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Europa-Lexikon
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Stand: 2. Dezember 2013
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Europarecht - Inhaltsverzeichnis
(Europäische Kommission)Die Mitgliedstaaten erheben auf Waren aus anderen Mitgliedstaaten keine inländischen Abgaben, die geeignet sind, andere Produktionen mittelbar zu schützen.
Leitsätze/Entscheidungen:
Eine Akzise wie die in Polen durch das Gesetz vom 23. Januar 2004 über die Akzise vorgesehene, die für Personenkraftwagen nicht wegen des Überschreitens
der Grenze anfällt, stellt keinen Einfuhrzoll und keine Abgabe gleicher Wirkung im Sinne von Art. 25 EG dar. Art. 90 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er
einer Akzise entgegensteht, wenn ihr Betrag für Gebrauchtfahrzeuge, die älter als zwei Jahre sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem die Akzise
erhebenden Mitgliedstaat erworben wurden, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen
geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im
Ausgangsverfahren fragliche Regelung, insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung des Finanzministers vom 22. April 2004 über die Senkung der
Akzisesätze, eine solche Folge hat. Art. 28 EG ist auf eine vereinfachte Anmeldung, wie sie Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 23. Januar 2004 über die
Akzise vorsieht, nicht anwendbar und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/ 12/ EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die
Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren steht einer solchen Anmeldung nicht entgegen, wenn die in Frage stehende Regelung dahin
ausgelegt werden kann, dass die Anmeldung ab Erlangung des Rechts, als Eigentümer über einen Personenkraftwagen zu verfügen, und spätestens mit dessen
Zulassung im Inland nach der Straßenverkehrsordnung vorgenommen werden muss (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-313/05).
Abgaben gleicher Wirkung
Mit dem Verbot von Abgaben gleicher Wirkung soll verhindert werden, dass das Verbot von Ein- und Ausfuhrzöllen umgangen wird (Art. 25 EG). Eine
Abgabe gleicher Wirkung ist jede noch so geringfügige finanzielle Belastung, die einseitig vom Staat wegen des Grenzübertritts einer Ware auferlegt wird
(EuGH). Es gibt drei Ausnahmen:
(1) Belastungen, die ein angemessenes Entgelt für tatsächlich geleistete Dienste darstellen.
(2) Abgaben, die zwar an den Grenzübertritt der Waren Anknüpfen, aber Bestandteil eines allgemeinen inländischen Angabensystems sind, das unterschiedslos
einheimische und eingeführte Erzeugnisse nach denselben Merkmalen erfasst und sich demnach nicht gegen Importe richten. Die Zulässigkeit solcher Abgaben
richtet sich nach Art. 90 ff. EG.
(3) Abgaben, die durch das Gemeinschaftsrecht ausdrücklich zugelassen oder veranlasst sind.
Siehe unter „Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung".
Abgaben und Gebühren im Verkehrswesen
Siehe unter „Diskriminierung im Verkehrswesen - Abgaben und Gebühren"
Agenda 2000
Bei der Agenda 2000 handelt es sich um ein von der Europäischen Kommission (KOM) ausgearbeitetes Strategiepapier, das die Erweiterung der EU im 21.
Jahrhundert vorbereiten sollte. Die abschließenden Beratungen zur Agenda 2000 fanden auf einer Sondertagung des Europäischen Rates am 24./25. März 1999
unter deutscher Ratspräsidentschaft in Berlin statt. Es gelang, Einigung über die grundlegende Reform der Strukturfonds zu erreichen und damit die Solidarität
zwischen Reich und Arm und die Reform der EU-Finanzen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Wortlaut der erzielten Einigung: http://ue.eu.int/presid/conclusions.htm.
Agenda Lissabon
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Lissabon-Strategie" und „http://europa.eu/scadplus/glossary/lisbon_strategy_de.htm".
Akteneinsicht- Kartell- und Fusionskontrollverfahren
Die Kommission veröffentlichte am 13.12. 2005 das überarbeitete Akteneinsichtsrecht in Kartell- und Fusionskontrollverfahren in Form einer Mitteilung,
Dieses ermöglicht es Unternehmen, die eine Mitteilung über Beschwerdepunkte von der Kommission erhalten haben, sich grundsätzlich über das gesamte der
Beschwerde zugrunde liegende Material zu informieren. Von dem Einsichtsrecht sind allerdings interne Schriftstücke (d.h. Schriftstücke, die zwischen
Kommission und anderen Behörden ausgetauscht wurden), Geschäftsgeheimnisse sowie andere vertrauliche Informationen ausgeschlossen. Akteneinsicht soll
grundsätzlich nur dem Adressaten der Mitteilung gewährt werden. In Kartellfällen soll jedoch auch der Beschwerdeführer und in Fusionskontrollfällen andere
Beteiligte ein begrenztes Zugangsrecht zur Kommissionsakte erhalten.
Aktionärsrechte - Mindestrechte
Die Kommission unterbreitete am 05.01.2006 einen Richtlinienvorschlag über Mindeststandards für Aktionärsrechte. Als derartige Standards schlägt sie u. a.
vor, dass Hauptversammlungen mindestens einen Monat vor ihrer Durchführung einberufen werden sollen und alle der Hauptversammlung vorzulegenden
Unterlagen rechtzeitig verfügbar sein müssen. Weiterhin soll jegliche Form der Aktiensperrung beseitigt werden. Stattdessen sollte ein System angewandt
werden, welches ermöglicht, das Recht eines Aktionärs zur Teilnahme an und zur Abstimmung in einer Hauptversammlung stichtagsbezogen festzustellen. Der
Stichtag darf dabei höchstens 30 Tage vor der Hauptverhandlung liegen. Zudem sollen gebietsfremde Aktionäre unkomplizierte Möglichkeiten erhalten, ihr
Stimmrecht auszuüben. Schließlich sollen alle rechtlichen Hindernisse für die Beteiligung an der Hauptverhandlung auf elektronischem Wege beseitigt werden.
In den letzten Jahren hatte die Kommission bereits zwei öffentliche Konsultationen zur Stärkung der Aktionärsrechte, insbesondere bei grenzüberschreitenden
Sachverhalten, durchgeführt. Diese zeigten, dass die Einführung von Mindeststandards notwendig ist.
Allgemeine Dienste
Siehe unter „Generaldirketion".
Allgemeine Rechtsgrundsätze
Allgemeine Rechtsgrundsätze sind Normen, die elementare Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit zum Ausdruck bringen und denen jede Rechtsordnung
verpflichtet ist (vgl. Art. 288 II EG, Art 6 II EU). Der EuGH ermittelt die allgemeinen Rechtsgrundsätze vorrangig im Wege der Rechtsvergleichung der
Verfassungsprinzipien der Mitgliedsstaaten. Hervorzuheben sind die Grundrechte auf Gemeinschaftsebene und die Rechtsstaatsprinzipien.
Allgemeines Beschränkungsverbot I
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 EG) verbietet weitergehend auch unterschiedslos wirkende Beeinträchtigungen zumindest hinsichtlich des Zugangs zu
einer Beschäftigung, soweit diese nicht durch zwingende Allgemeininteressen gerechtfertigt und verhältnismäßig ist. Der Grund besteht darin, dass auch
unterschiedslos geltende mitgliedsstaatliche Regelungen den Zugang zu einem Beruf in einem anderen Mitgliedsstaat und damit die Arbeitnehmerfreizügigkeit
erheblich beeinträchtigen können.
Allgemeines Beschränkungsverbot II
Das allgemeine Beschränkungsverbot gilt nicht nur für die Arbeitnehmerfreizügigkeit. Auch die Niederlassungsfreiheit nach Art. 43 EG unterliegt einem
allgemeinen Beschränkungsverbot. Unterschiedslos geltende Beeinträchtigungen jedenfalls hinsichtlich des Zugangs zu einer Beschäftigung sind unzulässig,
soweit sie nicht durch Allgemeininteressen gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.
Für den Bereich sekundärer Niederlassungen sind solche mitgliedsstaatlichen Regelungen nach dem Gemeinschaftsrecht nicht zulässig, die zwar gleichermaßen
für Inländer wie Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten Anwendung finden und daher keinen diskriminierenden Charakter haben, die aber die Gründung
von Zweigniederlassungen durch Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten letztlich ausschließen.
Bezüglich von Beeinträchtigungen des Zugangs zu einem Beruf hat der EuGH in der Zwischenzeit ebenfalls ein allgemeines Beschränkungsverbot anerkannt.
Allgemeines Beschränkungsverbot III
Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit sind nur zulässig, wenn sie
(1) durch das Allgemeininteresse gerechtfertigt sind und unterschiedslos auf Inländer und Ausländer Anwendung finden,
(2) verhältnismäßig sind und
(3) dem zu schützenden Allgemeininteresse nicht bereits durch Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten Rechnung getragen wird, in dem die
Dienstleistungsberechtigten ansässig sind.
***
„... Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes verlangt Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) nicht nur die Beseitigung jeder
Diskriminierung von in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistenden aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit, sondern auch die Aufhebung aller
Beschränkungen, selbst wenn sie unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche der anderen Mitgliedstaaten gelten, sofern sie geeignet sind, die
Tätigkeiten eines Dienstleistenden, der in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen ist und dort rechtmäßig ähnliche Dienstleistungen erbringt, zu
unterbinden oder zu behindern (Urteile vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-43/ 93, Vander Elst, Slg. 1994, I-3803, Randnr. 14, und vom 29. November
2001 in der Rechtssache C-17/00, De Coster, Slg. 2001, I-9445, Randnr. 29).
Außerdem hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass Artikel 59 der Anwendung jeder nationalen Regelung entgegensteht, die die Erbringung von
Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten gegenüber der Erbringung von Dienstleistungen allein innerhalb eines Mitgliedstaats erschwert (Urteil De Coster,
Randnr. 30).
Ferner sind auch alle nationalen Maßnahmen, die die Ausübung der Grundfreiheiten behindern oder unattraktiver machen können, nur unter vier
Voraussetzungen zulässig: Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, zur
Erreichung des mit ihnen verfolgten Zieles geeignet sein und dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Zieles erforderlich ist (vgl. u. a.
Urteile vom 31. März 1993 in der Rechtssache C-19/ 92, Kraus, Slg. 1993, I-1663, Randnr. 32, vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-424/ 97, Haim, Slg.
2000, I-5123, Randnr. 57, und Mac Quen u. a., Randnr. 26).
Im Allgemeinen kann eine derartige Maßnahme, wenn sie die Ausübung der garantierten Rechte bestimmten Bedingungen unterwirft, nur gerechtfertigt
werden, soweit das geltend gemachte Allgemeininteresse nicht durch die Vorschriften geschützt wird, denen der Dienstleistende in dem Mitgliedstaat
unterliegt, in dem er niedergelassen ist (Urteil Corsten, Randnr. 35). Mit anderen Worten müssen, wie die Generalanwältin in Nummer 45 ihrer Schlussanträge
ausgeführt hat, die Behörden des Aufnahmemitgliedstaats grundsätzlich die Bedingungen berücksichtigen, die die Wirtschaftsteilnehmer und ihre Beschäftigten
bereits in ihrem Herkunftsland erfüllen.
Was schließlich das Vorbringen der spanischen Regierung zur Annäherung der Bereiche der privaten Sicherheit und der öffentlichen Sicherheit angeht, so hat
der Gerichtshof bereits festgestellt, dass die in Artikel 46 Absatz 1 EG vorgesehene Ausnahme, wonach den Mitgliedstaaten erlaubt ist, aus Gründen der
öffentlichen Sicherheit gerechtfertigte Sonderregelungen für Ausländer aufrechtzuerhalten, nicht auf die allgemeine Regelung der privaten
Sicherheitsunternehmen anwendbar ist (Urteile Kommission/ Spanien, Randnrn. 45 und 46, und vom 9. März 2000 in der Rechtssache C-355/ 98, Kommission/
Belgien, Slg. 2000, I-1221, Randnrn. 28 und 30). ..." (EuGH, Urteil vom 26. 1. 2006 - C-514/03).
Allgemeininteressen
Der Begriff des Allgemeininteresses ist im Gemeinschaftsrecht im weitesten Sinne zu verstehen. Schützenswerten Allgemeininteressen dienen unter anderem
Berufsregeln, die die Befähigung, Berufspflichten, Verantwortlichkeit und Haftung betreffen. Dem Allgemeininteresse dienen der Verbraucherschutz, der
Gläubigerschutz, die Lauterkeit des Handelsverkehrs, die funktionierende Rechtspflege, steuerliche Interessen, der Gesundheitsschutz und das finanzielle
Gleichgewicht der Systeme der sozialen Sicherheit.
Siehe auch unter „Steuern".
Anwaltsberuf
Siehe unter „öffentliche Gewalt".
Anwendungsvorrang
Neben den deutschen Gerichten haben alle staatlichen Organe, insbesondere auch die nationalen Wettbewerbsbehörden, den Anwendungsvorrang des
Europarechts zu beachten (EuGH NJW 2004, 351).
Arbeitnehmer
Nach der Rechtsprechung des EuGH sind Arbeitnehmer Personen, die während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen
erbringen, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhalten. Es kommt darauf an, dass es sich um eine unselbstständige Tätigkeit handelt. Sie muss einen
Teil des Wirtschaftslebens ausmachen und entgeltlich geleistet werden. Nicht berücksichtigt werden Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie
sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen. Unselbstständige Tätigkeit ist eine weisungsgebundene und abhängige Tätigkeit.
Der Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates kann sich im Hinblick auf Sozialleistungen und steuerliche Vergünstigungen erst auf den Grundsatz der
Gleichbehandlung berufen kann, wenn er einen festen Arbeitsplatz hat. Erst dann verfügt er über die gleichen Ansprüche wie ein nationaler Arbeitnehmer. Die
Richtlinie 68/360/EWG verleiht nur denjenigen Arbeitssuchenden aus anderen Mitgliedstaaten Rechte, die schon auf dem jeweiligen Arbeitsmarkt tätig
geworden sind. Ein arbeitsuchender Angehöriger eines Mitgliedstaates fällt allerdings unter Art. 48 EG (Arbeitnehmerfreizügigkeit- EugH vom 23.03.2004 -
Rs. C-138/02).
Arbeitnehmerentsendung
Gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 bleiben in einen anderen Mitgliedstaat entsandte Arbeitnehmer für die Dauer der Entsendung nach wie vor im
entsendenden Herkunftsstaat versichert, sofern die voraussichtliche Dauer ihrer Beschäftigung im Ausland zwölf Monate nicht überschreitet. Dies gilt jedoch
nur, wenn zwischen entsendendem Unternehmen und entsandtem Arbeitnehmer für diese Dauer eine arbeitsrechtliche Bindung bestehen bleibt. Das Bestehen
einer solchen Bindung bestätigt das so genannte Formular E 101. Dieses ist bindend, solange es nicht zurückgezogen oder für ungültig erklärt wird.
Demzufolge darf ein Gericht des Gastlandes nicht prüfen, ob eine solche arbeitsrechtliche Bindung besteht, noch darf sie den Nachweis, der sich aus dem
Formular E 101 ergibt, unbeachtet lassen. Im vorliegenden Fall hatte eine belgische Gesellschaft zur Ausführung von Bauarbeiten ein irisches Unternehmen in
Anspruch genommen. Da die belgischen Behörden die belgische Gesellschaft als eigentlichen Arbeitgeber ansahen und folglich von dieser die Zahlung der
Sozialversicherungsbeiträge forderten, klagte diese vor dem belgischen Arbeitsgericht, das daraufhin den EuGH anrief (EuGH, Urteil vom 26.01.2006 - C-2/05).
Arbeitnehmerfreizügigkeit Art. 39 EG
(1) Innerhalb der Gemeinschaft ist die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet.
(2) Sie umfasst die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug
auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen.
(3) Sie gibt - vorbehaltlich der aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit gerechtfertigten Beschränkungen - den Arbeitnehmern das Recht,
a) sich um tatsächlich angebotene Stellen zu bewerben;
b) sich zu diesem Zweck im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen;
c) sich in einem Mitgliedstaat aufzuhalten, um dort nach den für die Arbeitnehmer dieses Staates geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften eine
Beschäftigung auszuüben;
d) nach Beendigung einer Beschäftigung im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats unter Bedingungen zu verbleiben, welche die Kommission in
Durchführungsverordnungen festlegt.
(4) Dieser Artikel findet keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung.
Leitsätze/Entscheidungen:
Sonderverbrauchsteuern wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden fallen in den Anwendungsbereich der in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 83/ 183/ EWG
des Rates vom 28. März 1983 über Steuerbefreiungen bei der endgültigen Einfuhr persönlicher Gegenstände durch Privatpersonen aus einem Mitgliedstaat in
der Fassung der Richtlinie 89/ 604/ EWG des Rates vom 23. November 1989 vorgesehenen Steuerbefreiung, wenn sie - was von dem vorlegenden Gericht zu
prüfen ist - bei der von einer Privatperson vorgenommenen endgültigen Einfuhr eines Fahrzeugs zum persönlichen Gebrauch aus einem anderen Mitgliedstaat
normalerweise erhoben werden. Eine zusätzliche einmalige Sonderzulassungssteuer wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende wird von dem genannten
Art. 1 Abs. 1 erfasst, wenn sie - was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist - mit dem Vorgang der Einfuhr des Fahrzeugs als solchem verbunden ist. Art. 6
Abs. 1 der Richtlinie 83/ 183 ist dahin auszulegen, dass ein Angehöriger der öffentlichen Verwaltung, der Streitkräfte, der Sicherheitsorgane oder der
Hafenpolizei eines Mitgliedstaats, der sich mit seinen Familienangehörigen mindestens 185 Tage im Jahr zur Wahrnehmung eines befristeten dienstlichen
Auftrags in einem anderen Mitgliedstaat aufhält, während der Dauer dieser Entsendung seinen gewöhnlichen Wohnsitz im Sinne des genannten Art. 6 Abs. 1 in
diesem anderen Mitgliedstaat hat. Sofern sich am Ende der von dem vorlegenden Gericht vorgenommenen Prüfung herausstellen sollte, dass die im
Ausgangsverfahren in Rede stehenden Steuern nicht in den Anwendungsbereich der in Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 83/ 183 vorgesehenen Steuerbefreiung
fallen, obliegt es diesem Gericht, im Hinblick auf die sich aus Art. 39 EG ergebenden Vorgaben zu prüfen, ob die Anwendung der nationalen
Rechtsvorschriften über diese Steuern gewährleistet, dass eine Person, die im Rahmen eines Wohnsitzwechsels ein Fahrzeug in ihren Herkunftsmitgliedstaat
einführt, hinsichtlich dieser Steuern nicht schlechter gestellt wird als Personen, die ihren Wohnsitz dauerhaft in diesem Mitgliedstaat hatten, und ob
gegebenenfalls eine entsprechende Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist, weil ihr objektive, vom Wohnsitz der Betroffenen unabhängige Erwägungen
zugrunde liegen und sie in angemessenem Verhältnis zu einem mit den nationalen Rechtsvorschriften verfolgten legitimen Zweck steht (EuGH, Urteil vom
26.04.2007 - C-392/05).
Das Königreich Dänemark hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 39 EG, 43 EG und 49 EG verstoßen, dass es eine Lebensversicherungs- und
Altersversorgungsregelung erlassen und in Kraft gelassen hat, nach der das Recht, Beiträge abzuziehen, und das Recht, sie unberücksichtigt zu lassen, nur für
Beitragszahlungen im Rahmen von Verträgen gewährt werden, die mit Rentenversicherungsträgern mit Sitz in Dänemark geschlossen wurden, während für
Beitragszahlungen im Rahmen von Verträgen, die mit Rentenversicherungsträgern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten geschlossen wurden, keine solche
Steuererleichterung gewährt wird (EuGH, Urteil vom 30.01.2007 - C-150/04).
Das Königreich Schweden hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG, 43 EG und 56 Abs. 1 EG sowie den Art. 28, 31 und 40 des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verstoßen, dass es Steuervorschriften wie die des Kapitels 47 des Einkommensteuergesetzes (1999: 1229)
(inkomstskattelagen [1999: 1229]) erlassen und beibehalten hat, wonach die Stundung der Steuer auf den Gewinn aus der Veräußerung eines privaten
Wohngebäudes oder eines Wohnrechts an einem privaten genossenschaftlichen Wohngebäude von der Voraussetzung abhängt, dass das neu erworbene
Wohnungseigentum ebenfalls in Schweden belegen ist (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-104/06).
Das Gemeinschaftsrecht steht einer nationalen Regelung über die befristete Organisation einer Ausbildung zur kurzfristigen Deckung des Bedarfs an
qualifizierten Lehrern in einem Mitgliedstaat, die von Bewerbern um diese Ausbildung eine Anstellung an einer Schule dieses Mitgliedstaats verlangt, nicht
entgegen, sofern die Anwendung dieser Verordnung nicht dazu führt, dass grundsätzlich jede Bewerbung eines Lehrers ausgeschlossen wird, der nicht an einer
solchen Schule angestellt ist, ohne dass diese Bewerbung zuvor individuell insbesondere im Hinblick auf die Eignung des Bewerbers sowie darauf geprüft wird,
ob der praktische Abschnitt von dessen Ausbildung überwacht oder dieser unter Umständen davon befreit werden kann (EuGH, Urteil vom 11.01.2007 - C-40/05).
Die Art. 39 EG, 49 EG und 50 EG stehen einer nationalen Regelung wie § 421g Abs. 1 Satz 2 des Dritten Buches des deutschen Sozialgesetzbuchs entgegen,
nach der die Zahlung der einem privaten Arbeitsvermittler von einem Arbeitsuchenden für seine Vermittlung geschuldeten Vergütung durch einen Mitgliedstaat
voraussetzt, dass die von diesem Vermittler vermittelte Beschäftigung in diesem Staat sozialversicherungspflichtig ist. Es obliegt dem nationalen Gericht, eine
innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den
Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden, und, soweit eine solche konforme Auslegung nicht möglich ist, bei
Vertragsbestimmungen, die dem Einzelnen Rechte verleihen, die er gerichtlich geltend machen kann und die die nationalen Gerichte zu wahren haben,
Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die diesen Bestimmungen entgegenstehen, unangewendet zu lassen (EuGH, Urteil vom 11.01.2007 - C-208/05).
Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 18 EG, 39 EG und 43 EG sowie aus den Artikeln 28 und 31 des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 verstoßen, dass sie Steuervorschriften wie Artikel 10 Absatz 5 des Código do Imposto
sobre o Rendimento das Pessoas Singulares beibehalten hat, in denen die Steuerbefreiung für Gewinne aus der entgeltlichen Veräußerung von Immobilien, die
dem Steuerpflichtigen oder Angehörigen seines Haushalts dauerhaft zu eigenen Wohnzwecken dienen sollen, davon abhängig gemacht wird, dass die erzielten
Gewinne in den Erwerb von in Portugal gelegenen Immobilien reinvestiert werden (EuGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - C-345/05).
Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 39 EG und Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/ 68 des Rates
vom 15. Oktober 1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft verstoßen, dass sie bei im italienischen öffentlichen Dienst
beschäftigten EG-Arbeitnehmern deren in Ausübung einer vergleichbaren Tätigkeit in der öffentlichen Verwaltung eines anderen Mitgliedstaats erlangte
Berufserfahrung und das dort erreichte Dienstalter nicht berücksichtigt hat (EuGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - C-371/04).
Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch, dass sie in § 12 Absatz 1 des Gesetzes über Einreise und Aufenthalt von Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten
der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft vom 31. Januar 1980 die vom Gemeinschaftsrecht für die Beschränkung der Freizügigkeit aufgestellten
Voraussetzungen nicht hinreichend klar umgesetzt hat, gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 39 EG, Artikel 3 der Richtlinie 64/ 221/ EWG des Rates vom
25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen
Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind, und Artikel 10 der Richtlinie 73/ 148/ EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise-
und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des
Dienstleistungsverkehrs verstoßen (EuGH, Urteil vom 27. 4. 2006 - C-441/02).
Der EuGH hat in der Rechtssache C-10/05 entschieden, dass ein Angehöriger eines Drittstaats, der mit einem Gemeinschaftsangehörigen verheiratet ist, nur in
dem Mitgliedsstaat das Recht auf Zugang zum Arbeitsmarkt geltend machen kann, indem der Gemeinschaftsangehörige eine Tätigkeit ausübt. Das Recht auf
Ausübung einer Tätigkeit im Lohn- und Gehaltsverhältnis nach Artikel 11 der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer
(aktuelle Fassung) gewähre den Familienangehörigen von Wanderarbeitnehmern kein originäres Freizügigkeitsrecht. Es diene allein dem Wanderarbeitnehmer,
der Gemeinschaftsangehöriger ist.
Siehe auch unter „Freizügigkeit der Arbeitnehmer" und „negative Einkünfte".
Arbeitnehmerfreizügigkeit - Maßnahmen zur Herstellung der Freiheiten Art 40 EG
Der Rat trifft gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses durch Richtlinien oder Verordnungen alle
erforderlichen Maßnahmen, um die Freizügigkeit der Arbeitnehmer im Sinne des Artikels 39 herzustellen, insbesondere
a) durch Sicherstellung einer engen Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Arbeitsverwaltungen;
b) durch die Beseitigung der Verwaltungsverfahren und -praktiken sowie der für den Zugang zu verfügbaren Arbeitsplätzen vorgeschriebenen Fristen, die sich
aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften ergeben und deren Beibehaltung die
Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer hindert;
c) durch die Beseitigung aller Fristen und sonstigen Beschränkungen, die in innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den Mitgliedstaaten
geschlossenen Übereinkünften vorgesehen sind und die den Arbeitnehmern der anderen Mitgliedstaaten für die freie Wahl des Arbeitsplatzes andere
Bedingungen als den inländischen Arbeitnehmern auferlegen;
d) durch die Schaffung geeigneter Verfahren für die Zusammenführung und den Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu Bedingungen,
die eine ernstliche Gefährdung der Lebenshaltung und des Beschäftigungsstands in einzelnen Gebieten und Industrien ausschließen.
Arbeitnehmerfreizügigkeit - Soziale Sicherheit Art. 42 EG
Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 die auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit für die Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer
notwendigen Maßnahmen; zu diesem Zweck führt er insbesondere ein System ein, welches aus- und einwandernden Arbeitnehmern und deren
anspruchsberechtigten Angehörigen Folgendes sichert:
a) die Zusammenrechnung aller nach den verschiedenen innerstaatlichen Rechtsvorschriften berücksichtigten Zeiten für den Erwerb und die Aufrechterhaltung
des Leistungsanspruchs sowie für die Berechnung der Leistungen;
b) die Zahlung der Leistungen an Personen, die in den Hoheitsgebieten der Mitgliedstaaten wohnen.
Der Rat beschließt im Rahmen des Verfahrens des Artikels 251 einstimmig.
Leitsätze/Entscheidungen:
Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2001/ 45/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni
2001 zur Änderung der Richtlinie 89/ 655/ EWG des Rates über Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln
durch Arbeitnehmer bei der Arbeit (zweite Einzelrichtlinie im Sinne des Artikels 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/ 391/ EWG) verstoßen, dass sie die Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen, in Bezug auf das Burgenland und das Bundesland Kärnten innerhalb der
vorgeschriebenen Frist nicht erlassen und hinsichtlich des Bundeslandes Niederösterreich der Kommission der Europäischen Gemeinschaften innerhalb dieser
Frist zumindest nicht mitgeteilt hat (EuGH, Urteil vom 24.05.2007 - C-359/06).
Arbeitnehmerfreizügigkeit - Übergangsregelungen
Am 05.04.2006 nahm das Plenum des Europäischen Parlaments eine von dem Abgeordneten Csaba Öry (EVP) eingebrachte Entschließung des Parlaments zu
den in den Beitrittsakten enthaltenen Übergangsregelungen zur Einschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern auf den EU-Arbeitsmärkten an. Die
Übergangsregelung erlaubt eine nationale zeitlich begrenzte Einschränkung der Freizügigkeit von Arbeitnehmern, wovon u.a. auch Deutschland gebraucht
gemacht hat. Nur Irland, das Vereinigte Königreich und Schweden haben ihre Arbeitsmärkte für Angehörige der neuen Mitgliedstaaten uneingeschränkt
geöffnet. Nach Auffassung des Parlaments verstoßen die Regelungen in manchen Mitgliedstaaten gegen den EG-Vertrag, da diese Regelungen teilweise
strenger seien, als die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages geltenden Einschränkungen. Zudem hätten die Einschränkungen zu mehr
Schwarzarbeit, Scheinselbständigkeit und zur Diskriminierung und Ausbeutung von Arbeitnehmern geführt.
Arbeitnehmer - hochqualifiziert
Siehe unter „Migration aus wirtschaftlichen Gründen".
Arbeitslosigkeit
Ist für den Erwerb des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit die Zurücklegung von Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten erforderlich, so sind
auch die Zeiten zu berücksichtigen, die in einem anderen oder mehreren anderen Mitgliedstaaten zurückgelegt wurden.
In der Regel muss der Antrag auf Arbeitslosenleistungen in dem Staat gestellt werden, in dem der Antragsteller zuletzt eine Tätigkeit ausgeübt hat.
Außerdem sind die Formalitäten zu erfüllen, die aufgrund der Vorschriften in Bezug auf Arbeitslosigkeit in dem Staat gelten, in dem die Leistungen beantragt werden.
Arbeitslosenleistungen können für die Dauer von drei Monaten unter folgenden Voraussetzungen in einem anderen Mitgliedstaat bezogen werden:
- Der Antragsteller bezieht seit mindestens vier Wochen Arbeitslosenleistungen in dem Mitgliedstaat, aus dem er ausreist. Dieser Zeitraum kann jedoch von der
zuständigen Arbeitsverwaltung gekürzt werden.
- Das Formblatt E 303 muss bei der zuständigen Stelle beantragt werden.
- Der Antragsteller muss sich innerhalb von sieben Werktagen nach seiner Ankunft als Arbeitsuchender bei der Arbeitsverwaltung des Staates, in den er sich
begeben hat, melden.
- Der Antragsteller muss sich dem Kontrollverfahren des Staates, in dem er sich aufhält, unterwerfen.
Nach Artikel 69 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 verliert der Arbeitslose „jeden Anspruch auf Leistungen nach den Rechtsvorschriften des zuständigen
Staates, wenn er nicht vor Ablauf dieses Zeitraums dorthin zurückkehrt".
Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigung
Siehe unter „Migration aus wirtschaftlichen Gründen".
Arbeits- und Tarifverträge
Bestimmungen von Arbeits- und Tarifverträgen sind nichtig, wenn sie Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit
diskriminieren (Art. 7 IV VO Nr. 1612/68). Diese Bestimmung hat horizontale Wirkung. Das bedeutet, dass sie auch unter Privatpersonen, insbesondere für
Arbeitgeber und Arbeitnehmer gilt.
Arbeitszeit - Bereitschaft - Ärzte
Siehe dazu http://www.kanzlei-doehmer.de/r93-104_1.htm.
***
Am 01.12.2005 bestätigte der EuGH mit seinem Urteil in der Rechtssache C-14/04, dass der Bereitschaftsdienst eines am Arbeitsort anwesenden
Arbeitnehmers vollständig als Arbeitszeit anzurechnen ist. Folglich ist die Zeit des Bereitschaftsdienstes im vollen Umfang bei der Ermittlung der zulässigen
Höchstarbeitszeit zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus der Richtlinie über die Arbeitszeitgestaltung 93/104/EG. Gleichzeitig stellt der EuGH fest, dass sich
die Frage der Vergütung der Arbeitszeit nach nationalem Recht richtet.
***
Die Kommission legte am 22. September 2004 den Vorschlag zur Aktualisierung der Richtlinie zur Arbeitszeitgestaltung vor, der insbesondere auf der
Mitteilung der Kommission vom 19. Mai 2004 basiert. Der neue Text hat das Ziel, Unklarheiten der aktuellen Richtlinie (Richtlinie 2003/88/EG) aus der Welt
zu schaffen und somit die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer weitgehender zu schützen. Es sollen insbesondere die Bestimmungen zu den
wöchentlichen Höchstarbeitszeiten (Bezugszeiträume und „Opt-out-Klausel", die es u. U. erlaubte, von der wöchentlichen Höchstarbeitszeit abzuweichen)
sowie die Anrechnung des Bereitschaftsdienstes als Arbeitszeit überprüft werden. Nach dem neuen Vorschlag würde die Zeit des Bereitschaftsdienstes, in der
tatsächlich nicht gearbeitet wird, auch nicht als Arbeitszeit gewertet werden, sofern die nationalen Regelungen oder die Tarifverträge nichts anderes bestimmen.
Die wöchentliche Höchstarbeitszeit eines Rettungssanitäters darf einschließlich der Arbeitsbereitschaftszeiten die laut der Richtlinie 93/104/EG vorgesehene
Grenze von 48 Stunden nicht überschreiten. Etwas anderes gelte nur bei einer ausdrücklichen individuellen Zustimmung des Arbeitnehmers. Es reicht nicht
aus, wenn nur im Tarifvertrag eine wöchentliche Höchstarbeitszeit von mehr als 48 Stunden vereinbart worden ist (EuGH, Urteil vom 05.10.2004, Rs.
C-397/01 / C-403/01).
Arbeitszeitrichtlinie
Eine nationale Rechtsvorschrift verstößt gegen Artikel 7 der Richtlinie 2003/88/EG verstößt, die erlaubt, dass während der Dauer des Arbeitsvertrags die Tage
des Mindesturlaubs, die nicht in einem bestimmten Jahr genommen werden, durch eine finanzielle Vergütung in einem späteren Jahr ersetzt werden. Derartige
finanzielle Entschädigungen würden einen mit der Richtlinie unvereinbaren Anreiz schaffen, auf den Erholungsurlaub zu verzichten. Auch eine vertragliche
Vereinbarung sei rechtswidrig, da die Arbeitszeitrichtlinie keine Abweichung von Artikel 7 zulasse. Die positive Wirkung des Jahresurlaubs für die Gesundheit
des Arbeitnehmers bleibe jedoch erhalten, wenn er diesen Urlaub zu einem späteren Zeitpunkt und nicht im laufenden Jahr nehme. Nur für den Fall, dass das
Arbeitsverhältnis beendet wird, könne der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden (EuGH, Entscheidung vom
06.04.2006 - C-124/05).
***
Eine Regelung verstößt gegen Artikel 7 der Richtlinie 93/104/EG (jetzt Art. 7 der RL 2003/88/EG), die das Entgelt für den Jahresurlaub in den Stunden- oder
Tageslohn miteinbezieht, anstatt diese Zahlung für einen bestimmten Urlaubsabschnitt zu leisten (rolled-up holiday pay"). So wird in der Zeit, in der der
Arbeitnehmer im Urlaub ist, kein zusätzliches Urlaubsgeld ausgezahlt. Ein solches System kann dazu führen, dass der Urlaub nicht genommen und damit der
bezahlte Mindestjahresurlaub durch eine finanzielle Vergütung ersetzt wird. Der Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub ist ein bedeutsamer
Grundsatz des Sozialrechts der Gemeinschaft, von dem nicht abgewichen werden darf. Dieser Anspruch ist deshalb auch vertraglich nicht abdingbar.
Hinsichtlich der Frage, wann das Entgelt für den Jahresurlaub zu zahlen sei, stellt der EuGH fest, dass die Richtlinie selbst keinen Zeitpunkt festlege, sondern
dies Sache der Mitgliedstaaten sei. Der Arbeitnehmer müsse jedoch während des Jahresurlaubs in Bezug auf das Entgelt in eine Lage versetzt werden, die
vergleichbar sei mit Zeiten, in denen er arbeite (EuGH, Entscheidung vom 16.03.2006 - C-131/04 und C-257/04).
Assoziierungsabkommen
Die Assoziierung ist ein besonderes vertragliches Verhältnis von Drittstaaten zur EU. Dieses Verhältnis wird vorwiegend aus handelspolitischen Erwägungen
eingegangen und ist als eine Art Vorstufe oder Ersatz des Beitritts zur EU anzusehen. Die Assoziierung wird durch ein so genanntes Assoziierungsabkommen
zwischen der EU und dem Drittland oder der assoziierten Organisation begründet. Seit der Einheitlichen Europäischen Akte (EEA) bedarf ein
Assoziierungsabkommen der Zustimmung des Europäischen Parlaments.
Informationen über die Assoziierung und andere Beziehungen zwischen der EU und einigen Drittländern sind dargestellt in den so genannten
Drittlandsüberblicken. Sie geben Auskunft über den rechtlichen, institutionellen und politischen Rahmen, über die finanzielle Unterstützung und über die
bilateralen Beziehungen zwischen den EU-Mitgliedstaaten und Drittländern.
Assoziierungsabkommen mit der Türkei
Artikel 6 Absatz 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/ 80 des Assoziationsrates EWG-Türkei vom 19. September 1980 über die Entwicklung der
Assoziation ist in dem Sinne auszulegen, dass sich ein türkischer Arbeitnehmer auf die ihm von dieser Vorschrift verliehenen Rechte nur berufen kann, wenn
seine Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis bei einem zweiten Arbeitgeber mit den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats
über die Einreise in dessen Hoheitsgebiet und über die Beschäftigung vereinbar ist. Es ist Sache des nationalen Gerichts, die erforderlichen Feststellungen zu
treffen, um zu klären, ob dies bei einem türkischen Arbeitnehmer, der vor Ablauf des in Artikel 6 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich dieses Beschlusses
vorgesehenen Dreijahreszeitraums den Arbeitgeber gewechselt hat, der Fall ist. Artikel 6 Absatz 2 Satz 2 des Beschlusses Nr. 1/ 80 ist in dem Sinne
auszulegen, dass Zeiträume der Unterbrechung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung wegen unverschuldeter Arbeitslosigkeit oder langer Krankheit die
Ansprüche, die ein türkischer Arbeitnehmer aufgrund vorher zurückgelegter Beschäftigungszeiten, deren Dauer jeweils in einem der drei Gedankenstriche des
Absatzes 1 dieses Artikels festgelegt ist, bereits erworben hat, nicht berühren (EuGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - C-4/05).
Asylverfahren
Der Rat nahm am 01.12.2005 eine Richtlinie an, in der EU-weit gleiche Mindestnormen für erstinstanzliche Asylverfahren festgelegt werden. Durch diese
Harmonisierung sollen Asylverfahren beschleunigt werden. Die Richtlinie sieht vor, dass alle ablehnenden Entscheidungen bezüglich eines Asylantrags einer
gerichtlichen Kontrolle unterzogen werden können. Allerdings konnten sich die 25 Mitgliedstaaten nicht über eine gemeinsame EU-Liste sicherer
Herkunftsländer einigen. Ob ein Drittstaat als sicherer Herkunftsstaat betrachtet wird, können die Mitgliedstaaten daher künftig weiterhin selbst bestimmen.
Sofern der Antragsteller keine stichhaltigen Gegenargumente vorbringt, gilt jedoch gemäß der Richtlinie die Vermutung, dass der Herkunftsstaat des
Antragstellers als sicherer Drittstaat betrachtet wird.
Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten".
Aufenthaltserlaubnis
Wanderarbeitnehmer erhalten eine deklaratorische Aufenthaltserlaubnis. Wanderarbeitnehmern dürfen Melde- und Ausweispflicht auferlegt werden (Art. 8 RL
68/360; § 9 AufenthaltsG/EWG).
In seinen am 25.10.2005 vorgelegten Schlussanträgen zum Vorabentscheidungsverfahren C-408/03 vertritt Generalanwalt Colomer die Auffassung, dass ein
Mitgliedsstaat gegen das Freizügigkeitsrecht aus Artikel 18 EG und die das Aufenthaltsrecht der Unionsbürger und ihrer Angehörigen regelnde Richtlinie
90/364/EWG verstößt, wenn er die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für einen Unionsbürger davon abhängig macht, dass dieser selbst über „ausreichende
persönliche Existenzmittel" verfügt. Nach Ansicht des Generalanwalts besteht ein Anspruch eines Unionsbürgers auf Aufenthaltserlaubnis auch dann, wenn ein
Dritter über ausreichende Mittel verfügt und dieser Dritte für den Unterhalt des Antragstellers aufzukommen hat. Des Weiteren liegt nach Auffassung des
Generalanwalts ein Verstoß gegen das Verhältnismäßigkeitsprinzip vor, wenn eine Ausweisung lediglich darauf gestützt wird, dass innerhalb einer bestimmten
Frist die Dokumente, die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erforderlich sind, nicht eingereicht wurden. Vielmehr müsse dem Antragssteller zunächst
eine Frist zur Behebung des Mangels gesetzt werden. Falls er dem nicht nachkommt, sollte nach Auffassung Colomers der Antrag auf Aufenthaltserlaubnis als
hinfällig betrachtet werden.
Aufenthaltsrecht
Arbeitnehmer aus Mitgliedsstaaten haben das Recht, sich im Beschäftigungsstaat aufzuhalten (s. Einreiserecht).
Aufenthalts- und Einreiserecht
Die Dienstleistungsfreiheit umfasst auch das Recht auf Einreise und den Aufenthalt im betreffenden Mitgliedsstaat zum Zweck und für die Dauer der Dienstleistung.
Die Arbeitsvisumsregelung, die Deutschland auf von anderen Mitgliedstaaten entsandte Drittstaatsangehörige anwendet, verstößt gegen die
Dienstleistungsfreiheit aus Art. 49 EG. Deutschland erteilt Drittstaatsangehörigen, die sich länger als drei Monate in Deutschland aufhalten wollen, aufgrund
eines Runderlasses nur dann das erforderliche Visum, wenn der Arbeitnehmer des Drittstaats mindestens seit einem Jahr bei dem entsendenden Unternehmen
beschäftigt ist. Der EuGH ist der Auffassung, dass mittels einer einfachen Erklärung des Unternehmens, dass der entsandte Arbeitnehmer im Entsendungsstaat
über eine ordnungsgemäße Aufenthaltgenehmigung und Arbeitserlaubnis verfügt sowie dort sozial abgesichert ist, die Dienstleistungsfreiheit weniger
beschränkt würde. Gleichzeitig würde hierdurch besser gewährleistet, dass die Entsendung rechtmäßig erfolgt, der Arbeitnehmer legal beschäftigt ist und seine
Haupttätigkeit in dem Mitgliedstaat ausübt, in dem das ihn entsendende Unternehmen ansässig ist (EuGH vom 19.01.2006 - C-244/04).
Aufschiebende Wirkung
Eine Aussetzung eines Verwaltungsaktes, der auf dem Gemeinschaftsrecht beruht, ist nach der Rechtsprechung des EuGH nur in engen Grenzen möglich:
- Es müssen erhebliche Bedenken im Hinblick auf die Rechtmäßigkeit des zugrundeliegenden Gemeinschaftsrechtsaktes bestehen.
- Die Aussetzung muss dringlich sein, weil dem Antragsteller ansonsten ein schwerer, nicht wieder gutzumachender Schaden droht, wobei reine
Vermögensschäden nicht ausreichen.
- Das Gemeinschaftsinteresse an der uneingeschränkten Wirkung des Gemeinschaftsrecht muss bei der Abwägung des nationalen Gerichts in vollem Umfang
berücksichtigt werden.
- Außerdem muss das Gericht bei der Prüfung aller dieser Voraussetzungen die Entscheidungen des Gerichtshofs oder des Gerichts der 1. Instanz über die
Rechtmäßigkeit der Verordnung oder einen Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes betreffend gleichartige einstweilige Anordnungen auf
Gemeinschaftsebene beachten.
Die Aussetzung eines auf Gemeinschaftsrechts beruhenden Verwaltungsaktes ist stets mit einer Vorlagepflicht (siehe dort) an den EuGH verbunden (Art. 234 EG).
Diese Grundsätze gelten für Entscheidungen nach § 80 VwGO und ebenso nach § 123 VwGO.
Ausfuhrbeschränkungen
Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedsstaaten verboten (Art. 29 EG). Es gelten die
gleichen Grundsätze wie für Einfuhrbeschränkungen (siehe dort).
Wichtig ist, dass von Art. 29 EG grundsätzlich nicht solche Maßnahmen erfasst werden, die unterschiedslos für auszuführende und nicht-auszuführende Waren
gelten und auch nicht den Zweck verfolgen, die Handelsströme zwischen den Mitgliedsstaaten zu regeln.
Zu beachten sind die Rechtfertigungsgründe (siehe dort) nach Art. 30 EG.
Ausländerrecht
Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 64/ 221/ EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung
der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit
gerechtfertigt sind, verstoßen, dass es auf Unionsbürger nicht diese Richtlinie angewandt hat, sondern eine allgemeine ausländerrechtliche Regelung, die es
ermöglicht, einen systematischen und automatischen Zusammenhang zwischen einer strafrechtlichen Verurteilung und einer Ausweisungsmaßnahme
herzustellen (EuGH, Urteil vom 07.06.2007 - C-50/06).
Auslegungsmethode
Nach der Rechtssprechung des EuGH ist eine dynamische, an den Vertragszielen und der praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts orientierte
Interpretationsmethode anzuwenden. Die Ermächtigungsnormen des EG werden regelmäßig weit ausgelegt. Richterliche Rechtsfortbildung ist zulässig, um das
Gemeinschaftsrecht fortzubilden und Lücken des Gemeinschaftsrechts zu schließen. Eine einzelne Bestimmung, die Aufgaben und Befugnisse zuweist, darf mit
Blick auf die Vertragsziele ausgelegt werden. Das Vertragsziel selbst genügt jedoch nicht, um Aufgaben und Befugnisse zu begründen oder zu erweitern
(BVerfG NJW 1993, 3047, 3057). Die Grenze zwischen einer Rechtsfortbildung innerhalb der Verträge und einer vom geltenden Vertragsrecht nicht gedeckten
Rechtssetzung muss beachtet werden (vgl. Art. 48, 42 EU).
Auslegungsmonopol
Der EuGH besitzt das "Entscheidungsmonopol" hinsichtlich der letztverbindlichen Auslegung des gesamten Gemeinschaftsrechts und der Verwerfung
sekundären Gemeinschaftsrechts (Art. 234 III EG). Ein mitgliedsstaatliches Gericht ist nicht befugt, selbstständig die Nichtigkeit eines
Gemeinschaftsrechtsaktes festzustellen (Art. 234 I b EG).
Außenbeziehungen
Siehe unter „Generaldirektion".
Außenkompetenz der Gemeinschaft
Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 EG verletzt, dass sie
- das am 22. Oktober 1991 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Rumäniens über
die Binnenschifffahrt,
- das am 8. November 1991 in Warschau unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik
Polen über die Binnenschifffahrt und
- das am 14. Juli 1992 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Ukraine über die Binnenschifffahrt
ratifiziert und in Kraft gesetzt hat, ohne mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten oder sich mit ihr abzustimmen (EuGH,
Urteil vom 14.07.2005 - C-433/03).
Ausschließliche Kompetenz
Von der ausschließlichen Kompetenz der EG ist auszugehen, wenn eine vollständige Zuständigkeitsübertragung auf die Gemeinschaft erfolgt ist (Art. 26, 133
EG). Die EG ist in diesem Fall allein zur Rechtssetzung befugt. Die Mitgliedsstaaten dürfen auf dem betreffenden Gebiet nicht mehr tätig werden, es sei denn,
sie werden ausdrücklich dazu ermächtigt.
Handlungsspielraum haben die Mitgliedsstaaten ausnahmsweise, wenn die Gemeinschaft von ihrer Kompetenz keinen Gebrauch macht.
Ausnahmen der ausschließlichen Gemeinschaftskompetenz ergeben sich aus Art. 296 I, 297 EG.
Siehe auch unter „konkurrierende Kompetenz".
Ausschreibung
Siehe unter „Öffentliche Aufträge - Ausschreibung".
Ausschuss der Regionen
Durch den EU(-Vertrag) wurde ein Ausschuss der Regionen (AR) gebildet (Art.7 II, 263 ff. EG). Mithilfe des Ausschusses sollen die Interessen staatlicher
Untergliederungen gestärkt werden. Es handelt sich um einen ständigen, beratenden Ausschuss. Er hat die Aufgabe, den Rat und die Kommission durch die
Abgabe von Stellungnahmen zu unterstützen (Art. 7 II, 263, 265 EG). In einigen Fällen ist die Anhörung des Ausschusses der Regionen im
Rechtssetzungsverfahren obligatorisch vorgeschrieben (zum Beispiel Art. 137 II, III, 175 I-III EG). In diesen Fällen ist die Anhörung des Ausschusses der
Regionen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den betreffenden Rechtsakt.
Der AR setzt sich aus Vertretern lokaler und regionaler Gebietskörperschaften (Länder, Gemeinden) zusammen, die vom Rat auf Vorschlag der
Mitgliedsstaaten ernannt werden (Art. 263 I, III EG).
Ausschuss der "Ständigen Vertreter"
Es besteht ein Ausschuss der "Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten" (Art. 207 I EG). Dieser hat die Aufgabe, die Entscheidungen des Rates vorzubereiten
und die Aufträge des Rates auszuführen. Eigene Rechtssetzungsbefugnisse stehen ihm grundsätzlich nicht zu.
Der Ausschuss der "Ständigen Vertreter" hat die Aufgabe, die Entscheidungen des Rates vorzubereiten und die Aufträge des Rates auszuführen. Schon auf
dieser Ebene kann ein Einvernehmen über eine gemeinschaftsrechtliche Regelung erzielt werden, die später vom Rat ohne weitere Verhandlungen formell
angenommen wird.
Ausschluss von Diskriminierungen
Siehe unter „Warenverkehrsfreiheit - Ausschluss von Diskriminierungen".
Austauschprogramme (ERASMUS/SOKRATES)
Die Staaten der Europäischen Gemeinschaft ermöglichen es ihren Bürgern über Austauschprogramme (ERASMUS/SOKRATES: Schüler- und
Studentenaustausch) die Mitgliedsländer im Rahmen eines mehrmonatigen Austausches/Studienaufenthaltes kennen zu lernen.
Austritt aus der Union
Streitig ist, ob eine einseitige Beendigung der Mitgliedschaft in der Europäischen Union möglich ist. Die Verträge enthalten keine Bestimmungen über den
Austritt aus der Union oder die Kündigung der Mitgliedschaft. Es gibt daher Meinungen, die vertreten, dass eine einseitige Beendigung der Mitgliedschaft
grundsätzlich ausgeschlossen sei.
Nach anderer Ansicht soll ein Austritt eines Mitgliedsstaates nach allgemeinen Regeln des Völkerrechts möglich sein.
Im Ernstfall könnte ein Austritt aus der Union faktisch nicht verhindert werden. Denkbar wäre, dass gegen den Mitgliedsstaat, der einseitig die EU verlassen
will, ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet wird (vgl. Art. 226 EG). Im Übrigen würden nur Repressalien nach allgemeinen völkerrechtlichen
Grundsätzen in Betracht kommen.
Unzweifelhaft ist, dass der Austritt eines Mitgliedsstaats im gegenseitigen Einvernehmen mit den anderen Mitgliedsstaaten möglich ist.
Ausübung öffentlicher Gewalt
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Ausübung öffentlicher Gewalt".
Ausweisung
Der EuGH entschied am 07.07.2005 im Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Freiburg (C-373/03) über das Aufenthaltsrecht eines türkischen
Staatsangehörigen entschieden, der gem. Art. 6 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei ein Recht auf freien Zugang zu einer von ihm
gewählten Beschäftigung durch seine Eigenschaft als Kind eines dem regulären Arbeitsmarkt angehörenden türkischen Arbeitnehmers erworben hat.
Sein Aufenthaltsrecht bleibt selbst bei einer mehrjährigen Inhaftierung mit anschließender Langzeitdrogentherapie bestehen und auch dann, wenn der
Betreffende zum Zeitpunkt der Ausweisungsentscheidung volljährig ist und seinen Wohnsitz nicht mehr bei dem türkischen Arbeitnehmer hat, von dem er sein
Aufenthaltsrecht ursprünglich abgeleitet hat.
B
Bandenwerbung für alkoholische Getränke
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit".
Baugewerbe - Mindestlohn
Die deutschen Behörden müssen bei der Berechnung des Mindestlohns im Baugewerbe nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) nicht sämtliche
Zulagen, die ein Arbeitgeber eines anderen Mitgliedstaats für seinen nach Deutschland entsandten Arbeitnehmer entrichtet, berücksichtigen. Dies gilt
zumindest für Zulagen an den Arbeitnehmer für eine Mehrarbeit, wie z.B. Überstunden, Nachtschichten und Qualitätsprämien. Aus dem Sinn und Zweck der
Richtlinie 96/71 über die Entsendung von Arbeitnehmern, die durch das AEntG umgesetzt wird, ist zu folgern, dass dem Arbeitnehmer, der auf Verlangen des
Arbeitgebers ein Mehr an Arbeit oder Arbeitsstunden unter besonderen Bedingungen leistet, einen Ausgleich für diese zusätzliche Leistung zusteht, ohne dass
dieser bei der Berechnung des Mindestlohns berücksichtigt wird. Anders ist dies jedoch bei Zuschlägen, die unabhängig von der Leistung des Arbeitsnehmers
gezahlt werden, wie etwa das Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Diese leistungsunabhängigen, von Arbeitgebern aus anderen Mitgliedstaaten entrichteten Zulagen
müssen bei der Mindestlohnberechnung berücksichtigt werden. Der EuGH stellte bei den im Merkblatt zum AEntG enthaltenen Vorschriften einen Verstoß
gegen Art. 3 der Richtlinie 96/71 fest, da derartige entrichtete Zulagen in diesem Merkblatt keine Berücksichtigung fanden. Deutschland hatte zwar in der
Zwischenzeit Änderungen seiner Regelungen vorgenommen und weitere Anpassungen angekündigt, die zu einer Vereinbarkeit des AEntG mit dem
Gemeinschaftsrecht führen. Da diese Änderungen jedoch nach Ablauf einer von der Europäischen Kommission gesetzten Frist erfolgt waren, konnten sie im
Verfahren vor dem EuGH nicht beachtet werden (EuGH, Urteil vom 14.04.2005 - Vertragsverletzungsverfahren der Europäischen Kommission ./. Deutschland
- C-341/02).
Beamte - Zurechenbarkeit von Äußerungen - Haftung
Die Äußerungen eines Beamten sind dem Staat zurechenbar, wenn aufgrund ihrer Form und der Umstände bei den Empfängern der Äußerungen der Eindruck
entsteht, dass es sich um offizielle staatliche Verlautbarungen und nicht um die private Meinung des Beamten handelt. Um Äußerungen eines Beamten dem
Staat zurechnen zu können, kommt es entscheidend darauf an, ob die Empfänger dieser Äußerungen den Umständen nach annehmen dürfen, dass der Beamte
diese Äußerungen mit Amtsautorität macht. Sofern die Äußerungen eines Beamten, die eine Maschine, deren Übereinstimmung mit der Richtlinie bestätigt
wurde, als gegen die für sie geltende harmonisierte Norm verstoßend und gefährlich darstellen, dem Staat zurechenbar sind, verletzen sie Art. 4 Abs. 1 der
Richtlinie 98/ 37/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten für Maschinen. Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann eine Verletzung von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/ 37 durch das
Verhalten eines Beamten, sofern es dem Mitgliedstaat, dem er angehört, zurechenbar ist, weder mit dem Gesundheitsschutz noch mit der
Meinungsäußerungsfreiheit der Beamten gerechtfertigt werden. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/ 37 ist dahin auszulegen, dass er unter den vorliegenden
Umständen im Fall von Maschinen, die richtlinienkonform sind oder deren Konformität vermutet wird, Einzelnen Rechte verleiht und den Mitgliedstaaten
keinen Gestaltungsspielraum einräumt. Die Nichtbeachtung dieser Bestimmung durch Äußerungen eines Beamten eines Mitgliedstaats stellt, sofern sie diesem
Staat zurechenbar sind, einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht dar, um die Haftung dieses Staats auszulösen. Es ist
gemeinschaftsrechtlich nicht zu beanstanden, dass im nationalen Recht eines Mitgliedstaats besondere Voraussetzungen für den Ersatz von anderen Schäden als
Personen- und Sachschäden vorgesehen werden, sofern sie so ausgestaltet sind, dass sie eine Entschädigung für den Schaden, der durch eine Verletzung des
Gemeinschaftsrechts entstanden ist, nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren. Im Fall eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht
steht dieses der Möglichkeit der Haftung eines Beamten neben derjenigen des Mitgliedstaats nicht entgegen, verlangt sie aber nicht (EuGH, Urteil vom
17.04.2007 - C-470/03).
