BGH, 07.12.2004, VI ZR 119/04, BGB, 249, Unfall, Schadensersatz, Schaden, Restwert, ueberdurchschnittlich, Erloes, Unfallwagen, Vorteil, Schaediger, Sondermarkt , Restwertaufkaeufer, Internet ,
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BGB § 249
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BGH, Urteil v. 07.12.2004 - VI ZR 119/04 *
Tatbestand: Der Kläger verlangt von den Beklagten restlichen Schadensersatz und Schmerzensgeld aus einem
Verkehrsunfall vom 24. November 2001, bei dem sein Fahrzeug einen wirtschaftlichen Totalschaden erlitt. Der Beklagte zu
1 als Fahrer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugs und die Beklagte zu 2 als dessen Haftpflichtversicherer haben für die
Unfallschäden unstreitig in voller Höhe einzustehen. Die Parteien stritten vor dem Berufungsgericht um die Höhe des
Schmerzensgelds und den Restwert des Fahrzeugs des Klägers. Der Kläger hatte das Gutachten der KFZ-Sachverständigen
K. vom 30. November 2001 eingeholt, das einen Wiederbeschaffungswert einschließlich Mehrwertsteuer von 13.200,00
DM, einen Restwert einschließlich Mehrwertsteuer von 1.600,00 DM und damit einen Fahrzeugschaden einschließlich
Mehrwertsteuer von 11.600,00 DM ergab.
Er verkaufte das nicht reparierte Fahrzeug an einen von ihm im Internet ermittelten Käufer mit Kaufvertrag vom 5.
Dezember 2001 zu einem von ihm nicht mitgeteilten Preis.
Am 19. Dezember 2001 teilte die Beklagte zu 2 dem Kläger mit, dass ihr ein verbindliches Angebot einer S. GmbH in L.
vorliege, die bereit sei, für den Unfallwagen 6.000,00 DM zu bezahlen. Dementsprechend zahlte die Beklagte zu 2 an den
Kläger Wiederbeschaffungswert 13.200,00 DM abzüglich Restwert 6.000,00 DM, somit 7.200,00 DM. Der Kläger hat den
Unterschiedsbetrag zu obigem Restwert von 1.600 DM mit 4.400,00 DM, entsprechend 2.249,69 € neben einem
Schmerzensgeld von weiteren 600,00 € mit seiner Klage geltend gemacht.
Das Amtsgericht hat der Klage nur zum Schmerzensgeld in Höhe von 100,00 € stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen.
Die Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg. Mit der - vom Berufungsgericht lediglich hinsichtlich des materiellen
Schadens (2.249,69 €) - zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Ersatz seines Schadens in Höhe des
Unterschiedsbetrags der Restwerte.
Entscheidungsgründe: I. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, der
Sachverständige des Klägers habe zu Recht auf den Preis abgestellt, der auf dem allgemeinen örtlichen Markt für das
Unfallfahrzeug zu erzielen war, und nicht auf den Preis in dem Sondermarkt der Restwertaufkäufer im Internet, der vielen
Geschädigten nicht zugänglich sei. Auch müsse sich der Kläger nicht das ihm von der Beklagten zu 2 übermittelte
Kaufangebot der S. GmbH vom 19. Dezember 2001 anrechnen lassen, das erst nach dem Verkauf des Unfallwagens bei ihm
eingetroffen sei. Der Kläger müsse sich aber den tatsächlich erzielten Veräußerungserlös anrechnen lassen. Dieser sei nicht
mit überobligationsmäßigen Anstrengungen erzielt worden. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sei der Verkauf des
Unfallwagens für ihn nur mit einem sehr geringen Aufwand verbunden gewesen. Er habe nicht dargelegt, dass es ihn größere
Mühe gekostet habe, die entsprechenden Seiten im Internet aufzurufen und sein Angebot ins Internet zu stellen. Der Kläger
habe nicht vorgetragen, dass er mehr habe tun müssen als auf das Angebot des Käufers zu warten oder dass irgendwelche
Verhandlungen stattgefunden hätten. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger mindestens 6.000,00 DM für den
Unfallwagen erhalten habe. Die entsprechende Behauptung der Beklagten habe er nicht bestritten.
II. Die Erwägungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision stand.
1. Die Revision ist nach Zulassung durch das Berufungsgericht gemäß § 543 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthaft, jedoch wirksam
beschränkt auf den Anspruch des Klägers auf Ersatz seines materiellen Schadens als rechtlich selbständigen Teil des
Gesamtstreitstoffes, über den gesondert hätte entschieden werden können (vgl. Senatsurteil vom 9. Dezember 2003 - VI ZR
38/03 -, VersR 2004, 388; BGHZ 155, 392, 393 f.).
