von § 845 BGB angesehen werden könnte, kommt allenfalls dann in Betracht, wenn besondere
Umstände, beispielsweise in einer schwierigen Lebenslage, eine solche tätige Mithilfe aus der Verantwortung füreinander
unabweislich machen würden (vgl. BGH, Beschluss vom 20.11.1984 VI ZR48/84, NJW 1985, S.2725).
An einer solchen Ausnahmekonstellation fehlt es hier. Auch der Vortrag der Klägerin zu ihrer Sehbehinderung ist nicht hinreichend.
Zum einen ist bereits zweifelhaft, ob eine Notlage angenommen werden kann bei einem Zustand, der jedenfalls nicht nur
vorübergehend, sondern für eine längere Zeit aufgetreten ist. Zum anderen ist beachtlich, dass vor der Getöteten, der Ehemann der
Klägerin vorrangig zur Leistung von Unterhalt verpflichtet ist. Dies folgt aus § 1608 BGB. Auch wenn diese Bestimmung primär
die geldliche Unterhaltsleistung betrifft, so kann ihr als allgemeiner Grundsatz doch die vorrangige Verpflichtung des Ehegatten des
Bedürftigen vor dessen Verwandten entnommen werden. Eine andere Regelung greift nach § 1608 S.2 BGB nur dann, wenn der
Ehemann außerstande ist, den Unterhalt zu gewähren. Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Jedenfalls fehlt es an
entsprechendem Vortrag der Klägerin. Die Tatsache, dass der Ehemann der Klägerin berufstätig ist, genügt nicht. Die Beklagte hat
zu Recht darauf hingewiesen, dass es beispielsweise dem Ehemann auch möglich wäre, aufgrund seiner Einkommensverhältnisse,
für die in Ansatz gebrachten 2 Stunden täglich eine Haushaltshilfe zu beschäftigen.
II. Auch die von der Klägerin in Ansatz gebrachten Kosten für die Auflösung der Wohnung der verstorbenen Mutter sind nicht
ersatzfähig. Kosten der Haushaltsauflösung werden nicht erstattet (vgl. Amtsgericht Gronau, Urteil vom 05.09.1989, ZfSch 1989,
S.337). Diese Kosten werden nicht von §§ 844 Abs. 1 BGB, 10 Abs. 1 StVG umfasst. Nach dieser Bestimmung sind als
Ausnahmevorschrift nur die Kosten der Beerdigung und die, welche für den Beerdigungsakt und die Feierlichkeiten unmittelbar
erforderlich sind, ersatzfähig. Eine erweiterte Anwendung dieser Bestimmung ist nicht möglich. Sie ist klar gefasst und bringt
eindeutig zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber die Ausnahme von dem Grundsatz, dass Drittschäden in der Regel nicht ersatzfähig
sind, auf die in den §§ 844, 845 BGB genannten Fälle beschränken wollte. ...