Begründungspflicht
Die verbindlichen Rechtsakte der Gemeinschaft (Verordnung, Richtlinie, Entscheidung) müssen mit Gründen versehen werden. Sie haben auf die vertraglich
einzuholenden Vorschläge (der Kommission) oder Stellungnahmen (z.B. des EP, WSA oder AR) Bezug zu nehmen (Art. 253 EG). In dem betreffenden
Rechtsakt muss grundsätzlich auch die Ermächtigungsgrundlage angegeben werden.
Bei Rechtsakten der Gemeinschaft, die einen Sachverhalt detailliert regeln (= Entscheidung), sind an die Begründung höhere Anforderungen zu stellen als bei
Rechtsakten, die allgemein gefasst werden (= Verordnung, Richtlinie). Es müssen nicht alle rechtlichen Gesichtpunkte genannt werden. Ausreichend ist die
Darlegung der wesentlichen Erwägungen. Es reicht nicht aus, wenn ein Rechtsakt lediglich auf die zugrunde liegende Ermächtigungsnorm verweist oder aber
die vertragliche Ermächtigungsnorm unklar bleibt.
Es kann eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften vorliegen, wenn der Rechtsakt unzureichend begründet worden ist. In diesem Fall kann der EuGH den
Rechtsakt für nichtig erklären (Art. 230 II EG).
Behandlungskosten im Ausland
Die Sozialversicherungsträger eines Mitgliedstaats, die einer in diesem Mitgliedstaat versicherten Person die Formblätter E-111 und E-112 gemäß Art. 22
Abs.1a und c der Verordnung 1408/71 und Art. 22 Abs.1 und 3 der Verordnung 574/72 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit ausgestellt
haben, an die ärztliche Diagnose, die in einem anderem Mitgliedstaat gestellt wurde, gebunden sind. Zudem sind die Sozialversicherungsträger des
Mitgliedstaats, in dem die Person versichert ist, zur Erstattung der auf dieser Diagnose beruhenden Behandlungskosten im Ausland verpflichtet, soweit diese
nach den Vorschriften des Versicherungsstaats erstattungspflichtig sind. Dies gilt selbst dann, wenn die Ärzte des Mitgliedstaats, in dem die Diagnose gestellt
wurde, eine Behandlung in einem Drittstaat als erforderlich ansehen. Die Bindungswirkung resultiert aus dem in den Verordnungen geregelten Grundsatz der
Aufgabenverteilung zwischen den Trägern der Sozialsysteme der Mitgliedstaaten untereinander. Im vorliegenden Fall wurde bei einer in Spanien lebenden
deutschen Staatsbürgerin während eines Besuchs in Deutschland eine lebensgefährliche Krankheit festgestellt, die eine Behandlung in der Schweiz erforderte.
Die von Frau Keller beantragte Erstattung der in der Schweiz entstandenen Kosten war jedoch von dem spanischen Sozialversicherungsträger abgelehnt worden
(EuGH vom 12.04.2005, Erben der Annette Keller ./. Instituto Nacional de Gestión Sanitaria - Rs. C-145/03).
Beihilfen im Verkehrswesen
Siehe unter „Diskriminierung im Verkehrswesen - Beihilfen"
Beihilfen - Unzulässigkeit von Beihilfen aus staatlichen Mitteln Art. 87 EG
(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die
Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt
unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen.
(2) Mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind:
a) Beihilfen sozialer Art an einzelne Verbraucher, wenn sie ohne Diskriminierung nach der Herkunft der Waren gewährt werden;
b) Beihilfen zur Beseitigung von Schäden, die durch Naturkatastrophen oder sonstige außergewöhnliche Ereignisse entstanden sind;
c) Beihilfen für die Wirtschaft bestimmter, durch die Teilung Deutschlands betroffener Gebiete der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie zum Ausgleich der
durch die Teilung verursachten wirtschaftlichen Nachteile erforderlich sind.
(3) Als mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar können angesehen werden:
a) Beihilfen zur Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung von Gebieten, in denen die Lebenshaltung außergewöhnlich niedrig ist oder eine erhebliche
Unterbeschäftigung herrscht;
b) Beihilfen zur Förderung wichtiger Vorhaben von gemeinsamen europäischen Interesse oder zur Behebung einer beträchtlichen Störung im Wirtschaftsleben
eines Mitgliedstaats;
c) Beihilfen zur Förderung der Entwicklung gewisser Wirtschaftszweige oder Wirtschaftsgebiete, soweit sie die Handelsbedingungen nicht in einer Weise
verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
d) Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Gemeinschaft
nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft;
e) sonstige Arten von Beihilfen, die der Rat durch eine Entscheidung mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission bestimmt.
Beihilfen - staatliche
Artikel 87 EG bestimmt:
"(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist, sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die durch die
Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt
unvereinbar, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen …"
Artikel 88 EG sieht vor:
"(1) Die Kommission überprüft fortlaufend in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten die in diesen bestehenden Beihilferegelungen. Sie schlägt ihnen die
zweckdienlichen Maßnahmen vor, welche die fortschreitende Entwicklung und das Funktionieren des Gemeinsamen Marktes erfordern.
(2) Stellt die Kommission fest, nachdem sie den Beteiligten eine Frist zur Äußerung gesetzt hat, dass eine von einem Staat oder aus staatlichen Mitteln
gewährte Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt nach Artikel 87 unvereinbar ist oder dass sie missbräuchlich angewandt wird, so entscheidet sie, dass der
betreffende Staat sie binnen einer von ihr bestimmten Frist aufzuheben oder umzugestalten hat …"
Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 659/ 1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88 EG]
(ABl. L 83, S. 1) lautet:
"(1) Vertritt die Kommission die Auffassung, dass die von dem betreffenden Mitgliedstaat vorgelegten Informationen … unvollständig sind, so fordert sie alle
sachdienlichen ergänzenden Auskünfte an. Hat ein Mitgliedstaat auf ein derartiges Ersuchen geantwortet, so unterrichtet die Kommission den Mitgliedstaat
vom Eingang der Antwort.
(2) Wird eine von dem betreffenden Mitgliedstaat verlangte Auskunft innerhalb der von der Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt,
so übermittelt die Kommission ein Erinnerungsschreiben, in dem sie eine zusätzliche Frist für die Auskunftserteilung festsetzt. …"
Artikel 6 der Verordnung Nr. 659/ 1999 sieht vor:
"(1) Die Entscheidung über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens enthält eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine
vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der geplanten Maßnahme durch die Kommission und Ausführungen über ihre Bedenken hinsichtlich der
Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt. Der betreffende Mitgliedstaat und die anderen Beteiligten werden in dieser Entscheidung zu einer Stellungnahme
innerhalb einer Frist von normalerweise höchstens einem Monat aufgefordert. In ordnungsgemäß begründeten Fällen kann die Kommission diese Frist
verlängern. …"
Artikel 10 der Verordnung Nr. 659/ 1999 lautet:
"(1) Befindet sich die Kommission im Besitz von Informationen gleich welcher Herkunft über angebliche rechtswidrige Beihilfen, so prüft sie diese
Informationen unverzüglich.
(2) Gegebenenfalls verlangt die Kommission von dem betreffenden Mitgliedstaat Auskünfte. In diesem Fall [gilt] Artikel 5 Absätze 1 und 2 entsprechend.
(3) Werden von dem betreffenden Mitgliedstaat trotz eines Erinnerungsschreibens nach Artikel 5 Absatz 2 die verlangten Auskünfte innerhalb der von der
Kommission festgesetzten Frist nicht oder nicht vollständig erteilt, so fordert die Kommission die Auskünfte durch Entscheidung an (nachstehend 'Anordnung
zur Auskunftserteilung' genannt). Die Entscheidung bezeichnet die angeforderten Auskünfte und legt eine angemessene Frist zur Erteilung dieser Auskünfte fest."
Artikel 13 Absatz 1 der Verordnung Nr. 659/ 1999 sieht vor:
"Nach Prüfung einer etwaigen rechtswidrigen Beihilfe ergeht eine Entscheidung nach Artikel 4 Absätze 2, 3 oder 4. Bei Entscheidungen zur Eröffnung eines
förmlichen Prüfverfahrens wird das Verfahren durch eine Entscheidung nach Artikel 7 abgeschlossen. Bei Nichtbefolgung der Anordnung zur
Auskunftserteilung wird die Entscheidung auf der Grundlage der verfügbaren Informationen erlassen."
Artikel 14 der Verordnung Nr. 659/ 1999 bestimmt:
"(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen
Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend 'Rückforderungsentscheidung' genannt). Die Kommission verlangt nicht
die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.
(2) Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten
angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer
tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.
(3) Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nach Artikel [242 EG] erfolgt die Rückforderung unverzüglich und
nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht
wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Gemeinschaftsrechts
alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen."
Ferner bestimmt Artikel 16 der Verordnung Nr. 659/ 1999, der die Überschrift "Missbräuchliche Anwendung von Beihilfen" trägt:
"Unbeschadet des Artikels 23 kann die Kommission bei missbräuchlicher Anwendung von Beihilfen das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 4 Absatz 4
eröffnen, wobei die Artikel 6, 7, 9 und 10 sowie Artikel 11 Absatz 1 und die Artikel 12, 13, 14 und 15 entsprechend gelten."
***
Artikel 2 Absatz 3 der Entscheidung 2000/ 796/ EG der Kommission vom 21. Juni 2000 über Beihilfen Deutschlands zugunsten der CDA Compact Disc
Albrechts GmbH, Thüringen, wird für nichtig erklärt (EuG, Urteil vom 19. 10. 2005 - T-324/00).
***
Eine Beihilferegelung für den Schiffbau und den Schiffsumbau wie die durch das Dekret Nr. 217/ 1994 eingeführte, die nicht vom Anwendungsbereich der
Richtlinie 90/ 684/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1990 über Beihilfen für den Schiffbau erfasst wird, ist, wenn feststeht, dass diese Regelung von sich aus
zur Gewährung staatlicher Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG) führen kann, der Kommission
nach Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 3 EG) vorher zu notifizieren. Es ist Sache des nationalen Gerichts, bei Missachtung dieser
Bestimmung daraus die Schlussfolgerungen nach nationalem Recht zu ziehen, und zwar sowohl für die Gültigkeit von Handlungen zur Durchführung der
Beihilfemaßnahmen als auch für die Einziehung der unter Verstoß gegen diese Bestimmung gewährten finanziellen Unterstützungen (EuGH, Urteil vom
21.07.2005 - C-71/04).
***
Die Entscheidung 2000/ 796/ EG der Kommission vom 21. Juni 2000 über Beihilfen Deutschlands zugunsten der CDA Compact Disc Albrechts GmbH,
Thüringen, wird für nichtig erklärt, soweit
- Artikel 1 Absatz 1 in die Beihilfen, die der R. E. Pilz GmbH & Co. Beteiligungs KG, der Pilz & Robotron GmbH & Co. Beteiligungs KG und der Pilz
Albrechts GmbH zum Zweck der Errichtung, des Betriebes und der Konsolidierung der CD-Fabrik in Albrechts (Thüringen) gewährt wurden, einen Betrag von
54, 7 Mio. DM aufgrund der Bürgschaft des Freistaats Bayern, einen Betrag von 3 Mio. DM aufgrund des Forderungsverzichts und einen Betrag von 63, 45
Mio. DM aufgrund der vom Freistaat Thüringen gewährten Investitionszuschüsse und -zulagen mit einbezieht;
- Artikel 1 Absatz 2 in die für die Umstrukturierung der CDA Compact Disc Albrechts GmbH gewährte Beihilfe einen Betrag von 33 Mio. DM aufgrund des
Erwerbs der Anteile an der PA/ CD Albrechts und einen Betrag von 21, 3 Mio. DM aufgrund der Zinsvorteile mit einbezieht;
- in Artikel 1 Absatz 2 festgestellt wird, dass der Kaufpreis von 3 Mio. DM und das von der LfA gewährte Darlehen von 15 Mio. DM eine Beihilfe "für die
Umstrukturierung der CDA Compact Disc Albrechts GmbH" darstellen;
- in Artikel 2 die Rückforderung der in Artikel 1 der Entscheidung genannten Beihilfen von der CDA Datenträger Albrechts GmbH und der LCA Logistik
Center Albrechts GmbH sowie von allen anderen Unternehmen angeordnet wird, auf die Vermögensgegenstände und/ oder Infrastruktur von der R. E. Pilz
GmbH & Co. Beteiligungs KG, der Pilz & Robotron GmbH & Co. Beteiligungs KG oder der Pilz Albrechts GmbH übertragen worden sind oder so übertragen
werden, dass die Folgen dieser Entscheidung umgangen werden (EuG, Urteil vom 19. 10. 2005 - T-318/00).
Siehe unter "Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger Beihilfen".
Beihilfen - Entlastungen und Rückvergütungen Art. 92 EG
Für Abgaben außer Umsatzsteuern, Verbrauchsabgaben und sonstigen indirekten Steuern sind Entlastungen und Rückvergütungen bei der Ausfuhr nach
anderen Mitgliedstaaten sowie Ausgleichsabgaben bei der Einfuhr aus den Mitgliedstaaten nur zulässig, soweit der Rat sie vorher mit qualifizierter Mehrheit
auf Vorschlag der Kommission für eine begrenzte Frist genehmigt hat.
Beihilfen - Rückzahlung
Wenn die Bedingungen für die Gewährung eines einem Mitgliedstaat von der Gemeinschaft gewährten Zuschusses in der Zuschussentscheidung genannt sind,
jedoch weder veröffentlicht noch dem Endbegünstigten des Zuschusses von diesem Mitgliedstaat mitgeteilt wurden, steht das Gemeinschaftsrecht dem nicht
entgegen, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit angewandt wird, um die Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Beträgen vom Begünstigten
auszuschließen, wenn dessen guter Glaube nachgewiesen ist. In einem solchen Fall kann der betroffene Mitgliedstaat für die nicht wieder eingezogenen Beträge
haftbar gemacht werden, damit das Recht der Gemeinschaft auf Rückzahlung des Beihilfebetrags effektiv wird (EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-158/06).
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In einem Fall, in dem wegen einer Überschreitung der ermittelten Fläche im Sinne von Artikel 9 Absatz 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/ 92 der
Kommission vom 23. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen zum integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche
Beihilferegelungen um mehr als 20 % die Rückzahlung des gesamten Betrages der ursprünglich gewährten gemeinschaftlichen Beihilfe zuzüglich Zinsen
verlangt wird, obgleich der betroffene Wirtschaftsteilnehmer geltend macht, dass die Beihilfe nach Artikel 31 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 2419/ 2001
der Kommission vom 11. Dezember 2001 mit Durchführungsbestimmungen zum mit der Verordnung (EWG) Nr. 3508/ 92 des Rates eingeführten integrierten
Verwaltungs- und Kontrollsystem für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen nur um einen geringeren Betrag zu kürzen wäre, ist Artikel 2 Absatz 2
Satz 2 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/ 95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen
Gemeinschaften nicht anwendbar (EuGH, Urteil vom 04.05.2006 - C-286/05).
Beitritt zur Union
Jeder europäische Staat kann beantragen, Mitglied der EU zu werden (Art. 49 I 1 EU). Der beitrittswillige Staat muss die in Art. 6 I EU genannten
demokratischen und rechtsstaatlichen Prinzipien achten.
Das Beitrittsverfahren ergibt sich aus Art. 49 I 2, II EU.
Den Beitritt gehen regelmäßig Assoziierungsabkommen heraus (vgl. Art. 310 EG). Voraussetzung für den Beitritt ist die Übernahme des gesamten bisherigen
Gemeinschaftsrecht. Dieser Bestand wird auch "gemeinschaftlicher Besitzstand" oder "acquis communautaire" genannt.
Beratungsbefugnis des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament darf über alle die Europäische Union betreffenden Fragen beraten. Es ist berechtigt, eine Frage zu erörtern, einen einheitlichen
Willen zu bilden und diesen kundzutun. Dies kann in einer Erklärung des Europäischen Parlaments geschehen.
Bereitschaftsdienst
Siehe unter „Arbeitszeit - Bereitschaft - Ärzte".
Beschränkungsverbot
Siehe unter „Allgemeines Beschränkungsverbot".
Beschwerdestellen
Siehe unter „Zahlungsverkehr".
Bestandskraft eines nationalen Verwaltungsaktes
Im Vorabentscheidungsverfahren Kühne & Heitz NV (Rechtssache C-453/00) hat der Europäische Gerichtshof entschieden, dass eine bereits bestandskräftige
nationale Verwaltungsentscheidung bei Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen zurückzunehmen ist. Aus Gründen
der Rechtssicherheit verlange das Recht zwar nicht, dass eine Verwaltungsbehörde grundsätzlich verpflichtet ist, eine Verwaltungsentscheidung, die
bestandskräftig geworden ist, zurückzunehmen. Hiervon sei aber eine Ausnahme zu machen, wenn erstens die Behörde nach nationalem Recht auch befugt ist,
diese Entscheidung zurückzunehmen, zweitens die Entscheidung infolge eines letztinstanzlichen Urteils bestandskräftig geworden ist, sich drittens aufgrund
einer nachgehenden Entscheidung des Gerichtshofes herausstellt, dass die Verwaltungsentscheidung auf einer unrichtigen Auslegung des Gemeinschaftsrechts
beruht und der Betroffene sich viertens unmittelbar nach der Kenntnis von der besagten Entscheidung an die Verwaltungsbehörde wendet. Die Klägerin des
Ausgangsrechtsstreites hatte vergeblich gegen die Festsetzung eines Zolltarifs auf ausgeführte Geflügelteile geklagt, obwohl hier - wie sich erst nachträglich
aufgrund einer späteren Entscheidung des EuGH herausstellte - anders hätte entschieden werden müssen. Die Entscheidung finden Sie durch Eingabe des
Aktenzeichens unter http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de.
Beweisaufnahmeverordnung
Die Kommission hat am 20.03.2006 einen Praktischen Leitfaden für die Anwendung der am 01.01.2004 in Kraft getretenen Verordnung über die
Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen veröffentlicht, die für alle Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks gilt. Die Verordnung enthält
verfahrensrechtliche Vorschriften, mit denen die Beweisaufnahme in einem anderen Mitgliedstaat erleichtert werden soll. Dies soll durch zwei unterschiedliche
Verfahren der Beweisaufnahme erreicht werden: dem Ersuchen des ersuchenden Gerichts an das zuständige Gericht und der unmittelbaren Beweisaufnahme
durch das ersuchende Gericht. Beide Verfahren werden in dem Leitfaden detailliert erklärt und durch Schaubilder (Anhang I-III) veranschaulicht.
Binnenmarkt
Der Europäische Binnenmarkt trat am 01.01.1993 in Kraft (vgl. Art. 14 I EG). Der Binnenmarkt umfasst einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie
Verkehr von Waren, Personen, Dienstleistungen und Kapital gewährleistet ist (Art. 14 II EG).
Binnenhandel
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Binnenmarkt", „http://cms.ihksaarland.de und „http://www.wuerzburg.ihk.de".
Briand, Aristide
Siehe unter „Europaplan".
Briefkastenfirma
In den Genuss der Niederlassungsfreiheit kommen auch Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz rein fiktiv in einem Mitgliedstaat haben, ihre
Hauptverhandlung sich dagegen in einem Drittstaat befindet. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es nicht notwendig, dass der tatsächliche Schwerpunkt der
wirtschaftlichen Tätigkeit in einem Mitgliedstaat liegt.
Dementsprechend können amerikanische Staatsangehörige eine Gesellschaft in Amsterdam nach niederländischen Recht gründen und als satzungsmäßigen Sitz
die Niederlande angeben.
Ebenso kann ein dänisches Ehepaar in Großbritannien eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gründen, die auch dort ihren satzungsmäßigen Sitz hat. Nach
britischem Recht ist bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung die Einzahlung eines Mindestgesellschaftskapitals nicht vorgeschrieben. Das dänische
Recht verlangt dagegen die Einzahlung von 200.000 DKR.
Ein Mitgliedsstaat, der die Eintragung der Zweigniederlassung einer Gesellschaft verweigert, die in einem anderen Mitgliedsstaat, in dem sie ihren Sitz hat,
rechtmäßig errichtet worden ist, aber keine Geschäftstätigkeit entfaltet, verstößt gegen die Art. 52 und 58 EG, wenn die Zweigniederlassung es der Gesellschaft
ermöglichen soll, ihre gesamte Geschäftstätigkeit in dem Staat auszuüben, in dem diese Zweigniederlassung errichtet wird, ohne dort eine Gesellschaft zu
errichten und damit das dortige Recht über die Errichtung von Gesellschaften zu umgehen, das höhere Anforderungen an die Einzahlung des
Mindestgesellschaftskapitals stellt. Diese Auslegung schließt jedoch nicht aus, dass die Behörden des betreffenden Mitgliedsstaats alle geeigneten Maßnahmen
treffen können, um Betrügereien zu verhindern oder zu verfolgen. Das gilt sowohl gegebenenfalls im Zusammenwirken mit dem Mitgliedsstaat, in dem sie
errichtet wurde, gegenüber der Gesellschaft selbst als auch gegenüber den Gesellschaftern, wenn diese sich mittels der Errichtung der Gesellschaft ihren
Verpflichtungen gegenüber inländischen privaten und öffentlichen Gläubigern entziehen möchten (EuGH MDR 1999, 752).
Siehe auch unter „Kapitalgesellschaft".
Bundesrat
Nach Art. 23 II GG ist eine Mitwirkung der Länder durch den Bundesrat in Angelegenheiten der EU vorgesehen. Damit sollen Kompetenzverluste zugunsten
der EU ausgeglichen werden. Die Bundesregierung ist verpflichtet, den Bundesrat umfassend und zum frühstmöglichen Zeitpunkt über alle europarelevanten
Maßnahmen zu unterrichten (Art. 23 II 2 GG). Der Bundesrat ist an der Willensbildung der Bundesregierung zu beteiligen, wenn er an einer entsprechenden
innerstaatlichen Maßnahme mitzuwirken hätte oder die Bundesländer innerstaatlich zuständig wären (Art. 23 IV, 70 ff. GG).
Wenn ein Rechtsakt der EU geplant ist, müssen die Bundesländer beteiligt werden, falls hinsichtlich des zu regelnden Sachgebiets ihre Zuständigkeit im
innerstaatlichen Bereich gegeben wäre oder wenn für eine entsprechende innerstaatliche Maßnahme ein Gesetzgebungsakt erforderlich wäre (Art. 23 IV - VI GG).
Bundestag
Der Bundestag wirkt in Angelegenheiten der EU mit (Art. 23 II 1 GG). Die Bundesregierung ist verpflichtet, den Bundestag zum frühstmöglichen Zeitpunkt
über Vorhaben der EU zu unterrichten (Art. 23 II 2 GG). Die Bundesregierung ist verpflichtet, dem Bundestag Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu geben,
wenn es um die Mitwirkung an Rechtsetzungsakten der EU geht (Art. 23 III 1 GG). Die Stellungnahme des Bundestages muss bei den Verhandlungen im Rat
von der Bundesregierung berücksichtigt werden (Art. 23 III 2 GG). Es gibt einen Ausschuss des Bundestages für Angelegenheiten der EU, der die Rechte aus
Art. 23 III GG wahrnimmt (Art. 45 GG).
Bürgerbeauftragter
Der Bürgerbeauftragte ist befugt, Beschwerden von jedem Bürger der Union oder von jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnort oder
satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedsstaat über Missstände bei der Tätigkeit der Organe oder Instituion der Gemeinschaft, mit Ausnahme des Gerichtshofs
und des Gerichts I. Instanz in Ausübung ihrer Rechtsprechungsbefugnisse, entgegenzunehmen. Der Bürgerbeauftragte wird durch das Europäische Parlament
ernannt (Art. 195 EG).
Der Bürgerbeauftragte kann von sich aus oder aufgrund von Beschwerden Untersuchungen durchführen, die er für gerechtfertigt hält.
Am 24.04.2006 stellte der Europäische Bürgerbeauftragte Nikiforos Diamandouros seinen derzeit nur auf Englisch erhältlichen Jahresbericht für das Jahr 2005
vor. Der Bericht wird am 03.05.2006 dem Europäischen Parlament präsentiert. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Zahl der Beschwerden im Jahr 2005 im
Vergleich zu 2004 um 5%, d.h. auf 3920, angestiegen ist. Betont wird jedoch, dass der Bürgerbeauftragte für zwei Drittel der Beschwerden nicht zuständig
gewesen ist, da sich diese de facto gegen nationale oder regionale Behörden richteten. 11% aller Beschwerden kamen aus Deutschland insgesamt der
zweithöchste Anteil an Beschwerden. Im Wesentlichen wurden Beschwerden über mangelnde Transparenz oder Informationsverweigerung und
Verfahrensfehler eingereicht, die in den meisten Fällen die Europäische Kommission betrafen. Im Juli 2006 wird der Bericht in allen 20 Amtssprachen
veröffentlicht.
Siehe unter "Ombudsmann" und „http://www.ombudsman-europa.eu".
Bürgerportal
Die Kommission hat am 6. September 2004 eine neue Internetseite „Dialog mit den Bürgern" eingerichtet, wo die europäischen Bürger über ihre Rechte im
Binnenmarkt informiert werden sollen. Diese Seite ist in allen 20 Amtssprachen verfügbar und beinhaltet Informationen zu verschiedenen Themen sowie
praktische Tipps. Die Themenbereiche umfassen u. a. das Leben, Arbeiten, Studieren und Reisen in den verschiedenen EU-Ländern sowie den Erwerb von
Waren und Dienstleistungen. Des Weiteren bietet die Seite Informationen über europäisches und nationales Recht. Auch findet man Links zu weiteren
Beratungs- und Informationsdiensten der Kommission, z. B. zu Europe Direct, wo alle Anfragen online beantwortet werden.
Siehe unter „http://europa.eu.int/citizensrights/".
C
Charta der Grundrechte
In der Charta der Grundrechte werden die Grundrechte der Bürger und Bürgerinnen der Europäischen Union festgelegt. Sie umfasst die Bereiche Würde des
Menschen, Freiheiten, Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und justizielle Rechte. Die Charta ist in sechs Kapitel unterteilt: Würde des Menschen, Freiheiten,
Gleichheit, Solidarität, Bürgerrechte und Justizielle Rechte.
Der Europäische Rat von Nizza verkündete Anfang Dezember 2000 die Charta. Allerdings konnte sich die Regierungskonferenz nicht darauf einigen, den Text
der Grundrechtscharta in die EU-Verträge aufzunehmen und sie damit rechtsverbindlich zu machen.
Nach den Vorstellungen Deutschlands und Frankreichs soll die Charta 2004 Kernstück einer europäischen Verfassung werden, was aber bisher von
Großbritannien und den skandinavischen Ländern abgelehnt wird.
Die Ausarbeitung der Grundrechtscharta erfolgte vom so genannten "Europäischen Konvent". Dies ist ein speziell für diese Aufgabe einberufenes 62-köpfiges
Gremium, das sich aus fünfzehn Beauftragten der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, einem Beauftragte der Europäischen Kommission, sechzehn
Mitgliedern des Europäischen Parlaments und dreißig Mitgliedern der nationalen Parlamente zusammensetzt. Außerdem Vertreter des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte, des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften und des Europarates als Beobachter hinzugezogen.
Die Grundrechte sind in den Entwurf der EU-Verfassung (http://www.kanzlei-doehmer.de/EU-Verfassungsentwurf.htm) eingearbeitet worden.
CE-Kennzeichnung
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/CE-Kennzeichnung".
COREPER
Siehe „Ausschuss der Ständigen Vertreter".
CORDIS
CORDIS ist der Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst der Gmeinschaft.
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/CORDIS" und „http://cordis.europa.eu/de/home.html".
D
Dänemark
http://www.retsinformation.dk
Darlehensvertrag
Siehe unter „Schrott-Immobilien".
Dassonville-Formel
Siehe unter „Einfuhrbeschränkungen".
Datenschutz
Am 04.10.2005 veröffentlichte die Kommission einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der
polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden. Der Vorschlag, der durch die Vorgabe, wie personenbezogene Daten zu
verarbeiten sind, zu einem verstärkten Datenschutz beitragen soll, bezieht sich nicht nur auf den Informationsaustausch zur Gefahrenabwehr und
Strafverfolgung zwischen Behörden aus Mitgliedstaaten, sondern auch auf die Informationsweitergabe an Behörden aus Drittstaaten und an internationale
Einrichtungen. An diese soll die Weitergabe personenbezogener Daten nur dann erfolgen, wenn dort ein gleichwertiger Datenschutz wie innerhalb der EU
gewährleist wird. Ausnahmsweise sollen die Daten jedoch trotz des dortigen unzureichenden Datenschutzes weitergegeben werden, wenn dies zum Schutz der
grundlegenden Interessen eines Mitgliedsstaats oder zur Abwehr einer drohenden ernsthaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit notwendig ist.
Datenschutz - Vorratsspeicherung
Die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) tritt am 03.05.2006 in Kraft und ist bis zum 15.09.2007 von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Die
Richtlinie sieht vor, dass die in Telefonaten, SMS-Kurzmitteilungen und durch Internetnutzung erzeugten Verbindungsdaten von mindestens sechs Monaten bis
zu höchstens zwei Jahren aufbewahrt werden müssen. Diese Daten umfassen nicht den Kommunikationsinhalt, aber die gesamten Daten, die bei der
elektronischen Kommunikation erzeugt werden. Zu speichern sind demnach z.B. Telefonnummern und E-Mail-Adressen, Name und Anschrift der
Kommunikationsteilnehmer sowie Datum, Uhrzeit und Dauer der jeweiligen Kommunikation. Auch erfolglose Anrufversuche sollen aufbewahrt werden,
sofern der betroffene Anbieter die Daten bereits gespeichert hat. Das Zugriffsrecht der Behörden auf die Informationen ist gegeben, wenn eine Person einer
„schweren Straftat" verdächtigt oder wegen einer solchen verfolgt wird, wobei sich die Bestimmung der „schweren Straftaten" nach dem nationalen Recht der
Mitgliedstaaten richtet. Entsprechend einem Umsetzungsvorbehalt der Richtlinie hat Deutschland sich vorbehalten, ab dem 15.09.2006 die Anwendung der
Richtlinie für einen Zeitraum von 18 Monaten auf die Speicherung von Daten betreffend Internetzugang, Internet-Telefonie und Internet-E-Mail zurückzustellen.
Delors-Bericht
Siehe unter „http://www.eufis.info/eu-glossar.html?&type=0&uid=55&cHash=ad74d1032a".
Delors-Pakete
Delors-Pakete werden bestimmte Maßnahmenkataloge der EG genannt. Sie wurden nach dem damals amtierenden Präsidenten der EG-Kommission Jacques
Delors benannt.
Demokratie
Das Wort „Demokratie" kommt im neuen Entwurf für eine Europäische Verfassung ingesamt zehn mal vor. Der gesamte Text hat 58.095 Worte.
Demokratieprinzip
Im Verhältnis zur EU müssen dem Bundestag hinreichende Gesetzgebungsrechte verbleiben, weil es eine vergleichbare demokratische Legitimation der EU
nicht gibt. Dies folgt aus dem Demokratieprinzip. Dem Europäischen Parlament fehlt eine ausreichende demokratische Legitimation. Der Übertragung der
Aufgaben und Befugnisse der Europäischen Gemeinschaften sind daher Grenzen gesetzt (BVerfG NJW 1993, 3047 ff. - Maastricht-Urteil).
Demokratische Kontrolle der europäischen Exekutive
Die demokratische Kontrolle der europäischen Exekutive durch das Europäische Parlament ist leider nur schwach ausgeprägt. Folgende Mittel stehen dem
Europäischen Parlament zur Verfügung:
- Vertrauensvotum: Ernennung des Kommissionspräsidenten und der Kommissare,
- Misstrauensvotum zum Sturz der Kommission,
- Untersuchungsausschüsse zur Aufklärung von Missständen und
- Haushaltskontrolle zur Überwachung der Haushaltsführung der Kommission.
Diagnose eines Arztes im Mitgliedsstaat
Siehe unter „Behandlungskosten im Ausland".
Dienstleistung
Nach Art. 50 I EG werden unter dem Begriff Dienstleistungen Leistungen verstanden, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden. Es muss sich um
selbstständige Tätigkeiten handeln, die vorübergehend in einem anderen Mitgliedsstaat erbracht werden (Art. 50 II, III EG).
Dienstleistungsfreiheit Art. 49 EG
Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der
Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verboten.
Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, dass dieses Kapitel auch auf Erbringer von Dienstleistungen Anwendung
findet, welche die Staatsangehörigkeit eines dritten Landes besitzen und innerhalb der Gemeinschaft ansässig sind.
Leitsätze/Entscheidungen:
Art. 49 EG steht einer Regelung eines Mitgliedstaats der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art entgegen, die jede Erstattung der Kosten der
Behandlung der bei einem nationalen Sozialversicherungsträger Versicherten in Privatkliniken in einem anderen Mitgliedstaat, außer für die Behandlung von
Kindern im Alter von bis zu 14 Jahren, ausschließt (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 - C-444/05).
Eine nationale Regelung, die die Ausübung von Tätigkeiten des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über
Sportereignisse, ohne eine von dem betreffenden Mitgliedstaat erteilte Konzession oder polizeiliche Genehmigung verbietet, stellt eine Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Art. 43 EG und 49 EG dar. Es ist Sache der vorlegenden Gerichte, zu prüfen, ob die
nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenzt, tatsächlich dem Ziel entspricht, der Ausbeutung
von Tätigkeiten in diesem Sektor zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer
nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteilnehmer mit der Rechtsform von Kapitalgesellschaften,
deren Anteile auf reglementierten Märkten gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt und darüber hinaus im Sinne eines solchen Ausschlusses
fortwirkt. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen, die für Personen
wie die Beschuldigten der Ausgangsverfahren eine strafrechtliche Sanktion wegen Sammelns von Wetten ohne die nach dem nationalen Recht erforderliche
Konzession oder polizeiliche Genehmigung vorsieht, dann entgegenstehen, wenn sich diese Personen diese Konzessionen oder Genehmigungen deshalb nicht
beschaffen konnten, weil der betreffende Mitgliedstaat es unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt hatte, sie ihnen zu erteilen (EuGH, Urteil vom
06.03.2007 - C-338/04).
Art. 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 49 EG) steht einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nicht entgegen, soweit
diese die Erstattung der im Wege des Steuerabzugs von einem beschränkt Steuerpflichtigen erhobenen Körperschaftsteuer davon abhängig macht, dass die
Betriebsausgaben, deren Berücksichtigung dieser Steuerpflichtige zu diesem Zweck beantragt, in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den
Einnahmen stehen, die im Rahmen einer im betreffenden Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit erzielt worden sind, und soweit alle Kosten, die sich von dieser
Tätigkeit nicht trennen lassen, unabhängig vom Ort oder Zeitpunkt ihrer Entstehung als solche Ausgaben betrachtet werden. Art. 59 EG-Vertrag steht dagegen
einer nationalen Regelung entgegen, soweit sie die Erstattung der betreffenden Steuer an diesen Steuerpflichtigen von der Voraussetzung abhängig macht, dass
die genannten Betriebsausgaben die Hälfte der erwähnten Einnahmen übersteigen (EuGH, Urteil vom 15.02.2007 - C-345/04).
Das Königreich Dänemark hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 39 EG, 43 EG und 49 EG verstoßen, dass es eine Lebensversicherungs- und
Altersversorgungsregelung erlassen und in Kraft gelassen hat, nach der das Recht, Beiträge abzuziehen, und das Recht, sie unberücksichtigt zu lassen, nur für
Beitragszahlungen im Rahmen von Verträgen gewährt werden, die mit Rentenversicherungsträgern mit Sitz in Dänemark geschlossen wurden, während für
Beitragszahlungen im Rahmen von Verträgen, die mit Rentenversicherungsträgern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten geschlossen wurden, keine solche
Steuererleichterung gewährt wird (EuGH, Urteil vom 30.01.2007 - C-150/04).
Die Art. 39 EG, 49 EG und 50 EG stehen einer nationalen Regelung wie § 421g Abs. 1 Satz 2 des Dritten Buches des deutschen Sozialgesetzbuchs entgegen,
nach der die Zahlung der einem privaten Arbeitsvermittler von einem Arbeitsuchenden für seine Vermittlung geschuldeten Vergütung durch einen Mitgliedstaat
voraussetzt, dass die von diesem Vermittler vermittelte Beschäftigung in diesem Staat sozialversicherungspflichtig ist. Es obliegt dem nationalen Gericht, eine
innerstaatliche Vorschrift unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt, in Übereinstimmung mit den
Anforderungen des Gemeinschaftsrechts auszulegen und anzuwenden, und, soweit eine solche konforme Auslegung nicht möglich ist, bei
Vertragsbestimmungen, die dem Einzelnen Rechte verleihen, die er gerichtlich geltend machen kann und die die nationalen Gerichte zu wahren haben,
Vorschriften des innerstaatlichen Rechts, die diesen Bestimmungen entgegenstehen, unangewendet zu lassen (EuGH, Urteil vom 11.01.2007 - C-208/05).
Der Begriff "Fahrt, die [der Kabotagefahrt] folgt oder … vorangeht", in Artikel 3 Absatz 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3577/ 92 des Rates vom 7. Dezember
1992 zur Anwendung des Grundsatzes des freien Dienstleistungsverkehrs auf den Seeverkehr in den Mitgliedstaaten (Seekabotage) umfasst unabhängig von der
Beladung des Schiffes grundsätzlich jede Fahrt aus einem oder in einen anderen Staat. Nicht zulässig sind jedoch Fahrten ohne Ladung an Bord, die
missbräuchlich durchgeführt werden, um die Vorschriften der Verordnung Nr. 3577/ 92 zu umgehen. Die Feststellung einer missbräuchlichen Praxis verlangt
zum einen, dass die internationale Ballastfahrt trotz formaler Anwendung der Voraussetzungen des Artikels 3 Absatz 3 der Verordnung dazu führt, dass der
Reeder für alle Fragen im Zusammenhang mit der Besatzung unter Verstoß gegen das Ziel des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung, nämlich bei der
Inselkabotage die Geltung der Vorschriften des Aufnahmestaats für alle Fragen im Zusammenhang mit der Besatzung zu ermöglichen, in den Genuss der
Anwendung der Vorschriften des Flaggenstaats gelangt. Zum anderen muss sich auch aus einer Reihe objektiver Umstände ergeben, dass der wesentliche
Zweck dieser internationalen Ballastfahrt darin besteht, die Anwendung des Artikels 3 Absatz 2 der Verordnung zugunsten des Absatzes 3 dieses Artikels zu
vermeiden (EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - C-456/04).
Die Artikel 43 EG, 49 EG und 86 EG sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der
Grundsatz der Transparenz stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es einer öffentlichen Körperschaft erlaubt, eine öffentliche Dienstleistung
freihändig an eine Gesellschaft zu vergeben, deren Kapital sie vollständig hält, sofern die öffentliche Körperschaft über diese Gesellschaft eine ähnliche
Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft verrichtet, die ihre Anteile
innehat (EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - C-410/04).
Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) ist dahin auszulegen, dass er der Regelung einer nationalen Behörde oder einer
Gebietskörperschaft, mit der eine Abgabe auf die Infrastrukturen für Mobilkommunikation und Personal Communications eingeführt wird, die im Rahmen der
durch Lizenzen und Genehmigungen gedeckten Tätigkeiten genutzt werden, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung unterschiedslos für inländische
Dienstleistende wie für solche aus der den anderen Mitgliedstaaten gilt und die Erbringung von Dienstleistungen innerhalb eines einzigen Mitgliedstaats in
gleicher Weise wie die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten berührt. Abgabenrechtliche Maßnahmen, die auf Infrastrukturen für die
Mobilkommunikation angewandt werden, fallen nur dann unter Artikel 3c der hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den
Telekommunikationsmärkten durch die Richtlinie 96/ 19/ EG der Kommission vom 13. März 1996 geänderten Richtlinie 90/ 388/ EWG der Kommission vom
28. Juni 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste, wenn sie Betreiber, die über besondere oder ausschließliche Rechte
verfügen oder verfügt haben, gegenüber neuen Betreibern unmittelbar oder mittelbar begünstigen und die Wettbewerbssituation spürbar beeinträchtigen
(EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-544/03).
Eine nationale Untersagung der gewerblichen Veranstaltung von Spielen, die Tötungshandlungen simulieren, beeinträchtigt zwar die Dienstleistungsfreiheit.
Diese Beeinträchtigung ist jedoch aus Gründen der öffentlichen Ordnung gerechtfertigt, wobei der Begriff der öffentlichen Ordnung in den Mitgliedstaaten
nicht einheitlich verstanden werden muss (EuGH, Urteil vom 14.10.2004 - Rs. C-36/02).
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 49 EG und 56 EG verstoßen, dass sie die Anwendung des Satzes des der
Abgeltung dienenden Steuerabzugs auf Einkünfte aus Anlagen und Verträgen im Sinne der Artikel 125-0A und 125A des Code général des impôts, deren
Schuldner nicht in Frankreich wohnhaft oder niedergelassen ist, vollständig ausgeschlossen hat (EuGH RiW 2004, 398).
Der EuGH hat entschieden, dass die französischen Vorschriften, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes Bandenwerbung für alkoholische Getränke während
Sportübertragungen im Fernsehen verbieten, mit Art. 49 EG (Dienstleistungsfreiheit) vereinbar sind (EuGH, Urteil vom 13.07.2004 - C-429/02).
Dienstleistungsfreiheit - Dienstleistungsbegriff Art. 50 EG
Dienstleistungen im Sinne dieses Vertrags sind Leistungen, die in der Regel gegen Entgelt erbracht werden, soweit sie nicht den Vorschriften über den freien
Waren- und Kapitalverkehr und über die Freizügigkeit der Personen unterliegen.
Als Dienstleistungen gelten insbesondere:
a) gewerbliche Tätigkeiten,
b) kaufmännische Tätigkeiten,
c) handwerkliche Tätigkeiten,
d) freiberufliche Tätigkeiten.
Unbeschadet des Kapitels über die Niederlassungsfreiheit kann der Leistende zwecks Erbringung seiner Leistungen seine Tätigkeit vorübergehend in dem Staat
ausüben, in dem die Leistung erbracht wird, und zwar unter den Voraussetzungen, welche dieser Staat für seine eigenen Angehörigen vorschreibt.
Dienstleistungsfreiheit - Gleichbehandlung bei Beschränkungen Art. 54 EG
Solange die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs nicht aufgehoben sind, wendet sie jeder Mitgliedstaat ohne Unterscheidung nach
Staatsangehörigkeit oder Aufenthaltsort auf alle in Artikel 49 Absatz 1 bezeichneten Erbringer von Dienstleistungen an.
Dienstleistungsfreiheit - Hinweise
Die Dienstleistungsfreiheit umfasst das Recht, in einem anderen Mitgliedsstaat eine selbstständige Tätigkeit vorübergehend auszuüben. Die Art. 49, 50 EG
enthalten nicht nur ein Diskriminierungsverbot. Die genannten Bestimmungen untersagen darüber hinaus alle Beschränkungen des Dienstleistungsverkehrs,
soweit diese Beschränkungen nicht aus Gründen des allgemeinen Interesses gerechtfertigt und verhältnismäßig sind.
Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit kommen aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit in Betracht (Art. 55 i.V.m. 46 EG).
Die Dienstleistungsfreiheit gilt nicht für Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind (Art. 55 i.V.m. 45 EG).
Die Art. 49, 50 EG haben Vorrang und verdrängen entgegenstehendes nationales Recht.
Auf die Dienstleistungsfreiheit können sich die Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten berufen, die in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig sind. Die
Dienstleistungsfreiheit gilt auch für Gesellschaften (Art. 55 i.V.m. 48 EG).
Auf die Dienstleistungsfreiheit kann sich sowohl der Dienstleistungserbringer als auch der Dienstleistungsempfänger berufen.
Die Art. 49, 50 EG umfassen sowohl die negative als auch die postive Dienstleistungsfreiheit (s. dort).
Nach Art. 50 I gilt die Dienstleistungsfreiheit nicht, soweit die Vorschriften über den freien Warenverkehr (Art. 28 ff. EG), Personenverkehr (Art. 39 ff., 43 ff.
EG) oder Kapitalverkehr (Art. 56 I EG) anzuwenden sind. Für Dienstleistungen auf dem Gebiet des Verkehrs sind nach Art. 51 I EG die speziellen Regelungen
der Art. 70 ff. EG maßgeblich.
Siehe auch unter „Handwerksrolle".
Dienstleistungsfreiheit - Kapitalverkehr
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit - Verkehr".
Dienstleistungsfreiheit - Richtlinienkompetenz Art. 52 EG
(1) Der Rat erlässt mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses und des
Europäischen Parlaments Richtlinien zur Liberalisierung einer bestimmten Dienstleistung.
(2) Bei den in Absatz 1 genannten Richtlinien sind im Allgemeinen mit Vorrang diejenigen Dienstleistungen zu berücksichtigen, welche die Produktionskosten
unmittelbar beeinflussen oder deren Liberalisierung zur Förderung des Warenverkehrs beiträgt.
Dienstleistungsfreiheit - Verkehr Art. 51 EG
(1) Für den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs gelten die Bestimmungen des Titels über den Verkehr.
(2) Die Liberalisierung der mit dem Kapitalverkehr verbundenen Dienstleistungen der Banken und Versicherungen wird im Einklang mit der Liberalisierung
des Kapitalverkehrs durchgeführt.
Dienstleistungskonzessionen
Siehe unter „Vergaberecht".
Dienstleistungsrichtlinie
Am 16.02.2006 stimmte das Plenum des Parlaments in erster Lesung über den Kommissionsvorschlag für eine Dienstleistungsrichtlinie mit zahlreichen
Änderungen ab. Nach dem Kompromiss zwischen den Parteien zum umstrittenen „Herkunftslandprinzip" muss der Mitgliedstaat, in dem die Dienstleistung
erbracht wird, für die freie Aufnahme und Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit innerhalb seines Hoheitsgebietes sorgen. Mitgliedstaaten haben aber das
Recht, bestimmte Anforderungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, des Umweltschutzes sowie der öffentlichen Gesundheit an die
Dienstleister zu stellen. Auch können sie ihre Arbeitsrechtsbestimmungen geltend machen. Jedoch müssen die Anforderungen erforderlich, verhältnismäßig
und nichtdiskrimierend sein. Bestimmte Anforderungen, wie beispielsweise die Verpflichtung zur Mitgliedschaft in einer Standesorganisation, werden den
Mitgliedstaaten jedoch untersagt. Notare sind vom Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie ausgeschlossen. Trotz einer im Wortlaut in einigen
Amtssprachen gegenteiligen Formulierung geht das Europäische Parlament aufgrund der Stellung der Ausnahme in der Regelung des Anwendungsbereichs
davon aus, dass Rechtsanwälte ebenfalls ganz aus der Dienstleistungsrichtlinie ausgenommen sind (und nicht nur im Hinblick auf ihre sektorspezifischen
Richtlinien). Nichtanwaltliche Berater werden jedoch ausdrücklich von der Richtlinie erfasst.
Siehe unter „Rahmenrichtlinie zur Vollendung des Binnenmarktes für Dienstleistungen".
Diplomatischer und konsularischer Schutz Art. 20 EG
Jeder Unionsbürger genießt im Hoheitsgebiet eines dritten Landes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nicht vertreten ist, den
diplomatischen und konsularischen Schutz eines jeden Mitgliedstaats unter denselben Bedingungen wie Staatsangehörige dieses Staates. Die Mitgliedstaaten
vereinbaren die notwendigen Regeln und leiten die für diesen Schutz erforderlichen internationalen Verhandlungen ein.
Diplome
Die Behörden sind gemeinschaftsrechtlich verpflichtet, die Gleichwertigkeit eines ausländischen Diploms mit der zweiten Juristischen Staatsprüfung in einem
rechtsstaatlichen Verfahren zu prüfen (Art. 10, 43 EG).
Die Anerkennung des ausländischen Diploms darf nicht mit dem bloßen Hinweis erfolgen, dass die nach innerstaatlichem Recht vorgeschriebenen
Befähigungsnachweise fehlen. Es hat vielmehr eine Gleichwertigkeitsprüfung stattzufinden.
Soweit eine Richtlinie die Anerkennung von Diplomen ausdrücklich vorsieht, darf der Zugang zu reglementierten Berufen von keiner weiteren Voraussetzung
abhängig gemacht werden, es sei denn die Richtlinie sehe etwas anderes vor (vgl. RL 89/48).
Direktwahl
Das Europäische Parlament besteht aus Vertretern der Völker der Mitgliedsstaaten (Art. 189 EG). Die Vertreter werden in allgemeiner, unmittelbarer Wahl gewählt.
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts
Nach Art. 5 I Richtlinie 76/207/EWG ist jede Diskriminierung auf Grund des Geschlechts hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, zu denen auch die
Voraussetzungen für die Rückkehr des Arbeitnehmers an seinen Arbeitsplatz nach dem Erziehungsurlaub gehören, verboten.
Leitsätze/Entscheidungen:
Die Richtlinie 79/ 7/ EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und
Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit schließt, wenn ein Mitgliedstaat eine Regelung erlässt, mit der ursprünglich diskriminierten Personen eines
bestimmten Geschlechts die Möglichkeit gegeben werden soll, für die gesamte Rentenbezugsdauer in den Genuss des für die Personen des anderen Geschlechts
geltenden Rentensystems zu kommen,
- es nicht aus, dass dieser Mitgliedstaat den Anschluss an dieses System davon abhängig macht, dass Berichtigungsbeiträge, die in der Differenz zwischen den
von den ursprünglich diskriminierten Personen in der Zeit der Diskriminierung entrichteten Beiträgen und den von der anderen Personengruppe im selben
Zeitraum entrichteten höheren Beiträgen bestehen, zuzüglich Zinsen zum Ausgleich der Geldentwertung gezahlt werden;
- es dagegen aus, dass dieser Mitgliedstaat verlangt, dass zuzüglich zu diesen Berichtigungsbeträgen andere als die zum Ausgleich der Geldentwertung
bestimmten Zinsen gezahlt werden;
- es auch aus, dass diese Zahlung als Einmalzahlung verlangt wird, wenn durch diese Voraussetzung die beabsichtigte Berichtigung praktisch unmöglich oder
übermäßig erschwert wird. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der zu zahlende Betrag die Jahresrente des Betroffenen übersteigt.
Die Behörden des betreffenden Mitgliedstaats sind verpflichtet, aufgrund eines auf ein Vorabentscheidungsersuchen ergangenen Urteils, aus dem sich die
Unvereinbarkeit nationaler Rechtsvorschriften mit dem Gemeinschaftsrecht ergibt, die allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu ergreifen, die geeignet
sind, die Beachtung des Gemeinschaftsrechts zu sichern, indem sie insbesondere dafür sorgen, dass das nationale Recht so schnell wie möglich mit dem
Gemeinschaftsrecht in Einklang gebracht und den Rechten, die dem Bürger aus dem Gemeinschaftsrecht erwachsen, die volle Wirksamkeit verschafft wird. Ist
eine gemeinschaftsrechtswidrige Diskriminierung festgestellt worden, so ist das nationale Gericht, solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der
Gleichbehandlung erlassen worden sind, gehalten, eine diskriminierende nationale Bestimmung außer Anwendung zu lassen, ohne dass es ihre vorherige
Aufhebung durch den Gesetzgeber beantragen oder abwarten müsste, und auf die Mitglieder der benachteiligten Gruppe eben die Regelung anzuwenden, die
für die Mitglieder der anderen Gruppe gilt (EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-231/06).
Artikel 4 Absatz 1 der Richtlinie 79/ 7/ EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von
Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit ist dahin auszulegen, dass er Rechtsvorschriften entgegensteht, die einer Person, die sich gemäß den
Voraussetzungen des nationalen Rechts einer Geschlechtsumwandlung vom Mann zur Frau unterzogen hat, die Gewährung einer Ruhestandsrente versagen,
weil sie noch nicht das 65. Lebensjahr erreicht hat, während diese Person mit 60 Jahren Anspruch auf eine solche Rente gehabt hätte, wenn sie nach dem
nationalen Recht als Frau anzusehen gewesen wäre. Es besteht kein Anlass, die zeitlichen Wirkungen des vorliegenden Urteils zu begrenzen (EuGH, Urteil
vom 27.04. 2006 - C-423/04).
Die Richtlinie 76/ 207/ EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich
des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen ist dahin auszulegen, dass sie
einer Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die Arbeitnehmerinnen, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, und
Arbeitnehmern, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, als Anreiz für ein freiwilliges Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis einen Vorteil gewährt, der darin
besteht, dass die anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlten Beträge zum halben Steuersatz besteuert werden (EuGH, Urteil vom 21.07.2005
- C-207/04).
Die Richtlinie 76/207/EWG steht einer innerstaatlichen gesetzlichen Regelung nicht entgegen, die für den Schadensersatz, den ein Bewerber verlangen kann,
eine Höchstgrenze von drei Monatsgehältern vorgibt, wenn der Arbeitgeber beweisen kann, daß der Bewerber die zu besetzende Position wegen der besseren
Qualifikation des eingestellten Bewerbers auch bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätte. Die Richtlinie steht jedoch einer innerstaatlichen
gesetzlichen Regelung entgegen, die für den Schadensersatz, den ein Bewerber verlangen kann, der bei der Einstellung auf Grund des Geschlechts diskriminiert
worden ist, im Gegensatz zu sonstigen innerstaatlichen zivil- und arbeitsrechtlichen Regelungen eine Höchstgrenze von drei Monatsgehältern vorgibt, falls
dieser Bewerber bei diskriminierungsfreier Auswahl die zu besetzende Position erhalten hätte. Die genannte Richtlinie steht ferner einer innerstaatlichen
gesetzlichen Regelung entgegen, die für den von mehreren Bewerbern geltend gemachten Schadensersatz, den Bewerber verlangen können, die bei der
Einstellung auf Grund des Geschlechts diskriminiert worden sind, im Gegensatz zu sonstigen innerstaatlichen zivil- und arbeitsrechtlichen Regelungen eine
Höchstgrenze von kumulativ sechs Monatsgehältern vorgibt (EuGH MDR 1997, 846).
Siehe auch unter „Schwangerschaft".
Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit
Unbeschadet besonderer Bestimmungen des EG ist in seinem Anwendungsbereich jede Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verboten (Art. 12
EG).
Dieser Artikel verbietet nicht nur offensichtliche Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit, sondern auch alle versteckten Formen der
Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen. Ein Verstoß gegen Art 12 EG liegt
vor, wenn die fragliche Vorschrift (Bestimmung, Maßnahme pp.) nicht durch objektive Umstände gerechtfertigt ist (vgl EuGH MDR 1994, 300).
Eine nationale Vorschrift, die Eltern eine finanzielle Unterstützung im Erziehungsurlaub zusagt, ist rechtswidrig, da sie gegen Art. 39 EG
(Arbeitnehmerfreizügigkeit) sowie die Verordnungen (EWG) 1612/68 (Arbeitnehmerfreizügigkeit) und (EWG) 1408/71/EG (Sozialsysteme für Arbeitnehmer)
verstößt. Denn nach dieser belgischen Vorschrift bekommen nur Personen, die ihren Wohnsitz in Belgien haben, eine solche finanzielle Unterstützung. Dabei
handelt es sich eine versteckte Diskriminierung aufgrund der Nationalität, da die in Belgien arbeitstätigen aber nicht dort wohnhaften Personen (Grenzgänger),
die diese Unterstützung in Anspruch nehmen möchten, verhältnismäßig häufig nicht belgische Staatsangehörige sind (EuGH, Urteil vom 7. September 2004 -
Rs. C-469/02).
Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 12 und 49 EG verstoßen, dass sie von lokalen oder dezentralen Einrichtungen
des Staates gewährte diskriminierende Tarifvorteile für den Zugang zu öffentlichen Museen, Denkmälern, Galerien, antiken Ausgrabungsstätten sowie
Parkanlagen und Gärten mit Denkmalcharakter ihren Staatsangehörigen oder den im Gebiet der die fragliche kulturelle Anlage betreibenden Stelle Ansässigen
von mehr als 60 oder 65 Jahren vorbehalten hat und somit Touristen, die Staatsangehörige der anderen Mitgliedstaaten sind, oder Gebietsfremde, die dieselben
objektiven Altersvoraussetzungen erfüllen, von diesen Vorteilen ausgeschlossen hat (EuGH NJW 2003, 1142).
Siehe auch unter „Hochschulstudium", „Steuern" und „Unterhaltsleistungen".
Diskriminierung im Verkehrswesen Art. 75 EG
(1) Im Verkehr innerhalb der Gemeinschaft werden die Diskriminierungen beseitigt, die darin bestehen, dass ein Verkehrsunternehmer in denselben
Verkehrsverbindungen für die gleichen Güter je nach ihrem Herkunfts- oder Bestimmungsland unterschiedliche Frachten und Beförderungsbedingungen anwendet.
(2) Absatz 1 schließt sonstige Maßnahmen nicht aus, die der Rat gemäß Artikel 71 Absatz 1 treffen kann.
(3) Der Rat trifft mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses eine Regelung zur
Durchführung des Absatzes 1.
Er kann insbesondere die erforderlichen Vorschriften erlassen, um es den Organen der Gemeinschaft zu ermöglichen, für die Beachtung des Absatzes 1 Sorge
zu tragen, und um den Verkehrsnutzern die Vorteile dieser Bestimmung voll zukommen zu lassen.
(4) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die Diskriminierungsfälle des Absatzes 1 und erlässt nach Beratung mit jedem in
Betracht kommenden Mitgliedstaat die erforderlichen Entscheidungen im Rahmen der gemäß Absatz 3 getroffenen Regelung.
Diskriminierung im Verkehrswesen - Abgaben und Gebühren Art. 77 EG
Die Abgaben oder Gebühren, die ein Verkehrsunternehmer neben den Frachten beim Grenzübergang in Rechnung stellt, dürfen unter Berücksichtigung der
hierdurch tatsächlich verursachten Kosten eine angemessene Höhe nicht übersteigen.
Die Mitgliedstaaten werden bemüht sein, diese Kosten schrittweise zu verringern.
Die Kommission kann zur Durchführung dieses Artikels Empfehlungen an die Mitgliedstaaten richten.
Diskriminierung im Verkehrswesen - Beihilfen Art. 76 EG
(1) Im Verkehr innerhalb der Gemeinschaft sind die von einem Mitgliedstaat auferlegten Frachten und Beförderungsbedingungen verboten, die in irgendeiner
Weise der Unterstützung oder dem Schutz eines oder mehrerer bestimmter Unternehmen oder Industrien dienen, es sei denn, dass die Kommission die
Genehmigung hierzu erteilt.
(2) Die Kommission prüft von sich aus oder auf Antrag eines Mitgliedstaats die in Absatz 1 bezeichneten Frachten und Beförderungsbedingungen; hierbei
berücksichtigt sie insbesondere sowohl die Erfordernisse einer angemessenen Standortpolitik, die Bedürfnisse der unterentwickelten Gebiete und die Probleme
der durch politische Umstände schwer betroffenen Gebiete als auch die Auswirkungen dieser Frachten und Beförderungsbedingungen auf den Wettbewerb
zwischen den Verkehrsarten.
Die Kommission erlässt die erforderlichen Entscheidungen nach Beratung mit jedem in Betracht kommenden Mitgliedstaat.
(3) Das in Absatz 1 genannte Verbot trifft nicht die Wettbewerbstarife.
Diskriminierungsverbot
Das Diskriminierungsverbot, das zu den fundamentalen Prinzipien des Gemeinschaftsrechts gehört, verlangt, dass gleiche Sachverhalte nicht ungleich
behandelt werden, es sei denn, dass eine Differenzierung objektiv gerechtfertigt wäre (vgl. insbesondere Urteil vom 5. Oktober 1994 in der Rechtssache C-280/
93, Deutschland/ Rat, Slg. 1994, I-4973, Randnr. 67).
Nach dem Diskriminierungsverbot dürfen bei der Anwendung nationalen Rechts in Vollzug von Gemeinschaftsrecht keine Unterschiede im Vergleich zu
Verfahren gemacht werden, in denen über gleichartige, aber rein nationale Rechtsstreitigkeiten entschieden wird. So darf sich die Rücknahme von
Verwaltungsakten nicht schwieriger gestalten als die Rücknahme eines rein nationalen Verwaltungsaktes. Den Betroffenen dürfen aber auch nicht mehr
Pflichten auferlegt werden. Etwas anderes gilt, wenn die Ungleichbehandlung objektiv gerechtfertigt ist. Unzulässig ist eine mitgliedsstaatliche Regelung, die
eine grundsätzliche Rückforderungspflicht von zu Unrecht ausgezahlten Gemeinschaftsbeihilfen enthält, ohne auf Belange wie den Vertrauensschutz Rücksicht
zu nehmen.
Diskriminierungsverbot - befristete Arbeitsverträge
Naationale Rechtsvorschriften (hier: §14 TzBfG), die den uneingeschränkten Abschluss befristeter Arbeitsverträge für Arbeitnehmer ab der Vollendung des 52.
Lebensjahres für zulässig erklären, gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. Damit folgt der Gerichtshof den Schlussanträgen des Generalanwalts
Tizziano. Die Richtlinie 2000/78/EG lasse zwar grundsätzlich eine Ungleichbehandlung zu, wenn sie objektiv und angemessen durch ein legitimes Ziel der
Beschäftigungspolitik gerechtfertigt ist. Jedoch gehe §14 TzBfG über das hinaus, was zur Erreichung des Zieles der Wiedereingliederung älterer Arbeitsloser in
Beschäftigungsverhältnisse angemessen und erforderlich ist. Dadurch, dass allen Arbeitnehmern ab der Vollendung des 52. Lebensjahres unterschiedslos
befristete Arbeitsverträge angeboten werden können, bestehe die Gefahr, dass solche Arbeitnehmer gänzlich von festen Beschäftigungsverhältnissen
ausgeschlossen würden (EuGH vom 22.11.2005 - Rs. C-144/04).
Diskriminierung bei Arbeitsvergütung Art. 141 EG
(1) Jeder Mitgliedstaat stellt die Anwendung des Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit sicher.
(2) Unter "Entgelt" im Sinne dieses Artikels sind die üblichen Grund- oder Mindestlöhne und -gehälter sowie alle sonstigen Vergütungen zu verstehen, die der
Arbeitgeber auf Grund des Dienstverhältnisses dem Arbeitnehmer unmittelbar oder mittelbar in bar oder in Sachleistungen zahlt. Gleichheit des Arbeitsentgelts
ohne Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bedeutet,
a) dass das Entgelt für eine gleiche nach Akkord bezahlte Arbeit auf Grund der gleichen Maßeinheit festgesetzt wird,
b) dass für eine nach Zeit bezahlte Arbeit das Entgelt bei gleichem Arbeitsplatz gleich ist.
(3) Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses Maßnahmen zur Gewährleistung der
Anwendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen, einschließlich
des Grundsatzes des gleichen Entgelts bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit.
(4) Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der
Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum
Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen.
Diskriminierung von Warenlieferungen auf dem Gebiet des Steuerrechts
Siehe unter „Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften".
Dokumente - Zugang
Die Entscheidung der Kommission vom 28. Mai 2002 wird für nichtig erklärt, soweit damit der Zugang zu Dokumenten verweigert wird, die die Verfahren zur
Prüfung der der Technische Glaswerke Ilmenau GmbH gewährten Beihilfen betreffen (EuG, Urteil vom 14. 12. 2006 - T-237/02).
Doppelte Mehrheit
Eine „Doppelten Mehrheit" im Rat ist gegeben, wenn 55 Prozent der Staaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, für das Gesetz
stimmen. Allerdings können nach dem neuen Verfassungsentwurf mindestens vier Mitgliedstaaten die Entscheidung blockieren. Von Mehrheitsentscheidungen
sollen zentrale Bereiche wie die Steuer-, Außen- und Sicherheitspolitik ausgenommen bleiben. Hier wird weiterhin Einstimmigkeit erforderlich sein.
Drittlandswaren
Drittlandswaren sind Güter aus Nicht-Gemeinschaftsländern, d. h. Waren, die in einem Drittland als Ursprungswaren gewonnen oder hergestellt worden sind.
Nicht-Gemeinschaftsländer sind alle Staaten, die nicht der EU angehören.
Drittstaaten
Drittstaaten sind solche Staaten, die nicht der Gemeinschaft angehören. Da die Gemeinschaft partielle Völkerrechtsfähigkeit besitzt, kann sie im Rahmen ihrer
Kompetenzen mit Drittstaaten oder internationalen Organisationen völkerrechtliche Verträge abschließen (Art. 300 EG).
Drittwirkung
Bestimmungen in Arbeits- und Tarifverträgen sind nichtig, soweit sie Staatsangehörige anderer Mitgliedsstaaten aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit
diskriminieren (Art. 7 IV VO Nr. 1612/68). Die Bestimmung dieser Verordnung gilt ausdrücklich für Private. Sie entfaltet horizontale Wirkung.
Staatsangehörigen der Mitgliedsstaaten sind die gleichen Vorteile zu gewähren wie der begünstigten Gruppe.
E
Ecofin-Rat
Dieser Rat wird durch die Wirtschafts- und Finanzminister der EU-Staaten gebildet. Der Ecofin-Rat berät unter anderem über Währungsangelegenheiten. Er
spielte bei der Gesetzgebung zur europäischen Währungsunion eine wichtige Rolle.
EEJ-Net
Siehe unter „Europäisches Netz für die außergerichtliche Beilegung grenzübergreifender Verbraucherrechtsstreitigkeiten".
effet utile
Die Mitgliedsstaaten müssen bei der Umsetzung von Richtlinien diejenigen innerstaatlichen Handlungsformen wählen, die für die Gewährleistung der
praktischen Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts am besten geeignet sind (Art. 10 EG). Richtlinien sind in verbindliche innerstaatliche Rechtsvorschriften
umzusetzen. Sie müssen den Erfordernissen der Rechtsklarheit und Rechtsicherheit genügen. Mitgliedsstaatliche Umsetzungsmaßnahmen müssen die
praktische Wirksamkeit einer Richtlinie ebenso gewährleisten wie die Eindeutigkeit und Bestimmtheit des von ihr gewollten Rechtszustandes. Für Richtlinien,
die eine Regelung der Rechtsstellung der Einzelnen vorsehen und zur Einräumung rechtserheblicher Begünstigungen verpflichten, gilt dies in besonderem
Maße. Durch Erlass eines unstreitig zwingenden Rechtsaktes des Außenrechts muss eine einklagbare Rechtsposition begründet werden.
Verwaltungsvorschriften des deutschen Rechts genügen solchen Anforderungen nicht. Sanktionen für Richtlinienverstöße müssen effektiv und abschreckend
sein. Insbesondere sind Entschädigungsansprüche zu gewähren, die diese Wirkung haben.
Die Grundsätze zur unmittelbaren Anwendbarkeit von Richtlinien basieren ebenfalls auf dem Gedanken des "effet utile".
Das Gemeinschaftsrecht ist dynamisch, an den Vertragszielen orientiert und unter dem Gesichtspunkt der praktischen Wirksamkeit auszulegen.
***
Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus den Richtlinien 2001/ 88/ EG des Rates vom 23. Oktober 2001 und 2001/ 93/ EG der
Kommission vom 9. November 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/ 630/ EWG über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen verstoßen, indem
sie nicht die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um diesen Richtlinien nachzukommen (EuGH, Urteil vom 08.09. 2005 - C-278/04).
Siehe auch unter „Umsetzungspflicht".
Effizienzgebot
Nach dem Effizienzgebot darf die Anwendung des nationalen Rechts die Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts nicht soweit beeinträchtigen, dass dessen
Verwirklichung praktisch unmöglich wird.
EGertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Vertrages von Nizza vom 26. 02.2001 (BGBl. II S. 1666 - EG-Vertrag Nizzaer
Fassung). Der Vertrag wird auch als „EGV 2001" bezeichnet.
Vorgänger ist der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Amsterdamer Vertrages vom 2.10.1997 (BGBl. 1998 II S. 386,
1999 II S. 416), der als „EGV 1997" benannt wird.
Der ursprüngliche Vertrag EG-Vertrag ist der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft vom 25.03.1957 (BGBl. II 1957 S. 766) in der Fassung
vom 1. Januar 1995, der auch als „EGV" zitiert wid.
Ehe- und Kindschaftsrecht
Der Text der vom Rat bereits am 27. November 2003 erlassenen neuen „Brüssel IIa"-Verordnung ist nun im Internet erhältlich unter
http://europa.eu.int/eur-lex/pri/de/oj/dat/2003/l_338/l_33820031223de00010029.pdf. Mit der neuen Verordnung, die ab dem 1. März 2005 die bisherige
„Brüssel II"-Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 über die Zuständigkeit, Anerkennung und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Ehesachen und in
Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten ersetzt, werden die alten Regelungen nunmehr auf
grenzüberschreitende Sorge- und Umgangsrechtsstreitigkeiten ausgedehnt, selbst wenn sie nicht im Zusammenhang mit einer Ehesache stehen. Gleichzeitig
gelten die Regelungen zukünftig auch für nichteheliche Kinder. Wesentliches Ziel der Änderung ist die Beschleunigung der Sorgerechtsverfahren im Interesse
des Kindeswohls. In Fällen internationaler Kindesentführung müssen die Gerichte über die Rückgabe des Kindes in Zukunft innerhalb einer Frist von sechs
Wochen entscheiden. Des Weiteren sind ausländische Umgangsentscheidungen und Rückgabeanordnungen von nun an ohne erneute Überprüfung sofort vollstreckbar.
Eigentumserwerb
Wanderarbeitnehmer haben ebenso wie Inländer das Recht auf Eigentumserwerb (s. Gewerkschaftstätigkeit).
Einfuhrbeschränkungen
Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedsstaaten verboten (Art. 28 EG).
„Maßnahme gleicher Wirkung" wie mengemäßige Einfuhrbeschränkungen ist jede Handelsregelung der Mitgliedsstaaten, die geeignet ist, den
innergemeinschaftlichen Handel unmittelbar oder mittelbar tatsächlich oder potenziell zu behindern (Dassonville-Formel).
In den Anwendungsbereich des Artikels 28 EG fallen Regelungen über Verkaufsmodalitäten nicht, wenn sie allgemein für alle Wirtschaftsteilnehmer gelten
und auf den Absatz inländischer und eingeführter Erzeugnisse die gleiche Wirkung haben, d.h. sich nicht überwiegend zu Lasten eingeführter Erzeugnisse
auswirken. Hemmnisse für den Binnenhandel der Gemeinschaft, die sich aus den Unterschieden der nationalen Regelungen ergeben, müssen hingenommen
werden, soweit diese Bestimmungen notwendig sind, um zwingenden Erfordernissen gerecht zu werden.
Folgende „zwingende Erfordernisse" sind anerkannt: wirksame steuerliche Kontrolle, Verbraucherschutz, Lauterkeit des Handelsverkehrs, Umweltschutz,
Aufrechterhaltung der Medienvielfalt, erhebliche Gefährdung des finanziellen Gleichgewichts des Systems der sozialen Sicherheit und Verkehrssicherheit.
Maßnahmen, die auf zwingenden Erfordernissen beruhen, müssen verhältnismäßig sein. Sie müssen geeignet und erforderlich sein, um den zwingenden
Erfordernissen gerecht zu werden und in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten Ziel stehen.
Zu beachten sind die Rechtfertigungsgründe (siehe dort) aus Art. 30 EG.
Einfuhren bestimmter Nahrungsmittel
Siehe unter „Voranmeldepflicht".
Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung Art. 25 EG
Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle.
Leitsätze/Entscheidungen:
Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 23 EG, 25 EG und 133 EG sowie aus Art. 9 des am 26. April 1976
unterzeichneten und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2210/ 78 des Rates vom 26. September 1978 genehmigten Kooperationsabkommens zwischen der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien verstoßen, dass sie eine Umweltabgabe auf das aus Algerien
stammende Methangas eingeführt hat (EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-173/05).
***
Eine Akzise wie die in Polen durch das Gesetz vom 23. Januar 2004 über die Akzise vorgesehene, die für Personenkraftwagen nicht wegen des Überschreitens
der Grenze anfällt, stellt keinen Einfuhrzoll und keine Abgabe gleicher Wirkung im Sinne von Art. 25 EG dar. Art. 90 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er
einer Akzise entgegensteht, wenn ihr Betrag für Gebrauchtfahrzeuge, die älter als zwei Jahre sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem die Akzise
erhebenden Mitgliedstaat erworben wurden, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen
geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im
Ausgangsverfahren fragliche Regelung, insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung des Finanzministers vom 22. April 2004 über die Senkung der
Akzisesätze, eine solche Folge hat. Art. 28 EG ist auf eine vereinfachte Anmeldung, wie sie Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 23. Januar 2004 über die
Akzise vorsieht, nicht anwendbar und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/ 12/ EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die
Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren steht einer solchen Anmeldung nicht entgegen, wenn die in Frage stehende Regelung dahin
ausgelegt werden kann, dass die Anmeldung ab Erlangung des Rechts, als Eigentümer über einen Personenkraftwagen zu verfügen, und spätestens mit dessen
Zulassung im Inland nach der Straßenverkehrsordnung vorgenommen werden muss (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-313/05).
Einfuhrumsatzsteuer
Siehe dazu unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Einfuhrumsatzsteuer".
Einheitliche Europäische Akte (EEA)
Die Verabschiedung der EEA erfolgte am 28.02.1986. Sie trat am 01.07.1987 in Kraft. Durch die EEA ist die Verwirklichung des Europäischen Binnenmarktes
als Vertragsziel in den EWG-Vertrag aufgenommen worden. Außerdem wurde die Gemeinschaftstätigkeit auf weitere Politikbereiche ausgedehnt.
Einkünfte aus Kapitalvermögen
Siehe unter „Kapitalverkehrsfreiheit".
Einreiserecht
Ein Wanderarbeitnehmer darf in den Beschäftigungsstaat einreisen. Ihm steht ein Einreiserecht zu (Art. 39 III EG, RL 68/360; AufenthaltsG/EWG).
Einstweiliger Rechtsschutz
Sie unter "Aufschiebende Wirkung".
Einwanderung - illegal
Die Kommission verabschiedete am 20.01.2006 die Entscheidung des Rates zur Einrichtung eines sicheren internetgestützten Informations- und
Koordinierungsnetzes für die Migrationsbehörden der Mitgliedstaaten (2005/267/EG) (ICONET). Durch dieses Netz soll der Informationsaustausch über
illegale Zuwanderungsströme, illegale Einreise und Einwanderung und die Rückführung von Personen mit rechtswidrigem Aufenthalt intensiviert werden, um
die illegale Einwanderung und den Menschenhandel besser bekämpfen zu können. Mit der Verabschiedung verpflichtet sich die Kommission, zu mehreren
praktischen Einzelfragen Durchführungsmaßnahmen zu erlassen. Hierzu hat sie bereits Verfahrensvorschriften festgelegt, die den Zugang zum ICONET, die
Speicherung, Änderung, Übermittlung und Löschung von Informationen sowie die Vertraulichkeit solcher Informationen betreffen. Ein Austausch
personenbezogener Daten ist über das Netz aus technischen und rechtlichen Gründen zumindest derzeit nicht vorgesehen.
Einzelermächtigung
Siehe unter "Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung".
Empfehlungen
Empfehlungen und Stellungnahmen gehören zum sekundären Gemeinschaftsrecht. Die Empfehlung ist ein unverbindlicher Rechtsakt der Gemeinschaft.
Empfehlungen begründen für ihre Empfänger keine Rechte und Pflichten (Art. 249 IV EG).
Die Kommission ist auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in den Verträgen berechtigt, auf den Gebieten des Gemeinschaftsrechts Empfehlungen und
Stellungnahmen abzugeben (Art. 211 EG).
Empfehlungen und Stellungnahmen können nicht Gegenstand von Klagen natürlicher oder juristischer Personen sein.
Empfehlungen und Stellungnahmen können die Mitgliedsstaaten zu einem Handeln veranlassen. Außerdem können sie für die Auslegung und Anwendung des
nationalen Rechts von Bedeutung sein. Deswegen handelt es sich bei Stellungnahmen und Empfehlungen um Handlungen im Sinne des Art. 234 I b EG.
Siehe auch unter „Rechtsetzungsakte".
Entgeltlichkeit der Dienstleistung
Eine Dienstleistung muss entgeltlich sein. Es muss sich bei der zugrundeliegenden Tätigkeit um einen Teil des Wirtschaftslebens handeln. Entgelt ist eine
Gegenleistung für eine mit Gewinnerzielungsabsicht durchgeführte wirtschaftliche Tätigkeit.
Entscheidung
Eine Entscheidung betrifft einen konkreten Einzelfall und gilt nur für ihren Adressaten (Art. 249 IV EG).
Die Entscheidung muss von der Verordnung abgegrenzt werden. Die Verordnung regelt eine unbestimmte Vielzahl von Sachverhalten generell und abstrakt.
Die Verordnung gilt in allen Mitgliedsstaaten. Die Entscheidung ist in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, die sie bezeichnet. Adressaten einer
Entscheidung können sowohl die Mitgliedsstaaten als auch natürliche und juristische Personen sein.
Die Entscheidung ist im Hinblick auf ihre Verbindlichkeit darauf gerichtet, Rechtswirkungen zu erzeugen. Sie gewährt dem Adressaten Rechte. Außerdem
werden ihm Pflichten auferlegt.
Die Verbindlichkeit der Entscheidung gilt für denjenigen, den die Entscheidung als Adressat bezeichnet.
Die Entscheidung ist in allen ihren Teilen verbindlich. Es wird auch von der so genannten Gesamtverbindlichkeit gesprochen. Demgegenüber ist z.B. die
Richtlinie nur hinsichtlich ihrer Zielvorgabe verbindlich.
Entscheidungen können sich an bestimmte Staaten richten und die Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten enthalten, dem Einzelnen eine günstigere
Rechtsstellung einzuräumen. In solchen Fällen muss der Entscheidungsinhalt in innerstaatliches Recht umgesetzt werden.
Es gibt aber auch staatengerichtete Entscheidungen, die unter den gleichen Voraussetzungen wie Richtlinien unmittelbar anwendbar sein können.
Siehe auch unter „Rechtsetzungsakte".
Zur Wirkung von Entscheidungen hat der EuGH folgendes ausgeführt:
„ ... Wie der Gerichtshof im Urteil vom 6. 10. 1970 in der Rechtssache 9/70 (Grad, Slg. 1970, 825 Rn. 5) entschieden hat, wäre es mit der den Entscheidungen
durch Art. 189 zuerkannten verbindlichen Wirkung unvereinbar, grundsätzlich auszuschließen, dass betroffene Personen sich auf die in der Entscheidung
vorgesehene Verpflichtung berufen können.
In diesem Urteil hat der Gerichtshof außerdem entschieden, dass eine Bestimmung einer an einen Mitgliedstaat gerichteten Entscheidung diesem Mitgliedstaat
entgegengehalten werden kann, wenn sie ihrem Adressaten eine unbedingte und hinreichend klare und genaue Verpflichtung auferlegt. Die Tatsache allein, dass
eine Entscheidung es den Mitgliedstaaten, an die sie gerichtet ist, erlaubt, von klaren und genauen Bestimmungen dieser Entscheidung abzuweichen, kann
diesen Bestimmungen nicht die unmittelbare Wirkung nehmen. So können derartige Bestimmungen unmittelbare Wirkung haben, wenn die Inanspruchnahme
der insoweit eingeräumten Abweichungsmöglichkeiten einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich ist (s. im gleichen Sinne Urt. v. 04.12.1974 in der
Rechtssache 41/74, Van Duyn, Slg. 1974, 1337 Rn. 7). ...
Sind genaue und unbedingte Bestimmungen einer an die Mitgliedstaaten gerichteten Entscheidung aber innerhalb einer bestimmten Frist zur Anwendung zu
bringen, so kann sich der einzelne ggü. einem Mitgliedstaat nur dann auf diese Bestimmungen berufen, wenn der Mitgliedstaat die Entscheidung bei Ablauf der
vorgesehenen Frist nicht oder nicht ordnungsgemäß zur Anwendung gebracht hat.
Die dem einzelnen eingeräumte Möglichkeit, sich ggü. den Mitgliedstaaten auf eine an diese gerichtete Entscheidung zu berufen, beruht nämlich darauf, dass
die Entscheidung für ihre Adressaten verbindlich ist. Wenn also die Entscheidung den Mitgliedstaaten eine bestimmte Frist einräumt, um den sich aus ihr
ergebenden Verpflichtungen nachzukommen, kann sich der einzelne ggü. den Mitgliedstaaten nicht vor Ablauf dieser Frist auf sie berufen. ...
Es steht jedem Mitgliedstaat frei, die Zuständigkeiten auf innerstaatlicher Ebene zu verteilen und die nicht unmittelbar anwendbaren Gemeinschaftsrechtsakte
mittels Maßnahmen regionaler oder örtlicher Behörden durchzuführen, sofern diese Zuständigkeitsverteilung eine ordnungsgemäße Durchführung der
betreffenden Gemeinschaftsrechtsakte ermöglicht. ..." (MDR 1993, 1139)
Entscheidungsmonopol
Siehe unter "Auslegungsmonopol". Der EuGH verfügt über ein Entscheidungsmonopol hinsichtlich der letztverbindlichen Auslegung und Ungültigerklärung
von Gemeinschaftsrecht (vgl. 234 II, III EG).
Entwicklung der EU
Siehe unter „Staatsziel".
ERASMUS
Siehe unter „Austauschprogramme".
Erbrecht - Grünbuch
Am 21.11.2005 fand im Parlament eine öffentliche Anhörung zum Grünbuch der Kommission zum Erb- und Testamentsrecht statt. Nach der Begrüßung und
Einführung durch den Vorsitzenden und Berichterstatter Giuseppe Gargani folgten Beiträge von Sachverständigen aus Bari, Köln, London, Paris und Wien. Es
bestand größtenteils Konsens darüber, dass das internationale Erbrecht durch Harmonisierung der Kollisionsnormen und der Regelungen für den Mobiliar- und
Immobiliarnachlass vereinheitlicht werden solle. Überdies sprachen sich die Sachverständigen für eine Einführung des europäischen Erbscheins aus. Unklar
war, ob als Anknüpfungspunkt der letzte gewöhnliche Aufenthaltsort, der Wohnsitz oder die Staatsangehörigkeit gewählt werden solle. Es wurde ein Wahlrecht
des Erblassers vorgeschlagen. Aus Wien kamen Warnungen bzgl. des Vorhabens der Kommission: es solle nicht mehr eingegriffen werden als unbedingt nötig,
da das Nebeneinander von unterschiedlichen nationalen Erbrechtsordnungen gut funktioniere. Die Kommission wird Anfang 2006 eine Expertengruppe zu
diesem Thema einrichten.
Ermessensmissbrauch
Beim Ermessensmissbrauch handelt es sich um eine Rechtsfehlerquelle. Ermessen ist nach dem Gemeinschaftsrecht jeder durch eine Rechtsnorm den
Gemeinschaftsorganen eingeräumter Entscheidung- und Beurteilungsspielraum.
Ein Ermessensmissbrauch liegt vor, wenn das handelnde Gemeinschaftsorgan aus einem schwerwiegenden, einer Verkennung des gesetzlichen Zwecks
gleichkommenden Mangel an Voraussicht oder Umsicht andere als diejenigen Ziele verfolgt hat, zu deren Erreichung ihm die im Vertrag vorgesehene Befugnis
übertragen wurde.
Der Begriff des Ermessensmissbrauchs wird sehr eng ausgelegt.
Ernennungsverfahren der EU-Kommission
Siehe unter „Kommissare (der EU-Kommission) - Ernennungsverfahren der EU-Kommission".
Erneuerbare Energien
Die Europäische Kommission hat am 26. Mai 2004 eine Mitteilung zu erneuerbaren Energien in der Europäischen Union vorgelegt. Gemäß der Richtlinie
2001/77/EG sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, nationale Ziele zu setzen, um erneuerbare Energien zu fördern und die gemeinschaftlich gesetzten Ziele bis
2010 in diesem Bereich zu erreichen. In der Mitteilung „Der Anteil erneuerbarer Energien in der EU" kommt die Kommission nun zum Ergebnis, dass die
bisher eingeleiteten Programme der Mitgliedstaaten nicht ausreichen, um die bis 2010 gesetzten Ziele zu erreichen. Dazu gehört beispielsweise die Erreichung
des Ziels den Verbrauch erneuerbarer Energien im Verhältnis zum gesamten Energieverbrauch auf 12 % zu erhöhen. Die Kommission schlägt sowohl
einzelstaatliche als auch EU-Maßnahmen vor und ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, eine adäquate Finanzhilfe, z. B. durch Steuerbefreiungen, für die
erneuerbaren Energiequellen zu bieten.
Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten
Ein Rechtsanwalt, der in einem Mitgliedsstaat niedergelassen ist, kann vor einem Gericht eines anderen Mitgliedsstaates als Rechtsanwalt auftreten. Dabei
muss er im Einvernehmen mit einem weiteren Rechtsanwalt handeln, der im Mitgliedsstaat des Prozessgerichtes zugelassen ist.
Obsiegt die Partei, die der Anwalt aus dem anderen Mitgliedsstaat vertreten hat, so muss die unterlegene Partei die Kosten der Dienstleistungen erstatten. Die
Kostenerstattung ist jedoch auf die Höhe der Kosten begrenzt, die bei Vertretung durch einen im Land des Prozessgerichtes niedergelassenen Anwaltes
angefallen wären.
In einem solchen Fall muss die unterlegene Partei zum einen die Kosten des Anwalts aus dem anderen Mitgliedsstaat und die Kosten des am Prozessgerichts
niedergelassenen Rechtsanwaltes erstatten (vgl. EuGH NJW 2004, 833 ff.).
EU-Gemeinschaftspatente
Siehe unter „Patente".
EU-Grundrechtscharta
Der Europäische Rat (die Staats- und Regierungschefs der EU) hatte auf dem Kölner Gipfel im Juni 1999 die Einrichtung eines Gremiums beschlossen, das bis
Ende 2000 einen Entwurf für eine EU-Grundrechtscharta erarbeiten sollte. Dieses Gremium umfasste 62 Persönlichkeiten und setzte sich zusammen aus
- 16 Mitgliedern des Europäischen Parlaments,
- jeweils einem Vertreter der bis dato 15 Regierungen der EU- Mitgliedstaaten,
- je zwei Mitgliedern der nationalen Parlamente und
- einem Vertreter der Europäischen Kommission.
Siehe unter „Charta der Grundrechte".
EU-Internetportal für Verbraucher
http://www.dolceta.eu/
EU-Patente
Siehe unter „Patente".
EU-Recht (Recht der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften)
Das Recht der Europäischen Gemeinschaften unterteilt sich in das sog. primäre und das sog. sekundäre bzw. abgeleitete Gemeinschaftsrecht.
EUR-Lex
EUR-Lex bietet einen unmittelbaren und kostenlosen Zugang zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union: http://eur-lex.europa.eu/de/index.htm.
Siehe auch unter „http://de.wikipedia.org/wiki/EUR-Lex".
Euro-Links
Euro-Links (Links zum Euro mit chronologischer Übersicht zur Geschichte des Euro)
Europagedanke
Als Grundlagen des Europagedankens können
- der Gedanke der Friedenssicherung,
- die Projekte, hinter denen in erster Linie Eigeninteressen standen (Wiedergewinnung des Heiligen Landes; Abwehr der Türkengefahr, worin allerdings
zeitweise ein wenigstens Teile Europas umfassendes Bündnis gesehen werden kann),
- bis hin zu Immanuel Kants „Zum ewigen Frieden" (1795) und
- Victor Hugos „Vision von den Vereinigten Staaten von Europa" (1849) gesehen werden.
Triebfeder der Zusammenarbeit der Europäischen Staatengemeinschaft ist aber auch von Anfang an das massive wirtschaftliche Interesse großer Konzerne an
ungehinderter Expansion ohne Handels- und Zollschranken.
Europa im Überblick
Siehe unter „http://www.anwaltverein.de/bruessel/europa.html"
Europäische Gemeinschaft(en) (EG)
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Gemeinschaft" und „http://europa.eu/scadplus/glossary/eu_communities_de.htm".
Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Gemeinschaft_für_Kohle_und_Stahl".
Europäische Investitionsbank (EIB)
Die Europäische Investitionsbank gehört zum institutionellen System der Europäischen Gemeinschaft. Aufgabe der Europäischen Investitionsbank ist es,
Kapital anzusammeln und dieses für Investitionen Dritter in weniger entwickelten Gebieten der Gemeinschaft einzusetzen (Art. 9, 266 f. EG).
Europäische Kommission
Siehe unter „Kommission".
Europäischer Bürgerbeauftragter
Bürger der Mitgliedsstaaten können sich bei dem EU-Bürgerbeauftragten beschweren: http://www.ombudsman-europa.eu.
Europäischer Datenschutzbeauftragter
Siehe unter „http://www.edps.eu.int"
Europäischer Gerichtsatlas
Europäischer Gerichtsatlas (Namen und Adressen aller in Zivil-und Handelssachen zuständigen Gerichte der Mitgliedsstaaten mit Gerichtsbereich, auf den sich
die Gerichtsbarkeit erstreckt)
Europäischer Gerichtshof (EuGH)
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Europäischer_Gerichtshof" sowie „EuGHG".
Europäischer Gerichtshof (EuGH) - praktische Anweisungen - Ausführungsgesetz nichtig
Der EuGH veröffentlichte am 8. Dezember 2004 im Amtsblatt praktische Anweisungen zur Einreichung von Schriftsätzen sowie zu Vorbereitung und Ablauf
von Sitzungen beim EuGH. Hierdurch soll es der Anwaltschaft erleichtert werden, die notwendigen Verfahrensvorschriften des EuGH, insbesondere bzgl. der
Form und des notwendigen Inhalts bei Klage- und Rechtsmittelschriften, einzuhalten.
Europäischer Haftbefehl
Das Gesetz zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten der
Europäischen Union (Europäisches Haftbefehlsgesetz - EuHbG) vom 21. Juli 2004 (Bundesgesetzblatt I Seite 1748) verstößt gegen Artikel 2 Absatz 1 in
Verbindung mit Artikel 20 Absatz 3, Artikel 16 Absatz 2 und Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes und ist nichtig (BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2005 - 2 BvR 2236 /04 -
Pressemitteilung Nr. 64/2005 vom 18. Juli 2005 - Volltext: http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20050718_2bvr223604.html).
Siehe auch unter „Haftbefehl" sowie
„http://www.kanzlei-doehmer.de/strafrechtslexikon.htm",
„http://www.kanzlei-doehmer.de/webdoc65.htm",
„http://de.wikipedia.org/wiki/Europäischer_Haftbefehl" und
„http://europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/l33167.htm".
Europäischen Konvent
Siehe unter „Charta der Grundrechte".
Europäischer Rat
Im Europäischen Rat (http://ue.eu.int/de/info/eurocouncil/index.htm) kommen die Staats- und Regierungschefs der fünfzehn Mitgliedstaaten der Europäischen
Union sowie der Präsident der Europäischen Kommission zusammen (Art. 4 EU). Er ist weder zu verwechseln mit dem Europarat (einer internationalen
Organisation) noch mit dem Rat der Europäischen Union (Rat). Der Europäische Rat ist Teil des Rates der Europäischen Union.
Der Europäische Rat ist das oberste Entscheidungsgremium der Union. Er "gibt der Union die für ihre Entwicklung erforderlichen Impulse und legt die allgemeinen politischen Zielvorstellungen für diese Entwicklung fest", so heißt es im Artikel 4 des Vertrages über die Europäische Union. Die Bildung des Rates erfolgte, um wesentliche Fragen der europäischen Einigung zu lösen, Grundsätze der Außenpolitik zu bestimmen und weitere Bereiche der Zusammenarbeit festzulegen.
Die Ratsmitglieder, die Staats- und Regierungschefs und Präsidenten der Europäischen Kommission werden von den Ministern für auswärtige Angelegenheiten
der Mitgliedstaaten und einem Mitglied der Kommission unterstützt (Art. 4 II 2 EU). Der Europäische Rat tritt mindestens zweimal jährlich zusammen, meist
im Juni und Dezember, und zwar unter dem Vorsitz des Staats- oder Regierungschefs desjenigen Mitgliedstaats, der im Rat der Europäischen Union den
Vorsitz innehat (Art. 4 II 3 EU). Die Schlussfolgerungen des Vorsitzes werden zum Abschluss der Tagung des Europäischen Rates veröffentlicht.
***
Der Druck auf den Rat, seinen Entscheidungsfindungsprozess transparenter zu gestalten und seine Dokumente der Öffentlichkeit besser zugänglich zu machen
nimmt zu. Am 25. 01.2006 legte der spanische grüne Europaabgeordnete David Hammerstein Mintz dem Petitionsausschuss des Europäischen Parlaments
einen Entwurf für eine so genannte Resolution des Parlaments vor. Darin kritisiert er, dass der Rat als wichtigstes Organ der europäischen Gesetzgebung hinter
verschlossenen Türen tagt. Dies würde der gerade von der EU stets unterstützen Forderung nach mehr Demokratie zuwider laufen. Durch die Resolution soll
vor allem die Ratspräsidentschaft aufgefordert werden, sich dafür einzusetzen, dass künftig Ratstreffen öffentlich abgehalten werden.
Europäischer Rechnungshof
Der Europäische Rechnungshof ist eine unabhängige Rechnungsprüfungsbehörde. Er prüft die Rechtmäßigkeit und Ordnungsmäßigkeit aller Einnahmen und
Ausgaben der Gemeinschaft und überzeugt sich von der Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung. Nach Abschluss eines jeden Haushaltsjahres veröffentlicht
der Rechnungshof einen Rechnungsprüfungsbericht.
Der Rechnungshof besteht aus 15 Mitgliedern, je eines aus jedem EU-Mitgliedstaat. Die Mitglieder werden vom Rat nach Anhörung des Europäischen
Parlaments auf sechs Jahre ernannt (vier durch Los bestimmte Mitglieder erhalten jedoch bei der ersten Ernennung ein auf vier Jahre begrenztes Mandat). Sie
üben ihre Tätigkeit in voller Unabhängigkeit aus.
Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen
Siehe unter „http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/index_de.htm".
Europäisches Mahnverfahren
Das Europäische Parlament stimmte am 13.12.2005 über den Verordnungsvorschlag zum Europäischen Mahnverfahren ab. Dieser Verordnungsvorschlag sieht
vor, dass durch einen europäischen Zahlungsbefehl unbestrittene Forderungen des Zivil- und Handelsrechts EU-weit vereinfacht beigetrieben werden.
Erfreulicherweise wird dieses Mahnverfahren nur auf bestimmte Forderungen aus grenzüberschreitenden Zivil- und Handelssachen Anwendung finden (s.
Abänderung 38) und nicht auch wie im Kommissionsvorschlag vorgesehen war auf innerstaatliche Sachverhalte. Der Verordnungstext enthält auch, dass ein
mittels eines Standardformulars zu stellender Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls in einem automatisierten Verfahren überprüft werden
kann. Da sich das Parlament mit dem Rat im Vorfeld über die Abänderungen geeinigt hat, ist davon auszugehen, dass der Rat keine weiteren Veränderungen
vornehmen und die Verordnung schnell erlassen wird.
Europäisches Netz für die außergerichtliche Beilegung grenzübergreifender Verbraucherrechtsstreitigkeiten (EEJ-Net)
Das EEJ-Net ist ein europäisches Netz für die außergerichtliche Streitbeilegung in den EU- und EWR-Ländern. Es dient dem Informationsaustausch und der
Unterstützung von Verbrauchern, die mit Hilfe dieses Netzes ihre verbraucherrechtlichen Streitigkeiten mit Gewerbetreibenden in anderen Mitgliedstaaten
beilegen können. Den Verbrauchern in EU und EWR soll insbesondere bei grenzüberschreitenden Streitfällen betreffend den elektronischen Geschäftsverkehr
das Geltendmachen ihrer Rechte erleichtert werden. Diesem Ziel dient die Vernetzung der verschiedenen Stellen für außergerichtliche Streitbeilegung in den Mitgliedstaaten.
Siehe unter „http://www.eejnet.org".
Europäisches Parlament
Siehe unter „http://www.europarl.de/" und „http://de.wikipedia.org/wiki/Europäisches_Parlament".
Europäisches Schadstoffemissionsregister (EPER)
Siehe unter „Schadstoffemissionsregister".
Europäisches System der Zentralbanken
Das Europäische System der Zentralbanken (ESZB) besteht aus der Europäischen Zentralbank (EZB) und den elf Notenbanken der Teilnehmerstaaten der EWU
(siehe nachstehende Abbildung).
Der zweistufige und föderale Aufbau des ESZB entspricht dem früheren Verhältnis zwischen der deutschen Bundesbank und den Landeszentralbanken in
Deutschland: Die Zentralbank besitzt Weisungsbefugnis in allen wichtigen währungs- und geldpolitischen Fragen. Die jeweiligen Notenbanken verfügen
lediglich über eine ausführende Funktion. So sind die nationalen Notenbanken beispielsweise berechtigt, mit Genehmigung der Zentralbank Euro-Banknoten
auszugeben. Euro-Münzen können auch in eigener Regie geprägt werden. Der Wert der umlaufenden Münzen wird jedoch von der EZB in Frankfurt a. M.
bestimmt, um zu verhindern, dass einzelne Mitgliedstaaten gegen den Willen der Zentralbank die Geldmenge innerhalb der Währungsgemeinschaft erhöhen.
Das ESZB wird von den Beschlussorganen der EZB, der Europäischen Zentralbank , geleitet.
Oberstes Gremium des ESZB ist der Rat der Europäischen Zentralbank ( EZB-Rat ). In ihm ist neben den elf Notenbankpräsidenten auch das Direktorium der
EZB vertreten.
Das ESZB ist ein unabhängiges System . Bei der Wahrnehmung der Aufgaben im Rahmen des ESZB darf weder die EZB noch eine Nationale Zentralbank
(NZB), noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane Weisungen von externen Stellen einholen oder entgegennehmen.
Europäische Union (EU)
Die besteht derzeit aus 15 Ländern: Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg,
Niederlande, Österreich, Portugal, Schweden und Spanien.
Ab dem 01.05.2004 werden 10 weitere Länder der EU angehören: Estland (http://www.riik.ee/), Lettland (http://www.am.gov.lv/e/), Litauen
(http://www.lrvk.lt/anglu/home_anglo.htm), Malta (http://www.magnet.mt/), Polen (http://www.msz.gov.pl/), Slowakien
(http://www.foreign.gov.sk/En/index.html), Slowenien (http://www.sigov.si/), Tschechische Republik (http://www.czech.cz/), Ungarn
(http://www.mfa.gov.hu/) und Zypern (http://kypros.org/PIO/).
Seit dem Gipfel der Staats- und Regierungschefs der EG-Staaten 1972 wurde von den Europäischen Gemeinschaften (EG) die Europäische Union angestrebt.
Die EU wurde jedoch erst durch die Maastrichter Verträge (Maastrichter Verträge) konkretisiert. Durch diese erfolgte der Zusammenschluss von Europäischer
Politischer Zusammenarbeit, Wirtschafts- und Währungsunion, Europäischen Gemeinschaften und innen- und justizpolitischer Zusammenarbeit.
Die EU verfügt über keine eigenen Organe. Sie bedient sich der Organstruktur der Europäische Gemeinschaften (EG). Dennoch ersetzt die Abkürzung "EU"
zunehmend - auch bei den EG-Organen - das bisherige Kürzel "EG". Bildlich gesehen ist die EU das gemeinsame Dach für die bisherigen Europäischen
Gemeinschaften und die Zusammenarbeit der Regierungen auf den neuen Politikfeldern.
Es haben vier Erweiterungsrunden stattgefunden. Im Jahr 1973 traten Dänemark, Großbritannien und Irland bei, 1981 Griechenland, 1986 Spanien und Portugal
und zuletzt 1995 Österreich, Schweden und Finnland. Mit einer Reihe von Staaten werden Beitrittsverhandlungen geführt.
Die institutionelle Reform der EU stand im auf dem EU-Gipfel im Dezember 2000 in Nizza auf der Tagesordnung. Folgende Themen wurden verhandelt: Stimmgewichte der Mitgliedsländer im Rat, die Ausdehnung von Mehrheitsentscheidungen, Größe und Zusammensetzung des Europäischen Parlaments und Größe und Zusammensetzung der Kommission.
Ein wichtiger und schwieriger Verhandlungspunkt war die Neugewichtung der Stimmen im Rat der Europäischen Union (Ministerrat). Die Stimmen der
einzelnen Mitgliedstaaten wurden neu verteilt und Mehrheitsentscheidungen ausgeweitet. Deutschland hat künftig die selbe Stimmenzahl (29) wie Frankreich,
Italien und Großbritannien. Spanien erhält 27, die Niederlande 13 Stimmen.
Ein Vielzahl von Entscheidungen wird gegenwärtig nach dem Einstimmigkeitsprinzip betroffen. Das führt unter nur fünfzehn EU-Ländern zu zähen
Verhandlungen und schlechten Kompromissen, weil jede Nation mit einem Veto drohen kann. Nach den Beschlüssen von Nizza sollen in Zukunft
Mehrheitsentscheidungen für 35 von über 70 Gebieten der EU-Politik möglich sein. Entscheidungen sind allerdings nur dann gültig, wenn die Mehrheit auch
mindestens 62 Prozent der Bevölkerung umfasst. In zentralen Bereichen der EU-Politik wie der Asyl- und Einwanderungs-, der Steuer- und Strukturpolitik gilt
auch in Zukunft ein Vetorecht der einzelnen Staaten.
Mit der Erweiterung der EU werden im Europäischen Parlament die Sitze neu verteilt. Alle bisherigen Mitgliedstaaten erhalten zukünftig weniger Sitze, nur die
Anzahl der Sitze Deutschlands bleibt mit 99 unverändert.
Die EU-Kommission zählt zurzeit 20 Mitglieder, von denen die großen Länder Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien und Deutschland jeweils zwei
Kommissare stellen. Ab dem Jahr 2005 soll die Regelung "ein Land, ein Kommissar" gelten. Ist die Union auf 27 Mitglieder angewachsen, soll über eine
Verkleinerung der Kommission verhandelt werden.
Europäische Währungsunion (EWU)
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Wirtschafts-_und_Währungsunion".
Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG)
Siehe unter „http://www.europaeische-wirtschaftsgemeinschaft.de/" und „http://de.wikipedia.org/wiki/Europäische_Wirtschaftsgemeinschaft".
Europäische Zentralbank (EZB)
Die Europäische Zentralbank gehört zum institutionellen System der Gemeinschaft. Die Europäische Gemeinschaft hat ihren Sitz in Frankfurt am Main. Sie
nahm ihre Tätigkeit am 01.07.1998 auf. Die Europäische Zentralbank regelt unabhängig von Weisungen und mit Rechtssetzungsbefugnissen ausgestattet die
Geldpolitik der Gemeinschaft (Art. 8, 105 ff. EG). Die EZB kann den EuGH im Wege der Nichtigkeitsklage anrufen (Art. 230 III EG). Die EZB kann darüber
hinaus vor dem EuGH verklagt werden (Art. 230 I EG).
Europaplan
Der Europagedanke, wie er vom Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert in vielen Schattierungen entwickelt wurde, war im 1. Weltkrieg untergegangen. Danach
war am bedeutsamsten der Europaplan des französischen Außenministers Aristide Briand, der zwar auch von französischem Eigeninteresse getragen wurde,
aber darüber sicher hinausging.
Europarecht - Begriff
Unter Europarecht wird in der Lehre das Recht der europäischen internationalen Organisationen verstanden. Als spezielles Rechtsgebiet hat sich wegen seiner
großen praktischen Bedeutung, aber auch wegen seiner Besonderheiten, das Recht der Europäischen Gemeinschaften (EG, EAG sowie bis 2002 die EGKS)
herausgebildet, die heute die Grundlage der Europäischen Union bilden (Art. 1 III 1 EU).
Europarecht - Links
http://conventions.coe.int (Vertragssuche)
http://conventions.coe.int/treaty/EN/news.htm (Neuigkeiten)
http://curia.eu.int/ (Rechtsprechungsindex)
http://curia.eu.int/jurisp/html/de/calend.htm (Entscheidungskalender des EuGH)
http://europa.eu.int/cj/de/index.htm (Gerichtshof und Gericht erster Instanz)
http://europa.eu.int/comm/competition/ (Wettbewerb)
http://europa.eu.int/comm/dgs_de.htm (Die Generaldirektionen und Dienste der Europäischen Kommission)
http://europa.eu.int/comm/justice_home/ejn/index_de/htm (Justizielles EU-Netzwerk - Klagen - Zivilverfahren)
http://europa.eu.int/en/record/mt/top.html (Treaty on European Union)
http://europa.eu.int/eur-lex (EUR-Lex Internetportal - Amstblatt, Verträge, Gesetzgebungsvorhaben, Dokumente)
http://europa.eu.int/eur-lex/de/oj/index.htm (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften)
http://europa.eu.int/eur-lex/de/search.html (Suchen auf dem Server der Europäischen Union)
http://europa.eu.int/eur-lex/de/search/index.html (Suchen auf dem Server der Europäischen Union)
http://europa.eu.int/eur-lex/lex/de/index.htm (Dokumentensuchdienst EUR-LEX und CELEX Datenbank)
http://europa.eu.int/index-de.htm (Server der Europäischen Union)
http://europa.eu.int/inst-de.htm (Die Institutionen der Europäischen Union)
http://europa.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de (Neueste Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts I. Instanz - EuGH)
http://europa.eu.int/rapid/start/welcome.htm (The Press and Communication Service of the European Commission)
http://stars.coe.int (Parlamentarische Versammlung)
http://www.coe.fr/cm (Ministerkommitee)
http://www.coe.int (Portal des Europarates)
http://www.dhcour.coe.fr.hudoc/ (Human Rights Documentation)
http://www.echr.coe.int (Gerichtshof für Menschrechte)
http://www.eudor.com (Datenbank)
http://www.euro-anwalt.de (Europäische Rechtsakte und nationale Gesetze)
http://www.euro-office.de (Hintergründe und Neues zum Euro)
http://www.europa.eu.int (Internet-Server der EU-Kommission - EUR-Lex)
http://www.eu-kommission.de (Europa Direkt)
http://www.thueringen.de (Europa-Lexikon)
http://www.uni-duesseldorf.de/WWW/Jura/kokott/rave/ (Europa- und Völkerrecht)
Europawahlen
Alle fünf Jahre werden Wahlen zum Europäischen Parlament abgehalten. Im Juni 1999 fanden die V. Europawahlen statt. Jeder Bürger der Union hat am
Wohnsitz das aktive und passive Wahlrecht, unabhängig von der Staatsangehörigkeit. In Deutschland waren am 13. Juni 1999 über 62 Millionen
Wahlberechtigte zu den Urnen gerufen. Deutschland entsendet 99 der insgesamt 626 Abgeordneten. Die Abgeordneten schließen sich in übernationalen
Fraktionen zusammen, die den Abgeordneten aus allen Mitgliedsländern offen stehen. Größte und einflussreichste Fraktionen sind die der
Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE) und der Europäischen Volkspartei (EVP Christlich-Demokratische Fraktion).
Europol
Kontaktadresse: Europol, Raamweg 47, PO Box 90850, NL-2509 LW Den Haag, Tel. +31 70 302 5 302, Fax. +31 70 345 5 896,
http://www.europol.europa.eu/
Siehe auch unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Europol".
EU-Verfassung
Siehe unter „Verfassung"
Exekutivrechte
Die Gemeinschaft besitzt ausnahmsweise Vollzugsbefugnisse (vgl. Art. 32 ff., 85, 88 EG). Die Vollziehung des Gemeinschaftsrechts ist in diesen Fällen
Aufgabe der Kommission, die als Verwaltungsorgan tätig wird. In der Regel ermächtigt der Rat die Kommission zur Durchführung der vom Rat erlassenen
Rechtsakte (Art. 211, 202 EG). Die Kommission darf die notwendigen Durchführungsmaßnahmen treffen. Dabei bedient sie sich der Möglichkeiten des Art.
249 EG. Die Kommission erlässt insbesondere sog. Durchführungsverordnungen. Die Durchführungsmaßnahmen der Kommission müssen rechtmäßig im
Sinne des Ermächtigungsaktes des Rates sein.
EZB
Siehe unter „Europäisches System der Zentralbanken"
F
Familienleistungen
Grundsätzlich ist der Beschäftigungsstaat des Antragstellers vorrangig für die Gewährung von Familienleistungen zuständig, wenn ein Arbeitnehmer Anspruch
auf die gleichen Familienleistungen sowohl in dem Staat hat, in dem er arbeitet, als auch in dem Staat, in dem er mit seiner Familie wohnt. Eine Ausnahme von
diesem Grundsatz liegt vor, wenn eine Person, die das Sorgerecht für die Kinder hat - im vorliegenden Fall der Ehegatte - , eine Erwerbstätigkeit in dem
Mitgliedstaat ausübt, in dem die Familie wohnt. Dies ergibt sich aus einer Wertung des Art. 10 Abs. 1 b) Ziffer i) der Verordnung 574/72/EWG über die
Durchführung der Verordnung 1408/71/EWG, welche die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und deren Familien, die innerhalb
der Gemeinschaft zu- und abwandern, regelt. Im konkreten Fall führt dies dazu, dass eine österreichische Arbeitnehmerin, die mit ihrer Familie in Deutschland
wohnt, einen Anspruch auf Kindergeld sowohl in Deutschland als auch in Österreich hat, Deutschland jedoch vorrangig die Leistung gewähren muss. Die
Gewährung im Beschäftigungsmitgliedstaat ruht (EuGH, Urteil vom 07.06.2005 - Vorabentscheidungsverfahren Dodl u.a. / Tiroler Gebietskrankenkasse - Rs.
C - 543/03).
Fernabsatz
Automietverträge, die im Fernabsatz, d. h. unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln, wie zum Beispiel per E-Mail, geschlossen
wurden, sind von der Ausnahmevorschrift des Art. 3 II der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz erfasst.
Daraus folgt, dass diese Verträge vom Verbraucher nicht innerhalb einer Frist von sieben Tagen ohne Angabe von Gründen und ohne Strafzahlung widerrufen
werden können (Art. 6 der Richtlinie). Nach Art. 3 II der Richtlinie gilt dieses Widerrufsrecht nämlich unter anderem nicht für Verträge über die Erbringung
von Dienstleistungen im Bereich der Beförderung. Nach Ansicht des EuGH ist der Begriff „Beförderung" dahingehend auszulegen, dass hierdurch nicht nur die
Verbringung von Personen oder Waren von einem Ort zu einem anderen, sondern auch das bloße Bereitstellen eines Beförderungsmittels erfasst wird (EuGH,
10.03.2005, Vorabentscheidungsverfahren easyCar (UK) Ltd./. Office of Fair Trading - Rs.C-336/03).
