BGB §§ 463, 462, 472

© 1997 bis heute / KD Mainlaw - Rechtsanwalt Tronje Döhmer, Grünberger Straße 140 (Geb 606), 35394 Gießen
Tel. 06445-92310-43 oder 0171-6205362 / Fax: 06445-92310-45 / eMail / Impressum
Ä - A - B - C - D - E - F - G - H - I - J - K - L - M - N - Ö - O - P - Q - R - S - T - Ü - U - V - W - X - Y - Z

- Stand: 19. September 2003 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

Landgericht Marburg, Urteil vom 30.05.2001 - 5 S 192/00 *

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwalmstadt vom 22.09.2000 wird kostenpflichtig zurückgewiesen. ... Die form- und fristgerecht eingelegte und darüber hinaus rechtzeitig begründete Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch ohne Erfolg. Dem Kläger steht der geltend gemachte Minderungsanspruch nach §§ 463, 462, 472 BGB unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Soweit der Kläger sein weitergehendes Minderungsbegehren in der Berufung darauf stützt, nach der Begutachtung durch den erstinstanzlich bestellten Sachverständigen noch eine weitere Schweißnaht entdeckt zu haben, die darauf schließen lasse, dass der hintere linke Kotflügel angeschweißt worden sei, ist dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden. Da die Parteien in dem Kaufvertrag vom 04.12.1999 Gewährleistungsansprüche ausgeschlossen haben - die Klausel ,,gekauft wie besichtigt unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung' beinhaltet einen umfassenden Haftungsausschluss, der sich insbesondere auch auf versteckte, die Fahrtauglichkeit möglicherweise beeinträchtigenden Mängel erstreckt (vgl. BGH, NJW 1984, 1452 ff), kommt eine Haftung des Beklagten nur bei Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft oder bei einem arglistigen Verhalten in Betracht (§ 476 BGB). Arglist beim Verkauf einer Sache liegt aber nur dann vor, wenn der Verkäufer einen Mangel der Sache kennt oder zumindest mit seinem Vorhandensein rechnet und zugleich davon ausgeht, dass dem Käufer der Mangel unbekannt ist und dieser den Kauf nicht tätigen würde, wenn ihm der Mangel bekannt wäre. Das arglistige Vorspiegeln einer nicht vorhandenen Eigenschaft steht dabei dem Verschweigen eines Mangels gleich (vgl. Palandt-Putzo; BGB, 59. Aufl., § 463, Rz. 11-13) Aus dem Vortrag des Klägers ergeben sich indes keine konkreten Anhaltspunkte, die den Schluss rechtfertigen, der Beklagte habe gewusst bzw. zumindest damit gerechnet, dass der Kotflügel neu angeschweißt worden ist. In diesem Zusammenhang gilt es zudem die Aussage des Zeugen Hackenberg zu berücksichtigen, der von Schweißarbeiten an dem Auto berichtete, allerdings nicht an der nunmehr behaupteten Stelle. Nach seinen Angaben waren aber offensichtlich auch vor der Besitzzeit des Beklagten schon Schweißarbeiten an dem Auto durchgeführt worden, so dass es angesichts des Alters des Autos und des Umstandes, dass der Beklagte nicht der Erstbesitzer war, nicht fernliegend ist, wenn der Beklagte von vorangegangenen Schweißarbeiten keine Kenntnis hatte.



Es ist darüber hinaus ohnehin zweifelhaft, ob wegen der übrigen angeblich nicht offenbarten Schweißarbeiten überhaupt ein Minderungsanspruch zugesprochen werden konnte. Zum einen ist schon fraglich, ob der Beklagte verpflichtet war, auf die eingesetzten Bleche und die Schweißarbeiten bei einem fast 20 Jahren alten Auto hinzuweisen, die nach den Erkenntnissen des Sachverständigen weitestgehend fachgerecht durchgeführt wurden. Durchrostungen, die das Einschweißen von Blechen erforderlich machen, werden bei einem Fahrzeug dieses Alters zu erwarten und damit nicht mehr als Mangel zu qualifizieren sein. Selbst wenn man aber davon ausgeht, dass der Beklagte jedenfalls auf die ausdrückliche Frage des Klägers verpflichtet war, wahrheitsgemäß zu antworten, lässt sich nach der erstinstanzlich durchgeführten Beweisaufnahme nicht sicher feststellen, ob der Beklagte tatsächlich offenbarungspflichtiges verschwiegen hat. Zwar hat die Zeugin Messerschmidt angegeben, der Beklagte habe die Frage nach Schweißarbeiten ausdrücklich verneint, auch auf Schweißarbeiten an den Radkästen sei nicht hingewiesen worden. Indes begegnen dieser Aussage nicht unerhebliche Bedenken, denn sie steht zum Teil in Widerspruch zum Vortrag des Klägers hinsichtlich der Schweißarbeiten am Radkasten. Im Übrigen hat der Zeuge Hackenberg nachvollziehbar geschildert, dass der Kläger in seinem Beisein auf die Schweißarbeiten hingewiesen wurde, die von einem Freund des Beklagten auf dessen Veranlassung hin durchgeführt wurden. Ist vor diesem Hintergrund bereits fraglich, ob überhaupt ein arglistiges Verschweigen von Mängeln angenommen werden kann, ist des weiteren zweifelhaft, ob sich der vom Sachverständigen festgestellte Korrosionsschaden im Anschlussbereich des Bodenblechs zum Schweller den „verschwiegenen Mängeln" zuordnen lässt, d.h. dieser Schaden an einer Stelle aufgetreten ist, auf die sich ein mögliches arglistiges Verhalten bezieht. Letztlich ist auch der zugrunde gelegte Minderungsumfang nicht nachvollziehbar. Grundsätzlich ist bei einer Minderung der Kaufpreis in dem Verhältnis zu reduzieren, in dem der Wert der Kaufsache im Zeitpunkt des Gefahrübergangs in mangelfreien Zustand zu dem wirklichen Wert gestanden haben würde (§ 472 BGB). Auf dieser Grundlage wäre die Berechnung des Klägers nur richtig, wenn der Kaufpreis von 13.800,- DM identisch mit dem Wert des Wagens ohne Korrosionsschäden wäre und die Reparaturkosten dem Umfang der durch die Korrosionsschäden bedingten Wertminderung entsprechen würden. Dies wird aber gerade bei einem Auto dieses Alters, das schon fast einen Liebhaberwert hat, nicht festzustellen sein.