2. Ohne Rechtsfehler geht das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats davon
aus, dass der Geschädigte, wenn er von der Ersetzungsbefugnis des § 249 Satz 2 BGB a.F. (Art. 229 § 8 Abs. 1 EGBGB)
Gebrauch macht und den Schaden nicht im Wege der Reparatur, sondern durch Beschaffung eines Ersatzfahrzeugs beheben
will, bei der Bemessung des erforderlichen Betrags, den er für die Ersatzbeschaffung verlangt, den Restwert des
beschädigten Fahrzeugs vom Wiederbeschaffungswert abzuziehen hat (vgl. Senatsurteile BGHZ 115, 364, 372; vom 21.
Januar 1992 - VI ZR 142/91 - VersR 1992, 457; vom 6. April 1993 - VI ZR 181/92 - VersR 1993, 769, 770). Dieser
Ausgangspunkt ist zwischen den Parteien nicht umstritten.
3. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch den Restwert des Unfallfahrzeugs an dem Preis bemessen, den der Kläger
nach dem von ihm nicht bestrittenen Beklagtenvortrag mindestens erzielt hat.
a) Zunächst ist festzustellen, in welcher Höhe dem Geschädigten angesichts des ihm verbliebenen Restwerts seines
Fahrzeugs durch den Unfall überhaupt ein Vermögensnachteil erwachsen ist. Nach ständiger Rechtsprechung des
erkennenden Senats ist nach einer Sachbeschädigung, wenn der Geschädigte gemäß § 249 Satz 2 BGB a.F. die
Schadensbehebung selbst in die Hand nimmt, der zur Wiederherstellung erforderliche Aufwand nach der besonderen
Situation zu bemessen, in der sich der Geschädigte befindet. Es ist also Rücksicht auf seine individuellen Erkenntnis und
Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (vgl.
Senatsurteile BGHZ 66, 239, 245, 248 f.; 115, 364, 369; 155, 1, 5). Diese "subjektbezogene Schadensbetrachtung" gilt auch
für die Frage, in welcher Höhe dem Geschädigten wegen der ihm in seiner individuellen Lage möglichen und zumutbaren
Verwertung seines Unfallfahrzeugs kein Schaden entstanden ist. Will er sein Fahrzeug etwa einer ihm vertrauten
Vertragswerkstatt oder einem angesehenen Gebrauchtwagenhändler bei dem Erwerb eines Ersatzfahrzeugs in Zahlung
geben, dann kann ihn der Schädiger gegenüber deren Ankaufangeboten nicht auf einen höheren Restwerterlös verweisen,
der nur auf einem dem Geschädigten erst durch den Schädiger eröffneten Sondermarkt, etwa durch Einschaltung
spezialisierter Restwertaufkäufer, zu erzielen wäre (vgl. Senatsurteile vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - und vom 6.
April 1993 - VI ZR 181/92 -, jeweils aaO).
Im Streitfall hat der Kläger sein Unfallfahrzeug zwar nicht in Zahlung gegeben, sondern es auf einem solchen Sondermarkt
unter Einschaltung des Internets verkauft. Er hat dies aber erst nach Einholung eines Gutachtens (allerdings nicht auf der
Grundlage des darin ausgewiesenen Restwerts) getan, das nach den Feststellungen des Berufungsgerichts auf den
allgemeinen örtlichen Markt abgestellt war. Mehr als eine Schadensberechnung auf dieser Grundlage kann vom
Geschädigten im Rahmen des Wirtschaftlichkeitspostulats grundsätzlich nicht verlangt werden, ohne die ihm nach § 249
Satz 2 BGB a.F. zustehende Ersetzungsbefugnis auszuhöhlen. Eine Verpflichtung, über die Einholung eines
Sachverständigengutachtens hinaus noch eine eigene Marktforschung zu betreiben und dabei die Angebote auch räumlich
entfernter Interessenten einzuholen, traf den Kläger auch im hier zu entscheidenden Fall nicht. Der in dem Gutachten
ausgewiesene Wert war daher eine geeignete Grundlage für die Bemessung des Betrages, in dessen Höhe dem Geschädigten
durch den Unfall kein Vermögensnachteil entstanden ist.
b) Grundsätzlich ist allerdings ein überdurchschnittlicher Erlös, den der Geschädigte für seinen Unfallwagen aus Gründen
erzielt, die mit dem Zustand des Fahrzeugs nichts zu tun haben, dem Schädiger nicht gutzubringen (vgl. Senatsurteile vom 5.
März 1985 - VI ZR 204/83 - VersR 1985, 593, 594; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO). Anderes gilt aber dann,
wenn der Geschädigte für das Unfallfahrzeug ohne überobligationsmäßige Anstrengungen einen Erlös erzielt hat, der den
vom Sachverständigen geschätzten Betrag übersteigt. Dann hat er durch die Verwertung seines Fahrzeugs in Höhe des
tatsächlich erzielten Erlöses den ihm entstandenen Schaden ausgeglichen. Da nach allgemeinen schadensrechtlichen
Grundsätzen der Geschädigte zwar vollen Ersatz verlangen kann, an dem Schadensfall aber nicht "verdienen" soll, kann ihn
der Schädiger an dem tatsächlich erzielten Erlös festhalten (vgl. Senatsurteile BGHZ 154, 395, 398; vom 21. Januar 1992 -
VI ZR 142/91 - aaO, 458). So liegen die Dinge im Streitfall.