Finnland
http://www.finlex.fi/en/
Fluggastdatensätze
Generalanwalt Léger legte am 22.11.2005 seine Schlussanträge in den Rechtssachen C-317/04 und C-318/04 vor. Er schlägt vor, die Entscheidungen der
Kommission und des Rates über die Ermittlung von Fluggastdatensätzen an die amerikanischen Behörden für nichtig zu erklären, da sie auf keiner
ausreichenden Rechtsgrundlage beruhen. Weder Kommission noch Rat seien zum Erlass ihrer Rechtsakte berechtigt gewesen.Damit wurde dem Ziel des
Parlaments und auch des Rates der europäischen Anwaltschaften (CCBE), rechtsstaatliche Grundwerte zum Zwecke der Terrorismusbekämpfung nicht
übermäßig einzuschränken, Rechnung getragen. Zum Thema Terrorismusbekämpfung und Rechtsstaat hat der CCBE bei seiner Vollversammlung in Paris eine
Erklärung verabschiedet.
Fluggäste - Schadensersatz
Die Verordnung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung, Annullierung oder großer Verspätung von Flügen
ist rechtmäßig. Der Verordnung steht das Übereinkommen von Montreal nicht entgegen, obwohl es für die EG bindend und für Schadensersatzansprüche bei
Verspätungen gegen Luftfrachtführer abschließend ist. Denn das Übereinkommen schließe nicht die Möglichkeit für die EG aus, den Luftfrachtführern neben
Schadensersatzansprüchen bestimmte zusätzliche Sofortdienstleistungen bei Verspätung vorzuschreiben (wie z. B. Betreuung). Derartige Leistungen seien mit
einem Schadensersatzanspruch nicht vergleichbar, da weder Schaden noch Kausalität gefordert würden. Zudem verstoße die unterschiedliche Behandlung von
Flugunternehmen und anderen Verkehrsträgern nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz, da aufgrund des Unterschieds beim Ausmaß der
Verspätungsschäden eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt sei (EuGH vom 10.01.2006 - C-344/04).
Forderungseinzug
Siehe unter „Vollstreckungstitel - europäischer".
Fraktionen im Europaparlament
1. Konföderale Fraktion der Vereinigten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke,
2. Sozialdemokratische Partei Europas,
3. Grüne/Europäische Freie Allianz,
4. Europa der Demokratien und der Unterschiede,
5. Liberale und Demokratische Partei Europas,
6. Union für das Europa der Nationen,
7. Technische Fraktion der unabhängigen Abgeordneten,
8. Europäische Volkspartei (Christdemokraten) und europäische Demokraten,
9. Fraktionslose Gemeinschaftsrecht (primäres)
Frankreich
http://www.legifrance.gouv.fr
Freiberufliche Tätigkeiten
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit - Dienstleistungsbegriff".
Freier Warenverkehr
Art. 28 EG garantiert den Freien Warenverkehr. Verboten sind mengenmäßige Einfuhr- und Ausfuhrbeschränkungen sowie Maßnahmen gleicher Wirkung.
Maßnahmen gleicher Wirkung sind offene Diskriminierungen (nur französische Geräte in französischen Behörden) und versteckte Diskriminierungen
(Zulassung ausschließlich nationaler Verpackungsarten, Zulassung ausschließlich nationaler Qualitätsstandards, Errichtung technischer Hindernisse).
Art. 30 EGV (= Art. 28 EG) bezweckt das Verbot jeder Regelung oder sonstigen Maßnahme der Mitgliedstaaten, die geeignet ist, den innergemeinschaftlichen
Handel unmittelbar oder mittelbar, tatsächlich oder potenziell zu behindern (EuGH NJW 2002, 3609). Die Bundesrepublik Deutschland hat durch die Vergabe
des Gütezeichens „Markenqualität aus deutschen Landen" an in Deutschland hergestellte Fertigerzeugnisse bestimmter Qualität gegen ihre Verpflichtungen aus
Art. 30 EGV (nach Änderung jetzt Art. 28 EG) verstoßen (EuGH a.a.O.).
Die Kommission hat Klage auf Feststellung erhoben, dass die BRD dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen hat, dass sie Vitamin- und
Mineralstoffpräparate, die in anderen Mitgliedstaaten als Nahrungsergänzungsmittel hergestellt und in Verkehr gebracht werden, als Arzneimittel einstuft,
wenn die dreifache von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung empfohlene Tagesdosis überschritten wird (EuGH EuZW 2004, 375).
Der Europäische Gerichtshof hat am 5. Februar 2004 in drei Fällen über die Auslegung der Warenverkehrsfreiheit bei der Einfuhr von Lebensmitteln
entschieden. In der Entscheidung Kommission ./. Frankreich (Rs. C-24/00) und der Entscheidung John Greenham ./. Léonard Abel (Rs. C-95/01) ging es dabei
jeweils um die Frage, ob französische Gesetze gegen die Warenverkehrsfreiheit verstoßen, wenn sie die Einfuhr von Lebensmitteln, die mit Nährstoffen
zugesetzt oder mit Vitaminen und Mineralstoffen angereichert werden, untersagen. In der Sache Kommission ./. Italien (Rs. C-270/02) war Gegenstand des
Verfahrens, ob Italien durch ein Prüfungsverfahren bei der Einfuhr von Sportlernahrung den freien Warenverkehr unzulässig behindert. In allen drei Verfahren
hat der EuGH die Gesundheitsfürsorgepflicht des Staates hervorgehoben, zugleich aber betont, dass Gefahren für die Gesundheit durch den Staat auch
nachgewiesen werden müssen und das Zulassungsverfahren nicht überzogen lang sein dürfe. Die Entscheidungen sind abrufbar unter Eingabe des jeweiligen
Aktenzeichens unter http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de.
Siehe auch unter „Voranmeldepflicht" und „Warenverkehrsfreiheit" und „Warenverkehrsfreiheit - Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen".
Freizügigkeit Art. 18 EG
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften
vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.
(2) Erscheint zur Erreichung dieses Ziels ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich und sieht dieser Vertrag hierfür keine Befugnisse vor, so kann der Rat
Vorschriften erlassen, mit denen die Ausübung der Rechte nach Absatz 1 erleichtert wird. Er beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 251.
(3) Absatz 2 gilt nicht für Vorschriften betreffend Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder diesen gleichgestellte Dokumente und auch nicht für
Vorschriften betreffend die soziale Sicherheit oder den sozialen Schutz.
Leitsätze/Entscheidungen:
Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/ 71 des Rates vom 14. Juni 1971 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer
und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EG) Nr. 118/ 97 des
Rates vom 2. Dezember 1996 geänderten und aktualisierten Fassung steht der Anwendung einer von einem Mitgliedstaat durchgeführten Krankengeldregelung
wie der im Ausgangsverfahren betroffenen entgegen,
- wonach ein Wanderarbeitnehmer, dessen Ehegatte in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, von Amts wegen in eine Steuerklasse eingereiht wird, die weniger
günstig ist als die eines verheirateten inländischen Arbeitnehmers, dessen Ehegatte im betreffenden Mitgliedstaat wohnt und nicht erwerbstätig ist, und
- die nicht zulässt, dass für die Höhe des Krankengelds, die vom Nettoarbeitsentgelt abhängt, das sich wiederum nach der Steuerklasse richtet, rückwirkend eine
nachträgliche Berichtigung der Steuerklasse berücksichtigt wird, die auf einen ausdrücklichen Antrag des Wanderarbeitnehmers hin erfolgt, der auf seinen
tatsächlichen Familienstand gestützt ist (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-332/05).
Das Königreich Schweden hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG, 43 EG und 56 Abs. 1 EG sowie den Art. 28, 31 und 40 des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verstoßen, dass es Steuervorschriften wie die des Kapitels 47 des Einkommensteuergesetzes (1999: 1229)
(inkomstskattelagen [1999: 1229]) erlassen und beibehalten hat, wonach die Stundung der Steuer auf den Gewinn aus der Veräußerung eines privaten
Wohngebäudes oder eines Wohnrechts an einem privaten genossenschaftlichen Wohngebäude von der Voraussetzung abhängt, dass das neu erworbene
Wohnungseigentum ebenfalls in Schweden belegen ist (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-104/06).
Einem Drittstaatsangehörigen, der mit einem Unionsbürger verheiratet ist, darf die Einreise in den Schengen-Raum nur dann verweigert werden, wenn eine
vorherige Überprüfung ergeben hat, dass seine Anwesenheit eine tatsächliche, gegenwärtige und hinreichend schwere Gefährdung für ein Grundinteresse der
Gesellschaft darstellt. Dies folgt aus der Richtlinie (64/221/EWG), die die Einreise und Ausreise von Ausländern regelt. In der vorliegenden Rechtssache hat
die Kommission gegen Spanien Klage erhoben, nachdem Spanien zwei mit Unionsbürgern verheirateten Algeriern die Einreise in den Schengen-Raum und die
Erteilung eines Visums allein deshalb verweigert hat, weil sie in die so genannte SIS-Liste der nicht zuzulassenden Personen aufgenommen worden waren.
Zum Informationsaustausch der nationalen Behörden werden in diese Liste unter anderem Daten über die Identität von Personen aufgenommen, bei denen z.B.
begründeter Verdacht besteht, eine schwere Straftat begangen zu haben. Aus den Akten ergab sich jedoch, dass der Grund für die Ausschreibung zur
Einreiseverweigerung in beiden Fällen nicht in der SIS-Liste angegeben war (EuGH, Entscheidung vom 31.01.2006 - C-503/03).
Freizügigkeit der Arbeitnehmer
Das Gemeinschaftsrecht gewährleistet die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (Art. 39 - 42 EG). Die Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt für Staatsangehörige der
Mitgliedsstaaten. Diese werden auch als Wanderarbeitnehmer bezeichnet. Die Regelung des Art. 39 EG gilt grundsätzlich nur für Arbeitnehmer (s. d.).
Arbeitgeber können sich aber ebenfalls auf die Arbeitnehmerfreizügigkeit berufen. Sie haben ein Recht, Arbeitnehmer nach Maßgabe der Bestimmungen über
die Freizügigkeit einzustellen.
Arbeitnehmer aus Mitgliedsstaaten haben ein Aufenthaltsrecht im Beschäftigungsstaat (Art. 39 III EG). Sie haben einen Anspruch auf
Inländergleichbehandlung im Hinblick auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen (Art. 39 II EG).
Abhängig Beschäftigte sollen die freie Wahl des Arbeitsplatzes im gesamten Gemeinschaftsgebiet haben. Ausnahmen bestehen im Rahmen der öffentlichen
Ordnung, Sicherheit und Gesundheit sowie bei der Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung (Art. 39 III, IV EG).
***
Von besonderer Bedeutung ist die Verordnung über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer (VO Nr. 1612/68; Art. 40, 42 EG).
Staatsangehörige aus Drittstaaten können nur als Familienangehörige eines nach Art. 39 EG Begünstigten bestimmte Rechte geltend machen (Art. 10 ff. VO
1612/68).
***
Das Königreich Dänemark hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 39 EG verstoßen, dass
- seine Rechtsvorschriften und seine Verwaltungspraxis es nicht zulassen, dass Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Dänemark, die in einem anderen Mitgliedstaat
einer Beschäftigung nachgehen, die nicht ihre Haupterwerbstätigkeit darstellt, ein Firmenfahrzeug beruflich und privat nutzen, das in diesem anderen
Mitgliedstaat zugelassen ist, in dem das Unternehmen ihres Arbeitgebers seinen Sitz hat, und
- seine Rechtsvorschriften und seine Verwaltungspraxis es nur dann zulassen, dass Arbeitnehmer mit Wohnsitz in Dänemark, die in einem anderen
Mitgliedstaat einer Beschäftigung nachgehen, ein Firmenfahrzeug entweder beruflich oder beruflich und privat nutzen, das in diesem anderen Mitgliedstaat
zugelassen ist, in dem ihr Arbeitgeber seinen Unternehmenssitz oder seine Hauptniederlassung hat, und das weder im Wesentlichen dauerhaft in Dänemark
genutzt werden soll noch tatsächlich so genutzt wird, wenn die Beschäftigung bei diesem Arbeitgeber ihre Haupterwerbstätigkeit darstellt und für die Nutzung
eine Steuer gezahlt wird (EuGH, Urteil vom 15.09.2005 - C-464/02).
Die belgische Regelung, die vorsieht, dass einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der eine erste Beschäftigung sucht, Überbrückungsgeld nur
mit der Begründung versagt wird, dass der Betroffene seine höhere Schulbildung in einem anderen Mitgliedstaat abgeschlossen hat, steht Art. 39 EG entgegen.
Zwar sei es ein legitimes Anliegen des nationalen Gesetzgebers, nur demjenigen ein Überbrückungsgeld zu gewähren, der auch eine tatsächliche Beziehung zu
dem räumlichen Arbeitsmarkt hat. Es reiche jedoch nicht aus, lediglich auf den Ort der Erlangung des Schulabgangzeugnisses abzustellen, um zu prüfen, ob
eine Verbundenheit zum Arbeitsmarkt besteht (EuGH vom 15.09.2005 - C-258/04).
Artikel 39 EG verwehrt es einem Mitgliedstaat, einem Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats, der eine erste Beschäftigung sucht und der nicht als
Kind unterhaltsberechtigt gegenüber einem im ersten Mitgliedstaat wohnenden Wanderarbeitnehmer ist, Überbrückungsgeld nur mit der Begründung zu
versagen, dass der Betroffene seine höhere Schulbildung in einem anderen Mitgliedstaat abgeschlossen hat (EuGH, Urteil vom 15.09.2005 - C-258/04).
Die Rechte aus Art. 10 Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 des Rates vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft stehen
dem mit einem Unionsbürger verheirateten Drittstaatsangehörigen nur dann zu, wenn er sich in dem Zeitpunkt rechtmäßig in einem Mitgliedsaat aufhält, in
dem er in einen anderen Mitgliedstaat zieht, in den der Unionsbürger abwandert oder abgewandert ist. Art. 10 Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 findet keine
Anwendung, wenn der Angehörige eines Mitgliedstaats und der Drittstaatsangehörige eine Scheinehe zur Umgehung der für Drittstaatangehörige geltenden
Einreise- und Aufenthaltsbestimmungen geschlossen haben. Besteht zwischen einem Angehörigen eines Mitgliedstaats und einem Drittstaatsangehörigen eine
Ehe, die keine Scheinehe ist, so ist der Umstand, dass sich die Ehegatten in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen haben, um bei ihrer Rückkehr in den
Mitgliedstaat, dem der erstgenannte Ehegatte angehört, in den Genuss der vom Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte zu kommen, für die Beurteilung ihrer
Rechtslage durch die zuständigen Stellen des letztgenannten Staates unerheblich. Wenn zu dem Zeitpunkt, in dem ein Angehöriger eines ersten Mitgliedstaats,
der mit einem Drittstaatsangehörigen verheiratet ist und mit ihm in einem zweiten Mitgliedstaat lebt, in den Mitgliedstaat, dem er angehört, zurückkehrt, um
dort eine unselbstständige Berufstätigkeit auszuüben, seinem Ehegatten keine Rechte nach Art. 10 Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 zustehen, weil sich der
Ehegatte nicht rechtmäßig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats aufgehalten hat, so müssen die zuständigen Stellen des ersten Mitgliedstaats gleichwohl bei
der Prüfung des Antrags des Ehegatten, in das Hoheitsgebiet dieses Staates einzureisen und sich dort aufzuhalten, das Recht auf Achtung des Familienlebens
i.S. des Art. 8 EMRK berücksichtigen, wenn die Ehe keine Scheinehe ist. (EuGH EuGRZ 2003, 607).
Der Praxis einer deutschen Betriebskrankenkasse, Krankheitskosten bis zu 200 DM den Versicherten, die diesen bei einem Aufenthalt in einem anderem
Mitgliedstaat entstehen, in voller Höhe ungeprüft zu erstatten, steht nicht die Verordnung 574/72/EWG entgegen. Zwar sieht die in der Verordnung genannte
Erstattungsregelung vor, dass die Abrechnung bei grenzüberschreitenden Fällen nach den Rechtsvorschriften des Staates, in dem die Behandlung durchgeführt
wurde, erfolgen soll und demnach die Rückerstattung auch nach den Vorschriften des Aufenthaltsortes überprüft werden muss. Die im vorliegenden Fall
angewandte Praxis wird aber dem Zweck der Verordnung gerecht, die Freizügigkeit der Sozialversicherten zu erleichtern und führt auch zu keiner
Benachteiligung der Versicherten der Betriebskrankenkasse (EuGH, Urteil vom 14.10.2004 - Rs. C-193/03).
Siehe auch unter „Reisekostenerstattung für Rechtsreferendare".
Freizügigkeitsrecht Art. 18 EG 2001
(1) Jeder Unionsbürger hat das Recht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltlich der in diesem Vertrag und in den Durchführungsvorschriften
vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten.
(2) Erscheint zur Erreichung dieses Ziels ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich und sieht dieser Vertrag hierfür keine Befugnisse vor, so kann der Rat
Vorschriften erlassen, mit denen die Ausübung der Rechte nach Absatz 1 erleichtert wird. Er beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 .
(3) Absatz 2 gilt nicht für Vorschriften betreffend Pässe, Personalausweise, Aufenthaltstitel oder diesen gleichgestellte Dokumente und auch nicht für
Vorschriften betreffend die soziale Sicherheit oder den sozialen Schutz.
Leitsätze/Entscheidungen:
Generalanwalt Jacobs legte am 30.06.2005 seine Schlussanträge in dem Vorabentscheidungsverfahren Standesamt Stadt Niebüll (C-96/04) vor. Darin vertritt er
die Auffassung, dass Art. 10 Abs. 1 EGBGB über die Bestimmung des Nachnamens eines Kindes gegen das Freizügigkeitsrecht aus Art. 18 EG verstößt.
Nach Art. 10 EGBGB unterliegen deutsche Staatsangehörige dem deutschen Namensrecht, das die Bildung von einem Doppelnamen aus den Nachnamen
beider Elternteile untersagt. Im vorliegenden Fall verweigerten deutsche Behörden die Eintragung des Namens eines in Dänemark geborenen und dort lebenden
deutschen Kindes. Dieses war zuvor in Dänemark mit einem nach dänischem Recht zulässigen derartigen Doppelnamen eingetragen worden. Praktische mit
dem Freizügigkeitsrecht nicht vereinbare Schwierigkeiten würden nach Ansicht des Generalanwalts auftreten, wenn für eine Person in dem Mitgliedstaat,
dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, ein anderer Name eingetragen werden muss als derjenige, den sie in seinem Geburtsmitgliedstaat trägt.
Siehe auch unter „Unterhaltsleistungen".
Führerschein
Der alte Führerschein gilt in allen EU-Staaten. Deshalb wird zum Autofahren in der EU kein EU-Führerschein benötigt. Die Führerscheinentscheidung der
EU-Kommission finden Sie in mehreren Sprachen unter http://www.oekotest.de/oeko/akt/akt-red.html.
***
Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 1 Absatz 2, Artikel 3, Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe b, Artikel 6 Absatz 1
Buchstabe b dritter Gedankenstrich und Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/ 439/ EWG des Rates vom 29. Juli 1991 über den Führerschein in ihrer durch die
Richtlinie 96/ 47/ EG des Rates vom 23. Juli 1996 geänderten Fassung verstoßen, dass sie § 6 Absätze 3 Nummer 6 und 4, § 10 Absatz 2 Satz 1, § 29 Absätze 1
und 3 und § 47 Absatz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. August 1998 erlassen und aufrechterhalten hat (EuGH,
Urteil vom 15. 9. 2005 - C-372/03).
Art. 1 II i.V. mit Art. 7 I lit. b und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG des Rates vom 29.7.1991 über den Führerschein in der Fassung der Richtlinie 97/26/EG
des Rates vom 2.6.1997 ist so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einem von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerschein die Anerkennung nicht
deshalb versagen darf, weil nach den ihm vorliegenden Informationen der Führerscheininhaber zum Zeitpunkt der Ausstellung des Führerscheins seinen
ordentlichen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats und nicht im Hoheitsgebiet des ausstellenden Mitgliedstaats gehabt hat. Art. 1 II i.V. mit Art. 8
IV der Richtlinie 91/439 ist so auszulegen, dass ein Mitgliedstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten
Führerscheins nicht deshalb ablehnen darf, weil im Hoheitsgebiet des erstgenannten Mitgliedstaats auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des
Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete
Sperrfrist für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis in diesem Mitgliedstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedstaat ausgestellt
worden ist (EuGH NJW 2004, 1725).
Fusionsvertrag
Der sogenannte Fusionsvertrag kam am 08.04.1965 zustande. Durch den Fusionsvertrag wurden die Organe der Gemeinschaften (EWG, EAG, EGKS) zu
einem gemeinsamen Rat und einer gemeinsamen Kommission zusammengeschlossen. Die rechtliche Selbstständigkeit haben die Gemeinschaften dadurch aber
nicht verloren.
G
GASP
GASP bezeichnet die „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" der Gemeinschaft.
Geistiges Eigentum - strafrechtlicher Schutz
Die Europäische Kommission legte am 26.04.2006 gem. Art. 250 Abs. 2 EG einen geänderten Richtlinienvorschlag über strafrechtliche Maßnahmen zur
Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vorgelegt. Sie erweitert darin im Gegensatz zum ursprünglichen Vorschlag die strafrechtlichen Normen und
fügt die bisher in einem Rahmenbeschlussvorschlag enthaltenen Vorschriften ein. Damit unterliegt das Gesetzgebungsverfahren nun der 1. Säule des
EG-Vertrages. Grundsätzlich fällt zwar das Strafrecht nicht in die Zuständigkeit unten der ersten Säule. Die Kommission stützt sich bei ihrem Vorschlag jedoch
auf das Urteil des EuGH vom 13.09. 2005 - C-176/03, das im Bereich der Umweltpolitik ergangen ist. Danach ist eine Kompetenz der Gemeinschaft für
Maßnahmen im Bereich des Strafrechts dann gegeben, wenn diese erforderlich sind, um die volle Wirksamkeit des Gemeinschaftsrechts in einem
Politikbereich sicherzustellen. Mit dem Vorschlag soll die Nachahmung und Produktpiraterie bekämpft und eine Annäherung des Strafrechts wie auch eine
engere Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten erreicht werden. Inwiefern das EuGH-Urteil auch auf diesen Bereich übertragbar ist, ist nicht abschließend geklärt.
Die Richtlinie setzt fest, welche Handlungen eine Straftat darstellen und legt den Strafrahmen auf ein Höchstmaß von vier Jahren Freiheitsstrafe und 300.000 Ç
Geldstrafe fest, wobei die Mitgliedstaaten darüber hinausgehen können.
Geldstrafen - Taten in EU-Staaten
Siehe unter „http://www.kanzlei-doehmer.de/webdoc11.htm"
Geltung des Gemeinschaftsrechts
Die Geltung des Gemeinschaftsrechts hängt nicht davon ab, auf welchem Gebiet des innerstaatlichen Rechts es seine Wirkungen zeitigt.
Geldwäsche
Die in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/ 308/ EWG des Rates vom 10. Juni 1991 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche
- in der Fassung der Richtlinie 2001/ 97/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember 2001 - vorgesehenen Pflichten zur Information und
zur Zusammenarbeit mit den für die Bekämpfung der Geldwäsche zuständigen Behörden, die den Rechtsanwälten in Art. 2a Nr. 5 dieser Richtlinie auferlegt
worden sind, verstoßen angesichts von Art. 6 Abs. 3 Unterabs. 2 der Richtlinie nicht gegen das Recht auf ein faires Verfahren, wie es durch Art. 6 EMRK und
Art. 6 Abs. 2 EU gewährleistet wird (EuGH, Urteil vom 26.06.2007 - C-305/05).
****
Am 13. Juli 2005 beschloss der belgische Schiedsgerichtshof, sich mit einer Vorlagefrage bezüglich der 2. Geldwäscherichtlinie an den EuGH zu wenden. Der
EuGH soll überprüfen, ob durch die Ausweitung des Anwendungsbereichs der 2. Geldwäscherichtlinie, wonach diese auch auf Rechtsanwälte Anwendung
findet, gegen die gem. Art. 6 Abs. 2 EU-Vertrag von der EU einzuhaltende Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt. Insbesondere wird
die Frage aufgeworfen, ob die den Rechtsanwälten auferlegte Pflicht, Tatsachen, die ein Indiz für eine Geldwäsche sein können, an die zuständigen
Körperschaften melden zu müssen, mit dem Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 6 EMRK in Einklang steht. Gegen die Ausweitung des
Anwendungsbereichs auf Anwälte hatte sich auch der DAV ausgesprochen. Die vom EuGH auszulegende Frage wird sich voraussichtlich indirekt auf die
kürzlich verabschiedete 3. Geldwäscherichtlinie (s. zuletzt EiÜ 23/05) auswirken, durch die die Anwälte noch intensiver als durch die 2. Geldwäscherichtlinie
betroffen sein werden. Gerne können Sie den Beschluss des Schiedsgerichtshofs über das Brüsseler Büro des DAV anfordern.
Gemeinsames Mehrwertsteuersystem
Die Art. 3 Buchst. b und 9 Abs. 2 der Achten Richtlinie 79/ 1072/ EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige sind dahin auszulegen,
dass eine dem Muster in Anhang B dieser Richtlinie entsprechende Bescheinigung grundsätzlich die Vermutung begründet, dass der Betreffende nicht nur in
dem Mitgliedstaat, dessen Steuerverwaltung ihm die genannte Bescheinigung ausgestellt hat, mehrwertsteuerpflichtig ist, sondern dass er dort auch ansässig ist.
Diese Bestimmungen bedeuten allerdings nicht, dass es der Steuerverwaltung des Staates, in dem die Erstattung der Vorsteuer beantragt wird, verwehrt wäre,
sich bei Zweifeln an der wirtschaftlichen Realität des Sitzes, dessen Anschrift in dieser Bescheinigung angegeben ist, zu vergewissern, ob diese Realität
tatsächlich gegeben ist, indem sie auf die Verwaltungsmaßnahmen zurückgreift, die die Gemeinschaftsregelung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer hierzu
vorsieht. Art. 1 Nr. 1 der Dreizehnten Richtlinie 86/ 560/ EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige ist dahin
auszulegen, dass der Sitz der wirtschaftlichen Tätigkeit einer Gesellschaft der Ort ist, an dem die wesentlichen Entscheidungen zur allgemeinen Leitung dieser
Gesellschaft getroffen und die Handlungen zu deren zentraler Verwaltung vorgenommen werden (EuGH, Urteil vom 28.06.2007 - C-73/06).
Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass
der Begriff "Sondervermögen" in dieser Bestimmung auch die geschlossenen Investmentfonds wie die "Investment Trust Companies"
(Investmentfondsgesellschaften) umfassen kann. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/ 388 ist dahin auszulegen, dass er den
Mitgliedstaaten bei der Definition der in ihrem Hoheitsgebiet angesiedelten Fonds, die für die Zwecke der nach dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung
unter den Begriff "Sondervermögen" fallen, ein Ermessen einräumt. Bei der Ausübung dieses Ermessens müssen die Mitgliedstaaten jedoch sowohl das mit
dieser Bestimmung verfolgte Ziel beachten, das darin besteht, den Anlegern die Anlage in Wertpapiere über Organismen für Anlagen zu erleichtern, als auch
den Grundsatz der steuerlichen Neutralität unter dem Aspekt der Mehrwertsteuererhebung in Bezug auf die Kapitalanlagegesellschaften übertragene
Verwaltung von Sondervermögen gewährleisten, das mit anderen Investmentfonds wie den in den Anwendungsbereich der Richtlinie 85/ 611/ EWG des Rates
vom 20. Dezember 1985 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in
Wertpapieren (OGAW) in ihrer durch die Richtlinie 2005/ 1/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2005 geänderten Fassung fallenden
Fonds in Wettbewerb steht. Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 6 der Sechsten Richtlinie 77/ 388 entfaltet in dem Sinne unmittelbare Wirkung, dass sich ein
Steuerpflichtiger vor einem nationalen Gericht darauf berufen kann, damit eine mit dieser Bestimmung unvereinbare nationale Regelung unangewandt bleibt
(EuGH, Urteil vom 28.06.2007 - C-363/05).
Art. 4 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass die Zuteilung von Rechten
wie Nutzungsrechten für Frequenzen des elektromagnetischen Spektrums zur Erbringung öffentlicher Mobilfunkdienste durch die für die Frequenzzuteilung
zuständige nationale Regulierungsbehörde im Wege der Versteigerung keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der betreffenden Bestimmung ist und folglich
nicht in den Anwendungsbereich der Sechsten Richtlinie fällt (EuGH, Urteil vom 26.06.2007 - C-284/04).
Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger die Vermögenssituation von ihm akquirierter Kunden analysiert, um ihnen zu Krediten zu verhelfen, steht der
Anerkennung einer von der Steuer befreiten Leistung der Vermittlung von Krediten im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/
388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage nicht entgegen, wenn die von diesem Steuerpflichtigen angebotene Leistung der
Vermittlung von Krediten im Licht der vorstehenden Auslegungshinweise als die Hauptleistung anzusehen ist, zu der die Vermögensberatung eine
Nebenleistung ist, so dass sie das steuerliche Schicksal der erstgenannten Leistung teilt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, festzustellen, ob dies in dem bei
ihm anhängigen Rechtsstreit der Fall ist. Der Umstand, dass ein Steuerpflichtiger zu keiner der Parteien eines Kreditvertrags, zu dessen Abschluss er
beigetragen hat, in einem Vertragsverhältnis steht und mit einer der Parteien nicht unmittelbar in Kontakt tritt, schließt nicht aus, dass dieser Steuerpflichtige
eine von der Steuer befreite Leistung der Vermittlung von Krediten im Sinne von Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/ 388 erbringt
(EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-453/05).
Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens kann die Umsatzsteuerbefreiung nach Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der Sechsten Richtlinie 77/ 388/
EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage für von einem Einzelnen mit dem Status eines freien Mitarbeiters erbrachte
Tätigkeiten, die in der Erteilung von Schularbeitshilfe sowie Keramik und Töpferkursen in Erwachsenenbildungseinrichtungen bestehen, nur dann gewährt
werden, wenn es sich bei diesen Tätigkeiten um die Erteilung von Schul oder Hochschulunterricht durch einen für eigene Rechnung und in eigener
Verantwortung handelnden Lehrer handelt. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies im Ausgangsverfahren der Fall ist (EuGH, Urteil vom
14.06.2007 - C-445/05).
Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass
sich die Wendung "die Erziehung von Kindern und Jugendlichen, den Schul- und Hochschulunterricht, die Ausbildung, die Fortbildung oder die berufliche
Umschulung" nicht darauf bezieht, dass ein Lehrer gegen Entgelt einer von dieser Vorschrift erfassten Lehreinrichtung zur Verfügung gestellt wird, in der er
dann vorübergehend unter der Verantwortung der genannten Einrichtung Unterricht erteilt. Dies gilt auch dann, wenn die die Lehrkraft zur Verfügung stellende
Einrichtung selbst eine der Erziehung gewidmete Einrichtung des öffentlichen Rechts oder eine andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat
anerkannter vergleichbarer Zielsetzung ist. Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der Sechsten Richtlinie 77/ 388 in Verbindung mit Art. 13 Teil A Abs. 2 der
Sechsten Richtlinie 77/ 388 ist dahin auszulegen, dass die entgeltliche Gestellung eines Lehrers an eine Lehreinrichtung, in der dieser Lehrer dann
vorübergehend unter der Verantwortung der genannten Einrichtung Unterricht erteilt, eine von der Mehrwertsteuer befreite Tätigkeit in Form von im Sinne
dieser Vorschrift mit dem Unterricht "eng verbundenen" Dienstleistungen sein kann, wenn diese Gestellung das Mittel darstellt, um unter den bestmöglichen
Bedingungen in den Genuss des als Hauptleistung angesehenen Unterrichts zu kommen, und - was der nationale Richter zu prüfen hat - folgende
Voraussetzungen erfüllt sind:
- Sowohl die Hauptleistung als auch die mit der Hauptleistung eng verbundene Gestellung werden von in Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i genannten
Einrichtungen erbracht, wobei gegebenenfalls eventuell vom betreffenden Mitgliedstaat aufgrund von Art. 13 Teil A Abs. 2 Buchst. a aufgestellte Bedingungen
zu berücksichtigen sind.
- Die genannte Gestellung ist von solcher Art oder Qualität, dass ohne Rückgriff auf eine derartige Dienstleistung keine Gleichwertigkeit des Unterrichts der
Zieleinrichtung und damit des ihren Studierenden erteilten Unterrichts gewährleistet wäre.
- Eine derartige Gestellung ist nicht im Wesentlichen dazu bestimmt, zusätzliche Einnahmen durch eine Tätigkeit zu erzielen, die in unmittelbarem Wettbewerb
mit der Mehrwertsteuer unterliegenden gewerblichen Unternehmen durchgeführt wird (EuGH, Urteil vom 14.06.2007 - C-434/05).
Art. 2 Abs. 2 der Dreizehnten Richtlinie 86/ 560/ EWG des Rates vom 17. November 1986 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern - Verfahren der Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Gebiet der Gemeinschaft ansässige Steuerpflichtige - ist dahin auszulegen, dass
der dort verwendete Begriff "Drittländer" alle Drittländer umfasst und dass diese Bestimmung die Befugnis und die Verantwortung der Mitgliedstaaten
unberührt lässt, ihren Verpflichtungen aus völkerrechtlichen Verträgen wie dem Allgemeinen Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen
nachzukommen (EuGH, Urteil vom 07.06.2007 - C-335/05).
Art. 13 Teil B Buchst. d Nr. 2 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass
der Begriff der "Übernahme von Verbindlichkeiten" andere als Geldverbindlichkeiten, wie die Verpflichtung, eine Immobilie zu renovieren, vom
Anwendungsbereich dieser Bestimmung ausschließt (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 - C-455/05).
Eine Leistung, die in der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels besteht, das zwei Mitgliedstaaten verbindet und teilweise außerhalb des
Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt, ist als eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates
vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche
steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2002/ 93/ EG des Rates vom 3. Dezember 2002 geänderten Fassung anzusehen, wenn das
Kabel im Anschluss an vom Lieferer durchgeführte Funktionsprüfungen auf den Kunden übertragen wird, der dann als Eigentümer darüber verfügen kann, der
Preis des Kabels den eindeutig überwiegenden Teil der Gesamtkosten dieser Leistung ausmacht und die Dienstleistungen des Lieferers sich auf die Verlegung
des Kabels beschränken, ohne dieses der Art nach zu verändern oder den besonderen Bedürfnissen des Kunden anzupassen. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der
Sechsten Richtlinie 77/ 388 ist dahin auszulegen, dass die Befugnis zur Besteuerung der Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels, das zwei
Mitgliedstaaten verbindet und teilweise außerhalb des Hoheitsgebiets der Gemeinschaft liegt, dem einzelnen Mitgliedstaat sowohl in Bezug auf den Preis für
das Kabel und das übrige Material als auch in Bezug auf die Kosten der mit der Verlegung dieses Kabels zusammenhängenden Dienstleistungen anteilig nach
der Länge des sich auf seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kabels zusteht. Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Sechsten Richtlinie 77/ 388 in Verbindung mit Art. 2 Nr.
1 und Art. 3 dieser Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Lieferung und Verlegung eines Glasfaserkabels, das zwei Mitgliedstaaten verbindet, bezüglich des
Teils der Leistung, der in der ausschließlichen Wirtschaftszone, auf dem Festlandssockel und auf hoher See erbracht wird, nicht der Mehrwertsteuer unterliegt
(EuGH, Urteil vom 29.03.2007 - C-111/05).
Die Art. 2 und 5 der Achten Richtlinie 79/ 1072/ EWG des Rates vom 6. Dezember 1979 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
die Umsatzsteuern - Verfahren zur Erstattung der Mehrwertsteuer an nicht im Inland ansässige Steuerpflichtige sind dahin auszulegen, dass nicht geschuldete
Mehrwertsteuer, die dem Dienstleistungsempfänger irrtümlich in Rechnung gestellt und an den Fiskus des Mitgliedstaats des Orts dieser Dienstleistungen
gezahlt worden ist, nicht erstattungsfähig ist. Abgesehen von den in Art. 21 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur
Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige
Bemessungsgrundlage in ihrer durch die Richtlinie 92/ 111/ EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung ausdrücklich vorgesehenen Fällen ist
nur der Dienstleistungserbringer gegenüber den Steuerbehörden des Mitgliedstaats des Orts der Dienstleistungen als Schuldner der Mehrwertsteuer anzusehen.
Die Grundsätze der Neutralität, der Effektivität und der Nichtdiskriminierung stehen nationalen Rechtsvorschriften wie denen im Ausgangsverfahren, nach
denen nur der Dienstleistungserbringer einen Anspruch auf Erstattung von zu Unrecht als Mehrwertsteuer gezahlten Beträgen gegen die Steuerbehörden hat und
der Dienstleistungsempfänger eine zivilrechtliche Klage auf Rückzahlung der nicht geschuldeten Leistung gegen diesen Dienstleistungserbringer erheben kann,
nicht entgegen. Für den Fall, dass die Erstattung der Mehrwertsteuer unmöglich oder übermäßig erschwert wird, müssen die Mitgliedstaaten jedoch, damit der
Grundsatz der Effektivität gewahrt wird, die erforderlichen Mittel vorsehen, die es dem Dienstleistungsempfänger ermöglichen, die zu Unrecht in Rechnung
gestellte Steuer erstattet zu bekommen. Die nationalen Rechtsvorschriften im Bereich der direkten Steuern sind für diese Antwort ohne Bedeutung (EuGH,
Urteil vom 15. 3. 2007 - C-35/05).
Art. 17 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass die Kosten für
Beratungsdienste, die ein Steuerpflichtiger zur Feststellung der Höhe einer Forderung, die zum Vermögen seines Unternehmens gehört und die mit einer vor
Entstehung seiner Mehrwertsteuerpflichtigkeit erfolgten Veräußerung von Anteilen zusammenhängt, in Anspruch genommen hat, in Ermangelung von
Nachweisen dafür, dass diese Dienste ihren ausschließlichen Grund in der von dem Steuerpflichtigen ausgeübten wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne der
Sechsten Richtlinie haben, keinen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Tätigkeit aufweisen und folglich nicht zum Abzug der auf ihnen
lastenden Mehrwertsteuer berechtigen (EuGH, Urteil vom 08.02.2007 - C-435/05).
Der Begriff der "Verwaltung" von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften im Sinne von Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten
Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage stellt einen autonomen Begriff des Gemeinschaftsrechts dar, dessen Inhalt die
Mitgliedstaaten nicht verändern können. Artikel 13 Teil B Buchstabe d Nummer 6 der Sechsten Richtlinie 77/ 388 ist dahin auszulegen, dass unter den Begriff
"Verwaltung von Sondervermögen durch Kapitalanlagegesellschaften" im Sinne dieser Bestimmung die Dienstleistungen der administrativen und
buchhalterischen Verwaltung der Sondervermögen durch einen außenstehenden Verwalter fallen, wenn sie ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes
bilden und für die Verwaltung dieser Sondervermögen spezifisch und wesentlich sind. Dagegen fallen unter diesen Begriff nicht die Leistungen, die den
Aufgaben einer Verwahrstelle im Sinne der Artikel 7 Absätze 1 und 3 und 14 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 85/ 611/ EWG des Rates vom 20. Dezember 1985
zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)
entsprechen (EuGH, Urteil vom 04.05.2006 - C-169/04).
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe c der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass
er den Mitgliedstaaten bei der Definition der arztähnlichen Berufe und der Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin, die zu diesen Berufen
gehören, für die Zwecke der in dieser Bestimmung vorgesehenen Befreiung ein Ermessen einräumt. Bei der Ausübung dieses Ermessens haben die
Mitgliedstaaten jedoch das mit dieser Bestimmung verfolgte Ziel, zu gewährleisten, dass die Befreiung nur für Leistungen gilt, die von Personen erbracht
werden, die über die erforderlichen beruflichen Qualifikationen verfügen, und den Grundsatz der steuerlichen Neutralität zu beachten. Eine nationale Regelung,
die den Beruf des Psychotherapeuten von der Definition der arztähnlichen Berufe ausnimmt, verstößt nur insoweit gegen dieses Ziel und diesen Grundsatz,
als die psychotherapeutischen Behandlungen - was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist - von der Mehrwertsteuer befreit wären, wenn sie von Psychiatern,
Psychologen oder Angehörigen anderer ärztlicher oder arztähnlicher Berufe durchgeführt würden, obwohl sie, von Psychotherapeuten erbracht, unter
Berücksichtigung deren beruflicher Qualifikationen als qualitativ gleichwertig angesehen werden können.Eine nationale Regelung, die bestimmte, von
Physiotherapeuten ausgeübte spezifische Heiltätigkeiten im Bereich der Humanmedizin, wie Behandlungen mittels Störfelddiagnostik, von der Definition
dieses arztähnlichen Berufes ausnimmt, verstößt nur insoweit gegen dieses Ziel und diesen Grundsatz, als diese Behandlungen - was vom vorlegenden Gericht
zu prüfen ist - von der Mehrwertsteuer befreit wären, wenn sie von Ärzten oder Zahnärzten erbracht würden, obwohl sie, von Physiotherapeuten durchgeführt,
unter Berücksichtigung deren beruflicher Qualifikationen als qualitativ gleichwertig angesehen werden können (EuGH, Urteil vom 27.04.2006 - C-443/04).
Führen zwei aufeinanderfolgende Lieferungen desselben Gegenstands, die gegen Entgelt zwischen Steuerpflichtigen, die als solche handeln, vorgenommen
werden, zu einer einzigen innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung dieses Gegenstands, so kann diese Versendung oder Beförderung nur einer
der beiden Lieferungen zugeordnet werden, die als einzige befreit ist nach Artikel 28c Teil A Buchstabe a Unterabsatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG
des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem:
einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der Fassung der Richtlinie 95/ 7/ EG des Rates vom 10. April 1995. Diese Auslegung gilt unabhängig
davon, in der Verfügungsmacht welches Steuerpflichtigen - des Erstverkäufers, des Zwischenerwerbers oder des Zweiterwerbers - sich der Gegenstand während
dieser Versendung oder Beförderung befindet. Nur der Ort der Lieferung, die zur innergemeinschaftlichen Versendung oder Beförderung von Gegenständen
führt, bestimmt sich nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a der Sechsten Richtlinie 77/ 388 in der Fassung der Richtlinie 95/ 7; er befindet sich im Mitgliedstaat
des Beginns dieser Versendung oder Beförderung. Der Ort der anderen Lieferung bestimmt sich nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b dieser Richtlinie; er
befindet sich entweder im Mitgliedstaat des Beginns oder im Mitgliedstaat der Ankunft dieser Versendung oder Beförderung, je nachdem, ob diese Lieferung
die erste oder die zweite der beiden aufeinanderfolgenden Lieferungen ist (EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - C-245/04).
Die Französische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Artikeln 17 und 19 der Sechsten
Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames
Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/ 7/ EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten
Fassung verstoßen, dass sie eine besondere Regel zur Einschränkung der Abziehbarkeit der Mehrwertsteuer beim Kauf von mittels Subventionen finanzierten
Investitionsgütern erlassen hat (EuGH, Urteil vom 06.10. 2005 - C-243/03).
Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus dem Gemeinschaftsrecht und insbesondere aus den Artikeln 17 Absätze 2 und 5 sowie 19
der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern -
Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 95/ 7/ EG des Rates vom 10. April 1995
geänderten Fassung verstoßen, dass es einen Pro-rata-Satz für den Abzug der von den Steuerpflichtigen, die nur besteuerte Umsätze tätigen, getragenen
Mehrwertsteuer vorsieht und dass es eine Sonderregelung eingeführt hat, durch die die Abziehbarkeit der Mehrwertsteuer beschränkt wird, die auf den Erwerb
von mittels Subventionen finanzierten Gegenständen oder Dienstleistungen entfällt (EuGH, Urteil vom 6. 10. 2005 - C-204/03).
Gemeinschaftsgrundrechte
Die Existenz von Grundrechten auf Gemeinschaftsebene ist anerkannt. Nach Art. 6 II EU ist die EU zur Achtung der Grundrechte verpflichtet, wie sie in der
Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gewährleistet sind und wie sie sich auch aus den Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten als
allgemeine Rechtsgrundsätze ergeben. Die gemeinschaftlichen Grundrechte folgen vorrangig aus den Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten. Keine
Maßnahme der Gemeinschaft kann Recht sein, die mit den von den Mitgliedsstaaten anerkannten und geschützten Rechten unvereinbar ist. Die gemeinsamen
Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten werden im Wege wertender Rechtsvergleichung ermittelt.
Der EuGH hat folgende Gemeinschaftsgrundrechte anerkannt: Gleichheitsgrundsatz, Vereinigungsfreiheit, Religions- und Bekenntnisfreiheit, Schutz der
Privatsphäre, Eigentumsrecht, Berufsfreiheit, Achtung des Familienlebens, Menschenwürde und Unversehrtheit der Person, Grundsatz des rechtlichen Gehörs
und der Unverletzlichkeit der Wohnung, Meinungsäußerungsfreiheit, Rechtsweggarantie.
Eingriffe in den Schutzbereich der Gemeinschaftsgrundrechte sind gerechtfertigt, wenn der betreffende Gemeinschaftsrechtsakt der Verwirklichung eines der
Ziele der EG dient.
Der Eingriff in Gemeinschaftsgrundrechte wird begrenzt durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und die Wesengehaltsgarantie.
Durch die Gemeinschaftsgrundrechte werden vor allem die Organe der Gemeinschaft bei Erlass sekundärem Gemeinschaftsrechts gebunden. Verletzt
sekundäres Gemeinschafts-recht die Grundrechte, hat dies die Nichtigerklärung des betreffenden Rechtsaktes durch den EuGH zur Folge (Art. 230 EG).
Ausnahmsweise werden auch die Mitgliedsstaaten durch die Gemeinschaftsgrundrechte gebunden.
Gemeinschaftsrecht (primäres und sekundäres)
Zum primären Gemeinschaftsrecht gehören die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften EG und EAG (sowie der erloschenen EGKS)
einschließlich der Anlagen, Anhänge und Protokolle sowie der späteren Ergänzungen und Änderungen dieser Verträge. Die wichtigesten Ergänzungen und
Änderungen erfolgten in der EEA und im Unionsvertrag von Maastricht.
Das sekundäre Gemeinschaftsrecht besteht aus dem von den Organen der EG nach Maßgabe der Gründungsverträge erlassenen Recht.
Siehe auch unter „primäres Gemeinschaftsrecht", „sekundäres Gmeinshaftsrecht", „Recht der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften".
Gemeinschaftsrecht (ungeschriebenes)
Neben dem offiziellen Gemeinschaftsrecht gibt es als ungeschriebenes Gemeinschaftsrecht allgemeine Rechtsgrundsätze, die je nach ihrer inhaltlichen Qualität
dem Primär- oder dem Sekundärrecht und (rudimentär) Gewohnheitsrecht zuzurechnen sind.
Gemeinschaftsrechtliche Theorie
Siehe unter „Rechtsnatur der Europäischen Gemeinschaften".
Gemeinschaftsware
Gemeinschaftswaren sind solche Waren, die aus den Mitgliedsstaaten selbst stammen (Art. 23 II EG). Waren stammen aus einem Mitgliedsstaat, wenn sie
vollständig in einem Land gewonnen oder hergestellt worden sind.
Gemeinschaftswaren sind auch Waren aus Drittländern, die sich in den Mitgliedsstaaten im freien Warenverkehr befinden (Art. 24 EG). Ist an der Herstellung
der Ware ein Drittstaat beteiligt, gilt die Ware als Gemeinschaftsware, wenn in einem Mitgliedsstaat die letzte wesentliche und wirtschaftlich gerechtfertigte
Be- oder Verarbeitung stattgefunden hat. Zubehör und Ersatzteile teilen den Ursprung der Hauptware.
Stammt eine Ware nicht aus einem Mitgliedsstaat und befindet sie sich dort auch nicht im freien Verkehr, so wird sie als Ware aus einem Drittstaat behandelt.
Diese Ware unterliegt den allgemeinen Einfuhrzöllen und Einfuhrmodalitäten.
Generaldirektion
Die Generaldirektionen (GD) sind die "Ministerien" der Europäischen Kommission . Im Rahmen ihrer fachlichen Zuständigkeit setzen sie die Entscheidungen
des Rates und der Kommission um. Es gibt folgende Generaldirektionen:
(1) Allgemeine Dienste
Amt für amtliche Veröffentlichungen (http://publications.eu.int/general/de/index_de.htm)
Europäisches Amt für Betrugsbekämpfung (http://europa.eu.int/comm/dgs/olaf/index_de.htm)
Eurostat (http://europa.eu.int/comm/eurostat/Public/datashop/print-catalogue/DE?catalogue=Eurostat)
Generalsekretariat (http://europa.eu.int/comm/secretariat_general/index_de.htm)
Presse- und Informationsdienst (http://europa.eu.int/comm/dgs/press_communication/index_de.htm)
(2) Politiken
Beschäftigung und Soziales (http://europa.eu.int/comm/dgs/employment_social/index_de.htm)
Bildung und Kultur (http://europa.eu.int/comm/dgs/education_culture/index_de.htm)
Binnenmarkt (http://europa.eu.int/comm/dgs/internal_market/index_de.htm)
Energie und Verkehr (http://europa.eu.int/comm/dgs/energy_transport/index_de.html)
Fischerei (http://europa.eu.int/comm/dgs/fisheries/index_de.htm)
Forschung (http://europa.eu.int/comm/dgs/research/index_de.html)
Gemeinsame Forschungsstelle
Gesundheit und Verbraucherschutz (http://europa.eu.int/comm/dgs/health_consumer/index_de.htm)
Informationsgesellschaft (http://europa.eu.int/information_society/index_de.htm)
Justiz und Inneres (http://europa.eu.int/comm/dgs/justice_home/index_en.htm)
Landwirtschaft (http://europa.eu.int/comm/dgs/agriculture/index_de.htm)
Regionalpolitik (http://europa.eu.int/comm/dgs/regional_policy/index_de.htm)
Steuern und Zollunion (http://europa.eu.int/comm/dgs/taxation_customs/index_de.htm)
Umwelt (http://europa.eu.int/comm/dgs/environment/index_de.htm)
Unternehmen (http://europa.eu.int/comm/dgs/enterprise/index_de.htm)
Wettbewerb (http://europa.eu.int/comm/competition/index_de.html)
Wirtschaft und Finanzen (http://europa.eu.int/comm/dgs/economy_finance/index_en.htm)
(3) Außenbeziehungen
Amt für humanitäre Hilfe - ECHO (http://europa.eu.int/comm/dgs/humanitarian_aid/index_de.htm)
Außenbeziehungen (http://europa.eu.int/comm/dgs/external_relations/index_de.htm)
Entwicklung (http://europa.eu.int/comm/dgs/development/index_de.htm)
Erweiterung (http://europa.eu.int/comm/dgs/enlargement/index_de.htm)
EuropeAid - Amt für Zusammenarbeit (http://europa.eu.int/comm/dgs/europeaid/index_de.htm)
Handel (http://europa.eu.int/comm/trade/index_en.htm)
(4) Interne Dienste
Finanzkontrolle (http://europa.eu.int/comm/dgs/financial_control/index_de.htm)
Gemeinsamer Dolmetsch- und Konferenzdienst (http://europa.eu.int/comm/dgs/interpretation/index_de.htm)
Haushalt (http://europa.eu.int/comm/dgs/budget/index_de.htm)
Interner Auditdienst (http://europa.eu.int/comm/dgs/internal_audit/index.htm)
Juristischer Dienst (http://europa.eu.int/comm/dgs/legal_service/index_de.htm)
Personal und Verwaltung (http://europa.eu.int/comm/dgs/personnel_administration/index_de.htm)
Politischer Beraterstab (http://europa.eu.int/comm/dgs/policy_advisers/index_en.htm)
Übersetzungsdienst (http://europa.eu.int/comm/dgs/translation/index_de.htm)
Generalermächtigung Art. 308 EG
Erscheint ein Tätigwerden der Gemeinschaft erforderlich, um im Rahmen des Gemeinsamen Marktes eines ihrer Ziele zu verwirklichen, und sind in diesem
Vertrag die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen, so erlässt der Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des
Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften.
Gerichtshof
Siehe unter „Europäischer Gerichtshof".
Gerichtshof erster Instanz (EuG)
Das Gericht erster Instanz besteht aus mindestens einem Richter je Mitgliedsstaat. Die weiteren Einzelheiten ergeben sich aus Art. 224 EG. Die Zuständigkeit
des Gerichts erster Instanz ist in Art. 225 EG geregelt.
Siehe auch unter „Europäischer Gerichtshof".
Geschichte
Geschichte der EU - chronologische Übersicht
Geschichte der EWU - chronologische Übersicht
Geschichte des Europäischen Gemeinschaftsrechts (Prof. Dr. Reiner Schulze und Prof. Dr. Thomas Hoeren)
Geschlecht
Siehe unter „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts".
Gesellschaften
Die Niederlassungsfreiheit gilt auch für Gesellschaften. Gesellschaften sind die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich
der Genossenschaften und die sonstigen juristischen Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck
verfolgen (Art. 48 II EG). Zu den Gesellschaften zählen auch die OHG, KG und die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, obwohl diese nach deutschem Recht
keine juristischen Personen sind. Gemeinnützige Vereine und karikative Einrichtungen sind dagegen keine Gesellschaften im Sinne des Art. 48 II EG.
Die Gesellschaften müssen nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedsstaates gegründet worden sein und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung
oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben (Art. 48 I EG). Nur solche Gesellschaften sollen an der Niederlassungsfreiheit teilhaben, die
einem Mitgliedsstaat der EG zuzuordnen sind. Hingegen kommt es auf die Staatsangehörigkeit der Gesellschafter bzw. der Gründer sowie deren Wohnsitz
nicht an.
Gesellschaften können prinzipiell ihren Sitz in einem anderen Mitgliedsstaat verlegen (Art. 43 I 1 EG) oder Tochtergesellschaften bzw. Zweigniederlassungen
(Art. 43 I 2 EG) gründen.
In diesem Zusammenhang bestimmen einige mitgliedsstaatliche Rechtsordnungen, dass die Verlagerung einer Gesellschaft in einen anderen Staat nur unter
vorheriger Auflösung der Gesellschaft im Heimatstaat möglich ist. In diesem Fall verliert die Gesellschaft ihre Existenz. Eine Sitzverlegung im eigentlichem
Sinn unter Beibehaltung der Rechtspersönlichkeit scheidet aus. Dies muss nach der Rechtsprechung des EuGH hingenommen werden.
Gesundheit
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Sonderregelungen".
Gesundheitsschutz Art. 152 EG
(1) Bei der Festlegung und Durchführung aller Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen wird ein hohes Gesundheitsschutzniveau sichergestellt. Die Tätigkeit
der Gemeinschaft ergänzt die Politik der Mitgliedstaaten und ist auf die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung, die Verhütung von Humankrankheiten
und die Beseitigung von Ursachen für die Gefährdung der menschlichen Gesundheit gerichtet. Sie umfasst die Bekämpfung der weit verbreiteten schweren
Krankheiten; dabei werden die Erforschung der Ursachen, der Übertragung und der Verhütung dieser Krankheiten sowie die Gesundheitsinformation und
-erziehung gefördert. Die Gemeinschaft ergänzt die Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verringerung drogenkonsumbedingter Gesundheitsschäden
einschließlich der Informations- und Vorbeugungsmaßnahmen.
(2) Die Gemeinschaft fördert die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den in diesem Artikel genannten Bereichen und unterstützt
erforderlichenfalls deren Tätigkeit. Die Mitgliedstaaten koordinieren untereinander im Benehmen mit der Kommission ihre Politiken und Programme in den in
Absatz 1 genannten Bereichen. Die Kommission kann in enger Verbindung mit den Mitgliedstaaten alle Initiativen ergreifen, die dieser Koordinierung
förderlich sind.
(3) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für das Gesundheitswesen zuständigen internationalen Organisationen.
(4) Der Rat trägt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen mit
folgenden Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels bei:
a) Maßnahmen zur Festlegung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Organe und Substanzen menschlichen Ursprungs sowie für Blut und Blutderivate;
diese Maßnahmen hindern die Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder einzuführen;
b) abweichend von Artikel 37 Maßnahmen in den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung
zum Ziel haben;
c) Fördermaßnahmen, die den Schutz und die Verbesserung der menschlichen Gesundheit zum Ziel haben, unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten.