Kam jedenfalls wegen der Schweißarbeiten ein weitergehender Minderungsanspruch nicht in Betracht, kann der Kläger sein Begehren auch nicht auf mögliche unzutreffende Angaben über die Kilometerleistung stützen. Der Kläger hat diesen Gesichtspunkt in der Berufungsbegründung zwar nicht mehr ausdrücklich erwähnt, durch die Bezugnahme auf das erstinstanzliche Vorbringen aber deutlich gemacht, dass er sein Klagebegehren auch insoweit weiterverfolgt.

Hinsichtlich der Kilometerangabe im Kaufvertrag kommt ein Anspruch aus §§ 463, 462,472 BGB wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft nicht in Betracht. Eine Zusicherung liegt vor, wenn der Verkäufer einer Sache durch eine ausdrückliche oder stillschweigende Erklärung, die Vertragsinhalt geworden ist, dem Käufer zu erkennen gibt, dass er für den Bestand der betreffenden Eigenschaft und alle Folgen ihres Fehlens einstehen will (vgl. Palandt, a.a.O., § 459 Rz. 15). Bei Angaben zu Fahrleistungen in Kaufverträgen hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit zwar recht großzügige Maßstäbe zu Gunsten des Käufers angelegt und eine Zusicherung unter anderem dann bejaht, wenn der Kaufvertrag den Hinweis enthielt, ,,Tachostand abgelesen 89.200 km" (vgl. OLG Naumburg, MDR 1997,1026 m.w.N.). Vorliegend gilt es indes zu berücksichtigen, dass ein Fahrzeug erheblichen Alters und nicht durch den Erstbesitzer verkauft wurde, so dass auch der Kläger nicht davon ausgehen konnte, der Beklagte wolle für die angegebene Kilometerleistung Gewähr übernehmen. Darüber hinaus wußte der Kläger, dass in den Wagen das Cockpit eines anderen PkWs eingebaut worden war, so dass die auf dem Tacho angezeigte Kilometerleistung offensichtlich nicht die des Scirocco sein konnte und von den Parteien auch nicht als solche dem Vertrag zugrunde gelegt wurde.



Schließlich ist dem Beklagten im Hinblick auf die ihm bekannte tatsächliche Laufleistung, die sich aus einem Wertermittlungsgutachten aus dem Jahre 1995 ergibt - dort war die Kilometerleistung bereits auf 178.585 km geschätzt worden -, kein arglistiges, einen Minderungsanspruch begründendes Verhalten vorzuwerfen. Die Laufleistung eines Pkw's ist zwar ein wertbildender Faktor, die, wenn sie nicht nur unerheblich über dem vertraglich zugrunde gelegten Wert liegt, einen Mangel der Kaufsache darstellen kann, den der Verkäufer bei Kenntnis zu offenbaren hat (vgl. dazu Reinking 1 Eggert, Der Autokauf, 6. Aufl., Rz. 1603 ff, 1852 ff). Der Beklagte hat indes nachvollziehbar dargetan, dass er den Kläger unter Bezugnahme auf das Wertgutachten bei Abschluss des Kaufvertrages auf die gegenüber dem Tachostand weitaus höhere Kilometerleistung hingewiesen hat. Zwischen den Parteien ist insoweit auch unstreitig, dass dem Kläger jedenfalls bei der Übergabe des Wagens dieses Wertgutachten im Original übergeben wurde. Schon deswegen erscheint es wenig nachvollziehbar, dass der Beklagte die Problematik der Laufleistung verschwiegen haben sollte, dem Kläger aber kurze Zeit nach Vertragsschluss eine Unterlage überlässt, die zwingend ein vorangegangenes arglistiges Verhalten offenbaren würde. Dem Kläger ist es letztlich auch nicht gelungen, insoweit ein arglistiges Verschweigen des Beklagten nachzuweisen. Die Aussage der von der Kammer vernommenen Zeugin Messerschmidt ist hinsichtlich der entscheidungserheblichen Frage bereits unergiebig. Sie hat bekundet, bei den Vertragsverhandlungen zugegen gewesen zu sein, ein Gespräch über den Kilometerstand aber nicht mitbekommen zu haben. Sie musste zugleich aber auch einräumen, nicht immer bei den Parteien gestanden zu haben, so dass sie möglicherweise auch nicht alles gehört hat, was zwischen diesen besprochen wurde. Konnte schon die vom Kläger benannte Zeugin somit das Beweisthema nicht bestätigen, bedurfte es einer weitergehenden Bewertung der widersprüchlichen Angaben der Zeugen zum Inhalt der Gespräche bei der Abholung des Wagens nicht mehr.



* Quelle: eigene