Soweit das Berufungsgericht das Vorbringen des Klägers dahin gewürdigt hat, er habe mit dem günstigen Verkauf des PKW
nur einen geringen Aufwand gehabt, weil er zufällig durch einen Arbeitskollegen von dem Restwertaufkäufermarkt im
Internet erfahren und keine Mühe dargelegt habe, die zugehörigen Internetseiten aufzurufen und sein Angebot einzustellen,
läßt das keinen revisionsrechtlich durchgreifenden Fehler erkennen.
aa) Das Berufungsgericht hat - entgegen der Ansicht der Revision - nicht verkannt, dass die Beklagten als Schädiger die
Darlegungs- und Beweislast dafür tragen, dass der hohe Restwert ohne überobligationsmäßige Anstrengungen erzielt wurde
(vgl. Senatsurteile BGHZ 143, 189, 194; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO). Es hat indes keine
Beweislastentscheidung getroffen, sondern sich in tatrichterlicher Würdigung des Klägervortrags davon überzeugt, dass dem
Kläger der Verkauf über das Internet tatsächlich ohne weiteres möglich war. Aus dem Zeitpunkt des Kaufvertragsschlusses
und dem Zeitpunkt der Übergabe des Unfallfahrzeugs an den Käufer hat das Berufungsgericht geschlossen, dass dieser das
Fahrzeug ohne vorherige Besichtigung gekauft hat. Die Revision erhebt hierzu keine Beanstandungen. Auch der Einwand
der Revision, das Berufungsgericht habe im Rahmen der erforderlichen Würdigung verkannt, dass für die Frage der
überobligationsmäßigen Anstrengung der Gesamtaufwand des Klägers und damit auch dessen Bemühungen um die von dem
Zeugen W. vermittelten Interessenten zu berücksichtigen seien, bleibt ohne Erfolg. Der Vortrag des Klägers, er habe zu
Besichtigungen seines Fahrzeugs durch jene Interessenten am Wochenende mehrfach von seinem Wohnort zu seiner
Arbeitsstelle fahren müssen, war sowohl vom Umfang des Aufwands wie von der Zahl solcher Fahrten zu unbestimmt als
dass das Berufungsgericht ihm nachgehen mußte.
Bei dieser Sachlage hat das Berufungsgericht mit Recht auf das tatsächliche Veräußerungsgeschäft abgestellt, das unter den
festgestellten Umständen keinen überobligationsmäßigen Aufwand verursacht hat. Auch wenn ein Geschädigter
grundsätzlich nicht verpflichtet ist, einen Sondermarkt für Restwertaufkäufer im Internet in Anspruch zu nehmen, muß er
sich doch einen höheren Erlös anrechnen lassen, den er bei tatsächlicher Inanspruchnahme eines solchen Sondermarktes
ohne besondere Anstrengungen erzielt hat (vgl. Senatsurteil aaO, 195). Der Schädiger hat freilich keinen Anspruch darauf,
dass sich der Geschädigte zu einem Verkauf in dem Sondermarkt der Internet-Restwertaufkäufer entschließt (vgl.
Senatsurteile BGHZ 66, 239, 248; vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83 - aaO, 595). Dass der Kläger zu der von ihm
entwickelten Initiative nicht verpflichtet war, rechtfertigt es jedoch nicht, ihm den daraus resultierenden Erfolg zu Lasten des
Schädigers und der Versichertengemeinschaft zu belassen. Auch dass der "Übererlös" für den Unfallwagen aus Gründen
erzielt wurde, die mit dem Zustand des Fahrzeugs nichts zu tun hatten (vgl. Senatsurteile vom 5. März 1985 - VI ZR 204/83
- aaO; vom 21. Januar 1992 - VI ZR 142/91 - aaO, 457), erfordert das nicht. Ein Verbleib des Übererlöses würde gegen das
schadensrechtliche Bereicherungsverbot verstoßen, wonach der Geschädigte zwar vollen Ersatz verlangen kann, an dem
Schadensfall aber nicht verdienen soll (vgl. Senatsurteil BGHZ 154, 395, 398).
bb) Die Revision kann auch mit ihrer Rüge einer unvollständigen Ausschöpfung des Prozessstoffes (§ 286 Abs. 1 ZPO)
nicht durchdringen. Von einer Begründung wird abgesehen (§ 564 Satz 1 ZPO).
4. Die Höhe des Erlöses konnte das Berufungsgericht unbedenklich mit 6.000 DM annehmen, da der Kläger die
entsprechende Behauptung des Beklagten nicht bestritten hat.
5. Nach allem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
* Quelle: www.bundesgerichtshof.de