Der Rat kann ferner mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission für die in diesem Artikel genannten Zwecke Empfehlungen erlassen.
(5) Bei der Tätigkeit der Gemeinschaft im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die Organisation des
Gesundheitswesens und die medizinische Versorgung in vollem Umfang gewahrt. Insbesondere lassen die Maßnahmen nach Absatz 4 Buchstabe a) die
einzelstaatlichen Regelungen über die Spende oder die medizinische Verwendung von Organen und Blut unberührt.
Gewerbliche Tätigkeiten
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit - Dienstleistungsbegriff".
Gewerkschaftstätigkeit
Wanderarbeitnehmer müssen hinsichtlich der Gewerkschaftstätigkeit gleich behandelt werden (Art. 8, 9 VO 1612/68).
Gewohnheitsrecht
Gewohnheitsrecht gilt auch in der Gemeinschaft. Gewohnheitsrecht ist eine durch lang dauernde Übung und Rechtsüberzeugung entstandene Rechtsregel, die
das primäre und sekundäre Gemeinschaftsrecht ergänzt. Die praktische Bedeutung des Gewohnheitsrechts ist gering.
Gleichbehandlung
Wanderarbeitnehmer dürfen aus Gründen der Staatsangehörigkeit nicht diskriminiert werden (Art. 39 II EG). Sie haben ein Recht auf
Inländergleichbehandlung. Jede diskriminierende unterschiedliche Behandlung von EG-Ausländern ist in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige
Arbeitsbedingungen verboten (vgl. Art. 39 III a) EG).
Zulässig sind unterschiedliche Behandlungen durch Rechtsvorschriften, die sich ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit der Betroffenen auf alle der
Rechtsordnung Unterworfenen nach objektiven Merkmalen auswirken und verhältnismäßig sind.
Zulassungsbeschränkungen dürfen eingeführt werden, soweit ein Beruf entsprechende Fähigkeiten oder Kenntnisse unbedingt voraussetzt. Im Heimatstaat
erworbene Befähigungsnachweise müssen im Empfangsstaat angemessen berücksichtigt werden.
Gleichbehandlung - Rentenversicherung
Siehe unter „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts".
Gleichbehandlungsgrundsatz
Der im Gemeinschaftsrecht verankerte Anspruch auf Gleichbehandlung hängt nicht davon ab, dass zwischen den Mitgliedstaaten ein
Gegenseitigkeitsabkommen besteht.
Gleichbehandlungsrichtlinie
Nach einem Urteil des EuGH vom 7. Januar 2004 (C-117/01) ist eine nationale Regelung mit Art. 141 EG und der Gleichbehandlungsrichtlinie 75/117/EWG
unvereinbar, die es einem transsexuellen Partner unmöglich macht, mit einer anderen Person die Ehe einzugehen und so die Voraussetzung dafür zu erfüllen,
dass einem von ihnen Hinterbliebenenrente gewährt werden kann. Einem englischen Paar war die Heirat verwehrt worden, weil sich ein Partner einer
Geschlechtsumwandlung zum Mann unterzogen hatte, das englische Gesetz jedoch eine nachträgliche Änderung der Geburtsurkunde nicht erlaubt. Nach den
Geburtsurkunden handelte es sich damit weiterhin um zwei Frauen, denen die Eheschließung gesetzlich versagt ist. Das Urteil finden Sie durch Eingabe des
Aktenzeichens unter http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de.
Nach dem Landesbeamtengesetz NRW sind Beamte bei Bedarf zu Mehrarbeit verpflichtet. Eine Vergütung erhalten aber erst ab 3 Stunden Mehrarbeit. Die
Klägerin, eine teilzeitbeschäftigte Studienrätin, sah in der Nichtvergütung von 2,5 Stunden Mehrarbeit eine indirekte Diskriminierung von Frauen, da 3 Stunden
Mehrarbeit für Teilzeitbeschäftigte eine größere Belastung darstellten als für Vollzeitbeschäftigte. Teilzeitbeschäftigte seien größtenteils Frauen. Der EuGH
entschied, dass eine Ungleichbehandlung zwischen Teil- und Vollzeitbeschäftigten besteht und die Richtlinie den betreffenden Vorschriften des
Landesbeamtengesetzes entgegensteht, wenn die Ungleichbehandlung tatsächlich erheblich mehr Frauen als Männer betrifft und wenn diese
Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt oder erforderlich ist (EuG, Urteil 27.05.2004, - 285/02 - zur RL 75/117/EWG).
Siehe auch unter „Mutterschutz".
Gleichheit bei Arbeitsvergütung
Siehe unter „Diskriminierung bei Arbeitsvergütung".
Gleichstellung der Wanderarbeitnehmer
Auf Wanderarbeitnehmer sind die Rechtsvorschriften über Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen gleichermaßen anzuwenden wie für Inländer (vgl. Art. 7 -
9 VO Nr. 1612/68).
Grenzarbeiter
Weist der maßgebliche Sachverhalt grenzüberschreitende Elemente und damit zwischenstaatlichen Bezug auf, sind die Art. 39 ff. EG auf Grenzarbeiter
anwendbar. Liegt ein zwischenstaatlicher Bezug vor, ist die Lage eines Staatsangehörigen gegenüber seinem eigenen Mitgliedsstaat derjenigen eines
Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedsstaates vergleichbar, so dass Gemeinschaftsrecht anzuwenden ist.
Grenzüberschreitende Leistungen
Die Dienstleistungsfreiheit erfasst grenzüberschreitende Leistungen. Entscheidend ist, ob die Leistung die Grenze überschreitet. Es reicht aus, wenn die
Leistungserbringer bzw. Leistungsempfänger in ihren Mitgliedsstaaten verbleiben und nur die Leistung die Grenze überschreitet. Solche Leistungen werden als
Korrespondenzdienstleistungen bezeichnet.
Maßgeblich ist, dass die Dienstleistung die Grenze überschreitet. Es kommt nicht darauf an, an welchem Ort die Empfänger der Dienstleistung ansässig sind.
So können der Leistungsempfänger und der Leistungserbringer zwar im selben Mitgliedsstaat ansässig sein. Die Leistung kann aber in einem anderen
Mitgliedsstaat erbracht werden.
Großbritannien
http://www.legislation.gov.uk
Grünbuch
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Grünbuch_%28Europäische_Kommission%29"und „http://europa.eu/documents/comm/green_papers/index_de.htm"
(Liste aller Grünbücher, die seit 1984 veröffentlicht wurden).
Grundfreiheiten
Die vier Grundfreiheiten sind freier Verkehr von
(1) Personen (Arbeitnehmerfreizügigkeit - Art. 39 ff EG - und Niederlassungsfreiheit - Art. 43 ff EG),
(2) Waren (Warenverkehrsfreiheit - Art. 28 ff EG),
(3) Dienstleistungen (Dienstleistungsfreiheit - Art 49 ff EG) und
(4) Kapital (Kapital- und Zahlungsverkehrsfreiheit - Art. 56 ff EG).
Grundrechte
Siehe auch unter „Charta der Grundrechte".
Grundrechtsverstöße
Die deutschen Gerichte haben das sekundäre Gemeinschaftsrecht auf ihre Vereinbarkeit mit den Gemeinschaftsgrundrechten zu prüfen.
Liegt ein Verstoß gegen die Gemeinschaftsgrundrechte vor, so muss das deutsche Gericht den EuGH im Vorabentscheidungsverfahren anrufen (Art. 234 EG).
Der EuGH hat das Verwerfungsmonopol gegenüber sekundärem Gemeinschaftsrecht.
Liegt eine Verletzung von Gemeinschaftsgrundrechten fest, so erklärt der EuGH die Verordnung für ungültig. Das deutsche Gericht darf dieses sekundäre
Gemeinschaftsrecht nicht anwenden.
Liegt nach Auffassung des EuGH kein Verstoß gegen Gemeinschaftsrechte vor, so müssen die Gericht das fragliche sekundäre Gemeinschaftsrecht anwenden.
Dazu sind die Gerichte gemeinschaftsrechtlich verpflichtet.
Ist auf Gemeinschaftsebene ein Schutz der unabdingbaren Grundrechtsstandarts gewährleistet, so wird das deutsche Gericht das sekundäre Gemeinschaftsrecht
anwenden. Die Grundrechte des GG sind nämlich aufgrund des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts kein Prüfungsmaßstab.
Kommt das deutsche Gericht zu dem Ergebnis, dass unabdingbare Grundrechtsstandarts des Grundgesetzes verletzt sind, so muss das
Bundesverfassungsgericht im konkreten Normenkontrollverfahren nach Art. 100 GG analog angerufen werden. Das Instanzgericht darf die Unanwendbarkeit
des Gemeinschaftsrechtsaktes wegen eines Verstoßes gegen das Grundgesetz nicht feststellen. Das Entscheidungsmonopol liegt insoweit beim Bundesverfassungsgericht.
Gemeinschaftsverordnungen können analog Art. 100 GG Prüfungsgegenstand eines konkreten Normkontrollverfahrens sein.
Das Bundesverfassungsgericht wird sich für unzuständig erklären, wenn und soweit der Schutz der Grundrechte auf Gemeinschaftsebene durch den EuGH
generell gewährleistet und der Wesensgehalt der Grundrechte generell verbürgt ist.
Grundsatz der Inländergleichbehandlung
Hinsichtlich der Aufnahme und der Ausübung der selbstständigen Erwerbstätigkeit sind die Niederlassungsberechtigten wie Inländer zu behandeln. Jede Art
von Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit ist untersagt.
Die Niederlassungsberechtigten haben unter den selben Voraussetzungen wie Inländer das Recht, eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit auszuüben. Die
Niederlassungsfreiheit verbietet alle Diskriminierungen bereits niedergelassener selbstständiger im laufenden Geschäft.
Zulässig sind aber solche Rechtsvorschriften, die sich auf Inländer wie Ausländer nach objektiven Merkmalen auswirken, durch öffentliche Interessen sachlich
gerechtfertigt und verhältnismäßig sind. Deshalb darf der Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse und Befähigungen, soweit sie für die Ausübung der
Tätigkeit erforderlich sind, gefordert werden.
Gruppenfreistellungsverordnung
Siehe unter „Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen".
H
Haftbefehl
Siehe auch unter „Europäischer Haftbefehl" und „Strafrecht".
Haftpflichtversicherung
Siehe unter „Kfz-Haftpflichtversicherung".
Haftung der Mitgliedsstaaten
Die Mitgliedsstaaten können für Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht haften. Eine Haftung kommt unter folgenden Voraussetzungen in Betracht:
(1) Die verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm muss bezwecken, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, die hinreichend bestimmbar sind.
(2) Es muss ein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen dem Gemeinschaftsrechtsverstoß und dem bei dem Einzelnen eingetretenen Schaden bestehen.
(3) Das innerstaatlich zuständige Organ muss "hinreichend qualifiziert", d.h. "offenkundig und erheblich" gegen die Gemeinschaftsnorm verstoßen haben
(qualifizierter Gemeinschaftsrechtsverstoß).
***
„... Nach ständiger Rechtsprechung, auf die die Klägerin hinweist, besteht das entscheidende Kriterium für die Beurteilung der Frage, ob ein Verstoß gegen
das Gemeinschaftsrecht hinreichend qualifiziert ist, darin, ob ein Gemeinschaftsorgan die seinem Ermessen gesetzten Grenzen offenkundig und
erheblich überschritten hat. Wenn dieses Organ nur über einen erheblich verringerten oder gar auf null reduzierten Ermessensspielraum verfügt, kann die
bloße Verletzung des Gemeinschaftsrechts ausreichen, um einen hinreichend qualifizierten Verstoß anzunehmen (Urteile Bergaderm und Goupil/ Kommission,
Randnrn. 41 bis 44, und EnBW Kernkraft/ Kommission, Randnr. 87). Insbesondere lässt die Feststellung eines Fehlers, den eine durchschnittlich umsichtige
und sorgfältige Verwaltung unter ähnlichen Umständen nicht begangen hätte, den Schluss zu, dass das Verhalten des Organs einen Rechtsverstoß darstellt, der
geeignet ist, die Haftung der Gemeinschaft nach Artikel 288 EG auszulösen (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001 in den Rechtssachen T-198/ 95, T-171/ 96,
T-230/ 97, T-174/ 98 und T-225/ 99, Comafrica und Dole Fresh Fruit Europe/ Kommission, Slg. 2001, II-1975, Randnr. 134).
Dabei sind nach der Gemeinschaftsregelung über die außervertragliche Haftung der Gemeinschaft auch die Komplexität der zu regelnden Sachverhalte und die
Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der Vorschriften zu berücksichtigen (Urteile des Gerichtshofes vom 5. März 1996 in den Rechtssachen
C-46/ 93 und C-48/ 93, Brasserie du pêcheur und Factortame, Slg. 1996, I-1029, Randnr. 43, und vom 10. Dezember 2002 in der Rechtssache C-312/00 P,
Kommission/ Camar und Tico, Slg. 2002, I-11355, Randnr. 52).
Im Übrigen kann der Schutz der Rechte, die der Einzelne aus dem Gemeinschaftsrecht herleitet, nicht unterschiedlich sein, je nachdem, ob die Stelle, die den
Schaden verursacht hat, nationalen oder Gemeinschaftscharakter hat (Urteil Bergaderm und Goupil/ Kommission, Randnr. 41). Wie es auch bei
Rechtsstreitigkeiten über die Haftung der Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht der Fall ist, muss daher der mit einer
Schadensersatzklage befasste Gemeinschaftsrichter, um festzustellen, ob eine Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch ein Gemeinschaftsorgan einen
hinreichend qualifizierten Verstoß darstellt, alle Gesichtspunkte berücksichtigen, die für den ihm unterbreiteten Sachverhalt kennzeichnend sind; dazu gehören
u. a. das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift und die Frage, ob ein etwaiger Rechtsfehler vorsätzlich begangen wurde oder
unentschuldbar ist (vgl. analog dazu Urteile des Gerichtshofes vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C-424/ 97, Haim, Slg. 2000, I-5123, Randnr. 43, und vom 4.
Dezember 2003 in der Rechtssache C-63/01, Evans, Slg. 2003, I-14447, Randnr. 86).
Zunächst ist zu klären, ob der Rat im vorliegenden Fall beim Erlass der Verordnung Nr. 2380/ 98 über ein Ermessen hinsichtlich der Rückwirkung der
Änderung des Satzes des Antidumpingzolls auf die Einfuhren der Waren von Lucci Creation verfügte.
Das Gericht hat in Randnummer 87 des Urteils Medici Grimm I entschieden, dass im Hinblick darauf, dass die Gemeinschaftsorgane im Rahmen der
Überprüfungsuntersuchung feststellten, dass eines der Elemente fehlte, auf deren Grundlage die endgültigen Antidumpingzölle auferlegt worden waren, nicht
mehr davon ausgegangen werden konnte, dass die in Artikel 1 der Grundverordnung aufgestellten Voraussetzungen beim Erlass der Verordnung Nr. 1567/ 97
erfüllt und die handelspolitischen Verteidigungsmaßnahmen gegen die Ausfuhren von Lucci Creation in die Gemeinschaft notwendig waren. Unter diesen
Umständen waren die Organe verpflichtet, alle Konsequenzen aus der Wahl des Untersuchungszeitraums zu ziehen, und mussten, da sie feststellten, dass Lucci
Creation während dieses Zeitraums kein Dumping betrieben hatte, den Konsequenzen aus dieser Feststellung Rückwirkung verleihen.
Folglich war der Rat, nachdem er festgestellt hatte, dass Lucci Creation im Untersuchungszeitraum kein Dumping praktiziert hatte, nicht berechtigt, einen
Antidumpingzoll auf die Einfuhren dieser Waren durch die Klägerin festzusetzen. Er verfügte somit in rechtlicher Hinsicht nicht über ein Ermessen und war
verpflichtet, der Änderung des Satzes dieses Zolls Rückwirkung zu verleihen.
Den auf den zukunftsbezogenen Charakter der Maßnahmen am Ende von Überprüfungsuntersuchungen gestützten Gegenargumenten des Rates kann nicht
gefolgt werden. Das Gericht hat nämlich im Urteil Medici Grimm I entschieden, dass es sich nicht um ein Überprüfungsverfahren handelte, sondern um eine
Wiedereröffnung der Ausgangsuntersuchung, da der Untersuchungszeitraum bei der Überprüfung vor Erlass der Verordnung Nr. 2380/ 98 der gleiche war wie
in dem Verfahren, das zum Erlass der Verordnung Nr. 1567/ 97 führte.
Auch wenn es sich bei der Einleitung der Untersuchung, die zum Erlass der Verordnung Nr. 2380/ 98 führte, um eine auf einer Ermessensentscheidung des
Rates beruhende politische Geste gehandelt haben sollte, wäre dies unerheblich, da diese Entscheidung keine Auswirkungen auf die Verpflichtungen des Rates
nach der Grundverordnung haben konnte.
Der fehlende Ermessensspielraum des Rates in Bezug auf die Rückwirkung der Verordnung Nr. 2380/ 98 reicht jedoch nicht aus, um im vorliegenden Fall
von einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen Artikel 1 Absatz 1 der Grundverordnung auszugehen, der die Haftung der Gemeinschaft auszulösen
vermag. Darüber hinaus sind nämlich noch die Komplexität des zu regelnden Sachverhalts, die Schwierigkeiten bei der Anwendung oder Auslegung der
Vorschriften, das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift und die Frage zu berücksichtigen, ob der Rechtsfehler vorsätzlich begangen wurde
oder unentschuldbar ist.
Der Rat macht im vorliegenden Fall im Wesentlichen geltend, dass er einen entschuldbaren Rechtsirrtum begangen habe, da die Umstände des Falles neu
gewesen seien, und dass er gutgläubig gehandelt habe, als er beschlossen habe, der Verordnung Nr. 2380/ 98 keine Rückwirkung zu verleihen.
Hierzu ist erstens festzustellen, dass sich sowohl aus der Verordnung Nr. 2380/ 98 als auch aus dem gesamten ihrem Erlass vorangegangenen Verfahren ergibt,
dass die Organe der Ansicht waren, eine Überprüfungsuntersuchung eingeleitet und nicht das ursprüngliche Verfahren wiedereröffnet zu haben. Erst durch das
Urteil Medici Grimm I wurde die Rechtslage klargestellt und das von den Organen angewandte Verfahren anders eingestuft.
Zweitens geht aus den Grundsätzen für die Überprüfung und insbesondere aus Artikel 11 Absatz 6 der Grundverordnung hervor, dass die am Ende von
Überprüfungsuntersuchungen getroffenen Maßnahmen zukunftsbezogen sind, da eine Rückwirkung bestimmter Überprüfungsverordnungen nur unter engen,
hier nicht erfüllten Voraussetzungen zulässig ist. Außerdem gab es keinen vergleichbaren Präzedenzfall.
Drittens ist Randnummer 19 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2380/ 98 ein eindeutiger Beleg dafür, dass der Rat die ihm von der Klägerin vor Erlass dieser
Verordnung unterbreiteten Argumente hinsichtlich ihrer Rückwirkung nicht außer Acht gelassen hat, sondern nach deren Prüfung zu einem anderen Ergebnis
gekommen ist.
Viertens warf die Verordnung Nr. 2380/ 98, auch wenn ihr Erlass als solcher keine wirtschaftspolitische Entscheidung umfasste, gleichwohl eine schwierige
Rechtsfrage ohne Präjudiz auf, die erst geklärt wurde, als das Gericht im Urteil Medici Grimm I über die Rechtmäßigkeit der Verordnung entschied.
Fünftens ist auch nicht erwiesen, dass der Rat einen Ermessensmissbrauch begangen hat. Nach der Rechtsprechung ist ein Rechtsakt eines
Gemeinschaftsorgans nur dann ermessensmissbräuchlich, wenn er ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken
erlassen worden ist (Urteile des Gerichtshofes vom 25. Juni 1997 in der Rechtssache C-285/ 94, Italien/ Kommission, Slg. 1997, I-3519, Randnr. 52, und des
Gerichts vom 20. März 2001 in der Rechtssache T-52/ 99, T. Port/ Kommission, Slg. 2001, II-981, Randnr. 53), und ein Ermessensmissbrauch kann nur anhand
objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien festgestellt werden (Urteil des Gerichts vom 24. April 1996 in den Rechtssachen T-551/ 93 und T-231/
94 bis T-234/ 94, Industrias Pesqueras Campos u. a./ Kommission, Slg. 1996, II-247, Randnr. 168, und Urteil T. Port/ Kommission, Randnr. 53).
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht dargetan, dass es der Rat ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken
abgelehnt hat, der Verordnung Nr. 2380/ 98 Rückwirkung zu verleihen.
Der Rat hat vielmehr eine Rückwirkung der Verordnung Nr. 2380/ 98 nicht ausschließlich oder überwiegend zu dem Zweck abgelehnt, die Importeure, die
nicht an der Ausgangsuntersuchung teilgenommen hatten, mit einer Sanktion zu belegen und ihnen die Rückerstattung ihrer Antidumpingzölle zu versagen,
sondern deshalb, weil er aufgrund des tatsächlichen und rechtlichen Kontexts, von dem zu dieser Zeit vernünftigerweise ausgegangen werden konnte, der
Ansicht war, dass tatsächlich eine Überprüfungsuntersuchung vorgenommen worden war und dass die an deren Ende zu treffenden Maßnahmen nur
zukunftsbezogen sein konnten. Auch die Rechtfertigung des Rückgriffs auf den ursprünglichen Untersuchungszeitraum mit Beschleunigungserwägungen in
Randnummer 8 der Verordnung Nr. 2380/ 98 und die Einstufung dieser Vorgehensweise als Ausnahme zeigen, dass die Gemeinschaftsorgane überzeugt waren,
eine Überprüfung vorzunehmen.
Im Übrigen ist die oben in Randnummer 18 wiedergegebene Begründung des Rates für die Weigerung, der Verordnung Nr. 2380/ 98 Rückwirkung zu
verleihen, bei der Prüfung des Vorliegens eines Ermessensmissbrauchs irrelevant. Auch wenn diese Begründung zweifellos ungeschickt ist, ist sie nämlich nur
zweitrangig gegenüber der - für sich genommen ausreichenden - Hauptbegründung, dass die Überprüfungsverfahren, in deren Rahmen der Rat tätig zu werden
glaubte, dem Wesen nach zukunftsbezogen sind.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin kann daher angesichts der Umstände und mangels gegenteiliger Nachweise nicht davon ausgegangen werden, dass der
Rat einen Ermessensmissbrauch begangen oder absichtlich Artikel 1 Absatz 1 der Grundverordnung verletzt hat.
Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass der Rat in einer für die Entstehung der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft hinreichend
qualifizierten Weise gegen Artikel 1 Absatz 1 der Grundverordnung verstoßen hat. Die Argumentation der Klägerin ist daher zurückzuweisen, ohne dass
geprüft zu werden braucht, ob diese Bestimmung dem Einzelnen Rechte verleihen soll.
Da die an das Verhalten des betreffenden Organs anknüpfende Voraussetzung für die Entstehung der außervertraglichen Haftung der Gemeinschaft somit im
vorliegenden Fall nicht erfüllt ist, ist die Klage abzuweisen, ohne dass es einer Prüfung der übrigen Voraussetzungen dieser Haftung bedarf. ..." (EuG, Urteil
vom 26. 1. 2006 - T-364/03).
***
Generalanwalt Léger legte am 11.10.2005 seine Schlussanträge in dem Vorabentscheidungsverfahren C-173/03 vorgelegt, in denen er sich mit den
Haftungsvoraussetzungen der Mitgliedstaaten bei der Verletzung des Gemeinschaftsrechts durch ein nationales oberstes Gericht auseinandersetzt. Seiner
Ansicht nach widerspricht es der Haftungspflicht der Mitgliedstaaten, wenn ein Entschädigungsanspruch des Bürgers nach nationalem Recht allein deswegen
ausgeschlossen wird, weil der Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht mit der Auslegung von Rechtsnormen oder der Sachverhalts- und Beweiswürdigung
im Zusammenhang steht. Um eine Haftungspflicht des Mitgliedstaats zu begründen, muss jedoch offenkundig das anzuwendende Gemeinschaftsrecht verkannt
worden sein, wie z.B. bei der offenkundigen Verkennung einschlägiger Rechtsprechung des EuGH. Die Mitgliedstaaten dürfen den Haftungsanspruch nach
Auffassung Légers daher nur dann von einer vorsätzlich oder grob fahrlässigen Handlung des nationalen Richters abhängig machen, wenn die nationale
Definition von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit keine strengeren Haftungsvoraussetzungen vorschreibt als die vom EuGH definierte offenkundige
Rechtsverkennung. Ansonsten würde der Entschädigungsanspruch, der seine Grundlage in der Gemeinschaftsordnung findet, unzulässig eingeschränkt.
***
Der Grundsatz, dass die Mitgliedstaaten zum Ersatz von Schäden verpflichtet sind, die einem Einzelnen durch ihnen zuzurechnende Verstöße gegen das
Gemeinschaftsrecht entstehen, ist auch dann anwendbar, wenn der fragliche Verstoß in einer Entscheidung eines letztinstanzlichen Gerichts besteht, sofern die
verletzte Gemeinschaftsrechtsnorm bezweckt, dem Einzelnen Rechte zu verleihen, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und zwischen diesem Verstoß und
dem dem Einzelnen entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht. Bei der Entscheidung darüber, ob der Verstoß hinreichend
qualifiziert ist, muss das zuständige nationale Gericht, wenn sich der Verstoß aus einer letztinstanzlichen Gerichtsentscheidung ergibt, unter Berücksichtigung
der Besonderheit der richterlichen Funktion prüfen, ob dieser Verstoß offenkundig ist. Es ist Sache der Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, zu
bestimmen, welches Gericht für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über diesen Schadensersatz zuständig ist (EuGH NJW 2003, 3539).
Siehe auch unter „Schadensersatzklage".
Haftung des Geschäftsführers einer Ldt.
Dazu führt der BGH in seinem Urteil vom 14.03.2005 - II ZR 5/03 folgendes aus:
„ ... Tatbestand: Die Klägerin, die sich mit der Herstellung und dem Vertrieb von technischen Gasen befaßt, stellte der U. Ltd. (nachfolgend U. Ltd.) für
vertraglich vereinbarte Gaslieferungen und Vermietung von Gasflaschen in den Jahren 2000 und 2001 einen - unstreitigen - Gesamtbetrag von 3.393,87 DM in
Rechnung. Die U. Ltd., deren Geschäftsführer und Mitgesellschafter der Beklagte ist, wurde schon vorher - am 11. Februar 2000 - gemäß dem Companies Act
1985 im Companies House, C./UK als private limited company mit eingetragenem (Haupt-)Sitz in L. registriert. Die gesamte Geschäftstätigkeit der
Gesellschaft fand hingegen - von ihrem tatsächlichen Verwaltungssitz in G. aus - nur in Deutschland statt, ohne daß deren Eintragung in ein deutsches
Handelsregister erfolgt wäre. Die Rechnungen der Klägerin blieben unbezahlt. Auf einen gegen die U. Ltd. gestellten Insolvenzantrag wurde durch Beschluß
des Amtsgerichts H. vom 20. September 2001 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt.
Die Klägerin nahm daraufhin wegen der unbeglichenen Rechnungen den Beklagten als für die U. Ltd. Handelnden persönlich in Anspruch und erwirkte gegen
ihn einen Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts H. vom 16. Juli 2002. Auf den Einspruch des Beklagten hat das zuständige Amtsgericht S. den
Vollstreckungsbescheid - mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen - aufrechterhalten. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten blieb erfolglos.
Mit der vom Landgericht zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte weiterhin die vollständige Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe: Die Revision des Beklagten ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an
das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht ist der Ansicht, der Beklagte hafte wegen Fehlens einer Eintragung der U. Ltd. als Gesellschaft mit beschränkter Haftung in einem deutschen Handelsregister als handelnder
Gesellschafter-Geschäftsführer analog § 11 Abs. 2 GmbHG persönlich für die in ihrem Namen begründeten Kaufpreis- und Mietzinsverbindlichkeiten gegenüber der Klägerin. Europarechtliche
Normen stünden einer persönlichen Haftung des Beklagten nicht entgegen. Zwar verstoße es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (nachfolgend: EuGH) im
Urteil vom 5. November 2002 (ZIP 2002, 2037 - Überseering) gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 48 EG), wenn einer nach dem Recht eines Mitgliedstaates wirksam gegründeten Gesellschaft
von einem anderen Mitgliedstaat, in den sie ihren Verwaltungssitz verlegt habe, die Rechts- und Parteifähigkeit abgesprochen werde; jedoch rechtfertigten zwingende Gründe des Gemeinwohls
Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit. Im Gläubigerinteresse sei durch Anwendung der Sitztheorie sicherzustellen, daß eine im Ausland gegründete Kapitalgesellschaft mit
Tätigkeitsschwerpunkt in Deutschland - wie hier die U. Ltd. - den deutschen Gründungsvorschriften unterworfen werde. Ihrer Umgehung müsse durch eine persönliche Haftung der für die
Auslandsgesellschaft handelnden Personen analog § 11 Abs. 2 GmbHG begegnet werden. Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. ...
2. Das Urteil des Landgerichts hat aber deshalb keinen Bestand, weil die Gleichsetzung der wirksam als limited liability company gegründeten und damit nach
englischem Recht rechtsfähigen U. Ltd. mit einer - mangels Eintragung in einem deutschen Handelsregister - nicht als GmbH existenten Gesellschaft (§ 11
Abs. 1 GmbHG) und die daraus abgeleitete persönliche Handelndenhaftung des Beklagten als Geschäftsführer analog § 11 Abs. 2 GmbHG für die
Verbindlichkeiten der U. Ltd. aus den von ihm selbst in deren Namen abgeschlossenen Kauf- und Mietverträgen mit der Klägerin mit der in Art. 43 und 48 EG
garantierten Niederlassungsfreiheit unvereinbar ist.
a) Nach der Rechtsprechung des EuGH ist die in einem Vertragsstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft in einem anderen
Vertragsstaat - unabhängig von dem Ort ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde (vgl. EuGH, Urt.
v. 5. November 2002 - Rs C-208/00, ZIP 2002, 2037 - Überseering; bestätigt durch EuGH, Urt. v. 30. September 2003 - Rs C-167/01, ZIP 2003, 1885 - Inspire
Art; vgl. auch BGHZ 154, 185, 189; vgl. ferner zur vergleichbaren Rechtslage beim Deutsch-Amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrag:
BGHZ 153, 353, 356 f.; Sen.Urt. v. 5. Juli 2004 - II ZR 389/02, ZIP 2004, 1402 m.w.Nachw.; BGH, Urt. v. 13. Oktober 2004 - I ZR 245/01, ZIP 2004, 2230,
2231). Aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit einer solchen Gesellschaft folgt zugleich, daß deren Personalstatut auch in bezug auf die Haftung für in ihrem
Namen begründete rechtsgeschäftliche Verbindlichkeiten einschließlich der Frage nach einer etwaigen diesbezüglichen persönlichen Haftung ihrer
Gesellschafter oder Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftsgläubigern maßgeblich ist (vgl. BGHZ 154, 185, 189 - auch zur passiven Parteifähigkeit;
BGH, Urt. v. 23. April 2002 - XI ZR 136/01, NJW-RR 2002, 1359 f.; Sen.Urt. v. 5. Juli 2004 aaO, S. 1403).
Danach scheidet im vorliegenden Fall eine Haftung des Beklagten analog § 11 Abs. 2 GmbHG für die von ihm als Geschäftsführer namens der U. Ltd.
rechtsgeschäftlich begründeten Verbindlichkeiten aus; nach dem für das Personalstatut dieser private limited company (Kapitalgesellschaft) maßgeblichen
englischen Recht haftet deren Geschäftsführer als Leitungsorgan - wie im deutschen GmbH-Recht - grundsätzlich nicht persönlich für solche Gesellschaftsverbindlichkeiten.
b) Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des EuGH ist es selbst unter Gläubigerschutzgesichtspunkten mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar, wenn das
Landgericht im vorliegenden Fall hinsichtlich der Frage einer Haftung des Gesellschafter-Geschäftsführers der U. Ltd. deren maßgebliches Personalstatut
(ausnahmsweise) nicht an das am Ort ihrer Gründung geltende Recht, sondern an das Recht ihres tatsächlichen Verwaltungssitzes anknüpfen will. Zwar ist nach
der Rechtsprechung des EuGH anerkannt, daß zwingende Gründe des Gemeinwohls, wie der Schutz der Interessen der Gläubiger u.a. unter bestimmten
Umständen und unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können (EuGH, ZIP 2002 aaO Tz. 92 -
Überseering; EuGH, ZIP 2003 aaO Tz. 132 f. - Inspire Art). Das Berufungsgericht hat jedoch verkannt, daß eine Behinderung der durch den EG-Vertrag
garantierten Grundfreiheiten durch nationale Maßnahmen allenfalls unter vier engen Voraussetzungen gerechtfertigt sein kann: Die Maßnahmen müssen in
nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, sie müssen zur Erreichung des
verfolgten Zieles geeignet sein und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (EuGH, ZIP 2003 aaO Tz. 133
m.w.Nachw. - Inspire Art). Danach stellt sogar die bewußte Ausnutzung unterschiedlicher Rechtssysteme für sich allein genommen noch keinen Mißbrauch
dar, auch wenn sie in der offenen Absicht erfolgt, die "größte Freiheit" zu erzielen und mit einer ausländischen Briefkastengesellschaft die zwingenden
inländischen Normativbestimmungen zu umgehen (EuGH, ZIP 2003 aaO Tz. 96 f., 137 ff. m.w.Nachw. - Inspire Art). Da die Bestimmungen über das
Mindestkapital insoweit mit der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit unvereinbar sind, gilt zwangsläufig dasselbe für die Sanktionen, die an
die Nichterfüllung der fraglichen Verpflichtungen geknüpft sind, d.h. die Anordnung einer persönlichen (gesamtschuldnerischen) Haftung der Geschäftsführer
in dem Fall, daß das Kapital nicht den im nationalen Recht vorgeschriebenen Mindestbetrag erreicht oder während des Betriebes unter diesen sinkt. Folglich
rechtfertigen weder Art. 46 EG noch der Gläubigerschutz die Bekämpfung der mißbräuchlichen Ausnutzung der Niederlassungsfreiheit oder die Erhaltung der
Lauterkeit des Handelsverkehrs die Behinderung der durch den Vertrag garantierten Niederlassungsfreiheit, wie sie nationale Rechtsvorschriften über das
Mindestkapital und eine persönliche (gesamtschuldnerische) Haftung der Geschäftsführer darstellen (EuGH, ZIP 2003 aaO Tz. 142 - Inspire Art).
c) Eine persönliche Haftung des Beklagten analog § 11 Abs. 2 GmbHG kann schließlich - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch nicht daraus abgeleitet
werden, daß der Beklagte als Geschäftsführer es entgegen §§ 13 d ff. HGB unterlassen hat, die "Zweigniederlassung" der U. Ltd. zum Handelsregister
anzumelden. Zwar verpflichtet Art. 12 der 11. Richtlinie 89/666/EWG des Rates vom 21. Dezember 1999 die Mitgliedstaaten, geeignete Maßregeln für den
Fall anzudrohen, daß die erforderliche Offenlegung der Zweigniederlassungen im Aufnahmestaat unterbleibt. Gleichwohl müssen die Mitgliedstaaten, denen
zwar die Wahl der Sanktion verbleibt, namentlich darauf achten, daß Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nach ähnlichen sachlichen und
verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden wie nach Art und Schwere gleiche Verstöße gegen nationales Recht, wobei die Sanktion nicht nur wirksam und
abschreckend, sondern auch verhältnismäßig sein muß (EuGH, ZIP 2003 aaO Tz. 62, 133 - Inspire Art). Schon danach bleibt festzustellen, daß die offenbar
vom Berufungsgericht befürwortete Sanktion der persönlichen Haftung des Beklagten als Geschäftsführer wegen Nichterfüllung der Anmeldungspflicht weder
gesetzlich vorgesehen ist noch etwa im Wege der Rechtsfortbildung in Betracht käme. Als zulässige Sanktion im Sinne der 11. Richtlinie des Rates sieht das
deutsche Recht in § 14 HGB allein die Festsetzung von Zwangsgeld für den Fall der Nichterfüllung der Anmeldepflicht pp. vor, nicht hingegen
haftungsrechtliche Konsequenzen.
III. Aufgrund der unter Nr. II, 2 aufgezeigten Rechtsfehler unterliegt das Berufungsurteil der Aufhebung (§ 562 ZPO). Mangels Endentscheidungsreife ist die
Sache an die Vorinstanz zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Der Klägerin ist auf ihre Gegenrüge hin unter dem Blickwinkel der Gewährung rechtlichen
Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie eines fairen Verfahrens (Art. 2, 20 GG) Gelegenheit zu geben, in der wiedereröffneten Berufungsinstanz ihr Klagebegehren
nunmehr auf - bislang nicht geltend gemachte - etwaige Haftungstatbestände des materiellen englischen Rechts oder des (deutschen) Deliktsrechts (§§ 823 ff.
BGB) zu stützen und hierzu weiteren Sachvortrag zu halten. ..."
Siehe zur Durchgriffshaftung http://www.kanzlei-doehmer.de/bgb_826_1.htm.
Handelsregelungen
Handelsregelungen können Maßnahmen gleicher Wirkung im Sinne von Art. 28 EG sein, auch wenn sie nur Verkaufsmodalitäten betreffen. Zwei
Voraussetzungen müssen erfüllt sein.
- Die Regelungen müssen für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten, die ihre Tätigkeit im Inland ausüben.
- Außerdem müssen die Regelungen den Absatz der inländischen Erzeugnisse und der Erzeugnisse aus anderen Mitgliedsstaaten rechtlich wie tatsächlich in
gleicher Weise berühren.
Die Beweislast für die neutrale Wirkung tragen die Mitgliedsstaaten.
Handwerklich Tätigkeiten
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit - Dienstleistungsbegriff".
Handwerksrolle
Es stellt eine Beschränkung im Sinne von Art. 49 EG dar, wenn einem Unternehmen, das in einem Mitgliedsstaat ansässig ist und in einem anderen
Mitgliedsstaat als Dienstleistende eine handwerkliche Tätigkeit ausüben möchte, die Verpflichtung, sich in die Handwerksrolle des letztgenannten
Mitgliedsstaat eintragen zu lassen, auferlegt wird.
Eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit kann zwar durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, etwa durch das Ziel, die
Qualität der durchgeführten handwerklichen Arbeiten zu sichern und deren Abnehmer vor Schäden zu bewahren, doch muss die Anwendung der nationalen
Regelungen eines Mitgliedsstaates auf die in anderen Mitgliedsstaaten niedergelassenen Dienstleistenden geeignet sein, die Verwirklichung des mit ihnen
verfolgten Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. EuGH NJW 2004, 435,436).
Harmonisierung von Rechtsvorschriften Art. 93 EG
Der Rat erlässt auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses einstimmig die
Bestimmungen zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften über die Umsatzsteuern, die Verbrauchsabgaben und sonstige indirekte Steuern, soweit diese
Harmonisierung für die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts innerhalb der in Artikel 14 gesetzten Frist notwendig ist.
Hauptrechtssetzungsorgan
Der Rat (siehe dort) ist das Hauptrechtssetzungsorgan der Gemeinschaft (Art. 202 ff. EG). Er erlässt zusammen mit dem EP alle wesentlichen Rechtsakte -
Verordnungen, Richtlinien. Ein rechtssetzendes Tätigwerden ist dem Rat aber nur erlaubt, wenn er durch eine entsprechende Ermächtigungsnorm dazu
ermächtigt ist (Art. 5 I EG).
Siehe auch unter „Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung".
Haushaltsrechte (des Europäischen Parlaments)
In der EU bilden Parlament und Rat gemeinsam die Haushaltsbehörde. Das EP hat das "letzte Wort" bei Ausgaben, die sich nicht aus Vertragsverpflichtungen
ergeben ("nichtobligatorische Ausgaben"). Sie machen etwa die Hälfte der Gemeinschaftsausgaben aus und sind für die Weiterentwicklung der Gemeinschaft
besonders wichtig: insbesondere Sozial- und Regionalpolitik, Forschung, Umwelt, nicht aber die Agrarpolitiken. Das EP kann außerdem den Haushaltsplan
insgesamt ablehnen. Das tat es z. B. 1979 und forderte eine Verringerung der Agrarausgaben. In der Folgezeit sank der Anteil der Agrarkosten am Haushalt von
ca. 70 % auf unter 50 %.
Ungeachtet dessen liegt das Haushaltsrecht maßgeblich beim Rat. Der Haushaltsplan wird vom Rat auf Vorschlag der Kommission aufgestellt (Art. 272 III UA
III EG).
Bei folgenden EU-Ausgaben bestimmt das EP mit (insgesamt rund 50 Milliarden Euro ):
- Energie, Umwelt 0,14 Milliarden,
- Sozialpolitik 0,8 Milliarden,
- Verbraucherschutz, Binnenmarkt 1,2 Milliarden,
- Forschung 3, 6 Milliarden,
- Verwaltung 4, 7 Milliarden,
- Außenpolitik 7,0 Milliarden sowie
- Struktur- und Regionalpolitik 32,2 Milliarden Euro.
Haustürgeschäfte
Siehe unter „Schrott-Immobilien".
Herkunftslandprinzip
Dem Allgemeininteresse darf nicht bereits durch Bestimmungen des Mitgliedsstaats, aus dem der Leistungserbringer stammt, Rechnung getragen sein. Der
Mitgliedsstaat, in dem Dienstleistung erbracht werden soll, muss demnach Kontrollen, Zuverlässigkeitsprüfungen, Diplome und sonstige
Befähigungsnachweise des Dienstleitungsberechtigten hinreichend berücksichtigen. Unzulässig ist ein unnötiges Wiederholen praktisch inhaltsgleicher
Prüfungen bzw. Kontrollen.
Das Vorhandensein von Schutzvorschriften im Ausfuhrstaat bedeutet nicht automatisch, dass strengere Schutzvorschriften im Einfuhrstaat unverhältnismäßig sind.
Hersteller
Siehe unter „Produkthaftung".
Hochschulstudium
Der EuGH veröffentlichte am 07.07.2005 sein Urteil in dem Vertragsverletzungsverfahren Kommission ./. Österreich veröffentlicht (Rs. C-147/03). Darin hat
er entschieden, dass Österreich gegen seine Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag verstoßen hat, da es nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um
sicherzustellen, dass die Inhaber von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Sekundarschulabschlüssen unter den gleichen Voraussetzungen wie die Inhaber
von in Österreich erworbenen Sekundarschulabschlüssen Zugang zum Hochschulstudium in Österreich haben. § 36 des österreichischen
Universitätsstudiengesetzes schreibt vor, dass Schulabgänger, die ihren Sekundarabschluss in einem anderen Mitgliedstaat als Österreich erworben haben und
ein Hochschulstudium in Österreich aufnehmen wollen, nicht nur ihren Schulabschluss vorlegen müssen, sondern darüber hinaus nachzuweisen haben, dass sie
die Voraussetzungen des Zugangs zur gewünschten Studienrichtung in dem Staat, in dem sie ihren Abschluss erworben haben, erfüllen. Daher müssen einige
Schulabgänger z.B. in Österreich vorweisen, dass sie eine Aufnahmeprüfung erfolgreich abgelegt oder einen bestimmten Numerus Clausus erreicht haben.
Hierin sieht der EuGH eine rechtswidrige, nicht gerechtfertigte Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit. Das Urteil hat zur Folge, dass
sich Deutsche, die Fächer studieren möchten, die in Deutschland mit einem hohen NC belegt sind, sich für ein NC-freies Studium in Österreich entscheiden können.
Hoheitsrechte
Siehe unter „Übertragung von Hoheitsrechten".
I
"impleid-powers"-Lehre
Siehe unter „Kompetenz kraft Sachzusammenhangs", „Zuständigkeit".
Indirekte Steuern - Notargebühren
Art. 10 Buchst. c der Richtlinie 69/ 335/ EWG des Rates vom 17. Juli 1969 betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der durch die
Richtlinie 85/ 303/ EWG des Rates vom 10. Juni 1985 geänderten Fassung steht der Erhebung von Notargebühren für die Beurkundung der Übertragung von
Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft entgegen, die als Einlage im Rahmen einer Erhöhung des Gesellschaftskapitals einer Kapitalgesellschaft erfolgt ist, und
dies in einem Rechtssystem, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die Notare Beamte sind und die Gebühren zumindest teilweise dem Staat für die Bestreitung
öffentlicher Kosten zufließen (EuGH, Urteil vom 28.06.2007 - C-466/03).
Generalanwalt Geelhoed trug am 16.06.2005 seine Schlussanträge im Vorabentscheidungsersuchen des LG Baden-Baden (Rs C-466/03) vor. Sie bezogen sich
auf die Vorlagefrage, ob Art. 10 lit. c der Richtlinie 69/335/EWG betreffend die indirekten Steuern auf die Ansammlung von Kapital in der Fassung der
Richtlinie 85/303/EWG auch die Gebühren für die notariell beurkundete Abtretung von GmbH-Anteilen erfasst. Der Anwendungsbereich der Richtlinie ist
eröffnet, da die Beurkundungsgebühren für die Abtretung von GmbH-Anteilen in wirtschaftlichem und rechtlichem Zusammenhang mit der Kapitalerhöhung
einer Kapitalgesellschaft stehen. Wie bereits der Generalanwalt Tizzano in seinen Schlussanträgen in der Rs C-165/03 (vgl. EiÜ 04/05), geht auch Geelhoed
davon aus, dass Gebühren eines verbeamteten Notars Steuern im Sinne der Richtlinie sind, wenn ein Teil dieser Gebühren seiner Anstellungsbehörde zur
Finanzierung ihrer Aufgaben zufließt. Nach Art. 10 lit. c der Richtlinie handle es sich bei der Beurkundungsgebühr um verbotene Steuern, da in diesem
Zusammenhang neben der Gesellschaftsteuer keine weiteren Steuern erhoben werden dürfen. Eine solche Gebühr könne auch nicht als eine nach Art 12 Abs. 1
lit. a der Richtlinie vom Verbot der Steuererhebung ausgenommene Börsenumsatzsteuer betrachtet werden. Seiner Auffassung nach dürfen somit derartige
Gebühren nicht erhoben werden.
Initiativrecht
Das Europäische Parlament hat kein Initiativrecht im Zusammenhang mit Rechtsetzungsakten der Gemeinschaft. Eine Ausnahme gibt es nur bei Wahlverfahren
(Art. 190 IV EG). Das Europäische Parlament hat allerdings das Recht, die Kommission zum Tätigwerden und Unterbreiten eines Vorschlags aufzufordern
(Art. 192 II EG).
Inländerdiskriminierung I
Die Inländerdiskriminierung verstößt nicht gegen den EG. Inländer können sich grundsätzlich nicht auf die Bestimmungen der Grundfreiheiten gegenüber
ihrem Heimatstaat berufen. Die rechtliche Zulässigkeit einer unter Umständen daraus resultierenden Schlechterstellung von eigenen Staatsangehörigen
bestimmt sich allein nach innerstaatlichem Recht. In Deutschland gilt Art. 3 GG.
Inländerdiskriminierung II
Durch die Niederlassungsfreiheit wird die Schlechterstellung von Inländern ("Inländerdiskriminierung") nicht ausgeschlossen. Art. 43 EG erfasst nämlich nur
die Angehörigen eines Mitgliedsstaates, die sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedsstaates niederlassen wollen. Nach der Rechtsprechung des EuGH
sind jedoch die eigenen Staatsangehörigen eines Mitgliedsstaates von der Anwendung des Gemeinschaftsrechts nicht schlechthin ausgeschlossen. Soweit sie
zum Beispiel rechtmäßig in einem anderen Mitgliedsstaat ansässig waren und dort eine nach dem Gemeinschaftsrecht anerkannte Qualifikation erworben,
befinden sie sich gegenüber ihrem Herkunftsland in einer Lage, die mit derjenigen eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedsstaates vergleichbar ist.
Demgemäß können sich auch Inländer gegenüber ihrem Heimatstaat auf die Bestimmungen des EG und das dazu ergangene Sekundärrecht berufen.
Inländergleichbehandlung I
Siehe unter „Grundsatz der Inländergleichbehandlung".
Inländergleichbehandlung II
Nach Art. 50 III können die begünstigten Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedsstaat unter den selben Voraussetzungen wie Inländer erbringen bzw.
empfangen. Aus der Dienstleistungsfreiheit folgt, dass jedwede - offene und versteckte - Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit untersagt ist.
Insidergeschäfte
Die Art. 1 und 2 der Richtlinie 89/ 592/ EWG des Rates vom 13. November 1989 zur Koordinierung der Vorschriften betreffend Insider-Geschäfte sind dahin
auszulegen, dass die Hauptaktionäre und Vorstandsmitglieder einer Gesellschaft, die vereinbaren, untereinander Börsengeschäfte mit Wertpapieren dieser
Gesellschaft zu tätigen, um deren Kurs künstlich zu stützen, in diesem Fall über eine Insider-Information verfügen, die sie nicht in Kenntnis der Sache
ausnutzen, wenn sie diese Geschäfte durchführen (EuGH, Urteil vom 10.05.2007 - C-391/04).
Insolvenzverfahren
Art. 8 der Richtlinie 80/ 987/ EWG des Rates vom 20. Oktober 1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der
Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers ist in dem Sinne auszulegen, dass die Finanzierung erworbener Rechte auf Leistungen bei Alter in
dem Fall, dass der Arbeitgeber zahlungsunfähig wird und die Aktiva betrieblicher oder überbetrieblicher Zusatzversorgungseinrichtungen nicht ausreichen,
weder zwangsläufig von den Mitgliedstaaten selbst sichergestellt werden noch vollständig sein muss. Art. 8 der Richtlinie 80/ 987 steht einem Schutzsystem
wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegen. Im Fall einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung von Art. 8 der Richtlinie 80/ 987 hängt die
Haftung des betreffenden Mitgliedstaats von der Feststellung ab, dass dieser Staat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt waren, offenkundig und erheblich
überschritten hat (EuGH, Urteil vom 25.01.2007 - C-278/05).
Siehe unter „Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 ueber Insolvenzverfahren".
Integration
Der EG (= EG-Vertrag) ist der wichtigste Vertrag der Gemeinschaft. Er ist die Grundlage der Europäischen Gemeinschaft. Ziel des EG ist eine
Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten in allen Bereichen der Wirtschaft sowie in bestimmten, nichtwirtschaftlichen Bereichen. Er ist auf eine umfassende
Integration gerichtet.
Interne Dienste
Siehe unter „Generaldirketion".
Internetportal für Verbraucher
http://www.dolceta.eu/
Internetsicherheitsamt
Am 19. und 20. November 2003 haben das Europäische Parlament und der Telekommunikationsministerrat einer gemeinsam erarbeiteten Kompromissfassung
zur Errichtung einer Europäischen Agentur für Netz- und Informationssicherheit (ENISA) zugestimmt, die bereits Anfang 2004 ihre Arbeit aufnehmen soll.
Durch die Agentur, die ihren vorläufigen Sitz in Brüssel haben wird, soll der Binnenmarkt durch eine Verbesserung der Sicherheit der
Telekommunikationsnetze in der Gemeinschaft unterstützt werden. Als Informationszentrum soll die ENISA in erster Linie die Zusammenarbeit zwischen den
Mitgliedstaaten und den Informationsaustausch zu Themen der Netz- und Informationssicherheit erleichtern und fördern. Im Vordergrund steht dabei, die mit
der Nutzung von Kommunikationsnetzen und Informationssystemen einhergehenden Gefahren zu analysieren. und - gegebenenfalls in enger Zusammenarbeit
mit der Industrie - Lösungen zur Eindämmung dieser Gefahren zu entwickeln. In dem 15köpfigen Verwaltungsrat sollen neben Rat und Kommission auch zwei
Vertreter der Industrie und ein Repräsentant für die Verbraucher sitzen; diese sollen allerdings kein Stimmrecht haben. Der Text des Verordnungsvorschlages
ist abrufbar unter http://europa.eu.int/eur-lex/de/com/pdf/2003/com2003_0063de01.pdf.
Internetwörterbuch der EU-Sprache
Das Internetwörterbuch ist ein nützliches Rechercheinstrument. Es ist interaktiv. Es soll aus jeder beliebig gewählten europäischen Ausgangssprache in jede
beliebig gewählte Zielsprache übersetzen.
Inverkehrbringen
Siehe unter „Produkthaftung".
J
Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen
Wenn Schuldner eine Tochtergesellschaft ist, deren satzungsmäßiger Sitz in einem anderen Mitgliedstaat liegt als der der Muttergesellschaft, kann die in
Artikel 3 Absatz 1 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1346/ 2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren aufgestellte Vermutung, wonach diese
Tochtergesellschaft den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in dem Mitgliedstaat hat, in dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, nur widerlegt
werden, sofern objektive und für Dritte feststellbare Elemente belegen, dass in Wirklichkeit die Lage nicht derjenigen entspricht, die die Verortung am
genannten satzungsmäßigen Sitz widerspiegeln soll. Dies könnte insbesondere bei einer Gesellschaft der Fall sein, die im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sich
ihr satzungsmäßiger Sitz befindet, keiner Tätigkeit nachgeht. Wenn jedoch eine Gesellschaft ihrer Tätigkeit im Gebiet des Mitgliedstaats, in dem sich ihr
satzungsmäßiger Sitz befindet, nachgeht, so reicht die Tatsache, dass ihre wirtschaftlichen Entscheidungen von einer Muttergesellschaft mit Sitz in einem
anderen Mitgliedstaat kontrolliert werden oder kontrolliert werden können, nicht aus, um die mit der Verordnung aufgestellte Vermutung zu entkräften. Artikel
16 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1346/ 2000 ist dahin auszulegen, dass das von einem Gericht eines Mitgliedstaats eröffnete
Hauptinsolvenzverfahren von den Gerichten der übrigen Mitgliedstaaten anzuerkennen ist, ohne dass diese die Zuständigkeit des Gerichts des Eröffnungsstaats
überprüfen können. Artikel 16 Absatz 1 Unterabsatz 1 der Verordnung Nr. 1346/ 2000 ist dahin auszulegen, dass die von einem Gericht eines Mitgliedstaats
auf einen entsprechenden, auf die Insolvenz des Schuldners gestützten Antrag auf Eröffnung eines in Anhang A der Verordnung genannten Verfahrens hin
ergangene Entscheidung eine Eröffnung eines Insolvenzverfahrens im Sinne dieser Vorschrift darstellt, wenn sie den Vermögensbeschlag gegen den Schuldner
zur Folge hat und durch sie ein in Anhang C der Verordnung genannter Verwalter bestellt wird. Ein solcher Vermögensbeschlag bedeutet, dass der Schuldner
die Befugnisse zur Verwaltung seines Vermögens verliert. Artikel 26 der Verordnung Nr. 1346/ 2000 ist dahin auszulegen, dass ein Mitgliedstaat einem in
einem anderen Mitgliedstaat eröffneten Insolvenzverfahren die Anerkennung versagen kann, wenn die Eröffnungsentscheidung unter offensichtlichem Verstoß
gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör einer von einem solchen Verfahren betroffenen Person ergangen ist (EuGH, Urteil vom 02.05.2006 - C-341/04).
Siehe unter http://www.eurocivil.info/home/index.cfm?lang=6.
K
Kapitalgesellschaft
Jede Kapitalgesellschaft, die in einem Mitgliedsstaat gegründet wurde, darf aufgrund der Niederlassungsfreiheit (Art. 43, 46, 48 EG) ihren Geschäftssitz und
ihre Aktivitäten in jeden anderen Mitgliedsstaat verlegen, auch wenn dieser strengere Anforderungen an die Kapitalausstattung stellt als der Gründungsstaat
dieser Kapitalgesellschaft (vgl. EuGH NJW 2003, 3331). Den Mitgliedsstaaten ist es untersagt, von Kapitalgesellschaften, die in anderen Mitgliedsstaaten
gegründet worden sind, den Nachweis der Ausstattung mit einem Mindestkapital zu verlangen.
***
Der BGH hat diese Rechtsprechung übernommen und für EFTA-Staaten bekräftigt: „Die Klägerin ist eine nach dem Recht des Fürstentums Liechtenstein
gegründete und seit 1992 im Handelsregister des Öffentlichkeitsregisteramtes in Vaduz eingetragene Aktiengesellschaft, deren Geschäftstätigkeit über weite
Zeiträume in der Bundesrepublik Deutschland stattfand. In einem deutschen Handelsregister ist die Gesellschaft nicht eingetragen. Im Jahr 1997 gewährte sie
der nunmehrigen Gemeinschuldnerin, über deren Vermögen nach vorheriger Sequestration das Insolvenzverfahren am 14. Juli 1999 eröffnet worden ist, ein
Darlehen für den Erwerb eines Mietshauses und ließ sich als Sicherheit die Mietzinsforderungen aus dem Objekt abtreten. Wie sich aus der im Rechtsstreit
erteilten Auskunft des beklagten Konkursverwalters ergibt, hat dieser von seiner Bestellung als Sequester an (12. Januar 1999) bis zum 31. Juli 1999 Mieten in
einer Gesamthöhe von (umgerechnet) 12.529,94 € erhalten. Diesen Betrag fordert die Klägerin von dem Beklagten.
Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen, da die Klägerin nach dem Ergebnis einer durchgeführten Beweisaufnahme ihren Verwaltungssitz in
Deutschland gehabt habe und - mangels Eintragung in einem deutschen Handelsregister - hier nicht rechtsfähig sei. Das Oberlandesgericht hat unter Rückgriff
auf die im EWR-Abkommen statuierte Niederlassungsfreiheit sowie die neuere Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (sog.
Überseering-Entscheidung) der Klägerin die Rechtsfähigkeit zugebilligt und der Klage - unter Zulassung der Revision - stattgegeben.
Der für das Gesellschaftsrecht zuständige II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs teilt die Auffassung des Berufungsgerichts zur Zulässigkeit der Klage. Auch er
hält die Klägerin für rechts- und parteifähig und stützt sich dabei u. a. auf sein am 14. März 2005 (II ZR 5/03, ZIP 2005, 805) ergangenes Urteil. Dort hatte er
ausgesprochen, dass die in einem Vertragsstaat der Europäischen Gemeinschaft wirksam gegründeten Gesellschaften im Inland rechts- und parteifähig sind.
Dieselben Prinzipien gelten auch für eine in einem EFTA-Staat gegründete Kapitalgesellschaft. Art. 31 des von Deutschland ratifizierten EWR-Abkommens
regele die Niederlassungsfreiheit in vergleichbarer Weise wie dies in Art. 43 des EG-Vertrages geschehen sei, so dass eine einschränkende Auslegung im
Verhältnis zu einem EFTA-Staat ausscheide. Denselben Standpunkt nehme auch der EFTA-Gerichtshof ein, der seinerseits den Gleichklang seiner
Rechtsprechung zur Niederlassungsfreiheit mit derjenigen des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften betont habe.
Ob die Klägerin indessen von dem Beklagten Ersatz für die eingezogenen Mieten fordern kann, hängt aus insolvenzrechtlichen Gründen von der Frage ab, ob
die Mieten während der Zeit der Sequestration oder erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens gezahlt worden sind. Diese bisher im Rechtsstreit übersehene
Frage muss noch tatrichterlich geklärt werden; deswegen hat der II. Zivilsenat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen ..." (BGH, Urteil v.
19.09.2005 - II ZR 372/03 - PM 128/2005).
***
Stellt der Gründungsstaat an die Kapitalaufbringung praktisch keine relevanten Anforderungen, muss jeder Mitgliedsstaat dies hinnehmen und seine
inländischen Kapitalgesellschaften ggf. schlechter behandeln als die ausländische Kapitalgesellschaft.
Siehe auch unter „Briefkastenfirma", „Haftung des Geschäftsführers einer Ldt.", „Niederlassungsfreiheit", „Zweigniederlassungen".
Kapitalverkehrsfreiheit Art. 56 EG
(1) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den
Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.
(2) Im Rahmen der Bestimmungen dieses Kapitels sind alle Beschränkungen des Zahlungsverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den
Mitgliedstaaten und dritten Ländern verboten.
Leitsätze/Entscheidungen:
Art. 57 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass Art. 56 EG nicht die Anwendung einer am 31. Dezember 1993 bestehenden Regelung durch einen Mitgliedstaat
berührt, wonach für einen Anteilseigner, der Dividenden von einer inländischen Gesellschaft bezieht, ein Steuersatz in Höhe der Hälfte des
Durchschnittssteuersatzes, für einen Anteilseigner, der Dividenden von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft bezieht, an der er zu zwei Dritteln
beteiligt ist, dagegen der normale Einkommensteuersatz gilt (EuGH, Urteil vom 24.05. 2007 - C-157/05).
Die Art. 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Steuerregelung entgegenstehen, nach der bei einer Ausschüttung von Dividenden durch eine
Kapitalgesellschaft ein in einem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner dann in den Genuss einer Steuergutschrift kommt, die nach
Maßgabe des für die ausgeschütteten Gewinne geltenden Körperschaftsteuersatzes berechnet wird, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz im selben
Mitgliedstaat hat, nicht aber dann, wenn sie ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat (EuGH, Urteil vom 06.03.2007 - C-292/04).
Es läuft Art. 56 EG zuwider, dass eine nationale Rechtsvorschrift wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als Voraussetzung für den Erwerb eines
landwirtschaftlichen Grundstücks das Erfordernis aufstellt, dass der Erwerber auf diesem Grundstück seinen ständigen Wohnsitz begründet. Diese Auslegung
von Art. 56 EG ändert sich nicht, wenn das erworbene landwirtschaftliche Grundstück kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb ist und das
Wohngebäude in einer Bebauungszone liegt (EuGH, Urteil vom 25.01.2007 - C-370/05).
Kapitalverkehrsfreiheit - Drittländer Art. 57 EG
(1) Artikel 56 berührt nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 auf Grund einzelstaatlicher oder
gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften für den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in
Immobilien, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen. Für in
Estland und Ungarn bestehende Beschränkungen nach innerstaatlichem Recht ist der maßgebliche Zeitpunkt der 31. Dezember 1999.
(2) Unbeschadet der anderen Kapitel dieses Vertrags sowie seiner Bemühungen um eine möglichst weit gehende Verwirklichung des Zieles eines freien
Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern kann der Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit Maßnahmen für
den Kapitalverkehr mit dritten Ländern im Zusammenhang mit Direktinvestitionen einschließlich Anlagen in Immobilien, mit der Niederlassung, der
Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten beschließen. Maßnahmen nach diesem Absatz, die im
Rahmen des Gemeinschaftsrechts für die Liberalisierung des Kapitalverkehrs mit dritten Ländern einen Rückschritt darstellen, bedürfen der Einstimmigkeit.
Kapitalverkehrsfreiheit - Hinweise
Die Freiheit des Kapitalverkehrs gehört zu den vier Grundfreiheiten. Alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedsstaaten sowie zwischen
den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern sind verboten (Art. 56 EG).
Unter den Begriff des Kapitalverkehrs fallen sowohl das Sachkapital (z.B. Rechte an Immobilien, Unternehmensbeteiligung) als auch das Geldkapital (z.B.
Wertpapiere, Kredite).
Es sind alle Beschränkungen verboten. Dazu gehören auch devisenrechtliche Beschränkungen, die den Kapitalverkehr direkt regulieren, Anlagevorschriften und
steuerliche Regelungen.
Allerdings haben die Mitgliedsstaaten nach Art. 58 EG das Recht, steuerrechtliche Differenzierungen zwischen Personen mit unterschiedlichem Wohnort und
Anlageort vorzunehmen.
Mitgliedsstaaten sind außerdem berechtigt, unerlässliche Maßnahmen zur Vermeidung von Verstößen vorallem gegen das Steuerrecht zu treffen sowie die aus
Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherung gebotenen Maßnahmen vorzunehmen. Diese Maßnahmen dürfen keine willkürliche Diskriminierung oder
verschleierte Beschränkung darstellen (Art. 58 III EG).
***
Art. 57 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass Art. 56 EG nicht die Anwendung einer am 31. Dezember 1993 bestehenden Regelung durch einen Mitgliedstaat
berührt, wonach für einen Anteilseigner, der Dividenden von einer inländischen Gesellschaft bezieht, ein Steuersatz in Höhe der Hälfte des
Durchschnittssteuersatzes, für einen Anteilseigner, der Dividenden von einer in einem Drittstaat ansässigen Gesellschaft bezieht, an der er zu zwei Dritteln
beteiligt ist, dagegen der normale Einkommensteuersatz gilt (EuGH, Urteil vom 24.05. 2007 - C-157/05).
***
Generalanwalt Tizzano schlägt in seinen am 10.11.2005 in der Rechtssache C-292/04 vorgelegten Schlussanträgen vor, § 36 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 20 des
Einkommensteuergesetzes (EStG) als mit dem Gemeinschaftsrecht für unvereinbar zu erklären. Nach diesen Vorschriften können deutsche Gesellschaften von
ihrer Einkommensteuerschuld gegenüber dem Fiskus einen prozentualen Anteil der Dividenden abziehen. Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten wird
dieser Vorteil verwehrt. Tizzano sieht hierin eine Verletzung der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und 58 EG). Die besagten Vorschriften des EStG würden
nämlich in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Personen davon abhalten, ihr Kapital bei Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat
anzulegen. Außerdem erschweren es die Vorschriften des EStG Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten in Deutschland Kapital zu sammeln. Tizzano
schlägt dem EuGH allerdings vor, die Wirkung des Urteils zeitlich zu begrenzen. Ansonsten müsste Deutschland Zahlungsansprüche in Milliardenhöhe
zurückerstatten. Seiner Auffassung nach soll das zu erlassene Urteil ab dem 6. Juni 2000 Wirkung entfalten. Denn an diesem Tag ist das Urteil in der
Rechtssache C-35/98 ergangen. In diesem Urteil hat der EuGH die Tragweite der Vorschriften über den freien Kapitalverkehr im Verhältnis zu
Steuermechanismen klar gestellt. Seit dem hätte Deutschland davon ausgehen können, dass § 36 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 20 EStG mit dem Gemeinschaftsrecht
nicht in Einklang stehen.
***
Die Artikel 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie der Regelung eines Mitgliedstaats nicht entgegenstehen, nach der ein gebietsfremder
Steuerpflichtiger, der in diesem Staat ausschließlich Einkünfte aus Kapitalvermögen bezieht und der nicht im Sozialversicherungssystem dieses Mitgliedstaates
versichert ist, keinen Anspruch auf die Steuerermäßigungen für Sozialversicherungen hat, während ein gebietsansässiger Steuerpflichtiger, der in dem
genannten Sozialversicherungssystem versichert ist, bei der Berechnung seines zu versteuernden Einkommens in den Genuss solcher Ermäßigungen kommt,
auch wenn er ausschließlich Einkünfte derselben Art bezieht und keine Sozialversicherungsbeiträge zahlt (EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-512/03).
Es ist mit der Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 56 und 58 EG) vereinbar ist, wenn ein Mitgliedsstaat gebietsansässige und gebietsfremde Steuerpflichtige bei der
Vermögensteuer unterschiedlich behandelt und es ablehnt, ein bilaterales Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) auf andere, gebietsfremde Steuerpflichtige, die
aus einem Mitgliedstaat stammen, der dieses DBA nicht unterzeichnet hat, zu erstrecken. Denn die im DBA enthaltene Nichtdiskriminierungsbestimmung sei
Ausdruck der Steuerhoheit der Vertragsstaaten und stelle somit einen integralen Bestandteil des Abkommens dar, der nicht losgelöst von diesem auf andere
Sachverhalte angewendet werden könne. Außerdem unterscheide sich die Lage eines Gebietsfremden von der eines Gebietsansässigen, da nicht nur seine
wesentlichen Einkünfte, sondern auch seine wesentlichen Vermögenswerte in seinem Wohnsitzstaat konzentriert seien. Aus diesem Grund sei auch
europarechtlich eine unterschiedliche Behandlung gerechtfertigt (EuGH vom 05.07.2005 - Vorabentscheidungsverfahren - C-376/03).
Nach einer finnischen Steuervorschrift erhält ein Finne nur bei Ausschüttungen einer inländischen Gesellschaft eine auf seine Einkommenssteuerschuld
anzurechnende Körperschaftssteuergutschrift. Dies stellt somit eine ungerechtfertigte Diskriminierung sowohl der Personen, die Unternehmensanteile im
EU-Ausland besitzen, als auch der in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Gesellschaften dar, denn deren Anteile werden in Finnland steuerlich schlechter
behandelt, als Anteile an finnischen Unternehmen (EuGH, Urteil vom 07.09.2004 - Rs. C-319/02). Dieses Urteil kann auch für Deutschland im Rahmen von
Steuerrückerstattungen relevant werden, da der frühere § 36 II Nr. 3 Einkommensteuergesetz der finnischen Regelung ähnelt.
Kapitalverkehrsfreiheit - Schutzmaßnahmen Art. 59 EG
Falls Kapitalbewegungen nach oder aus dritten Ländern unter außergewöhnlichen Umständen das Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion schwer
wiegend stören oder zu stören drohen, kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung der EZB gegenüber dritten
Ländern Schutzmaßnahmen mit einer Geltungsdauer von höchstens sechs Monaten treffen, wenn diese unbedingt erforderlich sind.
Kapitalverkehrsfreiheit - Sofortmaßnahmen Art. 60 EG
(1) Falls ein Tätigwerden der Gemeinschaft in den in Artikel 301 vorgesehenen Fällen für erforderlich erachtet wird, kann der Rat nach dem Verfahren des
Artikels 301 die notwendigen Sofortmaßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs mit den betroffenen dritten Ländern ergreifen.
(2) Solange der Rat keine Maßnahmen nach Absatz 1 ergriffen hat, kann jeder Mitgliedstaat unbeschadet des Artikels 297 bei Vorliegen schwer wiegender
politischer Umstände aus Gründen der Dringlichkeit gegenüber dritten Ländern einseitige Maßnahmen auf dem Gebiet des Kapital- und Zahlungsverkehrs
treffen. Die Kommission und die anderen Mitgliedstaaten sind über diese Maßnahmen spätestens bei deren In-Kraft-Treten zu unterrichten.
Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission entscheiden, dass der betreffende Mitgliedstaat diese Maßnahmen zu ändern oder
aufzuheben hat. Der Präsident des Rates unterrichtet das Europäische Parlament über die betreffenden Entscheidungen des Rates.
Kapitalverkehrsfreiheit - Unterschiedliche Behandlung und Zuwiderhandlungen Art. 58 EG
(1) Artikel 56 berührt nicht das Recht der Mitgliedstaaten,
a) die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem Wohnort oder Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln,
b) die unerlässlichen Maßnahmen zu treffen, um Zuwiderhandlungen gegen innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften, insbesondere auf dem Gebiet
des Steuerrechts und der Aufsicht über Finanzinstitute, zu verhindern, sowie Meldeverfahren für den Kapitalverkehr zwecks administrativer oder statistischer
Information vorzusehen oder Maßnahmen zu ergreifen, die aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit gerechtfertigt sind.
(2) Dieses Kapitel berührt nicht die Anwendbarkeit von Beschränkungen des Niederlassungsrechts, die mit diesem Vertrag vereinbar sind.
(3) Die in den Absätzen 1 und 2 genannten Maßnahmen und Verfahren dürfen weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte
Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen.
Leitsätze/Entscheidungen:
Die Art. 56 EG und 58 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer Steuerregelung entgegenstehen, nach der bei einer Ausschüttung von Dividenden durch eine
Kapitalgesellschaft ein in einem Mitgliedstaat unbeschränkt steuerpflichtiger Anteilseigner dann in den Genuss einer Steuergutschrift kommt, die nach
Maßgabe des für die ausgeschütteten Gewinne geltenden Körperschaftsteuersatzes berechnet wird, wenn die ausschüttende Gesellschaft ihren Sitz im selben
Mitgliedstaat hat, nicht aber dann, wenn sie ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat hat (EuGH, Urteil vom 06.03.2007 - C-292/04).
Kaufmännische Tätigkeiten
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit - Dienstleistungsbegriff".
Kaufvertrag
Siehe unter „Schrott-Immobilien".
Kfz-Haftpflichtversicherung - Richtlinien 72/ 166/ EWG, 84/ 5/ EWG und 90/ 232/ EWG
Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/ 232/ EWG des Rates vom 14. Mai 1990 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Kraftfahrzeug-
Haftpflichtversicherung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung die Haftung
für Personenschäden von Einzelpersonen nicht deckt, die in einem Teil eines Kraftfahrzeugs mitfahren, der mit Sitzgelegenheiten für Mitfahrer weder
konstruiert noch gebaut ist. Art. 1 der Dritten Richtlinie 90/ 232 erfüllt alle Voraussetzungen, um unmittelbare Wirkung zu entfalten, und verleiht demzufolge
Einzelpersonen Rechte, auf die sie sich vor den nationalen Gerichten berufen können. Es obliegt jedoch dem nationalen Gericht, zu prüfen, ob diese Vorschrift
gegenüber einer Einrichtung wie dem Motor Insurers Bureau of Ireland (MIBI) geltend gemacht werden kann (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 - C-356/05).
Der EuGH entschied am 30.06.2005 in dem Vorabentscheidungsersuchen Candolin u.a. (Rs. C-537/03), dass eine finnische Regelung, aufgrund derer der
Anspruch eines Fahrzeuginsassen auf Schadensersatz wegen seines Beitrags zum Unfall ausgeschlossen oder unverhältnismäßig begrenzt werden kann, gegen
Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 84/5/EWG und Art. 1 der Richtlinie 90/232/EWG betreffend der Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bezüglich
der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung verstößt. Die Schadenersatzansprüche eines Beifahrers gegen den Unfallverursacher und gegen die
Kfz-Versicherung konnten im vorliegenden Fall daher nicht mit dem Argument zurückgewiesen werden, dass der Beifahrer Kenntnis von der
Alkoholisierung des Fahrers gehabt hatte. In der Zwischenzeit ist durch die neue Richtlinie 2005/14/EG (Art. 4 Abs. 1) über die Kfz-Haftpflichtversicherung
(s. EiÜ 24/05), durch die die Richtlinie 90/232/EWG geändert wird, eine entsprechende Regelung für den Fall der Alkoholisierung des Fahrers eingeführt
worden.
Kindergeld
Siehe unter „Familienleistungen".
Klage wegen Vertragsverletzung
Die Klage wegen einer Vertragsverletzung (Art. 226 EG) ermöglicht es dem EuGH zu prüfen, ob die Mitgliedsstaaten ihren gemeinschaftlichen
Verpflichtungen nachgekommen sind. Es handelt sich hierbei um eine Feststellungsklage, d. h. der Klageantrag richtet sich darauf, dass der Gerichtshof
feststellen soll, dass eine Vertragsverletzung vorliegt.
Im Regelfall tritt die Kommission als Klägerin gegen den betreffenden Mitgliedstaat auf. Die Klage kann aber auch von einem Mitgliedstaat gegen einen
anderen erhoben werden. Der klagende Mitgliedstaat kann die Klage nicht direkt bei dem EuGH erheben, sondern muss zunächst die Kommission anrufen, die
ihrerseits die weiteren Schritte einleitet.
Stellt der Europäische Gerichtshof fest, dass der beklagte Mitgliedstaat gegen primäres oder sekundäres Gemeinschaftsrecht verstoßen hat, setzte das Gericht
eine Frist, die in der Regel nicht weniger als ein bis zwei Monate beträgt, um dem Betroffenen die Möglichkeit der Beseitigung der Vertragsverletzung zu
geben. Dem abgeurteilten Staat steht es nicht frei, sondern er ist verpflichtet, die Vertragsverletzung sofort abzustellen.
Für den Fall, dass er nicht reagiert, kann die Kommission erneut den EuGH anrufen. Stellt der Gerichtshof nun fest, dass der betreffende Mitgliedstaat seinem
Urteil nicht nachgekommen ist, kann er die Zahlung eines Pauschalbetrages oder eines Zwangsgeldes verhängen.
Klauseln in Verbraucherverträgen
Siehe unter „Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen".
Kommissare (der EU-Kommission) - Ernennungsverfahren der EU-Kommission
- Die Regierungen der Mitgliedstaaten benennen einen Kandidaten für den Kommissionspräsidenten.
- Das Europa-Parlament gibt die Zustimmung oder die Verweigerung dem benannten Kandidaten.
- Die Regierungen der Mitgliedsstaaten benennen im Einvernehmen mit dem designierten Präsidenten die 25 EU- Kommissare.
- Das Europa-Parlament stimmt mit einem Vertrauensvotum für die Kommissare, wobei aber auch ein Ablehnung aller Kommissare möglich ist.
- Im Falle der Zustimmung ernennen die Regierungen einvernehmlich die neue Kommission.
Kommission
Die Europäische Kommission ist das zweitwichtigste Organ der Gemeinschaft seit In-Kraft-Treten der Maastrichter Verträge eines der fünf Hauptorgane der
EU (Art. 211 ff. EG). Die Kommission mit Sitz in Brüssel ist das ausführende Organ der EU. Die 20 Mitglieder werden von den jeweiligen Regierungen mit
Zustimmung des EP für 5 Jahre ernannt (vgl. Art. 213, 214 II, 217, II, 219 I EG). Die Kommission ist gegenüber den Regierungen und dem Rat unabhängig
(Art. 213 II EG). Als Exekutivorgan der EU mit legislativem Initiativrecht ist sie der eigentliche Motor der europäischen Integration. Als Vertreterin der
Interessen der Gemeinschaft hat sie die Aufgabe, die Einhaltung der Gemeinschaftsverträge und des Gemeinschaftsrechts durch die Mitgliedsstaaten zu
überwachen (Art. 211 EG) und notfalls im Vertragsverletzungsverfahren vor dem Europäischen Gerichtshof durchzusetzen (Art. 226, 230 II EG). Die
Kommission kann Auskünfte einholen und Nachprüfungen vornehmen (Art. 284 EG) sowie Empfehlungen und Stellungnahmen abgeben (Art. 249 V, 211 EG).
Sie besitzt das Initiativrecht wegen der vom Rat zu erlassenden Rechtsakte (vgl. Art. 208, 192 II EG).
Die Kommission darf rechtsetzend tätig werden und Durchführungsbestimmungen erlassen (Art. 211, 202, 249 EG).
Vollzugsbefugnisse der Gemeinschaft werden von der Kommission als Verwaltungsorgan wahrgenommen (vgl. Art. 85, 88, 32 ff EG).
Bei der Vorbereitung auf die Währungsunion spielte die Europäische Kommission eine wichtige Rolle. Ihre Konvergenzberichte bildeten die Grundlage für die
Entscheidung des Rates über die Teilnehmer der ersten Runde der Währungsunion.
Seit dem Beginn der Währungsunion wacht die Kommission über die Entwicklung der Haushaltslage und den Stand der Staatsverschuldung in den Teilnehmerstaaten.
Im September 1999 wurde eine neue EU-Kommission eingesetzt, mit der Zustimmung des Europäischen Parlaments (Art. 214 II EG). Kommissionspräsident
ist der ehemalige italienische Ministerpräsident Romano Prodi. Durch den Amsterdamer Vertrag (Amsterdamer Vertrag) ist Prodi der erste in diesem Amt, der
gegenüber den übrigen Kommissaren über eine Art Richtlinienkompetenz verfügt. Außerdem wurde bereits mit dem Umbau der Behörde begonnen und ein
Revirement unter den höheren Beamten in Gang gesetzt.
Mit den personellen Änderungen und den angestrebten neuen Strukturen im gegliederten Unterbau der Kommission, den Generaldirektionen, sollen die
Konsequenzen aus jenem Missmanagement gezogen werden, das im Frühjahr 1999 zum Rücktritt der Santer-Kommission geführt hatte. Nach den neuen
Beschlüssen müssen höhere Beamte öfter als bisher ihre Posten wechseln. In der Regel sollen sie alle fünf Jahre eine neue Aufgabe übernehmen. Im Jahr 2002
soll kein einziger Generaldirektor länger als sieben Jahre auf seinem jetzigen Posten verweilt haben dürfen. Nach einem weiteren Prinzip dürfen Kommissare
und die ihnen zuarbeitenden Generaldirektoren nicht mehr dieselbe Nationalität besitzen.
Auf dem EU-Gipfel in Nizza im Dezember 2000 wurde über die Zusammensetzung der Kommission nach der geplanten EU-Erweiterung verhandelt. Ab dem
Jahr 2005 gilt die Regelung "ein Land, ein Kommissar". Die großen Länder müssen dann einen Kommissar abgeben, jedes neue Land darf einen Kommissar
stellen. Erst nach Aufnahme aller Beitrittskandidaten soll über eine Verkleinerung der Kommission diskutiert werden.
Kommunalwahlen
Siehe unter „Wahlrecht bei Kommunalwahlen".
Kompetenz
Siehe unter „ausschließliche Kompetenz", „Einzelermächtigung", „Kompetenz-Kompetenz", „Kompetenz kraft Sachzusammenhangs", „konkurrierende
Kompetenz", „parallele Kompetenzen", „Rechtsangleichung", „Subsidiaritätsprinzip", „Vertragslückschließungsverfahren".
Kompetenz der Gemeinschaft für Maßnahmen im Bereich des Strafrechts
Siehe auch unter „Geistiges Eigentum - strafrechtlicher Schutz".
Kompetenzen des Europäischen Parlaments
Die Europapolitik wird vom EP mitgestaltet. Es verfügt im Wesentlichen über vier Kompetenzbereiche:
- Mitentscheidung: Das Parlament wirkt gleichberechtigt mit dem Ministerrat an der Gesetzgebung der EU mit.
- Kontrolle der Kommission: Das Parlament kann die europäische Regierung" stützen und stürzen.
- Zustimmung zur Erweiterung der EU: Ohne das Parlament werden keine neuen EU-Mitglieder aufgenommen.
- Haushalt: Das Parlament bestimmt zusammen mit dem Rat über die Ausgaben der EU und damit darüber, welche Politik gemacht wird.
Kompetenz-Kompetenz
Der Gemeinschaft steht keine Kompetenz-Kompetenz zu. Sie kann nicht selbstständig über ihre Zuständigkeit entscheiden. Nach dem Prinzip der begrenzten
Einzelermächtigung muss jeder Rechtsakt von einer Ermächtigungsnorm in den Verträgen gedeckt sein.
Kompetenz kraft Sachzusammenhangs
Die Reichweite der vertraglichen Einzelermächtigungen ist grundsätzlich weit auszulegen. Der Gemeinschaft stehen ungeachtet des Wortlauts einer
Ermächtigungsnorm all jene Kompetenzen zu, die zur wirksamen und sinnvollen Erfüllung der bereits ausdrücklich eingeräumten Befugnisse ergänzend
erforderlich sind ("impleid-powers"-Lehre).
Kompetenzüberschreitung
Stellt das BVerfG eine Kompetenzüberschreitung durch Gemeinschaftsorgane fest, hat dies die Unanwendbarkeit des betreffenden Gemeinschaftsrechtsaktes
für Deutschland zur Folge. Umstritten ist, ob das Bundesverfassungsgericht über diese Frage überhaupt zu entscheiden hat. Es wird die Ansicht vertreten, dass
die Einhaltung der Kompetenzgrenzen durch die Gemeinschaft allein durch den EuGH überwacht wird.
Konkurrierende Kompetenz
Im Regelfall bestehen im EG konkurrierende Kompetenzen. In diesem Bereich kann die Gemeinschaft grundsätzlich rechtssetzend tätig werden. Hat sie aber
von ihrer Rechtssetzungsbefugnis keinen Gebrauch gemacht, bleibt es bei der ursprünglichen Zuständigkeit der Mietgliedsstaaten.
Zu den Bereichen der konkurierenden Kompetenz gehören z.B. die Agrarpolitik (Art. 33 ff. EG), die Rechtsangleichung im Bereich der Grundfreiheiten (z.B.
Art. 39 II, 44 II, 46 II EG), die allgemine Rechtsangleichung (Art. 94, 95 EG) und die Vertragslückenschließungskompetenz (Art. 308 EG).
Die Mitgliedsstaaten dürfen hinsichtlich des hinsichtlich desselben Regelungsgegenstandes im Bereich der konkurierenden Kompetenz nicht mehr tätig werden,
wenn die Gemeinschaft von ihrer Rechtssetzungsbefugnis Gebrauch gemacht und einen Bereich abschließend geregelt hat.
Ausnahmen ergeben sich aus den Schutzklauseln (vgl. Art. 95 IV, V, X, 176 EG) und den Notstandsklauseln (z.B. Art. 296 I, 297 EG).
Siehe auch unter „ausschließliche Kompetenz", „Kompetenz", „Rechtsangleichung", „Subsidiaritätsprinzip", „Zuständigkeit".
Konsularischer Schutz
Siehe unter „Diplomatischer und konsularischer Schutz".
Kontrollbefugnisse des Europäischen Parlaments
Die stärksten Kontrollrechte hat das EP gegenüber der Kommission. Eine neue Kommission und ihr Präsident können von den Regierungen der EU-Staaten erst
nach Zustimmung des EP ernannt werden (Art. 214 II UA III EG).
Das Europäische Parlament kann einen Misstrauensantrag gegen die Kommission stellen (Art. 201 EG). So kann das Europäische Parlament die
Amtsniederlegung der Kommission erzwingen (Art. 201 UA II EG).
Das Europäische Parlament hat darüber hinaus die Aufgabe, die Kommission im Haushaltsverfahren zu entlasten (Art. 276 EG).
Dem Europäischen Parlament stehen darüber hinaus Informationsrechte gegenüber den anderen Organen der Gemeinschaft zu (Art. 197 III EG, Art. 21, 39 EU).
Damit korrespondieren Informationspflichten der genannten Organe gegenüber dem Parlament (z.B. Art. 22, 200 EG).
Das Europäische Parlament ist befugt, einen nicht ständigen Untersuchungsausschuss einzurichten. In diesem Untersuchungsausschuss werden Verletzungen
des Gemeinschaftsrechts durch die Gemeinschaftsorgane oder durch die Mitgliedsstaaten untersucht (Art. 193 EG).
Das Europäische Parlament hat darüber hinaus wegen Verletzung seiner Rechte durch einen Rechtsakt anderer Organe ein Klagerecht vor dem EuGH (Art. 230
II, III EG - privilegierte
Das Parlament hat außerdem einen Europäischen Bürgerbeauftragten gewählt, der sich um Beschwerden der Unionsbürger über Missstände in der europäischen
Verwaltung kümmert.
Kooperationsverhältnis
Das Bundesverfassungsgericht übt seine Rechtsprechung in einem so genannten Kooperationsverhältnis zum EuGH aus. Der EuGH gewährleistet den
Grundrechtsschutz gemeinschaftsweit in jedem Einzelfall. Das Bundesverfassungsgericht hat sich hingegen auf die generelle Gewährleistung des
unabdingbaren Grundrechtsstandards beschränkt. Es besteht eine vorrangige Verantwortlichkeit des EuGH hinsichtlich des Grundrechtsschutzes gegenüber Gemeinschaftsakten.
Ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichtes kommt erst in Betracht, wenn zuvor eine Entscheidung des EuGH im Vorabentscheidungsverfahren nach Art.
234 EG eingeholt worden ist.
Korrespondenzdienstleistung
Siehe unter "Grenzüberschreitende Leistungen".
Kredit
Siehe unter „Verbraucherkredit".
KSZE - Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
Als einzige systemübergreifende Einrichtung bestand seit 1975 der Mechanismus der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
(KSZE), die seit 1.1.1995 in Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) umbenannt ist. Die Umwälzungen des Jahres 1990 haben zur
Auflösung der osteuropäischen Organisationen geführt, während die OSZE vielleicht eine gesamteuropäische Perspektive eröffnet.
Kultur Art. 151 EG
(1) Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie
gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes.
(2) Die Gemeinschaft fördert durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren
Tätigkeit in folgenden Bereichen:
* Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker,
* Erhaltung und Schutz des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung,
* nichtkommerzieller Kulturaustausch,
* künstlerisches und literarisches Schaffen, einschließlich im audiovisuellen Bereich.
(3) Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten fördern die Zusammenarbeit mit dritten Ländern und den für den Kulturbereich zuständigen internationalen
Organisationen, insbesondere mit dem Europarat.
(4) Die Gemeinschaft trägt bei ihrer Tätigkeit auf Grund anderer Bestimmungen dieses Vertrags den kulturellen Aspekten Rechnung, insbesondere zur
Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen.
(5) Als Beitrag zur Verwirklichung der Ziele dieses Artikels erlässt der Rat
* gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Ausschusses der Regionen Fördermaßnahmen unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der
Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten. Der Rat beschließt im Rahmen des Verfahrens des Artikels 251 einstimmig;
* einstimmig auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen.
L
Landwirtschaftliche Erzeugnisse - Gemeinsamer Markt Art. 32 EG
(1) Der Gemeinsame Markt umfasst auch die Landwirtschaft und den Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Unter landwirtschaftlichen Erzeugnissen
sind die Erzeugnisse des Bodens, der Viehzucht und der Fischerei sowie die mit diesen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Erzeugnisse der ersten
Verarbeitungsstufe zu verstehen.
(2) Die Vorschriften für die Errichtung des Gemeinsamen Marktes finden auf die landwirtschaftlichen Erzeugnisse Anwendung, soweit in den Artikeln 33 bis
38 nicht etwas anderes bestimmt ist.
(3) Die Erzeugnisse, für welche die Artikel 33 bis 38 gelten, sind in der diesem Vertrag als Anhang I beigefügten Liste aufgeführt.
(4) Mit dem Funktionieren und der Entwicklung des gemeinsamen Marktes für landwirtschaftliche Erzeugnisse muss die Gestaltung einer gemeinsamen
Agrarpolitik Hand in Hand gehen.
Lärmbekämpfung
Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Artikel 14 Absatz 1 der Richtlinie 2002/ 49/ EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm verstoßen, dass sie in Bezug auf die Bundesländer Burgenland, Kärnten,
Oberösterreich, Salzburg, Steiermark und Tirol nicht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die zur Umsetzung dieser Richtlinie in
innerstaatliches Recht erforderlich sind (EuGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - C-94/06).
Legislativrechte des EP
Das EP hat heute in den meisten Fällen der EU-Gesetzgebung ein unmittelbares Mitwirkungsrecht, in wichtigen Politikfeldern sogar gleichberechtigt mit dem
Ministerrat ein Mitentscheidungsrecht, z. B. bei Rechtsakten in den Bereichen Binnenmarkt, Kultur, Bildung, Gesundheit, Forschung und Umwelt (vgl. Art.
251, 252 EG). Das EP hat jedoch kein Initiativrecht, es kann also keine eigenen Gesetzesentwürfe vorlegen. Es kann jedoch die Kommission auffordern,
Gesetzesentwürfe auszuarbeiten, die es für nötig hält (Art. 192 II EG).
Lissabon
Siehe unter „Agenda Lissabon".
Lobbyist - schlimmster in der EU
Siehe unter „http://www.worstlobby.de".
Lohngleichheit von Mann und Frau
Der Grundsatz der Lohngleichheit von Mann und Frau ist in Art. 141 EG geregelt. Die Bestimmung verbietet jede Diskriminierung aus Gründen des
Geschlechts bezüglich des zu zahlenden Arbeitsentgeltes. Männern und Frauen steht gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit zu. Vereinbarungen,
die gegen Art. 141 EG verstoßen, sind unwirksam. Art. 141 I EG gilt allein für den Lohnsektor. Verboten sind offene wie versteckte Diskriminierungen.
Die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen im Lohnsektor verstößt nicht gegen Art. 141 EG, wenn sie aus sachlichen Gründen, die nichts mit
einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu tun haben, gerechtfertigt und daher nicht willkürlich ist.
Luftverkehr - Gebühren
Das Gemeinschaftsrecht steht einer nationalen Regelung wie der in den Art. 10 Abs. 1 des Decreto-Regulamentar Nr. 12/ 99 vom 30. Juli 1999 und 18 Abs. 2
des Decreto-Lei Nr. 102/ 90 vom 21. März 1990 in der Fassung des Decreto-Lei Nr. 280/ 99 vom 26. Juli 1999 entgegen, es sei denn, die in diesen
Rechtsvorschriften vorgesehene Gebühr für administrative Abfertigung am Boden und Überwachung wird als Gegenleistung für die Gesamtheit oder einen Teil
der in Nr. 1 des Anhangs der Richtlinie 96/ 67/ EG des Rates vom 15. Oktober 1996 über den Zugang zum Markt der Bodenabfertigungsdienste auf den
Flughäfen der Gemeinschaft definierten Dienste geschuldet und stellt keine zweite Gebührenerhebung für Dienste dar, die bereits anderweit durch eine Gebühr
oder Taxe abgegolten sind. Sollte die vom vorlegenden Gericht vorgenommene Prüfung ergeben, dass die im Ausgangsverfahren streitige Gebühr ein Entgelt
für den Zugang zu den Flughafeneinrichtungen darstellt, ist es Sache dieses Gerichts, zu prüfen, ob diese Gebühr den Kriterien der Sachgerechtheit,
Objektivität, Transparenz und Nichtdiskriminierung genügt, wie sie in Art. 16 Abs. 3 der Richtlinie 96/ 67 definiert sind (EuGH, Urteil vom 05.07.2007 - C-181/06).
M
Mahnverfahren
Siehe unter „Europäisches Mahnverfahren".
Markenrecht
Grundlage des neuen Markenrechts ist die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über die Marken.
Der "Tag des Abschlusses des Eintragungsverfahrens" im Sinne von Art. 10 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist in jedem Mitgliedstaat entsprechend den dort geltenden Verfahrensvorschriften für
die Eintragung zu bestimmen. Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 89/ 104 ist dahin auszulegen, dass Hindernisse, die einen unmittelbaren Zusammenhang mit der
Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind, "berechtigte Gründe für die
Nichtbenutzung" einer Marke darstellen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens im Licht dieser Hinweise zu
beurteilen (EuGH, Urteil vom 14.06.2007 - C-246/05).
***
Art. 7 Abs. 2 der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die
Marken in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass der Inhaber der
Marke sich dem weiteren Vertrieb eines aus einem anderen Mitgliedstaat eingeführten Arzneimittels in seiner inneren und äußeren Originalverpackung, die
vom Importeur mit einem zusätzlichen äußeren Aufkleber versehen wurde, widersetzen kann, es sei denn
- es ist erwiesen, dass die Geltendmachung einer Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der mit einem neuen Aufkleber
versehenen Ware unter der Marke zu widersetzen, zu einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde;
- es ist dargetan, dass die Neuetikettierung den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;
- auf der Verpackung ist klar angegeben, von wem der neue Aufkleber auf der Ware angebracht worden ist und wer deren Hersteller ist;
- das mit diesem neuen Aufkleber versehene Erzeugnis ist nicht so aufgemacht, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann;
der Aufkleber darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein, und
- der Importeur unterrichtet den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des mit einem neuen Aufkleber versehenen Erzeugnisses und liefert ihm auf
Verlangen ein Muster dieser Ware.
Die Voraussetzung, dass das Umpacken des Arzneimittels durch Neuverpackung und Wiederanbringung der Marke auf der Verpackung oder durch Aufkleben
eines Etiketts auf der Verpackung der Ware für dessen weiteren Vertrieb im Einfuhrmitgliedstaat erforderlich ist, als eine der Voraussetzungen dafür, dass sich
der Inhaber der Marke gemäß Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 diesem Vertrieb nicht widersetzen kann, betrifft nur das Umpacken als solches und nicht die
Art und Weise, in der es vorgenommen wird. Die Voraussetzung, dass die Aufmachung der umgepackten Ware nicht so sein darf, dass sie den Ruf der Marke
oder ihres Inhabers schädigen kann, als notwendige Voraussetzung dafür, dass dieser sich nicht nach Art. 7 Abs. 2 der Richtlinie 89/ 104 in der durch das
Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung dem weiteren Vertrieb eines Arzneimittels widersetzen kann, wenn der
Parallelimporteur es entweder neu verpackt und die Marke wieder darauf angebracht hat oder einen Aufkleber auf der Verpackung der Ware angebracht hat, ist
nicht auf die Fälle beschränkt, in denen die durch das Umpacken geschaffene Verpackung schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich ist. Die Frage,
ob es den Ruf der Marke schädigen kann, wenn der Parallelimporteur:
- die Marke nicht auf dem neuen äußeren Karton anbringt ("de-branding") oder
- entweder sein eigenes Logo oder ein Firmenmarkenzeichen, eine Firmenaufmachung oder eine für eine Reihe verschiedener Waren verwendete Aufmachung
für den neuen äußeren Karton verwendet ("co-branding") oder
- auf dieser Verpackung einen zusätzlichen Aufkleber so anbringt, dass die Marke des Inhabers ganz oder teilweise überklebt wird oder
- auf dem zusätzlichen Aufkleber nicht den Inhaber der Marke angibt oder
- den Namen des Parallelimporteurs in Großbuchstaben schreibt,
ist eine Sachfrage, über die nach dem jeweiligen Sachverhalt zu entscheiden Sache des nationalen Gerichts ist.
In Situationen, wie sie in den Ausgangsverfahren in Rede stehen, obliegt es den Parallelimporteuren, den Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen zu
erbringen, dass
- die Geltendmachung der Marke durch den Markeninhaber zu dem Zweck, sich dem Vertrieb der umgepackten Waren unter der Marke zu widersetzen, zu
einer künstlichen Abschottung der Märkte zwischen Mitgliedstaaten beitragen würde;
- das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann;
- auf der neuen Verpackung klar angegeben ist, von wem das Arzneimittel umgepackt worden ist und wer der Hersteller ist;
- das umgepackte Arzneimittel nicht so aufgemacht sein darf, dass dadurch der Ruf der Marke und ihres Inhabers geschädigt werden kann; die durch das
Umpacken geschaffene Verpackung darf folglich nicht schadhaft, von schlechter Qualität oder unordentlich sein;
- der Importeur den Markeninhaber vor dem Inverkehrbringen des umgepackten Arzneimittels unterrichten und ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten
Ware liefern muss,
bei deren Erfüllung sich der Inhaber der Marke dem weiteren Vertrieb eines umgepackten Arzneimittels nicht widersetzen kann. Hinsichtlich der
Voraussetzung, dass nachgewiesen werden muss, dass das Umpacken den Originalzustand der in der Verpackung enthaltenen Ware nicht beeinträchtigen kann,
genügt es, wenn der Parallelimporteur Beweise erbringt, die vernünftigerweise vermuten lassen, dass diese Voraussetzung erfüllt ist. Dies gilt erst recht für die
Voraussetzung, dass die Aufmachung der Ware nicht so sein darf, dass sie den Ruf der Marke und ihres Inhabers schädigen kann. Sofern der Importeur einen
solchen Anfangsbeweis dafür erbringt, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, ist es gegebenenfalls Sache des Markeninhabers, der am besten beurteilen kann, ob
das Umpacken seinen Ruf und den der Marke schädigen kann, nachzuweisen, dass dies der Fall ist. Wenn ein Parallelimporteur die vorherige Unterrichtung des
Markeninhabers über ein umgepacktes Arzneimittel unterlassen hat, verstößt er bei jeder späteren Einfuhr dieser Ware gegen die Rechte dieses Inhabers,
solange er ihn nicht unterrichtet. Die Sanktion dieses Verstoßes muss nicht nur verhältnismäßig, sondern auch effektiv und abschreckend genug sein, um die
volle Wirksamkeit der Richtlinie 89/ 104 in der durch das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum geänderten Fassung sicherzustellen. Eine
nationale Maßnahme, nach der der Inhaber der Marke im Fall eines solchen Verstoßes einen Anspruch auf finanzielle Entschädigung auf derselben Grundlage
wie im Fall einer Fälschung hat, widerspricht als solche nicht dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Es ist jedoch Sache des nationalen Gerichts, im Einzelfall
insbesondere unter Berücksichtigung des Umfangs des dem Markeninhaber durch den Verstoß des Parallelimporteurs entstandenen Schadens und unter
Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Höhe der finanziellen Entschädigung zu bestimmen (EuGH, Urteil vom 26. 4. 2007 - C-348/04).
***
Die Erste Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist wie
folgt auszulegen:
- Die zuständige Behörde ist, wenn sie die Eintragung einer Marke ablehnt, unabhängig davon, wie der Eintragungsantrag formuliert wurde, verpflichtet, in
ihrer Entscheidung für jede der in diesem Antrag bezeichneten Waren und Dienstleistungen anzugeben, zu welchem Schluss sie gekommen ist; wenn allerdings
dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder einer Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird, kann sich die zuständige Behörde
auf eine globale Begründung für alle betroffenen Waren oder Dienstleistungen beschränken;
- die Richtlinie steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, die das mit einer Klage gegen eine Entscheidung der zuständigen Behörde befasste Gericht
daran hindert, sich für jede der in dem Eintragungsantrag bezeichneten Waren und Dienstleistungen gesondert zur Unterscheidungskraft der Marke zu äußern,
wenn einzelne Kategorien von Waren oder Dienstleistungen oder einzelne Waren oder Dienstleistungen weder Gegenstand der Entscheidung noch des Antrags waren;
- die Richtlinie steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der das mit einer Klage gegen eine Entscheidung der zuständigen Behörde befasste Gericht
Tatsachen und Umstände aus der Zeit nach dem Erlass der entsprechenden Entscheidung nicht berücksichtigen darf (EuGH, Urteil vom 15.02.2007 - C-239/05).
Ist eine Marke sowohl für Kraftfahrzeuge - für die sie bekannt ist - als auch für Spielzeug eingetragen, stellt die Anbringung eines mit dieser Marke identischen
Zeichens auf verkleinerten Modellen von Fahrzeugen der genannten Marke durch einen Dritten ohne die Erlaubnis des Inhabers der Marke, um diese Fahrzeuge
originalgetreu nachzubilden, und die Vermarktung der genannten Modelle
- eine Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften
der Mitgliedstaaten über die Marken dar, die der Inhaber der Marke verbieten darf, wenn diese Benutzung die Funktionen der Marke als für Spielzeug
eingetragene Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte;
- eine Benutzung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 dieser Richtlinie dar, die der Inhaber der Marke verbieten darf - sofern der in dieser Bestimmung beschriebene
Schutz im nationalen Recht vorgesehen wurde -, wenn diese Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der Marke als für Kraftfahrzeuge
eingetragene Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt.
Ist eine Marke u. a. für Kraftfahrzeuge eingetragen, stellt die Anbringung eines mit dieser Marke identischen Zeichens auf verkleinerten Modellen von
Fahrzeugen der genannten Marke durch einen Dritten ohne die Erlaubnis des Inhabers der Marke, um diese Fahrzeuge originalgetreu nachzubilden, und die
Vermarktung der genannten Modelle keine Benutzung einer Angabe über ein Merkmal dieser Modelle im Sinne des Art. 6 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 89/
104 dar (EuGH, Urteil vom 25.01.2007 - C-48/05).
***
Artikel 5 Absätze 1 und 3 Buchstabe c der Ersten Richtlinie 89/ 104/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Marken und Artikel 9 Absätze 1 und 2 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 40/ 94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die
Gemeinschaftsmarke sind dahin auszulegen, dass der Inhaber einer Marke nicht einer im Rahmen des Zollverfahrens des externen Versand- oder des
Zolllagerverfahrens erfolgten bloßen Verbringung von mit der Marke versehenen Originalmarkenwaren in die Gemeinschaft widersprechen kann, die nicht
schon vorher von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Der Inhaber der Marke kann die Überführung der
fraglichen Waren in das externe Versand- oder das Zolllagerverfahren nicht davon abhängig machen, dass zum Zeitpunkt ihrer Verbringung in die
Gemeinschaft bereits ein endgültiger Bestimmungsort in einem Drittland, gegebenenfalls aufgrund eines Kaufvertrags, festgelegt ist. Die Begriffe "Anbieten"
und "Inverkehrbringen" von Waren im Sinne der Artikel 5 Absatz 3 Buchstabe b der Richtlinie 89/ 104 und 9 Absatz 2 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/ 94
können sich auf das Angebot bzw. den Verkauf von Originalmarkenwaren, die den zollrechtlichen Status von Nichtgemeinschaftswaren haben, erstrecken,
wenn das Angebot abgegeben wird und/ oder der Verkauf erfolgt, während für die Waren das externe Versand- oder das Zolllagerverfahren gilt. Der Inhaber
der Marke kann dem Anbieten oder dem Verkauf dieser Waren widersprechen, wenn diese Handlungen das Inverkehrbringen der Waren in der Gemeinschaft
notwendig implizieren. In einer Situation, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede steht, obliegt die Beweislast hinsichtlich der Umstände, unter denen der in den
Artikeln 5 Absatz 3 Buchstaben b und c der Richtlinie 89/ 104 und 9 Satz 2 Buchstaben b und c der Verordnung Nr. 40/ 94 vorgesehene Unterlassungsanspruch
geltend gemacht werden kann, dem Inhaber der Marke, der entweder ein Inverkehrbringen der mit seiner Marke versehenen Nichtgemeinschaftswaren oder ein
Anbieten oder einen Verkauf dieser Waren, die deren Inverkehrbringen in der Gemeinschaft notwendig implizieren, nachzuweisen hat (EuGH, Urteil vom 18.
10. 2005 - C-405/03).
***
Artikel 5 Absatz 1b der Richtlinie 89/104/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass bei
identischen Waren eine Verwechslungsgefahr bereits schon bestehen kann, wenn das streitige Zeichen durch die Aneinanderreihung einer
Unternehmensbezeichnung mit einer kennzeichnungskräftigen Marke gebildet wird. Für die Feststellung von Verwechslungsgefahr genüge es, dass das
Publikum aufgrund der von der Marke behaltenen selbständig kennzeichnenden Stellung auch den Inhaber dieser Marke mit der Herkunft der Waren in
Verbindung bringt, die von dem zusammengesetzten Zeichen erfasst werden. Im vorliegenden Fall verwendet die Beklagte für ihre Geräte der
Unterhaltungselektronik die für die Klägerin eingetragenen Marke LIFE in dem zusammengesetzten Zeichen THOMSON LIFE: Nach Ansicht des EUGH kann
in einem solchen Fall, entgegen der von der aktuellen Rechtsprechung des BGH vertreten Prägetheorie, das Vorliegen von Verwechslungsgefahr zu bejahen
sein. Der hervorgerufene Gesamteindruck kann das Publikum glauben machen, dass die fraglichen Waren oder Dienstleistungen zumindest aus wirtschaftlich
miteinander verbundenen Unternehmen stammen (EuGH vom 06.10.2005 - Vorabentscheidungsverfahren C-120/04).
***
Bei dreidimensionalen Marken, die aus der Verpackung von Waren bestehen, die aus der Art der Ware selbst zusammenhängenden Gründen verpackt
Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sind, ist die Verpackung der Ware der Form der Ware dergestalt gleichzusetzen, dass die Verpackung als Form der Ware
i.S. von Art. 3 I lit. e Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken
gelten kann und gegebenfalls zur Bezeichnung der Merkmale der verpackten Ware, einschließlich ihrer Beschaffenheit, i.S. von Art. 3 I lit. c der Richtlinie
dienen kann. Bei dreidimensionalen Marken, die aus der Verpackung von waren bestehen, die aus mit der Art der Ware selbst zusammenhängenden Gründen
verpackt Gegenstand des Wirtschaftsverkehrs sind, ist für die Beurteilung der Unterscheidungskraft i.S. von Art. 3 I lit. b der Richtlinie 89/104/EWG die
Wahrnehmung des durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers dieser Waren zu Grunde zu legen. Eine solche
Marke muss es ihm ermöglichen, die betreffenden Waren auch ohne analysierende und vergleichende Betrachtungsweise sowie ohne besondere
Aufmerksamkeit von den Waren anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Unterscheidungskraft einer Marke i.S. von Art. 3 I lit. b Richtlinie 89/104/EWG
kann allein auf Grund des jeweiligen inländischen Verkehrsverständnisses beurteilt werden, ohne dass weitere amtliche Ermittlungen erforderlich sind, ob und
in welchem Umfang identische oder ähnliche Marken in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union eingetragen oder von der Eintragung ausgeschlossen
worden sind. Die Tatsache, dass in einem Mitgliedstaat eine identische Marke für identische Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, kann von der
zuständigen Behörde eines anderen Mitgliedstaats unter sämtlichen Umständen, die sie in ihre Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Marke einzubeziehen
hat, berücksichtigt werden, ist jedoch für ihre Entscheidung, die Anmeldung einer Marke zur Eintragung zuzulassen oder zurückzuweisen, nicht maßgebend.
Dagegen kann die Tatsache, dass eine Marke in einem Mitgliedstaat für bestimmte Waren oder Dienstleistungen eingetragen wurde, auf die von der
markenrechtlichen Registerbehörde eines anderen Mitgliedstaats vorzunehmende Prüfung der Unterscheidungskraft einer ähnlichen Marke für ähnliche wie die
erste Marke eingetragen Waren oder Dienstleistungen keinen Einfluss haben (EuGH GRUR 2004, 428).
Art. 6 I lit. b Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin
auszulegen, dass im Falle des Bestehens einer klanglichen Verwechslungsgefahr zwischen einer in einem Mitgliedstaat eingetragenen Wortmarke einerseits und
der Angabe der geografischen Herkunft eines aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden Erzeugnisses im geschäftlichen Verkehr anderseits der
Markeninhaber die Benutzung dieser geografischen Herkunftsangabe nach Art. 5 Richtlinie 89/104/EWG zur verbieten kann, wenn diese Benutzung nicht den
anständigen Geflogenheiten in Gewerbe oder Handel entspricht. Insoweit ist es Sache des nationalen Gerichts, eine globale Beurteilung aller Umstände des
Einzelfalls vorzunehmen (EuGH GRUR 2004, 234).
Der EuGH hat am 27. November 2003 in der Rechtssache C-283/01 (Shield Mark BV) entschieden, dass Hörzeichen als Marken anzuerkennen sind, wenn sie
geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden und grafisch darstellbar sind.
Ein Zeichen, das als solches nicht visuell wahrnehmbar sei, könne eine Marke sein, sofern es Gegenstand einer grafischen Darstellung, insbesondere mit Hilfe
von Figuren, Linien oder Schriftzeichen sein könne, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist.
Lautmalerisches, wie etwa „Kukelekuuuuu" für das Krähen eines Hahnes sei daher nicht markenfähig, musikalische Werke hingegen dann, wenn sie mit Hilfe
von Notensystemen dargestellt werden. Das Urteil schließt damit unmittelbar an die bisherige Rechtsprechung des EuGH zur Markenfähigkeit von Gerüchen
(Rechtssache Sieckmann, C-273/00) an. Beide Urteile können unter Eingabe des o.g. Aktenzeichens unter folgender Adresse abgerufen werden:
http://europa.eu.int/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=de.
Macht ein Mitgliedsstaat von der ihm durch Art. 5 II Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Marken eingeräumten Möglichkeit Gebrauch, so muss er den besonderen Schutz, der bei der Benutzung einer mit der bekannten
eingetragene Marke identischen oder ihr ähnlichen jüngeren Marke oder eines solchen jüngeren Zeichens durch einen Dritten in Rede steht, sowohl für nicht
ähnliche Waren oder Dienstleistungen als auch für Waren oder Dienstleistungen vorsehen, die mit denjenigen, die von der eingetragenen Marke erfasst werden,
identisch oder ihnen ähnlich sind. Der durch Art. 5 II Richtlinie 89/104/EWG gewährte Schutz setzt nicht voraus, dass zwischen der bekannten Marke und dem
Zeichen ein Grad der Ähnlichkeit festgestellt wird, der so hoch ist, dass für die beteiligten Verkehrskreise eine Verwechselungsgefahr zwischen beiden besteht.
Es genügt, dass der Grad der Ähnlichkeit zwischen der bekannten Marke und dem Zeichen bewirkt, dass die beteiligten Verkehrskreise das Zeichen und die
Marke gedanklich miteinander verknüpfen. Dass ein Zeichen von den beteiligten Verkehrskreisen als Verzierung aufgefasst wird, steht für sich genommen dem
durch Art. 5 II Richtlinie 89/104/EWG gewährten Schutz nicht entgegen, wenn der Grad der Ähnlichkeit doch so hoch ist, dass die beteiligten Verkehrskreise
das Zeichen und die Marke gedanklich miteinander verknüpfen. Fassen diese Verkehrskreise das Zeichen nach der Tatsachenwürdigung durch das nationale
Gericht hingegen nur als Verzierung auf, so stellen sie naturgemäß keine gedankliche Verknüpfung mit der eingetragenen Marke her, so dass damit eine der
Voraussetzungen für den durch Art.5 Abs. 2 Richlinie 89/104/EWG gewährten Schutz nicht gegeben ist (EuGH GRUR 2004, 58).
Eine Farbe als solche, ohne räumliche Begrenzung, kann für bestimmte Waren oder Dienstleistungen Unterscheidungskraft i.S. von Art. 3 I 1 lit. b und III Erste
Richtlinie 89/104/EEWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken haben, sofern sie Gegenstand
einer grafischen Darstellung sein kann, die klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv ist. Die bloße
Wiedergabe der betreffenden Farbe auf Papier erfüllt diese Voraussetzung nicht, wohl aber die Bezeichnung der Farbe nach einem international anerkannten
Kennzeichnungscode. Bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer bestimmten Farbe als Marke ist das Allgemeininteresse zu berücksichtigen, das daran
besteht, dass die Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die Waren oder Dienstleistungen der von der Anmeldung erfassten Art
anbieten, nicht ungerechtfertigt beschränkt wird. Einer Farbe als solcher kann Unterscheidungskraft i.S. von Art. 3 I lit. b und III Richtlinie 89/104/EWG
zukommen, sofern die Marke in der Wahrnehmung des maßgeblichen Publikums geeignet ist, die Ware oder Dienstleistung, für die Eintragung beantragt wird,
als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder diese Dienstleistung von denjenigen anderer Unternehmen zu
unterscheiden. Der Umstand, dass die Eintragung der Farbe als solcher für eine Vielzahl von Waren oder Dienstleistungen oder aber für eine spezifische Ware
oder Dienstleistung oder eine spezifische Gruppe von Waren oder Dienstleistungen beantragt wird, ist zusammen mit den anderen Umständen des Einzelfalls
von Bedeutung, um sowohl die Unterscheidungskraft der Farbe, deren Eintragung beantragt wird, als auch die Frage zu beurteilen, ob ihre Eintragung dem
Allgemeininteresse zuwiderläuft, das daran besteht, dass die Verfügbarkeit der Farben für die anderen Wirtschaftsteilnehmer, die Waren oder Dienstleistungen
der von der Anmeldung erfassten Art anbieten, nicht ungerechtfertigt beschränkt wird. Die für die Eintragung von Marken zuständige Behörde hat zur
Beurteilung, ob eine Marke Unterscheidungskraft i.S. von Art. 3 I lit. b und III Richtlinie 89/104/EWG hat, eine konkreter Prüfung vorzunehmen, bei der alle
Umstände des Einzelfalls, zu denen auch die Benutzung (EuGH GRUR 2003, 604).
Art. 2 Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin
auszulegen, dass ein Zeichen, das als solches nicht visuell wahrnehmbar ist, eine Marke sein kann, sofern es insbesondere mit Hilfe von Figuren, Linien oder
Schriftzeichen grafisch dargestellt werden kann und die Darstellung klar, eindeutig, in sich abgeschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und
objektiv ist.- "Zimtsäuremethylester".- Bei einem Riechzeichen wird den Anforderungen an die grafische Darsrtellung weder durch eine chemische Formel
noch durch eine Beschreibung in Worten, die Hinterlegung einer Probe des Geruchs oder die Kombination dieser Elemente genügt.- "Zimtsäuremethylester"
(EuGH GRUR 2003, 145).
Art. 5 Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin
auszulegen, dass ein Mitgliedstaat nach seinem Belieben und unter den von ihm festgelegten Voraussetzungen eine Marke gegenüber der Verwendung eines
Zeichens zu anderen Zwecken als der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen schützen kann, wenn die Benutzung dieses Zeichens die
Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzt oder beeinträchtigt (EuGH GRUR 2003, 143).
Der Markeninhaber kann in einem nicht unter Art. 6 I Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Marken fallenden konkreten Fall wie dem des Ausgangsverfahrens nach Art. 5 I lit. a der Richtlinie dagegen vorgehen, dass ein Dritter
im geschäftlichen Verkehr ein mit einer rechtsgültig eingetragenen Marke identisches Zeichen für Waren benutzt, die mit denjenigen identisch sind, für die die
Marke eingetragen ist. Dies wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das betreffende Zeichen im Rahmen dieser Benutzung als Ausdruck der Unterstützung,
der Treue oder der Zugehörigkeit gegenüber dem Markeninhaber aufgefasst wird (EuGH GRUR 2003, 55).
Es gibt keine Kategorie von Marken, die nicht auf Grund des Art. 3 I lit. b bis d und III Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur
Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken, wohl aber auf Grund des Art. 3 I lit. a dieser Richtlinie von der Eintragung
ausgeschlossen sind, weil sie nicht geignet sind, die Waren des Inhabers von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Die Form der Ware, für die das
Zeichen eingetragen wurde, muss keine willkürliche Ergänzung, wie z.B. eine Verzierung ohne funktionelle Bedeutung, aufweisen, um i.S. des Art. 2 Richtlinie
89/104/EWG zur Unterscheidung dieser Ware geeignet zu sein. War ein Marktteilnehmer einziger Lieferant bestimmter Waren auf dem Markt, so kann die
ausgedehnte Benutzung eines Zeichens, das aus der Form dieser Waren besteht, ausreichen, um das Zeichen unterscheidungskräftig i.S. von Art. 3 III Richtlinie
89/104/EWG zu machen, wenn infolge dieser Benutzung ein wesentlicher Teil der betroffenen Verkehrskreise die Form mit diesem Marktteilnehmer und mit
keinem anderen Unternehmen in Verbindung bringt oder annimmrt, dass Waren mit dieser Form von diesem Marktteilnehmer stammen. Es ist jedoch Sache
des nationalen Gerichts, zu prüfen, ob die Umstände, unter denen die in dieser Vorschrift aufgestellte Voraussetzung erfüllt ist, durch konkrete und verlässliche
Informationen belegt sind, ob berücksichtigt ist, wie ein durchschnittlich informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die in Rede
stehende Kategorie von Waren oder Dienstleistungen wahrnimmt, und ob es auf der Benutzung der Marke als Marke beruht, dass die betroffenen
Verkehrskreise die Ware als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen. Art. 3 I lit. e 2. Spiegelstrich Richtlinie 89/104/EWG ist dahin
auszulegen, dass ein Zeichen, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, auf Grund dieser Vorschrift nicht eintragungsfähig ist, wenn nachgewiesen
wird, dass die wesentlichen funktionellen Merkmale dieser Form nur der technischen Wirkung zuzuschreiben sind. Ferner kann durch den Nachweis, dass es
andere Formen gibt, mit denen sich die gleiche technische Wirkung erzielen lässt, nicht das Eintragungshindernis oder Grund für die Ungültigerklärung nach
dieser Vorschrift ausgeräumt werden (hier: Form eines Rasierapparats als eintragungsfähige Marke) (EuGH GRUR 2002, 804).
Art. 7 II Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken i.d.F. des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2.5.1992 ist dahin auszulegen, dass sich der Inhaber einer Marke auf seine Rechte aus der Marke
berufen kann, um einen Parallelimporteur am Umpacken von Arzneimitteln zu hindern, es sei denn, die Ausübung dieser Rechte trägt zur künstlichen
Abschottung der Märkte zwischen den Mitgliedstaaten bei. Ein Umpacken von Arzneimitteln in neue Packungen ist objektiv erforderlich i.S. der
Rechtsprechung des Gerichtshofes, wenn ohne dieses Umpacken auf Grund des starken Widerstands eines nicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen mit
Etiketten überklebte Arzneimittelpackungen von einem Hindernis für den tatsächlichen Zugang zum betreffenden Markt oder zu einem beträchtlichen Teil
dieses Marktes auszugehen ist. Der Parallelimporteur muss in jedem Fall die Voraussetzung der vorherigen Unterrichtung beachten, um zum Umpacken der mit
einer Marke versehenen Arzneimittel berechtigt zu sein. Beachtet der Parallelimporteur diese Voraussetzung nicht, so kann sich der Markeninhaber der
Vermarktung des umgepackten Arzneimittels widersetzen. Es ist Sache des Parallelimporteurs selbst, den Markeninhaber von dem beabsichtigten Umpacken
zu unterrichten. Im Streitfall ist es Sache des nationalen Gerichts, unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände zu prüfen, ob der Markeninhaber über eine
angemessene Frist zur Reaktion auf das Umpackvorhaben verfügte (EuGH GRUR 2002, 879).
Massenentlassungen
Die Richtlinie 98/ 59/ EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen und insbesondere
ihr Art. 1 Abs. 1 Buchst. a ist dahin auszulegen, dass eine Produktionseinheit wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende unter den Begriff "Betrieb" für
den Zweck der Anwendung dieser Richtlinie fällt (EuGH, Urteil vom 15. 2. 2007 - C-270/05).
Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2002/ 14/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die
Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die
eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern - und sei es zeitweilig - bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl im Sinne dieser Vorschrift unberücksichtigt lässt.
Art. 1 Abs. 1 Buchstabe a der Richtlinie 98/ 59/ EG des Rates vom 20. Juli 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über
Massenentlassungen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern - und sei es
zeitweilig - bei der in dieser Vorschrift vorgesehenen Berechnung der Beschäftigtenzahl unberücksichtigt lässt (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-385/05).
Für eine wirksame Entlassung müssen die Voraussetzungen der §§ 17 und 18 KSchG bereits vor Ausspruch der Kündigung eingehalten werden. Dies folgt aus
den Artikeln 2 bis 4 der Richtlinie 98/59/EG über die Angleichung der Rechtsnormen der Mitgliedstaaten bei Massenentlassungen. Diese Vorschriften setzen
die Richtlinie 98/59/EG um und schreiben die Konsultation der Arbeitnehmervertretung und die Anzeige der Massenentlassung bei der zuständigen Behörde
vor. Die Auslegung des EuGH widerspricht der bisher herrschenden Meinung in Deutschland, die von einer wirksamen Entlassung auch dann ausgeht, wenn
die Voraussetzungen nach dem Aussprechen der Kündigung eingehalten werden, sofern dies innerhalb der Kündigungsfrist geschieht. Diese Voraussetzungen
müssen vor Ausspruch der Kündigung eingehalten werden, um dem Ziel der Richtlinie, Kündigungen zu vermeiden, gerecht zu werden (EuGH vom 27.01.2005
- C-188/03).
Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften Art. 95 EG
(1) Soweit in diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, gilt abweichend von Artikel 94 für die Verwirklichung der Ziele des Artikels 14 die nachstehende
Regelung. Der Rat erlässt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Maßnahmen zur
Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben.
(2) Absatz 1 gilt nicht für die Bestimmungen über die Steuern, die Bestimmungen über die Freizügigkeit und die Bestimmungen über die Rechte und Interessen
der Arbeitnehmer.
(3) Die Kommission geht in ihren Vorschlägen nach Absatz 1 in den Bereichen Gesundheit, Sicherheit, Umweltschutz und Verbraucherschutz von einem hohen
Schutzniveau aus und berücksichtigt dabei insbesondere alle auf wissenschaftliche Ergebnisse gestützten neuen Entwicklungen. Im Rahmen ihrer jeweiligen
Befugnisse streben das Europäische Parlament und der Rat dieses Ziel ebenfalls an.
(4) Hält es ein Mitgliedstaat, wenn der Rat oder die Kommission eine Harmonisierungsmaßnahme erlassen hat, für erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen
beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 30 oder in Bezug auf den Schutz der Arbeitsumwelt oder den Umweltschutz
gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der Kommission mit.
(5) Unbeschadet des Absatzes 4 teilt ein Mitgliedstaat, der es nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme durch den Rat oder die Kommission für
erforderlich hält, auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse gestützte einzelstaatliche Bestimmungen zum Schutz der Umwelt oder der Arbeitsumwelt auf Grund
eines spezifischen Problems für diesen Mitgliedstaat, das sich nach dem Erlass der Harmonisierungsmaßnahme ergibt, einzuführen, die in Aussicht
genommenen Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Einführung der Kommission mit.
(6) Die Kommission beschließt binnen sechs Monaten nach den Mitteilungen nach den Absätzen 4 und 5, die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen zu
billigen oder abzulehnen, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels
zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie das Funktionieren des Binnenmarkts behindern.
Trifft die Kommission innerhalb dieses Zeitraums keine Entscheidung, so gelten die in den Absätzen 4 und 5 genannten einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt.
Die Kommission kann, sofern dies auf Grund des schwierigen Sachverhalts gerechtfertigt ist und keine Gefahr für die menschliche Gesundheit besteht, dem
betreffenden Mitgliedstaat mitteilen, dass der in diesem Absatz genannte Zeitraum gegebenenfalls um einen weiteren Zeitraum von bis zu sechs Monaten
verlängert wird.
(7) Wird es einem Mitgliedstaat nach Absatz 6 gestattet, von der Harmonisierungsmaßnahme abweichende einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten oder
einzuführen, so prüft die Kommission unverzüglich, ob sie eine Anpassung dieser Maßnahme vorschlägt.
(8) Wirft ein Mitgliedstaat in einem Bereich, der zuvor bereits Gegenstand von Harmonisierungsmaßnahmen war, ein spezielles Gesundheitsproblem auf, so
teilt er dies der Kommission mit, die dann umgehend prüft, ob sie dem Rat entsprechende Maßnahmen vorschlägt.
(9) In Abweichung von dem Verfahren der Artikel 226 und 227 kann die Kommission oder ein Mitgliedstaat den Gerichtshof unmittelbar anrufen, wenn die
Kommission oder der Staat der Auffassung ist, dass ein anderer Mitgliedstaat die in diesem Artikel vorgesehenen Befugnisse missbraucht.
(10) Die vorgenannten Harmonisierungsmaßnahmen sind in geeigneten Fällen mit einer Schutzklausel verbunden, welche die Mitgliedstaaten ermächtigt, aus
einem oder mehreren der in Artikel 30 genannten nicht wirtschaftlichen Gründe vorläufige Maßnahmen zu treffen, die einem gemeinschaftlichen
Kontrollverfahren unterliegen.
Mehrwertsteuererstattung bei Karussellbetrug
Gesellschaften, die ohne ihr Wissen in einen so genannten „Karussellbetrug" verwickelt waren, haben Anspruch auf Erstattung der Vorsteuer haben. Hierbei
handelt es sich um einen Betrug, der innerhalb einer Kette von Warenlieferungen von einem Händler begangen wird, indem er seine Mehrwertsteuer nicht
entrichtet (z.B. er verwendet eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die ihm nicht gehört). Der EuGH begründet den Erstattungsanspruch damit, dass im
Falle einer Lieferkette jeder Umsatz für sich als eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit zu betrachten ist (EuGH, Urteil vom 12.01.2006 - C-354/03, C-355/03
und C-484/03):
„... Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass mit der Sechsten Richtlinie ein gemeinsames Mehrwertsteuersystem geschaffen worden ist, das insbesondere auf
einer einheitlichen Definition der steuerbaren Umsätze beruht (vgl. u. a. Urteil vom 26. Juni 2003 in der Rechtssache C-305/01,
MGK-Kraftfahrzeuge-Factoring, Slg. 2003, I-6729, Randnr. 38).
Insoweit erkennt die Sechste Richtlinie der Mehrwertsteuer einen sehr weiten Anwendungsbereich zu, indem sie in Artikel 2, der die steuerbaren Umsätze
betrifft, außer der Einfuhr von Gegenständen Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen erfasst, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen
Entgelt ausführt.
Was zunächst den Begriff ‚Lieferungen von Gegenständen' betrifft, so gilt nach Artikel 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie als eine solche Lieferung die
Übertragung der Befähigung, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen.
Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes ergibt sich, dass dieser Begriff jede Übertragung eines körperlichen Gegenstands durch eine Partei umfasst, die die
andere Partei ermächtigt, über diesen Gegenstand faktisch so zu verfügen, als wäre sie sein Eigentümer (vgl. u. a. Urteile vom 8. Februar 1990 in der
Rechtssache C-320/88, Shipping and Forwarding Enterprise Safe, Slg. 1990, I-285, Randnr. 7, und vom 21. April 2005 in der Rechtssache C-25/03, HE, Slg.
2005, I-3123, Randnr. 64). ...
Der Begriff ‚wirtschaftliche Tätigkeiten' ist in Artikel 4 Absatz 2 der Sechsten Richtlinie als alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden
definiert und schließt nach der Rechtsprechung sämtliche Stadien der Erzeugung, des Handels und der Erbringung von Dienstleistungen ein (vgl. u. a. Urteile
vom 4. Dezember 1990 in der Rechtssache C-186/89, Van Tiem, Slg. 1990, I-4363, Randnr. 17, und MGK-Kraftfahrzeuge-Factoring, Randnr. 42).
Was schließlich den Begriff ‚Steuerpflichtiger als solcher' angeht, so ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass ein Steuerpflichtiger in dieser Eigenschaft
handelt, wenn er Umsätze im Rahmen seiner steuerbaren Tätigkeit tätigt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 4. Oktober 1995 in der Rechtssache C-291/92,
Armbrecht, Slg. 1995, I-2775, Randnr. 17, und vom 29. April 2004 in der Rechtssache C-77/01, EDM, Slg. 2004, I-4295, Randnr. 66). ...
Wie der Gerichtshof in Randnummer 26 des Urteils vom 12. September 2000 in der Rechtssache C-260/98 (Kommission/Griechenland, Slg. 2000, I-6537)
festgestellt hat, wird aus der Analyse der Definitionen der Begriffe des Steuerpflichtigen und der wirtschaftlichen Tätigkeiten deutlich, dass sich der Begriff der
wirtschaftlichen Tätigkeiten auf einen weiten Bereich erstreckt und dass es sich dabei um einen objektiv festgelegten Begriff handelt, da die Tätigkeit an sich,
unabhängig von ihrem Zweck und ihrem Ergebnis, betrachtet wird (vgl. auch Urteil vom 26. März 1987 in der Rechtssache 235/85, Kommission/Niederlande,
Slg. 1987, 1471, Randnr. 8, sowie im gleichen Sinne u. a. Urteile vom 14. Februar 1985 in der Rechtssache 268/83, Rompelman, Slg. 1985, 655, Randnr. 19,
und vom 27. November 2003 in der Rechtssache C-497/01, Zita Modes, Slg. 2003, I-14393, Randnr. 38). ...
Wie der Gerichtshof in Randnummer 24 des Urteils vom 6. April 1995 in der Rechtssache C-4/94 (BLP Group, Slg. 1995, I-983) festgestellt hat, wäre eine
Verpflichtung der Steuerverwaltung, Untersuchungen anzustellen, um die Absicht des Steuerpflichtigen zu ermitteln, unvereinbar mit den Zielen des
gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, Rechtssicherheit zu gewährleisten und die mit der Anwendung der Mehrwertsteuer verbundenen Maßnahmen dadurch
zu erleichtern, dass, abgesehen von Ausnahmefällen, auf die objektive Natur des betreffenden Umsatzes abgestellt wird. ...
Wie der Generalanwalt in Nummer 27 seiner Schlussanträge festgestellt hat, ist jeder Umsatz für sich zu betrachten und ändern vorausgehende oder
nachfolgende Ereignisse nichts am Charakter eines bestimmten Umsatzes in der Lieferkette. ...
Was die von der Regierung des Vereinigten Königreichs angeführte Rechtsprechung angeht, wonach die Steuerpflichtigeneigenschaft nur dann endgültig
erlangt wird, wenn die Erklärung, die beabsichtigten wirtschaftlichen Tätigkeiten aufnehmen zu wollen, vom Betroffenen in gutem Glauben abgegeben wurde
(vgl. u. a. Urteile vom 8. Juni 2000 in der Rechtssache C-400/98, Breitsohl, Slg. 2000, I-4321, Randnr. 39, und vom 21. März 2000 in den Rechtssachen
C-110/98 bis C-147/98, Gabalfrisa u. a., Slg. 2000, I-1577, Randnr. 46), genügt die Feststellung, wie sie der Generalanwalt in Nummer 35 seiner
Schlussanträge getroffen hat, dass sich diese Rechtsprechung auf die Frage bezieht, ob jemand die Absicht hat, wirtschaftliche Tätigkeiten aufzunehmen und
dementsprechend auszuüben, und nicht auf die Frage nach dem mit diesen Tätigkeiten verfolgten Zweck. ...
Soweit sich die Regierung auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes zur fehlenden Mehrwertsteuerpflichtigkeit unerlaubter Geschäfte stützt, ist darauf
hinzuweisen, dass diese Rechtsprechung zum einen Waren betrifft, die aufgrund ihrer Art und ihrer besonderen Merkmale weder in den erlaubten Handel
gebracht noch in den Wirtschaftskreislauf einbezogen werden können. Zum anderen entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass der Grundsatz der
steuerlichen Wertneutralität eine allgemeine Differenzierung zwischen erlaubten und unerlaubten Geschäften verbietet. Somit führt die Einstufung eines
Verhaltens als strafbar nicht ohne weiteres dazu, dass der fragliche Vorgang nicht steuerbar ist. Dies ist nur in spezifischen Situationen der Fall, in
denen wegen der besonderen Eigenschaften bestimmter Waren oder bestimmter Dienstleistungen jeder Wettbewerb zwischen einem legalen und einem
illegalen Wirtschaftssektor ausgeschlossen ist (vgl. u. a. Urteile vom 29. Juni 1999 in der Rechtssache C-158/98, Coffeeshop „Siberië", Slg. 1999, I-3971,
Randnrn. 14 und 21, und vom 29. Juni 2000 in der Rechtssache C-455/98, Salumets u. a., Slg. 2000, I-4993, Randnr. 19). ...
Es steht jedoch fest, dass diese Situation im Fall der Mikroprozessoren, um die es in den Ausgangsverfahren geht, nicht vorliegt. ...
Wie der Gerichtshof nämlich mehrfach festgestellt hat, ist das in den Artikeln 17 ff. der Sechsten Richtlinie geregelte Recht auf Vorsteuerabzug integrierender
Bestandteil des Mechanismus der Mehrwertsteuer und kann grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Dieses Recht kann für die gesamte Steuerbelastung der
vorausgehenden Umsatzstufen sofort ausgeübt werden (vgl. u. a. Urteile vom 6. Juli 1995 in der Rechtssache C-62/93, BP Soupergaz, Slg. 1995, I-1883,
Randnr. 18, und Gabalfrisa u. a., Randnr. 43). ...
Ob die Mehrwertsteuer, die für die vorausgegangenen oder nachfolgenden Verkäufe der betreffenden Gegenstände geschuldet war, tatsächlich an den Fiskus
entrichtet wurde, ist für das Recht des Steuerpflichtigen auf Vorsteuerabzug nicht von Bedeutung ( ( vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 3. März 2004
in der Rechtssache C-395/02, Transport Service, Slg. 2004, I-1991, Randnr. 26). Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes, dass nach dem
Grundprinzip des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das sich aus den Artikeln 2 der Ersten und der Sechsten Richtlinie ergibt, die Mehrwertsteuer auf
jeden Produktions- oder Vertriebsvorgang erhoben wird, abzüglich der Mehrwertsteuer, mit der die verschiedenen Kostenelemente unmittelbar belastet worden
sind (vgl. u. a. Urteile vom 8. Juni 2000 in der Rechtssache C-98/98, Midland Bank, Slg. 2000, I-4177, Randnr. 29, und Zita Modes, Randnr. 39). ...
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt: Umsätze wie die in den Ausgangsverfahren in Rede stehenden, die nicht selbst
mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet sind, sind Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher ausführt, und eine wirtschaftliche
Tätigkeit im Sinne der Artikel 2 Nummer 1, 4 und 5 Absatz 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der
Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in
der durch die Richtlinie 97/7/EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung, wenn sie die objektiven Kriterien erfüllen, auf denen diese Begriffe
beruhen, ohne dass es auf die Absicht eines von dem betroffenen Steuerpflichtigen verschiedenen, an derselben Lieferkette beteiligten Händlers
und/oder den möglicherweise betrügerischen Zweck - den dieser Steuerpflichtiger weder kannte noch kennen konnte - eines anderen Umsatzes
ankommt, der Teil dieser Kette ist und der dem Umsatz, den der betreffende Steuerpflichtige getätigt hat, vorausgeht oder nachfolgt. Das Recht eines
Steuerpflichtigen, der solche Umsätze ausführt, auf Vorsteuerabzug wird auch nicht dadurch berührt, dass in der Lieferkette, zu der diese Umsätze
gehören, ohne dass dieser Steuerpflichtige hiervon Kenntnis hat oder haben kann, ein anderer Umsatz, der dem vom Steuerpflichtigen getätigten
Umsatz vorausgeht oder nachfolgt, mit einem Mehrwertsteuerbetrug behaftet ist. ..."
Mehrwertsteuersystem
Siehe unter „Gemeinsames Mehrwertsteuersystem".
Mehrwertsteuer - Testamentsvollstrecker
Die Kommission beschloss am 16.01.2006, Deutschland aufzufordern, seine Rechtsvorschriften über den Ort der Besteuerung der Dienstleistungen von
Testamentsvollstreckern zu ändern. Nach § 3 a Abs. 1 Umsatzsteuergesetz ist Ort der Dienstleistung eines Testamentsvollstreckers derjenige, von dem aus
der Unternehmer seine Leistungen erbringt. Dies entspricht zwar der nach EU-Recht geltenden Grundregel zur Besteuerung von Dienstleistungen (s. Artikel 9
Absatz 1 der 6. MwSt-Richtlinie). Von dieser Grundregel sind allerdings mehrere Dienstleistungen ausgenommen, u.a. die Leistungen von Beratern und
Anwälten (s. auch EiÜ 30/05). In diesen Fällen gilt als Ort der Dienstleistung der Ort, an dem der Kunde bzw. Mandant seinen Wohnsitz oder seine
Niederlassung hat. Entgegen der Ansicht der deutschen Behörden sind nach Auffassung der Kommission die Dienstleistungen eines Testamentsvollstreckers in
jeder Hinsicht mit denen eines Rechtsanwalts vergleichbar und demzufolge am Wohn- bzw. Niederlassungsort des Kunden zu besteuern.
Testamentsvollstrecker und Rechtsanwälte verfolgten denselben Zweck, nämlich die Interessen einer Person zu vertreten. Falls Deutschland der Aufforderung
der Kommission nicht innerhalb von zwei Monaten nachkommt, kann diese den EuGH anrufen.
Mehrwertsteuer - Zahntechnicker
Artikel 13 Teil A Absatz 1 Buchstabe e der Sechsten Richtlinie 77/ 388/ EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie
95/ 7/ EG des Rates vom 10. April 1995 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er auf Lieferungen von Zahnersatz durch einen Zwischenhändler wie
den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden, der weder Zahnarzt noch Zahntechniker ist, den Zahnersatz aber bei einem Zahntechniker erworben hat, nicht
anwendbar ist (EuGH, Urteil vom 14. 12. 2006 - C-401/05).
Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen
Siehe unter „Warenverkehrsfreiheit - Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen".
Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen
Siehe unter „Warenverkehrsfreiheit - Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen".
Migration aus wirtschaftlichen Gründen
Die Kommission veröffentlichte am 21.12.2005 eine Mitteilung, in der sie darlegt, welche Maßnahmen sie bis 2009 im Bereich der Wirtschaftsmigration
ergreifen will. Geplant ist, eine Rahmenrichtlinie zu erlassen, die es Wirtschaftsmigranten aus Drittstaaten ermöglicht, mit einem einzigen Antrag sowohl eine
Arbeits- als auch eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten. Daneben sollen vier spezifische Richtlinien für die Einreise und den Aufenthalt von hoch
qualifizierten Arbeitnehmern, Saisonarbeitnehmern, innerbetrieblich versetzten Arbeitnehmern und bezahlten Auszubildenden erlassen werden. Für die hoch
qualifizierten Arbeitnehmer ist angedacht, eine Art Green Card bzw. EU-Arbeitsgenehmigung auszustellen. Diese soll von einem Mitgliedstaat ausgestellt
werden, aber unionsweit gültig sein. Handlungsbedarf sieht die Kommission zudem bei der Förderung von Wissensaufbau und Informationsaustausch in
migrationspolitischen Angelegenheiten sowie bei der Förderung einer besseren Integration von Wirtschaftsmigranten und ihren Angehörigen in den
Arbeitsmarkt und die Gesellschaft des Aufnahmelands. Außerdem müssten die Mitgliedstaaten mit den Herkunftsländern der Immigranten stärker zusammen
arbeiten. Des Weiteren kündigt die Kommission an, bereits im April 2006 eine separate Mitteilung über die künftigen Prioritäten zur Bekämpfung der illegalen
Einwanderung vorzulegen.
Ministerrat
Siehe unter „Rat der Europäischen Union".
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung Art. 82 EG
Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder
auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu
beeinträchtigen. Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen:
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;
c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach
Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
Missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen
Generalanwalt Antonio Tizzano hat sich in seinen am 22.09.2005 im Vorabentscheidungsverfahren C- 302/04 vorgelegten Schlussanträgen mit zwei Fragen zur
Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen auseinander gesetzt. Zum einen hat er sich unter Verweis auf die
Rechtsprechung des EuGH dafür ausgesprochen, dass Artikel 6 Absatz 1 der Richtlinie einer Regelung entgegenstehe, nach der ein nationales Gericht eine
missbräuchliche Klausel nur dann für unwirksam erklären kann, wenn der Verbraucher sie ausdrücklich angefochten hat. Des Weiteren sei Artikel 6 der
Richtlinie mit einer nationalen Regelung unvereinbar, nach der bei Feststellung der Unwirksamkeit einer Klausel der Restvertrag nur bindend bleibe, wenn die
Parteien ihn auch ohne diese Klausel geschlossen hätten. Schutzzweck der Richtlinie sei es, die Vertragspositionen des Verbrauchers zu verbessern und nicht
die Vertragsautonomie der Parteien zu stärken. Ob der Gerichtshof sich mit diesen Fragen auseinander setzen wird, bleibt abzuwarten, da der Generalanwalt
darüber hinaus der Auffassung ist, dass die vom nationalen Gericht gestellten Fragen für das Ausgangsverfahren nicht entscheidungserheblich sind.
Es ist Sache des nationalen Gerichts festzustellen, ob eine Vertragsklausel wie die, die Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist, die Kriterien erfüllt, um als
missbräuchlich i. S. von Art. 3 I R 93/13 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen qualifiziert zu werden (EuGH NJW 2004, 1647).
Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. 4. 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen steht einer innerstaatlichen Regelung entgegen,
die es dem nationalen Gericht im Rahmen einer von einem Gewerbetreibenden gegen einen Verbraucher erhobenen Klage, die auf einen von ihnen
geschlossenen Vertrag gestützt wird, verwehrt, nach Ablauf einer Ausschlussfrist von Amts wegen oder auf eine vom Verbraucher erhobene Einrede hin die
Missbräuchlichkeit einer in diesem Vertrag enthaltenen Klausel festzustellen (EuGH NJW 2003, 275).
Mitentscheidung
Bei dem Verfahren der Mitentscheidung handelt es sich um das stärkste Beteiligungsrecht des Europäischen Parlamentes (Art. 251 EG). Das Verfahren findet
statt, wenn die einschlägige Ermächtigungsnorm auf Art. 251 EG verweist (zum Beispiel Art. 40, 42, 46 II, 47 I und II, 95 I 2 EG). Wenn im Falle des
Abweichens der Auffassungen von Rat und Parlament keine Einigung zustande kommt, gilt der vom Rat vorgeschlagene Standpunkt als endgültig nicht
angenommen (Art. 251 II UA III b EG).
Mitentscheidungsbereiche (des Europäischen Parlaments)
Zu den Mitentscheidungsbereichen des Europäischen Parlaments gehören folgende Gebiete:
- Wirtschafts- und Binnenmarktpolitik,
- Umweltschutz- und Verbraucherschutz,
- Beschäftigungs- und Sozialpolitik,
- Verkehrspolitik und
- Förderprogramme und Entwicklungspolitik.
Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments
Das Europäische Parlament ist an der Annahme von Gemeinschaftsakten nur beteiligt, wenn dies in den Verträgen ausdrücklich vorgesehen ist (Art. 192 I EG).
Im Verfahren der Mitentscheidung steht dem Europäischen Parlament ein echtes parlamentarisches Vetorecht zu (Art. 251 EG).
Schreibt der EG das Verfahren der Zusammenarbeit vor (Art. 252 EG), kann das Europäische Parlament keinen entscheidenden Einfluss auf den
Rechtssetzungsprozess nehmen. Lehnt das Europäische Parlament einen vom Rat beschlossenen Rechtsakt ab, kann dieser nur noch durch einstimmigen
Beschluss des Rates zustande kommen (Art. 252 c UA 2 EG).
Die Anhörungsrechte des Europäischen Parlaments stellen eine schwache Beteiligungsform dar. Es gibt die obligatorische Anhörung und die fakultative
Anhörung des Europäischen Parlamentes.
Verlangen die Verträge die Zustimmung des Europäischen Parlamentes, kann der entsprechende Gemeinschaftsakt nur mit Willen des Europäischen Parlaments
angenommen werden (z.B. Art. 214 II UA 1, 3 EG, Art. 300 III UA 2 i.V.m. 310 EG, Art. 49 I EU, Art. 272 VIII EG).
Dem Europäischen Parlament steht kein Initiativrecht in Bezug auf Rechtssetzungsakte der Gemeinschaft zu. Allerdings kann das Europäische Parlament die
Kommission zum Tätigwerden und Unterbreiten eines Vorschlags auffordern (Art. 192 II EG).
Montanunion
Siehe unter „Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS)"
Musiknoten
Siehe unter „Markenrecht".
Muttergesellschaft (Besteuerung)
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit".
Mutterschutz
Nationale Regelungen, die festlegen, dass eine Arbeitnehmerin während ihres Mutterschutzes keine Anwartschaften für eine Rente erwirbt, verstoßen gegen die
Richtlinie 96/97/EG. Diese beschäftigt sich mit der Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung bei den betrieblichen Systemen der sozialen
Sicherheit. Gemäß Artikel 6 I g der Richtlinie stehen Unterbrechungen beim Erwerb von Versicherungsanwartschaften im Mutterschutz dem in Artikel 6 I der
Richtlinie normierten Gleichbehandlungsgrundsatz entgegen. (EuGH, 13. 01. 2005 Rs. C-356/03).
N
Nachhaltige Entwicklung
Die Strategie zur nachhaltigen Entwicklung wurde auf dem Gipfeltreffen des Europarates in Göteborg 2001 beschlossen. Mit nachhaltiger Entwicklung ist
gemeint, die Bedürfnisse der derzeitigen Generation zu erfüllen, ohne dadurch die Erfüllung der Bedürfnisse künftiger Generationen zu beeinträchtigen.
Hierzu ist es nach Ansicht des Europarates erforderlich, die Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik derart zu gestalten, dass sie sich gegenseitig verstärken.
Gelingt es nicht, gewisse Tendenzen umzukehren, die die Lebensqualität künftiger Generationen bedrohen, so werden die Kosten für die zukünftige
Gesellschaft entweder drastisch ansteigen oder diese Tendenzen werden unumkehrbar. Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch müssen voneinander
abgekoppelt werden. Mit der Strategie zur nachhaltigen Entwicklung wird der sozialpolitischen Agenda von Lissabon eine dritte Dimension, die
Umweltdimension hinzugefügt.
Die Industrie ist damit aufgefordert, sich an der Entwicklung umweltfreundlicher Technologien zu beteiligen. Zugleich ist dies der Auslöser für technologische
Innovationen und Investitionen, durch die Wachstum und Beschäftigung entstehen.
Nationale Qualifikationsvoraussetzungen
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Rechtsanwalt".
Nationales Recht der EU-Mitgliedsstaaten
Zugangsportal zu den offiziellen Rechtsdatenbanken der EU-Mitgliedstaaten:
http://eur-lex.europa.eu/n-lex/
Naturschutz
Siehe unter „Umweltschutz".
Negative Dienstleistungsfreiheit
Von der negativen Dienstleistungsfreiheit macht Gebrauch, wer sich als Dienstleistungsempfänger zum Dienstleistungserbringer in einen anderen
Mitgliedsstaat begibt.
Negative Einkünfte
Einer nationalen Regelung, nach der die Berücksichtigung "negativer Einkünfte" aus dem Ausland bei der Festsetzung des Steuersatzes ausgeschlossen ist,
wenn nicht zugleich positive Einkünfte derselben Art aus demselben Staat vorliegen, steht Art. 39 EG (Arbeitnehmerfreizügigkeit) entgegen. Im konkreten Fall
konnte ein Ehepaar, das in Deutschland arbeitet, aber in Frankreich im eigenen Haus wohnt, die Berücksichtigung negativer Einkünfte steuerlich nicht geltend
machen. Negative Einkünfte sind hier die Verluste aus Vermietung und Verpachtung wegen Selbstnutzung des Hauses. Artikel 2a Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 EStG
1987 sieht vor, dass, wenn positive Einkünfte aus der Vermietung oder der Verpachtung von in einem anderen Staat belegenem unbeweglichen Vermögen
fehlen, Verluste derselben Art aus demselben Staat bei der Festsetzung des Steuersatzes nicht zu berücksichtigen sind. Durch diese Regelung werden
gebietsfremde Arbeitnehmer ungünstiger behandelt als Arbeitnehmer, die in Deutschland im eigenen Haus wohnen. Der Einwand der deutschen Regierung,
dass Art. 2a Absatz 1 Satz 1 Nr. 4 EStG 1987 notwendig sei, um die Kohärenz des nationalen Steuersystems zu gewährleisten, hat der EuGH zurückgewiesen.
Denn die Berücksichtigung positiver Einkünfte durch Nutzung eines Wohnhauses in einem anderen Mitgliedstaat sei nach dem EStG möglich, ohne dass darin
ein Verstoß gegen das Kohärenzgebot gesehen werde (EuGH, vom 21.02.2006 - C-152/03).
Nichterfüllung eines Urteils durch einen Mitgliedstaat, Zwangsgeld Art. 228 EG
(1) Stellt der Gerichtshof fest, dass ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen hat, so hat dieser Staat die Maßnahmen zu
ergreifen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs ergeben.
(2) Hat nach Auffassung der Kommission der betreffende Mitgliedstaat diese Maßnahmen nicht ergriffen, so gibt sie, nachdem sie ihm Gelegenheit zur
Äußerung gegeben hat, eine mit Gründen versehene Stellungnahme ab, in der sie aufführt, in welchen Punkten der betreffende Mitgliedstaat dem Urteil des
Gerichtshofes nicht nachgekommen ist. Hat der betreffende Mitgliedstaat die Maßnahmen, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofes ergeben, nicht innerhalb
der von der Kommission gesetzten Frist getroffen, so kann die Kommission den Gerichtshof anrufen. Hierbei benennt sie die Höhe des von dem betreffenden
Mitgliedstaat zu zahlenden Pauschalbetrags oder Zwangsgelds, die sie den Umständen nach für angemessen hält. Stellt der Gerichtshof fest, dass der
betreffende Mitgliedstaat seinem Urteil nicht nachgekommen ist, so kann er die Zahlung eines Pauschalbetrags oder Zwangsgelds verhängen. Dieses Verfahren
lässt den Artikel 227 unberührt.
Hinweise:
Nach Ansicht von Generalanwalt Geelhoed kann der EuGH gegen einen Mitgliedstaat, der fortdauernd gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt, indem er ein
Urteil des EuGH nicht befolgt, neben einem periodischen Zwangsgeld auch einen Pauschalbetrag verhängen. Dies sei legitim, da die in Artikel 228 EG
genannten Sanktionen einen doppelten Zweck verfolgen. Neben einer präventiven Abschreckungswirkung enthalte die Norm auch eine steuernde Wirkung,
wodurch auf die Mitgliedstaaten ausreichend Druck ausgeübt werden könne, damit sie in Zukunft die Urteile des EuGH einhalten. Auch würden die Grundsätze
der Gleichbehandlung, Rechtssicherheit und Verteidigungsrechte beachtet, da der Sachverhalt des vorliegenden Falles nicht mit früheren Fällen vor dem EuGH
vergleichbar sei. Die Entscheidung des EuGH, einen Pauschalbetrages zu verhängen sei auch vorhersehbar. Dem jeweiligen Mitgliedstaat werde durch den
Wiedereinstieg in das mündliche Verfahren außerdem die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben (Schlussanträge in der Rechtssache Kommission ./.
Frankreich - Rs. C-304/03).
Siehe auch unter „Vertragsverletzung".
Nichtigkeit
Verstößt eine nationale Norm gegen Europarecht, ist diese Regelung nichtig. Eine Aufhebung oder Ersetzung der europarechtswidrigen Norm durch den
nationalen Gesetzgeber ist nicht erforderlich.
Würde die Nichtigkeit einen europäischen Bürger rückwirkend belasten, tritt die Folge der Nichtigkeit erst ab dem Zeitpunkt der Feststellung der Nichtigkeit
durch ein Urteil des EuGH ein.
Nichtigkeitsklage Art. 230 EG
Der Gerichtshof überwacht die Rechtmäßigkeit der gemeinsamen Handlungen des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Handlungen des Rates,
der Kommission und der EZB, soweit es sich nicht um Empfehlungen oder Stellungnahmen handelt, und der Handlungen des Europäischen Parlaments mit
Rechtswirkung gegenüber Dritten.
Zu diesem Zweck ist der Gerichtshof für Klagen zuständig, die ein Mitgliedstaat, das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission wegen
Unzuständigkeit, Verletzung wesentlicher Formvorschriften, Verletzung dieses Vertrags oder einer bei seiner Durchführung anzuwendenden Rechtsnorm oder
wegen Ermessensmissbrauchs erhebt.
Der Gerichtshof ist unter den gleichen Voraussetzungen zuständig für Klagen des Rechnungshofs und der EZB, die auf die Wahrung ihrer Rechte abzielen.
Jede natürliche oder juristische Person kann unter den gleichen Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen
Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und
individuell betreffen.
Die in diesem Artikel vorgesehenen Klagen sind binnen zwei Monaten zu erheben; diese Frist läuft je nach Lage des Falles von der Bekanntgabe der
betreffenden Handlung, ihrer Mitteilung an den Kläger oder in Ermangelung dessen von dem Zeitpunkt an, zu dem der Kläger von dieser Handlung Kenntnis
erlangt hat.
Hinweise:
Mit der Nichtigkeitsklage können Mitgliedstaaten, Rat, Kommission und unter bestimmten Umständen auch das Europäische Parlament die Nichtigkeit von
Rechtsakten der Gemeinschaft oder von Teilen dieser Rechtsakte beantragen. Auch Einzelpersonen können die Nichtigkeitsklage erheben, wenn sie durch den
angegriffenen Rechtsakt unmittelbar und persönlich betroffen
Die Klage eines Einzelnen auf Nichtigerklärung eines Gemeinschaftsrechtsaktes mit allgemeiner Geltung (z.B. eine Verordnung) ist nur zulässig, wenn der
Rechtsakt den Kläger wegen besonderer Eigenschaften oder aufgrund besonderer Umstände betrifft, die ihn in ähnlicher Weise individualisieren wie einen
Adressaten (Plaumann-Formel). Der EG-Vertrag hat ein vollständiges System von Rechtsbehelfen geschaffen, welches die Kontrolle der Rechtmäßigkeit von
Gemeinschaftshandlungen und damit einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet.
Leitsätze/Entscheidungen:
Eine natürliche oder juristische Person wie die Gesellschaft Roquette Frères war unter tatsächlichen und rechtlichen Umständen wie denen des
Ausgangsverfahrens nicht ohne jeden Zweifel berechtigt, auf der Grundlage von Art. 230 EG hinsichtlich
- Art. 24 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1785/ 81 des Rates vom 30. Juni 1981 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker,
- Art. 27 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 2038/ 1999 des Rates vom 13. September 1999 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker,
- Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2073/ 2000 der Kommission vom 29. September 2000 zur Verringerung der im Rahmen der Produktionsquotenregelung für
Zucker garantierten Menge und des angenommenen Höchstversorgungsbedarfs der Raffinerien im Rahmen der Präferenzeinfuhrregelungen - Wirtschaftsjahr 2000/01,
- Art. 11 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1260/ 2001 des Rates vom 19. Juni 2001 über die gemeinsame Marktorganisation für Zucker,
- Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1745/ 2002 der Kommission vom 30. September 2002 zur Verringerung der im Rahmen der Produktionsquotenregelung
garantierten Menge und des angenommenen Höchstversorgungsbedarfs der Raffinerien im Rahmen der Präferenzeinfuhrregelungen - Wirtschaftsjahr 2002/03 und
- Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1739/ 2003 der Kommission vom 30. September 2003 zur Verringerung der im Rahmen der Produktionsquoten garantierten
Menge und des angenommenen Höchstversorgungsbedarfs der Raffinerien im Rahmen der Präferenzeinfuhren im Zuckersektor - Wirtschaftsjahr 2003/04
eine Nichtigkeitsklage zu erheben. Folglich kann eine solche Person im Rahmen einer nach nationalem Recht erhobenen Klage die Rechtswidrigkeit dieser
Bestimmungen geltend machen, obwohl sie innerhalb der in Art. 230 EG vorgesehenen Frist in Bezug auf die genannten Bestimmungen keine
Nichtigkeitsklage vor den Gemeinschaftsgerichten erhoben hat.
Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 24 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1785/ 81, Art. 27 Abs. 3 der Verordnung
Nr. 2038/ 1999, Art. 1 der Verordnung Nr. 2073/ 2000, Art. 11 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1260/ 2001, Art. 1 der Verordnung Nr. 1745/ 2002 und Art. 1 der
Verordnung Nr. 1739/ 2003 berühren könnte (EuGH, Urteil vom 08.03.2007 - C-441/05).
Niederlassung
Niederlassung ist die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie die Gründung und Leitung von Unternehmen in einem anderen
Mitgliedstaat (zum Beispiel handwerkliche, freiberufliche oder kaufmännische Tätigkeiten).
Die Tätigkeit muss einen Teil des Wirtschaftslebens im weitesten Sinn ausmachen. Ausschließlich politische, soziale oder kirchliche Tätigkeiten werden nicht
erfasst, weil sie keinem Erwerbszweck dienen.
Der Begriff der Niederlassung erfordert eine dauerhafte wirtschaftliche Integration in einem anderen Mitgliedsstaat.
Niederlassungsberechtigte
Das Einreise- und Aufenthaltsrecht der Niederlassungsberechtigten (Art. 43 EG) ist gesondert geregelt (RL 73/148; § 4 AufenthaltsG/EWG). Das
Verbleiberecht ergibt sich aus RL 75/34.
Niederlassungsfreiheit Art. 43 EG
Die Beschränkungen der freien Niederlassung von Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe
der folgenden Bestimmungen verboten. Das Gleiche gilt für Beschränkungen der Gründung von Agenturen, Zweigniederlassungen oder Tochtergesellschaften
durch Angehörige eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats ansässig sind.
Vorbehaltlich des Kapitels über den Kapitalverkehr umfasst die Niederlassungsfreiheit die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie
die Gründung und Leitung von Unternehmen, insbesondere von Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 , nach den Bestimmungen des
Aufnahmestaats für seine eigenen Angehörigen.
Leitsätze/Entscheidungen:
Das Königreich der Niederlande hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 5 EG-Vertrag (jetzt Art. 10 EG), Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt
Art. 43 EG) und aus den Verordnungen (EWG) Nr. 2409/ 92 des Rates vom 23. Juli 1992 über Flugpreise und Luftfrachtraten und Nr. 2299/ 89 des Rates vom
24. Juli 1989 über einen Verhaltenskodex im Zusammenhang mit computergesteuerten Buchungssystemen verstoßen, dass es mit den Vereinigten Staaten von
Amerika völkerrechtliche Verpflichtungen eingegangen ist oder trotz Revision des am 3. April 1957 zwischen dem Königreich der Niederlande und den
Vereinigten Staaten von Amerika geschlossenen Abkommens über den Luftverkehr aufrechterhalten hat,
- die die Flugpreise der von den Vereinigten Staaten von Amerika bezeichneten Luftfahrtunternehmen auf Strecken in der Gemeinschaft betreffen,
- die in niederländischem Gebiet angebotene oder verwendete computergesteuerte Buchungssysteme betreffen,
- mit denen den Vereinigten Staaten von Amerika das Recht eingeräumt wird, die Verkehrsrechte zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken, wenn die
vom Königreich der Niederlande bezeichneten Luftfahrtunternehmen nicht in dessen Eigentum oder im Eigentum niederländischer Staatsangehöriger stehen
(EuGH, Urteil vom 24. 4. 2007 - C-523/04).
Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, unter denen eine Muttergesellschaft eine Beteiligung an einer gebietsfremden Tochtergesellschaft hält,
die es ihr ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser ausländischen Tochtergesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen,
stehen die Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) und 58 EG-Vertrag (jetzt Art. 48 EG) einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die für
eine in diesem Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft die Möglichkeiten einschränkt, Verluste aus der Abschreibung auf Beteiligungswerte an in anderen
Mitgliedstaaten niedergelassenen Tochtergesellschaften steuerlich auszugleichen (EuGH, Urteil vom 29.03.2007 - C-347/04).
Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) steht einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der sich aus Art. 342 § 2 des Code des impôts sur les
revenus 1992 und Art. 182 des Arrêté royal du 27 août 1993 d'exécution du code des impôts sur les revenus 1992 ergebenden entgegen, die
Mindestbemessungsgrundlagen nur für gebietsfremde Steuerpflichtige vorsieht (EuGH, Urteil vom 22.03.2007 - C-383/05).
Eine nationale Regelung, die die Ausübung von Tätigkeiten des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von Wetten, insbesondere über
Sportereignisse, ohne eine von dem betreffenden Mitgliedstaat erteilte Konzession oder polizeiliche Genehmigung verbietet, stellt eine Beschränkung der
Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach den Art. 43 EG und 49 EG dar. Es ist Sache der vorlegenden Gerichte, zu prüfen, ob die
nationale Regelung, soweit sie die Anzahl der im Glücksspielsektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer begrenzt, tatsächlich dem Ziel entspricht, der Ausbeutung
von Tätigkeiten in diesem Sektor zu kriminellen oder betrügerischen Zwecken vorzubeugen. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer
nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die Wirtschaftsteilnehmer mit der Rechtsform von Kapitalgesellschaften,
deren Anteile auf reglementierten Märkten gehandelt werden, vom Glücksspielsektor ausschließt und darüber hinaus im Sinne eines solchen Ausschlusses
fortwirkt. Die Art. 43 EG und 49 EG sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen, die für Personen
wie die Beschuldigten der Ausgangsverfahren eine strafrechtliche Sanktion wegen Sammelns von Wetten ohne die nach dem nationalen Recht erforderliche
Konzession oder polizeiliche Genehmigung vorsieht, dann entgegenstehen, wenn sich diese Personen diese Konzessionen oder Genehmigungen deshalb nicht
beschaffen konnten, weil der betreffende Mitgliedstaat es unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht abgelehnt hatte, sie ihnen zu erteilen (EuGH, Urteil vom
06.03.2007 - C-338/04).
Das Königreich Dänemark hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 39 EG, 43 EG und 49 EG verstoßen, dass es eine Lebensversicherungs- und
Altersversorgungsregelung erlassen und in Kraft gelassen hat, nach der das Recht, Beiträge abzuziehen, und das Recht, sie unberücksichtigt zu lassen, nur für
Beitragszahlungen im Rahmen von Verträgen gewährt werden, die mit Rentenversicherungsträgern mit Sitz in Dänemark geschlossen wurden, während für
Beitragszahlungen im Rahmen von Verträgen, die mit Rentenversicherungsträgern mit Sitz in anderen Mitgliedstaaten geschlossen wurden, keine solche
Steuererleichterung gewährt wird (EuGH, Urteil vom 30.01.2007 - C-150/04).
Es läuft Art. 56 EG zuwider, dass eine nationale Rechtsvorschrift wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende als Voraussetzung für den Erwerb eines
landwirtschaftlichen Grundstücks das Erfordernis aufstellt, dass der Erwerber auf diesem Grundstück seinen ständigen Wohnsitz begründet. Diese Auslegung
von Art. 56 EG ändert sich nicht, wenn das erworbene landwirtschaftliche Grundstück kein lebensfähiger landwirtschaftlicher Betrieb ist und das
Wohngebäude in einer Bebauungszone liegt (EuGH, Urteil vom 25.01.2007 - C-370/05).
Art. 52 EG Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) verbietet es, dass einem gebietsansässigen Steuerpflichtigen von dem Staat, in dem er wohnt, die
Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer mit seinem Ehegatten, von dem er nicht getrennt lebt und der in einem anderen Mitgliedstaat wohnt, mit der
Begründung versagt wird, dieser habe in dem anderen Mitgliedstaat sowohl mehr als 10 % der gemeinsamen Einkünfte als auch mehr als 24 000 DM erzielt,
wenn die Einkünfte, die der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat erzielt, dort nicht der Einkommsteuer unterliegen (EuGH, Urteil vom 25.01.2007 - C-329/05).
Das Königreich Schweden hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 39 EG, 43 EG und 56 Abs. 1 EG sowie den Art. 28, 31 und 40 des
Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum verstoßen, dass es Steuervorschriften wie die des Kapitels 47 des Einkommensteuergesetzes (1999: 1229)
(inkomstskattelagen [1999: 1229]) erlassen und beibehalten hat, wonach die Stundung der Steuer auf den Gewinn aus der Veräußerung eines privaten
Wohngebäudes oder eines Wohnrechts an einem privaten genossenschaftlichen Wohngebäude von der Voraussetzung abhängt, dass das neu erworbene
Wohnungseigentum ebenfalls in Schweden belegen ist (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-104/06).
Das Gemeinschaftsrecht verpflichtet die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung des Urteils vom 23. September 2003, Akrich (C-109/01), nicht, die Gewährung
eines Aufenthaltsrechts an ein einem Drittstaat angehörendes Familienmitglied eines Gemeinschaftsangehörigen, der von der Freizügigkeit Gebrauch gemacht
hat, an die Voraussetzung zu knüpfen, dass sich dieses Familienmitglied vorher rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat aufgehalten hat. Art. 1 Abs. 1
Buchst. d der Richtlinie 73/ 148/ EWG des Rates vom 21. Mai 1973 zur Aufhebung der Reise- und Aufenthaltsbeschränkungen für Staatsangehörige der
Mitgliedstaaten innerhalb der Gemeinschaft auf dem Gebiet der Niederlassung und des Dienstleistungsverkehrs ist dahin auszulegen, dass unter "Unterhalt
[gewährt]" zu verstehen ist, dass das Familienmitglied eines in einem anderen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 43 EG niedergelassenen
Gemeinschaftsangehörigen der materiellen Unterstützung dieses Gemeinschaftsangehörigen oder dessen Ehegatten bedarf, um seine Grundbedürfnisse in
seinem Herkunftsstaat in dem Zeitpunkt zu decken, in dem er beantragt, dem Gemeinschaftsangehörigen zu folgen. Art. 6 Buchst. b dieser Richtlinie ist dahin
auszulegen, dass der Nachweis des Unterhaltsbedarfs mit jedem geeigneten Mittel geführt werden kann, dass es aber zulässig ist, die bloße
Verpflichtungserklärung des Gemeinschaftsangehörigen oder seines Ehegatten, diesem Familienmitglied Unterhalt zu gewähren, nicht als Nachweis dafür
anzusehen, dass dieses tatsächlich unterhaltsbedürftig ist (EuGH, Urteil vom 09.01.2007 - C-1/05).
Die Hellenische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Artikeln 28 EG, 43 EG und 49 EG sowie aus Artikel 8 der Richtlinie 98/ 34/ EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Juni 1998 über ein Informationsverfahren auf dem Gebiet der Normen und technischen Vorschriften und der
Vorschriften über die Dienste der Informationsgesellschaft in der durch die Richtlinie 98/ 48/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juli
1998 geänderten Fassung verstoßen, dass sie in den Artikeln 2 Absatz 1 und 3 des Gesetzes Nr. 3037/ 2002 unter Androhung der in den Artikeln 4 und 5 dieses
Gesetzes vorgesehenen strafrechtlichen oder verwaltungsrechtlichen Sanktionen das Verbot eingeführt hat, elektrische, elektromechanische und elektronische
Spiele einschließlich aller Spiele für elektronische Rechner an öffentlichen oder privaten Orten mit Ausnahme von Spielkasinos einzurichten und zu betreiben
(EuGH, Urteil vom 26.10. 2006 - C-65/05).
Die Artikel 43 EG, 49 EG und 86 EG sowie der Grundsatz der Gleichbehandlung, das Verbot der Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit und der
Grundsatz der Transparenz stehen einer nationalen Regelung nicht entgegen, die es einer öffentlichen Körperschaft erlaubt, eine öffentliche Dienstleistung
freihändig an eine Gesellschaft zu vergeben, deren Kapital sie vollständig hält, sofern die öffentliche Körperschaft über diese Gesellschaft eine ähnliche
Kontrolle ausübt wie über ihre eigenen Dienststellen und die Gesellschaft ihre Tätigkeit im Wesentlichen für die Körperschaft verrichtet, die ihre Anteile
innehat (EuGH, Urteil vom 06.04.2006 - C-410/04).
Niederlassungsfreiheit - Abgrenzung zur Dienstleistungsfreiheit
Das entscheidende Kriterium für die Abgrenzung der Geltungsbereiche dieser beiden Bestimmungen besteht darin, ob der betreffende Wirtschaftsteilnehmer in
dem Mitgliedstaat, in dem er die fragliche Dienstleistung anbietet (Aufnahmemitgliedstaat), niedergelassen ist oder nicht. Wenn er dort mit seinem Haupt-
oder Nebensitz niedergelassen ist, fällt seine Situation in den Geltungsbereich des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Artikel 43 EG.
Andernfalls ist er als "grenzüberschreitender Dienstleistender" zu qualifizieren, und er fällt unter den Grundsatz des freien Dienstleistungsverkehrs nach
Artikel 49 EG (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. November 1995 in der Rechtssache C-55/ 94, Gebhard, Slg. 1995, I-4165, Randnrn. 25 bis 28, und vom
11. Dezember 2003 in der Rechtssache C-215/01, Schnitzer, Slg. 2003, I-14847, Randnrn. 28 bis 32).
Niederlassungsfreiheit - Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten Art. 47 EG
(1) Um die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten zu erleichtern, erlässt der Rat nach dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien für die
gegenseitige Anerkennung der Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise.
(2) Zu dem gleichen Zweck erlässt der Rat gemäß dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der
Mitgliedstaaten über die Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten. Der Rat beschließt im Rahmen des Verfahrens des Artikels 251 einstimmig über
Richtlinien, deren Durchführung in mindestens einem Mitgliedstaat eine Änderung bestehender gesetzlicher Grundsätze der Berufsordnung hinsichtlich der
Ausbildung und der Bedingungen für den Zugang natürlicher Personen zum Beruf umfasst. Im Übrigen beschließt der Rat mit qualifizierter Mehrheit.
(3) Die schrittweise Aufhebung der Beschränkungen für die ärztlichen, arztähnlichen und pharmazeutischen Berufe setzt die Koordinierung der Bedingungen
für die Ausübung dieser Berufe in den einzelnen Mitgliedstaaten voraus.
Niederlassungsfreiheit - Ausübung öffentlicher Gewalt Art. 45 EG
Auf Tätigkeiten, die in einem Mitgliedstaat dauernd oder zeitweise mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind, findet dieses Kapitel in dem
betreffenden Mitgliedstaat keine Anwendung.
Der Rat kann mit qualifizierter Mehrheit auf Vorschlag der Kommission beschließen, dass dieses Kapitel auf bestimmte Tätigkeiten keine Anwendung findet.
Niederlassungsfreiheit - Gesellschaften Art. 48 EG
Für die Anwendung dieses Kapitels stehen die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz,
ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung innerhalb der Gemeinschaft haben, den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind.
Als Gesellschaften gelten die Gesellschaften des bürgerlichen Rechts und des Handelsrechts einschließlich der Genossenschaften und die sonstigen juristischen
Personen des öffentlichen und privaten Rechts mit Ausnahme derjenigen, die keinen Erwerbszweck verfolgen.
Leitsätze/Entscheidungen:
Unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens, unter denen eine Muttergesellschaft eine Beteiligung an einer gebietsfremden Tochtergesellschaft hält,
die es ihr ermöglicht, einen sicheren Einfluss auf die Entscheidungen dieser ausländischen Tochtergesellschaft auszuüben und deren Tätigkeiten zu bestimmen,
stehen die Art. 52 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 43 EG) und 58 EG-Vertrag (jetzt Art. 48 EG) einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die für
eine in diesem Mitgliedstaat ansässige Muttergesellschaft die Möglichkeiten einschränkt, Verluste aus der Abschreibung auf Beteiligungswerte an in anderen
Mitgliedstaaten niedergelassenen Tochtergesellschaften steuerlich auszugleichen (EuGH, Urteil vom 29.03.2007 - C-347/04).
Niederlassungsfreiheit - Sonderregelungen Art 46 EG
(1) Dieses Kapitel und die auf Grund desselben getroffenen Maßnahmen beeinträchtigen nicht die Anwendbarkeit der Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die
eine Sonderregelung für Ausländer vorsehen und aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind.
(2) Der Rat erlässt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 Richtlinien für die Koordinierung der genannten Vorschriften.
Niederlassungsfreiheit - Übersicht
1. Zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit muss der Recht der Niederlassungsfreiheit überhaupt betroffen sein.
Das ist nicht anzunehmen wenn ein Fall mangelnder Dauerhaftigkeit der Tätigkeit gegeben ist oder der grenzüberschreitende Bezug fehlt.
Die unternehmerische bzw. organisatorische Handlungsweise des Berechtigten muss unter das Recht der Niederlassungsfreiheit fallen. Das ist der Fall bei
- Aufnahme dauerhafter Geschäftstätigkeit im Hoheitsgebiet eines europäischen Mitgliedstaats,
- Übernahme der Unternehmens-Kontrolle i.S.v. Leitungsmacht durch Kapitaleinsatz an einem grenzüberschreitend operierenden Unternehmen (i.d.R. mittel
Anteilserwerbes an einer Kapitalgesellschaft),
- Errichtung einer grenzüberschreitenden Holding,
- Bildung eines grenzüberschreitenden Gemeinschaftsunternehmens,
- Gründung von Tochtergesellschaften und Kanzleien in einem anderen Mitgliedstaat sowie
- Einrichtung von Zweigniederlassungen, Agenturen oder sonstigen Außen- bzw. Nebenstellen in einem anderen Mitgliedstaat.
Auf das Recht der Niederlassungsfreiheit können sich Unternehmen, Gesellschaften oder private Gewerbetreibende und Freiberufler berufen. Sie sind Berechtigte.
Im Einzelfall kann die Berufung auf das Recht der Niederlassungsfreiheit wegen Rechtsmissbrauchs ausgeschlossen sein.
2. Es muss ein Eingriff in das Recht der Niederlassungsfreiheit vorliegen. Das ist gegeben, wenn eine nationale Maßnahme die Niederlassung eines
Berechtigten verbietet, untersagt oder erschwert.
3. Der Eingriff in das Recht der Niederlassungsfreiheit muss gerechtfertigt sein. Rechtfertigungsgründe sind:
- Tätigkeiten der öffentlichen Gewalt (Art. 45 I EG),
- Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit (Art. 46 EG),
- zwingende Gründe des Allgemeininteresses.
Die Maßnahme darf nicht derart hoch sein, dass sie faktisch das Recht der Niederlassungsfreiheit ausschließt.
Der Eingriff in die Niederlassungsfreiheit darf den Niederlassungswilligen nicht (gegenüber Inländern) diskriminieren und keine weiteren diskriminierenden
Aspekte enthalten.
4. Der gerechtfertigte Eingriff muss verhältnismäßig sein. Die nationale Maßnahme muss,
- erforderlich sein , um das mit ihr verfolgte Ziel zu erreichen,
- geeignet sein, um dieses Ziel zu erreichen und
- in einem geeigneten Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen und darf nicht übermäßig sein.
Siehe auch unter „Steuerrecht - Niederlassungsfreiheit" und „Verschmelzung - grenzüberschreitend".
Niederlassungsfreiheit I
Die Niederlassungsfreiheit beinhaltet das Recht, in einem anderen Mitgliedstaat nach dessen Rechtsvorschriften einer selbstständigen Erwerbstätigkeit
nachzugehen und Unternehmen einschließlich von Zweigniederlassungen zu gründen (Art. 43 II, I EG). Die Mitgliedsstaaten können aus Gründen der
öffentlichen Sicherheit, Ordnung oder Gesundheit einschränkende Regelungen erlassen (Art. 46 EG). Das Niederlassungsrecht gilt nicht für Tätigkeiten, die mit
der Ausübung hoheitlicher Gewalt verbunden sind (Art. 45 EG).
Österreich hat gegen die Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG) verstoßen, da österreichische Vorschriften die freiberufliche
Ausübung verschiedener arztähnlicher Berufe (z. B. medizinisch-technischer Laboratoriumsdienst) untersagen. Statt dessen ist nach österreichischem Recht ein
Angestelltenverhältnis erforderlich. Dies hindert Berufsangehörige anderer Mitgliedstaaten daran, ihre Tätigkeit in Österreich freiberuflich auszuüben und stellt
daher eine ungerechtfertigte Beschränkung der vom Vertrag garantierten Freiheiten dar (EuGH, Urteil vom 9. September 2004 - Rs. C-81/03).
Der in Art. 52 EG-Vertrag verankerte Grundsatz der Niederlassungsfreiheit ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, zur Vorbeugung
gegen die Steuerflucht eine Regelung wie die in Art. 167bis Code général des impôts (CGI) vorgesehene einzuführen, wonach latente Wertsteigerungen
besteuert werden, wenn ein Steuerpflichtiger seinen steuerlichen Wohnsitz ins Ausland verlegt (EuGH EuZW 2004, 273).
Die Niederlassungsfreiheit umfasst das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbstständiger Erwerbstätigkeiten sowie zur Errichtung von Unternehmen und zur
Ausübung der Unternehmertätigkeit nach den Bestimmungen, die im Niederlassungsstaat für dessen eigene Angehörigen gelten. Die nach den
Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften, die ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung
innerhalb der Gemeinschaft haben, stehen den natürlichen Personen gleich, die Angehörige der Mitgliedstaaten sind (Art 48 EG). Solche diese Gesellschaften
haben das Recht, ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben, wobei ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre
Hauptniederlassung, ebenso wie die Staatsangehörigkeit bei natürlichen Personen, dazu dient, ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Mitgliedstaats zu
bestimmen (EuGH NJW 2002, 3614).
Es sind viele Richtlinien erlassen worden, die der Herstellung der Niederlassungsfreiheit dienen (vgl. Art. 47 EG). Mit diesen Richtlinien sollen Hindernisse
beseitigt werden, die sich aus den unterschiedlichen nationalen Zulassungs- und Berufsausübungsregeln ergeben.
Beispiel: Die Richtlinie 90/435/EWG des Rates vom 23. 7. 1990 über das gemeinsame Steuersystem der Mutter- und Tochtergesellschaften verschiedener
Mitgliedstaaten, ausgelegt im Licht von Art. 52 EGV (nach Änderung jetzt Art. 43 EG), steht einer nationalen Vorschrift entgegen, nach der bei der
Besteuerung der Gewinne einer in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Muttergesellschaft die Kosten, die mit einer von dieser gehaltenen Beteiligung an dem
Kapital einer in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Tochtergesellschaft verbunden sind, nur dann abzugsfähig sind, wenn diese Kosten mittelbar der
Erzielung von Gewinnen dienen, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Muttergesellschaft niedergelassen ist, steuerpflichtig sind (EuGH DB 2003, 2097).
Die Niederlassungsfreiheit gilt zunächst nur für natürliche Personen, die Staatsangehörige der Mitgliedsstaaten sind. Gesellschaften sind natürlichen Personen
gleichgestellt (Art. 48 I EG).
Die Niederlassungsfreiheit erfasst die Gründung bzw. Verlagerung von Hauptniederlassungen (Art. 43 I 1 EG). Hauptniederlassung ist der Ort, an dem der
Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit liegt.
Darüber hinaus wird die Gründung von Zweigniederlassungen, Agenturen, Tochtergesellschaften gewährleistet (Art. 43 I 2 EG).
Bei der Gründung der Hauptniederlassung kommt es allein auf die Staatsangehörigkeit an. Unerheblich ist, ob der Niederlassungswillige im Bereich eines
anderen Mitgliedsstaates anhängig ist. Dementsprechend darf ein in den USA lebender Brite in Deutschland eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen und seine
Hauptniederlassung gründen.
Eine Zweigniederlassung kann hingegen nur gegründet werden, wenn der Angehörige des Mitgliedsstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates
ansässig bzw. niedergelassen ist. Anderenfalls bestimmt sich die Gründung der Zweigniederlassung ungeachtet des Gemeinschaftsrechts allein nach dem Recht
des betreffenden Mitgliedstaates. Das Recht zur Gründung von Zweigniederlassungen sollen nur solchen Unternehmen vorbehalten bleiben, die tatsächlich
auch im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind.
Der Niederlassungsberechtigte hat ein Einreise-, Aufenthalts- und Wegzugsrecht. Diese Rechte entsprechen denjenigen der Wanderarbeitnehmer (siehe dort;
RL 73/148; RL 75/34; § 4 AufenthaltsG/EWG).
Siehe auch unter „Kapitalgesellschaft" und „Steuerrecht - Niederlassungsfreiheit".
Niederlassungsfreiheit - Rechtsanwälte
Zur Niederlassungsfreiheit für Rechtsanwälte hat der EuGH folgendes ausgeführt:
„ ... Hierzu ist zunächst zu bemerken, dass die Mitgliedstaaten, solange es an einer Harmonisierung der Voraussetzungen für den Zugang zu einem Beruf fehlt,
festlegen dürfen, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung dieses Berufes notwendig sind, und die Vorlage eines Diploms verlangen dürfen, mit dem
diese Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigt werden (siehe das Urt. v. 15.10.1987 in der Rechtssache 222/86, Unectef/Heylens, Slg. 1987, 4097, Rn. 10). Es
steht fest, dass noch keine Maßnahme gemäß Art. 57 II EWGV zur Harmonisierung der Voraussetzungen für den Zugang zur Anwaltstätigkeit erlassen wurde.
... Die vom Rat am 21.12.1988 erlassene Richtlinie 89/48/EWG über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens
dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. L 1989 L 19, S. 16), die die Mitgliedstaaten bis zum 04.01.1991 umzusetzen hatten, ist auf den vorliegenden
Sachverhalt nicht anwendbar.
Art. 52 legt jedoch, soweit er das Ende der Übergangszeit als Zeitpunkt für die Herstellung der Niederlassungsfreiheit bestimmt, eine Verpflichtung auf, deren
Ergebnis klar umrissen ist und deren Erfüllung durch die Verwirklichung programmatisch festgelegter, abgestufter Maßnahmen zwar erleichtert, nicht aber
bedingt werden sollte (siehe das Urt. v. 28.06.1977 in Rs 11/77, Patrick, Slg. 1977, 1199 Rn. 10, 11).
Im übrigen geht aus dem Urt. v. 28.04.1977 in Rs 71/76 (Thieffry, Slg. 1977, 765, Rn. 15, 18) hervor, dass die Ziele des Vertrages und insbesondere die
Niederlassungsfreiheit, soweit das Gemeinschaftsrecht hierzu selbst nichts bestimmt, durch Maßnahmen der Mitgliedstaaten verwirklicht werden können,
denen es nach Art. 5 des Vertrages obliegt, "alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus dem
Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben", zu treffen und "alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrages
gefährden könnten" zu unterlassen.
Hierzu ist festzustellen, dass nationale Qualifikationsvoraussetzungen selbst wenn sie ohne Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit angewandt
werden, sich dahin auswirken können, dass sie die Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten in der Ausübung des ihnen durch Art. 52 EWGV
gewährleisteten Niederlassungsrechts beeinträchtigen. Dies kann der Fall sein, wenn die fraglichen nationalen Vorschriften die von dem Betroffenen in einem
anderen Mitgliedstaat bereits erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten unberücksichtigt lassen.
Ein Mitgliedstaat, bei dem die Zulassung zu einem Beruf beantragt worden ist, dessen Aufnahme nach nationalem Recht vom Besitz eines Diploms oder einer
beruflichen Qualifikation abhängt, hat somit die Diplome, Prüfungszeugnisse und sonstigen Befähigungsnachweise, die der Betroffene erworben hat, um den
gleichen Beruf in einem anderen Mitgliedstaat auszuüben, in der Weise zu berücksichtigen, dass er die durch diese Diplome bescheinigten Fachkenntnisse mit
den nach nationalem Recht vorgeschriebenen Kenntnissen und Fähigkeiten vergleicht.
Dieses Prüfungsverfahren muß es den Behörden des Aufnahmemitgliedstaats ermöglichen, objektiv festzustellen, ob ein ausländisches Diplom seinem Inhaber
die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten wie das innerstaatliche Diplom oder diesen zumindest gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten bescheinigt. Diese
Beurteilung der Gleichwertigkeit eines ausländischen Diploms muß ausschließlich danach erfolgen, welches Maß an Kenntnissen und Fähigkeiten dieses
Diplom unter Berücksichtigung von Art und Dauer des Studiums und der praktischen Ausbildung, auf die es sich bezieht, bei seinem Besitzer vermuten läßt
(siehe das Urt. v. 15.10.1987 in Rs 222/86, aaO, Rn. 13).
Im Rahmen dieser Prüfung kann ein Mitgliedstaat jedoch objektiven Unterschieden Rechnung tragen, die sowohl hinsichtlich des im Herkunftsmitgliedstaat für
den fraglichen Beruf bestehenden rechtlichen Rahmens als auch hinsichtlich des Tätigkeitsbereichs dieses Berufs vorhanden sind. Im Falle des Anwaltsberufs
darf ein Mitgliedstaat somit eine vergleichende Prüfung der Diplome unter Berücksichtigung der festgestellten Unterschiede zwischen den betroffenen
nationalen Rechtsordnungen vornehmen.
Führt diese vergleichende Prüfung zu der Feststellung, dass die durch das ausländische Diplom bescheinigten Kenntnisse und Fähigkeiten den nach den
nationalen Rechtsvorschriften verlangten entsprechen, so hat der Mitgliedstaat anzuerkennen, dass dieses Diplom die in diesen Vorschriften aufgestellten
Voraussetzungen erfüllt. Ergibt der Vergleich hingegen, daß diese Kenntnisse und Fähigkeiten einander nur teilweise entsprechen, so kann der
Aufnahmemitgliedstaat von dem Betroffenen den Nachweis, dass er die fehlenden Kenntnisse und Fähigkeiten erworben hat, verlangen.
Insoweit müssen die zuständigen nationalen Behörden beurteilen, ob die im Aufnahmemitgliedstaat im Rahmen eines Studiengangs oder praktischer Erfahrung
erworbenen Kenntnisse für den Nachweis des Erwerbs der fehlenden Kenntnisse ausreichen.
Ist im Aufnahmemitgliedstaat die Absolvierung eines berufl. Vorbereitungsdienstes oder eines Berufspraktikums vorgeschrieben, so haben die nationalen
Behörden zu beurteilen, ob eine im Herkunfts- oder im Aufnahmemitgliedstaat erworbene Berufserfahrung als diesem Erfordernis ganz oder teilweise entspr.
angesehen werden kann.
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Prüfung, ob die durch das ausländische Diplom bescheinigten Kenntnisse und Fähigkeiten den nach dem Recht des
Aufnahmemitgliedstaats vorgeschriebenen entsprechen, von den nationalen Behörden nach einem Verfahren vorgenommen werden muß, das mit den
Erfordernissen des Gemeinschaftsrechts in bezug auf den effektiven Schutz der den Gemeinschaftsangehörigen vom Vertrag verliehenen Grundrechte in
Einklang steht. Deshalb muß jede Entscheidung gerichtlich auf ihre Rechtmäßigkeit im Hinblick auf das Gemeinschaftsrecht überprüft werden und der
Betroffene von den Gründen Kenntnis erhalten können, auf denen die ihm ggü. ergangene Entscheidung beruht (siehe das Urt. v. 15. 10. 1987 in Rs 222/86,
aaO, Rn. 17). ... „ (MDR 1991, 997).
Niederlassungsfreiheit - Rechtsberater
Die Hochschuldiplomanerkennungsrichtlinie 89/48/EWG (inzwischen abgelöst durch die Berufsqualifikationsrichtlinie 2005/36/EG) verwehrt es den
staatlichen Behörden nicht, dem Antrag eines Diplominhabers auf Zulassung zu einem Beruf nur teilweise, d.h. für bestimmte Tätigkeiten, stattzugeben. Im
vorliegenden Fall geschah dies dadurch, dass der Geltungsbereich der Berufszulassung auf diejenigen Tätigkeiten beschränkt wurde, zu denen das betreffende
Diplom in dem Mitgliedstaat, in dem es erworben wurde, Zugang gewährt. Die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit verlangt, einen partiellen
Berufszugang zu gewähren, soweit mögliche Lücken durch Ausgleichsmaßnahmen, wie Anpassungslehrgänge oder Eignungsprüfungen, geschlossen werden
könnten. Sollten die Unterschiede zwischen den beiden Tätigkeitsbereichen so groß sein, dass in Wirklichkeit eine vollständig neue Ausbildung absolviert
werden müsse, käme eine Verweigerung eines Teilzugangs jedoch nur in Frage, wenn sie durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls wie beispielsweise
Verbraucherschutzgründe gerechtfertigt sei (EuGH, Urteil vom 19. Januar 2006 - Rs. C-330/03).
Niederlassungsfreiheit - Richtlinienkompetenz Art. 44 EG
(1) Der Rat erlässt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses Richtlinien zur Verwirklichung der
Niederlassungsfreiheit für eine bestimmte Tätigkeit.
(2) Der Rat und die Kommission erfüllen die Aufgaben, die ihnen auf Grund der obigen Bestimmungen übertragen sind, indem sie insbesondere
a) im Allgemeinen diejenigen Tätigkeiten mit Vorrang behandeln, bei denen die Niederlassungsfreiheit die Entwicklung der Produktion und des Handels in
besonderer Weise fördert;
b) eine enge Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Verwaltungen der Mitgliedstaaten sicherstellen, um sich über die besondere Lage auf den
verschiedenen Tätigkeitsgebieten innerhalb der Gemeinschaft zu unterrichten;
c) die aus innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder vorher zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünften abgeleiteten Verwaltungsverfahren und
-praktiken ausschalten, deren Beibehaltung der Niederlassungsfreiheit entgegensteht;
d) dafür Sorge tragen, dass Arbeitnehmer eines Mitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats beschäftigt sind, dort verbleiben und eine
selbstständige Tätigkeit unter denselben Voraussetzungen ausüben können, die sie erfüllen müssten, wenn sie in diesen Staat erst zu dem Zeitpunkt einreisen
würden, in dem sie diese Tätigkeit aufzunehmen beabsichtigen;
e) den Erwerb und die Nutzung von Grundbesitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch Angehörige eines anderen Mitgliedstaats ermöglichen, soweit
hierdurch die Grundsätze des Artikels 33 Absatz 2 nicht beeinträchtigt werden;
f) veranlassen, dass bei jedem in Betracht kommenden Wirtschaftszweig die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit in Bezug auf die Voraussetzungen für
die Errichtung von Agenturen, Zweigniederlassungen und Tochtergesellschaften im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats sowie für den Eintritt des Personals der
Hauptniederlassung in ihre Leitungs- oder Überwachungsorgane schrittweise aufgehoben werden;
g) soweit erforderlich die Schutzbestimmungen koordinieren, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Artikels 48 Absatz 2 im Interesse der
Gesellschafter sowie Dritter vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten;
h) sicherstellen, dass die Bedingungen für die Niederlassung nicht durch Beihilfen der Mitgliedstaaten verfälscht werden.
Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftsrecht
Eine Kapitalgesellschaft, die nach dem Recht des Mitgliedstaates wirksam gegründet worden ist, bleibt nach Art. 48 und 49 EG nach Maßgabe ihres
Gesellschaftsstatutes rechts- und parteifähig, auch wenn sie ihr unternehmerisches Entscheidungszentrum in einem anderen Mitgliedsstaat der Gemeinschaft
verlagert hat.
Es reicht nicht aus, wenn der Zuzugsstaat grundsätzlich die Rechts- und Parteifähigkeit der aus einem anderen Mitgliedstaat zugezogenen Gesellschaft
anerkennt. Der Zuzugsstaat darf dieser Gesellschaft keine wie auch immer gearteten rechtlichen Erschwernisse auferlegen, falls dies nicht durch zwingende
Gründe des Allgemeininteresses geboten und im Einzelfall durch einen konkreten und nachgewiesenen Missbrauch gerechtfertigt ist.
Siehe auch unter „Verschmelzung - grenzüberschreitend".
Norwegen
http://www.lovdata.no
Notargebühren
Siehe unter „Indirekte Steuern - Notargebühren".
Ö
Öffentliche Aufträge - Ausschreibung
Eine Vereinbarung, nach der ein erster öffentlicher Auftraggeber einem zweiten öffentlichen Auftraggeber die Errichtung eines Bauwerks überträgt, stellt einen
öffentlichen Bauauftrag im Sinne von Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 93/ 37/ EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe
öffentlicher Bauaufträge in der durch die Richtlinie 97/ 52/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997 geänderten Fassung
unabhängig davon dar, ob vorgesehen ist, dass der erste öffentliche Auftraggeber Eigentümer des gesamten Bauwerks oder eines Teils davon ist oder wird. Zur
Bestimmung des Wertes eines Bauauftrags im Sinne von Art. 6 der Richtlinie 93/ 37 in der durch die Richtlinie 97/ 52 geänderten Fassung ist der Gesamtwert
des Bauauftrags aus der Perspektive eines potenziellen Bieters zu berücksichtigen, was nicht nur alle Beträge einschließt, die der öffentliche Auftraggeber zu
zahlen hat, sondern auch alle Zahlungen von Dritten. Ein öffentlicher Auftraggeber ist nicht davon befreit, die in der Richtlinie 93/ 37 in der durch die
Richtlinie 97/ 52 geänderten Fassung vorgesehenen Verfahren zur Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen einzuhalten, auch wenn die in Rede stehende
Vereinbarung nach nationalem Recht nur mit bestimmten juristischen Personen geschlossen werden kann, die selbst die Stellung eines öffentlichen
Auftraggebers haben und ihrerseits gehalten sind, diese Verfahren für die Vergabe eventueller nachfolgender Aufträge durchzuführen (EuGH, Urteil vom 18. 1.
2007 - C-220/05).
Öffentliche Sicherheit und Ordnung
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Sonderregelungen".
Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP) - Grünbuch
Die Kommission veröffentlichte am 15.11.2005 im Anschluss an die öffentliche Konsultation zum Grünbuch zu öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) eine
Mitteilung über ihr weiteres Vorgehen zur Gestaltung eines effektiveren Wettbewerbes im Bereich der ÖPP veröffentlicht (s. EiÜ 20/2005). Nach Auswertung
aller Argumente und Informationen, die der Kommission im Rahmen der Konsultation zur Kenntnis gebracht wurden, sei eine Gesetzesinitiative die richtige
Option für die Vergabe von Konzessionen, um zu definieren, was unter Konzessionen zu verstehen sei und welche Vorschriften für deren Vergabe gelten. Ob
es letztlich zu einer solchen Rechtsvorschrift kommt, wird eine Folgenabschätzung klären, die 2006 veröffentlicht werden soll. Die oft gestellte Frage zum
ÖPP-Grünbuch, wie die EU-Vorschriften bei der Auswahl der privatwirtschaftlichen Partner institutionalisierter ÖPP" angewandt werden sollen, sei besser mit
einer Auslegungsmitteilung als einem bindenden Rechtsakt zu beantworten. Ein Auslegungspapier zu institutionalisierten ÖPPs, also Unternehmen, die
öffentliche Dienstleistungen erbringen und an deren Kapital öffentliche und private Partner gemeinsam beteiligt sind, soll im Laufe des Jahres 2006 erarbeitet werden.
Öffentliche Gewalt
Die Niederlassungsfreiheit steht unter dem Vorbehalt der Ausübung der öffentlichen Gewalt (Art. 45 EG). Die Bestimmung des Art. 45 EG ist eng auszulegen.
Erfasst werden nur Tätigkeiten, die die unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse und an der Wahrnehmung der
allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften beinhalten. Dementsprechend wird von vornherein die Tätigkeit privater
Bewachungs- oder Sicherheitsunternehmen nicht erfasst.
Nach Auffassung des EuGH ist der Anwaltsberuf ein freier Beruf und keine staatliche Tätigkeit. Öffentliche Gewalt wird nur ausgeübt, wenn die Tätigkeit eine
spezifische Teilnahme an deren Ausübung darstellt.
Dagegen fällt allerdings die Tätigkeit eines Notars unter dem Vorbehalt des Art. 45 EG.
Einem Angehörigen der Mitgliedsstaaten darf auch nicht der Zugang zu solchen Berufen verweigert werden, die zwar partiell mit der Ausübung öffentlicher
Gewalt verbunden sind, dieser Tätigkeitsbereich jedoch einen abtrennbaren Teil der Berufstätigkeit insgesamt darstellt (zum Beispiel der Beruf des Rechtsanwalts).
Öffentliche Verwaltung
Die Bestimmungen über die Arbeitnehmerfreizügigkeit finden keine Anwendung auf die Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung (Art. 39 IV EG). Eine
Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung liegt vor, wenn die Tätigkeit eine unmittelbare oder mittelbare Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher
Befugnisse und an der Wahrnehmung der allgemeinen Belange des Staates oder anderer öffentlicher Körperschaften beinhaltet.
Österreich
http://www.ris.bka.gv.at/
O
Offenkundig richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts
Siehe unter „Vorlagepflicht".
Ombudsmann
Bürger der Mitgliedsstaaten können sich bei dem EU-Bürgerbeauftragten beschweren: http://www.ombudsman-europa.eu.
Online-Bookshop der EU
http://bookshop.eu.int/eGetRecords?Template=Test_EUB/en_index
„Ordre-public"-Vorbehalt I
Die Arbeitnehmerfreizügigkeit kann beschränkt werden. Mitgliedsstaaten können hinsichtlich des Aufenthaltsrechts einschränkende Maßnahmen aus Gründen
der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit treffen (Art. 39 III EG; RL 64/221; § 12 AufenthaltsG/EWG).
Der Vorbehalt des Art. 39 III EG gilt nur für das Aufenthalts- und Einreiserecht. Der „ordre-public"-Vorbehalt bezieht sich nicht auf das
Diskriminierungsverbot aus Art. 39 II EG.
"Ordre-public"-Vorbehalt II
Nach Art. 46 EG kommt eine Einschränkung der Niederlassungsfreiheit in Betracht. Die Bestimmung ist eng auszulegen. Eine Einschränkung der
Niederlassungsfreiheit kommt nur in Betracht, wenn eine schwerwiegende Gefährdung der genannten Schutzgüter im Raum steht.
Organe der EG
Organe der EG sind der Rat, die Kommission, das Europäische Parlament, der EuGH und der Rechnungshof.
OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa
Siehe unter „KSZE - Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa".
P
Parallele Kompetenzen
Es gibt Bereiche, in denen sowohl die Gemeinschaften als auch die Mitgliedsstaaten nebeneinander Rechtsvorschriften erlassen dürfen (Art. 81 ff., Art. 163 ff.,
Art. 158 ff. EG). In diesen Fällen handelt es sich um sogenannte "parallele Kompetenzen".
Parteifähigkeit
Siehe unter "Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftsrecht".
Patente der EU
http://de.wikipedia.org/wiki/Europäisches_Patent
http://de.wikipedia.org/wiki/Europäisches_Patentübereinkommen
http://www.epo.org/index_de.html (Internetseite des Europäischen Patentamtes)
http://www.dpma.de (Internetseite des Deutschen Patent- und Markenamtes)
http://www.juraforum.de/lexikon/EU-Patente (EU-Patente)
Patentrecht - Arzneimittel
Artikel 1 Buchstabe b der Verordnung (EWG) Nr. 1768/ 92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für
Arzneimittel in ihrer sich aus der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden und
die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ergebenden Fassung ist dahin auszulegen, dass der Begriff "Wirkstoffzusammensetzung
eines Arzneimittels" eine Zusammensetzung, die aus zwei Stoffen besteht, von denen nur einer eigene arzneiliche Wirkungen für eine bestimmte Indikation
besitzt und von denen der andere eine Darreichungsform des Arzneimittels ermöglicht, die für die arzneiliche Wirksamkeit des ersten Stoffes für diese
Indikation notwendig ist, nicht einschließt (EuGH, Urteil vom 04.05. 2006 - C-431/04).
Pauschalbetrag
Siehe unter „Vertragsverletzung".
Petition an das Europäische Parlament Art. 194 EG
Jeder Bürger der Union sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnort oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat kann allein oder
zusammen mit anderen Bürgern oder Personen in Angelegenheiten, die in die Tätigkeitsbereiche der Gemeinschaft fallen und die ihn oder sie unmittelbar
betreffen, eine Petition an das Europäische Parlament richten.
Petitionsrecht Art. 21 EG
Jeder Unionsbürger besitzt das Petitionsrecht beim Europäischen Parlament nach Artikel 194 .Jeder Unionsbürger kann sich an den nach Artikel 195
eingesetzten Bürgerbeauftragten wenden.Jeder Unionsbürger kann sich schriftlich in einer der in Artikel 314 genannten Sprachen an jedes Organ oder an jede
Einrichtung wenden, die in dem vorliegenden Artikel oder in Artikel 7 genannt sind, und eine Antwort in derselben Sprache erhalten.
Pflichten der Mitgliedsstaaten Art. 10 EG
Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder
aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe. Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die
Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.
Leitsätze/Entscheidungen:
Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2002/ 30/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. März
2002 über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft sowie aus Art. 10 Abs. 2 EG in Verbindung mit
Art. 249 Abs. 3 EG verstoßen, dass es die Königliche Verordnung vom 14. April 2002 zur Regelung des Nachtflugverkehrs bestimmter ziviler
Unterschallstrahlflugzeuge erlassen hat (EuGH, Urteil vom 14.06.2007 - C-422/05).
Politiken
Siehe unter „Generaldirektion".
Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen
Der Rahmenbeschluss 2001/ 220/ JI des Rates vom 15. März 2001 über die Stellung des Opfers im Strafverfahren ist dahin auszulegen, dass in einem
Strafverfahren und spezieller in einem auf ein endgültiges Strafurteil folgenden Strafvollstreckungsverfahren wie dem Ausgangsverfahren der Opferbegriff des
Rahmenbeschlusses nicht juristische Personen umfasst, die einen Schaden als direkte Folge von Handlungen oder Unterlassungen erlitten haben, die einen
Verstoß gegen das Strafrecht eines Mitgliedstaats darstellen (EuGH, Urteil vom 28.06.2007 - C-467/05).
Siehe auch unter „Strafrecht".
Positive Dienstleistungsfreiheit
Von der positiven Dienstleistungsfreiheit wird Gebrauch gemacht, wenn sich der Dienstleistungserbringer zum Dienstleistungsempfänger in einen anderen
Mitgliedsstaat begibt.
Primäres Gemeinschaftsrecht
Zum primären Gemeinschaftsrecht gehören der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) sowie die Verträge zur Gründung der EGKS (KS)
und der EAG (EA) samt ihrer Anhänge und Protokolle (Art. 311 EG, 84 KS, 207 EA).
Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung
Nach dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung ist der Rat nur dann zur Rechtsetzung befugt, wenn er durch eine spezielle Norm dazu ermächtigt ist.
Nach den Verträgen hat der Rat aber eine weitgehende Entscheidungsbefugnis. Ihm steht außerdem eine Lückenfüllungskompetenz zu (Art. 308 EG). Fehlt im
EG-Vertrag eine Kompetenzzuordnung, ist der Rat als ermächtigt anzusehen, einstimmig die entsprechenden Beschlüsse zu fassen.
Die Gemeinschaft ist nicht berechtigt, selbstständig über ihre Zuständigkeit zu entscheiden. Jeder Rechtsakt der Gemeinschaft bedarf einer in den Verträgen
enthaltenen Ermächtigungsnorm. Die Gemeinschaft hat demgemäß keine unbegrenzte Rechtssetzungsgewalt.
Siehe auch unter "Hauptrechtssetzungsorgan".
Privatrechtsfähigkeit
Die Gemeinschaft ist privatrechtsfähig (Art. 282 1 EG). Sie besitzt in jedem Mitgliedsstaat die weitgehenste Rechts- und Geschäftsfähigkeit, die juristischen
Personen nach dessen Rechtsordnung zuerkannt ist. Die Europäische Gemeinschaft wird durch die Kommission vertreten (Art. 282 2 EG).
Produkthaftung
Bei der Produktfehlerhaftung kann der Begriff des Herstellers auch dessen Tochtergesellschaft erfassen. Wenn ein Glied einer Vertriebskette eng mit dem
Hersteller verbunden ist, wie etwa eine hundertprozentige Tochtergesellschaft des Herstellers, ist zu prüfen, ob diese Verbindung dazu führt, dass dieses Glied
als Hersteller des Produkts zu betrachten ist. Der Umstand, dass es sich dabei um unterschiedliche juristische Personen handele, führt nicht automatisch dazu,
dass die enge Verbindung zu verneinen ist. Nicht entscheidend ist, dass die Produkte des Herstellers der Tochtergesellschaft in Rechnung gestellt würden und
dass diese den Preis wie jeder andere Käufer entrichtet. Die Nationalen Gerichte müssen im Einzelfall feststellen, ob die Verbindungen zwischen dem
Hersteller und einer anderen Einrichtung so eng sind, dass der Begriff des Herstellers auch diese andere Einrichtung umfasst und die Übergabe des Produkts
durch die eine Einrichtung an die andere daher kein Inverkehrbringen bewirkt.
Ein Produkt ist in den Verkehr gebracht, wenn es den beim Hersteller eingerichteten Prozess der Herstellung verlassen hat und in einen Prozess der
Vermarktung eingetreten ist, indem es in ge- oder verbrauchsfertigem Zustand öffentlich angeboten wird (EuGH vom 09.02.2006 - C-127/04).
Prozesskostenhilfe
Standardformular zur Erleichterung des Antrages auf Prozesskostenhilfe in anderen Mitgliedsstaaten (PKH-Formular).
Prozesskostensicherheit
Es stellt eine verbotene unterschiedliche Behandlung aus Gründen der Staatsangehörigkeit dar, wenn ein Mitgliedstaat von einem Angehörigen eines anderen
Mitgliedstaats, der als Testamentsvollstrecker eine Klage vor einem inländischen Gericht erhebt, die Zahlung einer Prozesskostensicherheit verlangt, während
eine solche Voraussetzung für seine Staatsangehörigen nicht gilt. Die Art. 59 und 60 EWG-Vertrag verbieten einem Mitgliedstaat, von einer in Ausübung ihres
Berufs handelnden Person mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat, die vor einem inländischen Gericht klagt, die Zahlung einer Prozesskostensicherheit
zu verlangen, nur weil sie Angehörige eines anderen Mitgliedstaats ist (EuGH MDR 1993, 795).
Prüfung von Unternehmensabschlüssen
Siehe unter „Richtlinienvorschlag zur Prüfung von Unternehmensabschlüssen".
Q
R
Rahmenbeschlüsse
Nicht nur Richtlinien, sondern auch Rahmenbeschlüsse sind zur gemeinschaftsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts heranzuziehen. In ihrer
Rechtswirkung ähneln Rahmenbeschlüsse nach Art. 34 Abs. 2 EU den Richtlinien (Art. 249 EG), da beide hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich
sind und den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung die Wahl der Form und Mittel überlassen. Rahmenbeschlüsse seien daher wie Richtlinien zu behandeln.
Deshalb wird es neben der bereits allgemein anerkannten, so genannten richtlinienkonformen Auslegung nationaler Vorschriften nunmehr auch die
„rahmenbeschlusskonforme" Auslegung geben. Im vorliegenden Fall führt dies zu einer Ausweitung der italienischen Beweisermittlungsregelungen der Art.
392 und 398 CPP (Strafprozessordnung), die Personen im Alter unter 16 Jahren bei Aussagen vor Gericht schützen. Während die Vorschriften 392 und 398
CPP ihrem Wortlaut nach derartige Schutzvorschriften nur bei Delikten mit sexuellem Bezug vorsehen, müssen unter Heranziehung der Art. 2, 3 und 8 Abs. 4
des Rahmenbeschlusses 2001/220/JI diese auch auf Fälle von reinen Körperverletzungen und Misshandlungen ohne sexuellen Hintergrund ausgeweitet werden.
Außerdem hat der EuGH entschieden, dass er entgegen der Ansichten der Regierungen einiger Mitgliedstaaten zur Entscheidung zuständig ist. Diese hatten
gerügt, dass der EuGH nur über die Auslegung von Vorschriften aus dem EG-Vertrag im Vorabentscheidungsverfahren nach Art. 234 EG entscheiden könne
und nicht auch über die Auslegung von Rahmenbeschlüssen, da diese auf dem EU-Vertrag basieren. Der EuGH ist jedoch der Auffassung, dass sich seine
Zuständigkeit aus Art. 35 EU im Zusammenhang mit der Erklärung Italiens ergibt, mit der Italien - ebenso wie Deutschland und weitere Mitgliedstaaten - die
Zuständigkeit des EuGH auch zur Auslegung von Rahmenbeschlüssen anerkannt hat. Außerdem hält der EuGH daran fest, dass auch der Ermittlungsrichter im
Beweiserhebungsverfahren und nicht nur der Richter der Hauptverhandlung als nationales Gericht im Sinne des Art. 234 EG anzusehen ist (EuGH vom
16.06.2005 in dem Vorabentscheidungsverfahren in der Rechtssache Pupino - Rs. C-105/03).
Siehe auch unter „Richtlinie" und „Richtlinienkonforme Auslegung".
Rat der Europäischen Union
Siehe unter „http://consilium.europa.eu/" und „http://de.wikipedia.org/wiki/Rat_der_Europäischen_Union".
Rechnungshof
Siehe unter „Europäischer Rechnungshof".
Recht der Europäischen Union und der Europäischen Gemeinschaften
Das Recht der Europäischen Gemeinschaften unterteilt sich in das sog. primäre und das sog. sekundäre bzw. abgeleitete Gemeinschaftsrecht.
Zum primärem Gemeinschaftsrecht (siehe dort) gehören die Gründungsverträge der Europäischen Gemeinschaften EG und EAG (sowie der erloschenen
EGKS) einschließlich Anlagen, Anhängen und Protokollen sowie die späteren Ergänzungen und Änderungen dieser Verträge.
Die wichtigesten Ergänzungen und Änderungen erfolgten in der EEA und im Unionsvertrag von Maastricht.
Zum sekundärem Gemeinschaftsrecht (siehe dort) gehört das von den Organen der EG nach Maßgabe der Gründungsverträge erlassene Recht.
Daneben gibt es als ungeschriebenes Gemeinschaftsrecht allgemeine Rechtsgrundsätze, die je nach ihrer inhaltlichen Qualität dem Primär- oder dem
Sekundärrecht zuzurechnen sind und (rudimentär) Gewohnheitsrecht.
Rechte des EP in den Außenbeziehungen
Völkerrechtliche Verträge der EU bzw. der EG, wie Beitrittsbeschlüsse und Assoziierungsabkommen, können nur in Kraft treten, wenn das EP zugestimmt hat.
Das EP ist auch an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) beteiligt. Es muss zu Fragen der GASP gehört werden. Der Ratsvorsitz hat darauf
zu achten, dass Stellungnahmen des EP gebührend berücksichtigt werden.
Rechtfertigungsgründe
Nach Art 30 EG stehen die Bestimmungen der Artikel 28 und 29 EG Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus
Gründen der öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des
nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt
sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels
zwischen den Mitgliedstaaten darstellen.
Siehe auch unter „Warenverkehrsfreiheit - Verbote und Beschränkungen - Rechtfertigungsgründe".
Rechtsangleichung
Die Rechtsangleichung ist ein sehr wichtiger Bereich der konkurrierenden Kompetenz (Art. 3 I h EG). Die Rechtsangleichung soll das reibungslose
Funktionieren des gemeinsamen Marktes garantieren. Die Unterschiede in den mitgliedsstaatlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften sollen beseitigt
werden. Eine allgemein ausgestaltete Ermächtigung der Gemeinschaft zum Erlass rechtsangleichender Maßnahmen ergibt sich aus Art. 94, 95 EG.
Auch hier gilt das Subsidiaritätsprinzip. Die Art. 94, 95 EG dürfen nur angewandt werden, wenn keine spezielleren Normen die Gemeinschaft zum Erlass
rechtsangleichender Maßnahmen ermächtigen (vgl. Art. 40, 46 II, 47 I, II, 93, 175 EG).
Rechtsanwalt
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Rechtsanwalt" und „Rechtsberufe".
Rechtsanwaltskosten
Siehe unter „Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltskosten".
Rechtsberufe
Am 23.03.2006 nahm das Plenum des Europäischen Parlaments in Folge einer mündlichen Anfrage zum selben Thema eine wichtige Entschließung zu den
Rechtsberufen angenommen. Von den hierzu gestellten 18 Änderungsanträgen sind 5 nicht angenommen worden. In dem Bericht wird die fundamentale Rolle
der Rechtsberufe in Bezug auf die Achtung der Grundrechte, die Gewährleistung der Rechtstaatlichkeit und der Sicherheit der Gesetzesanwendung in der
demokratischen Gesellschaft hervorgehoben. Betont wird die hohe Qualifikation für den Zugang zu den Rechtsberufen und die Notwendigkeit diese zu
schützen. Im Vordergrund stehe das Vertrauen zwischen den Angehörigen der Rechtsberufe und ihren Mandanten. Von Bedeutung seien Vorschriften, die die
Unabhängigkeit, Kompetenz und Integrität dieser Berufsgruppe gewährleisten. Dadurch könne die Qualität der Dienstleistungen garantiert werden. Ein
ungeregelter Preiswettbewerb zwischen den Rechtsberuflern, der zu einer Verringerung der Qualität der Dienstleistung führe, sei nachteilig für den
Verbraucher. Hervorgehoben wird, dass das Berufsrecht den Schutz der Verteidigungsrechte, Zugang zum Recht sowie Rechtsstaatlichkeit garantieren und dass
daher Regulierung nicht auf den Wissensstand des Einzelnen abstellen könne. Das Parlament erteilt damit der von der Kommission geplanten Aufteilung des
Berufsrechts abhängig vom Dienstleistungsempfänger eine Absage. Daneben wird statuiert, dass feste Gebühren nicht gegen Artikel 10 und 81 des EG-Vertrags
verstoßen. Voraussetzung sei allerdings, dass die Annahme solcher Tabellen durch die Verfolgung eines legitimen öffentlichen Interesses gerechtfertigt sei und
die Mitgliedstaaten die Beteiligung von Privatunternehmen an dem Entscheidungsprozess aktiv überwachen. Die berufsständischen Organisationen werden
ermutigt, ihre Tätigkeit im Bereich der Prozesskostenhilfe weiter auszubauen, um sicherzustellen, dass jedermann Anspruch auf Rechtsbeistand und Vertretung
hat.
Rechtsetzungsakte Art. 249 EG
Zur Erfüllung ihrer Aufgaben und nach Maßgabe dieses Vertrags erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemeinsam, der Rat und die Kommission
Verordnungen, Richtlinien und Entscheidungen, sprechen Empfehlungen aus oder geben Stellungnahmen ab.
Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Die Richtlinie ist für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich, überlässt jedoch den innerstaatlichen
Stellen die Wahl der Form und der Mittel.
Die Entscheidung ist in allen ihren Teilen für diejenigen verbindlich, die sie bezeichnet.
Die Empfehlungen und Stellungnahmen sind nicht verbindlich.
Leitsätze/Entscheidungen:
Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 2002/ 30/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. März
2002 über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft sowie aus Art. 10 Abs. 2 EG in Verbindung mit
Art. 249 Abs. 3 EG verstoßen, dass es die Königliche Verordnung vom 14. April 2002 zur Regelung des Nachtflugverkehrs bestimmter ziviler
Unterschallstrahlflugzeuge erlassen hat (EuGH, Urteil vom 14.06.2007 - C-422/05).
Rechtsfähigkeit
Siehe unter "Niederlassungsfreiheit und Gesellschaftsrecht".
Rechtskraft nationaler Gerichtsentscheidungen
Am 16.03.2006 entschied der EuGH in dem Vorabentscheidungsverfahren Rs. C-234/04, dass ein nationales Gericht grundsätzlich nicht zur Überprüfung und
Aufhebung einer rechtskräftig gewordenen gerichtlichen Entscheidung verpflichtet ist, auch wenn diese gegen das Gemeinschaftsrecht verstößt. Der Gerichthof
hat das Bestehen einer derartigen Pflicht unter Hinweis auf die Bedeutung des Grundsatzes der Rechtskraft abgelehnt. Dieser Feststellung steht, wie der
Gerichtshof ausführt, auch das Urteil in der Rs. C-453/00 Kühne & Heinz nicht entgegen. In diesem Fall hatte der Gerichtshof entschieden, dass eine
bestandskräftig gewordene nationale Verwaltungsentscheidung bei Verstoß gegen europarechtliche Bestimmungen unter bestimmten Voraussetzungen
zurückzunehmen ist. Die europarechtliche Pflicht zur Rücknahme eines Verwaltungsakts war jedoch u.a. unter der Voraussetzung bejaht worden, dass dieser
nach nationalem Recht rücknehmbar ist. Von der jetzt vorliegenden Entscheidung zu trennen ist die Frage der Staatshaftung für gemeinschaftsrechtswidrige
Urteile nationaler Gerichte, die der EUGH bejaht (siehe hierzu Rs. Köbler, C-224/01).
Rechtsnatur der Europäischen Gemeinschaft
Welche Rechtsnatur die Europäische Gemeinschaft hat, ist streitig. Herrschend ist die gemeinschaftsrechtliche Theorie. Danach ist die EG eine neue Form der
Verbindung von Staaten. Diese Verbindung ist zwischen einem Staat im herkömmlichen Sinn und einer internationalen Organisation einzuordnen. Die EG ist
ein eigenständiges, keiner Rechtsordnung zuzuordnendes Gebilde. Es wird von einer Staatenverbindung eigener Art gesprochen.
Die Gemeinschaft selbst ist kein Staat, auch kein Bundesstaat. Sie ist eine im Prozess fortschreitende Integration stehende Gemeinschaft eigener Art (vgl.
BVerfGE 37, 271, 278 f.).
Der EU-Vertrag begründet einen Staatenverband zur Verwirklichung einer immer engeren Union der - staatlich organisierten - Völker Europas (Art. 1 EU),
keinen sich auf ein Europäisches Staatsvolk stützenden Staat (BVerfG NJW 1993, 3047).
Der EG hat im Unterschied zu gewöhnlichen völkerrechtlichen Verträgen eine eigene Rechtsordnung bzw. autonome Rechtsquelle geschaffen.
Rechtspersönlichkeit
Die Gemeinschaft besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit (Art. 281 EG). Die Mitgliedsstaaten haben ihr eine eigene Völkerrechtsfähigkeit verliehen.
Demnach kann die Gemeinschaft Träger völkerrechtlicher Rechte und Pflichten sein und auch völkerrechtliche Verträge abschließen.
Die Völkerrechtsfähigkeit der Gemeinschaft ist eingeschränkt. Sie wird begrenzt durch die Zuständigkeiten, die ihr von den Mitgliedsstaaten übertragen worden
sind.
Siehe auch unter „Privatrechtsfähigkeit".
Rechtsquellen des Europäischen Rechts
Das Recht der EU wird nicht nur in Verträgen geregelt. Zu den Rechtsquellen gehören das Völkerrecht, das europäische Recht der Verträge (Primärecht), das
europäische Sekundärrecht mit seinen Verordnungen, Richtlinien sowie das europäische Richter- und Gewohnheitsrecht.
Rechtsstaatsprinzipien
Aus den Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedsstaaten sind Rechtsstaatsprinzipien entwickelt worden. Sie müssen von den Gemeinschaftsorganen beim
Erlass von Rechts-akten beachtet werden. Bindend sind insbesondere das Verhältnismäßigkeitsprinzip (Art. 5 III EG), der Vertrauensschutz, der Grundsatz der
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, das Gebot der Rechtssicherheit sowie die Grundsätze über den Widerruf und die Rücknahme von Entscheidungen.
Regionen
Siehe unter "Ausschuss der Regionen".
Reisekostenerstattung für Rechtsreferendare
Der Generalanwalt Geelhoed ist in der Rechtssache Kranemann ./. Land Nordrhein-Westfalen (C-109/04) der Auffassung, dass die deutschen Regelungen über
die Erstattung von Reisekosten für Rechtsreferendare bei einem Auslandsaufenthalt während des Referendariats gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39
EG) verstoßen. Die Reisekosten werden bisher nach den Sätzen für Inlandsreisen bemessen und die Fahrtkosten nur für Strecken innerhalb Deutschlands
ersetzt. Aufgrund des weit auszulegenden Begriffs des Arbeitnehmers falle auch ein Rechtsreferendar in den Anwendungsbereich von Artikel 39 EG, da er
tatsächliche Leistungen erbringe, die durch eine Vergütung entlohnt werden. Eine Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit könne angenommen werden,
weil davon auszugehen sei, dass ein Rechtsreferendar, der möglicherweise über begrenzte Mittel verfügt, seine Wahlstation nicht im Ausland antreten wird,
wenn ihm nur ein Teil der Reisekosten erstattet wird. Die Beschränkung sei auch nicht gerechtfertigt, da wirtschaftliche Erwägungen, wie Einsparungen der
Mitgliedstaaten im Haushalt, grundsätzlich keinen Rechtfertigungsgrund im Gemeinschaftsrecht darstellen.
Der EuGH hat diese Ansicht bestätigt und entschieden, dass eine nationale Regelung, nach der Reisekosten eines Rechtsreferendars, der seine Wahlstation im
Ausland absolviert, nur für die Strecken innerhalb Deutschlands erstattet werden, gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit (Art. 39 EG) verstößt.
Richterrecht
Das Richterrecht hat einen eigenständigen Stellenwert innerhalb der Rechtsquellen des europäischen Rechts. Das entsteht durch Entscheidungen des EuGH
über die ihm vorgelegten Einzelfälle (Case-Law).
Richtlinie
Die Richtlinie ist nach Art. 249 III EG ein für die Mitgliedsstaaten bindender Rechtsetzungsakt der Europäischen Gemeinschaft. Richtlinien sind hinsichtlich
ihres Inhalts für die von der Richtlinie betroffenen Mitgliedsstaaten verbindlich, sie müssen aber in nationales Recht umgesetzt werden. Die Richtlinie richtet
sich ausschließlich an die Mitgliedsstaaten. Die Umsetzung kann dabei in einer vom Mitgliedsland frei gewählten Form oder Mittel durchgeführt werden.
Zwingend ist aber die Umsetzungsfrist zu beachten.
Richtlinien werden vom Rat oder der Kommission erlassen und sind für den einzelnen Bürger grundsätzlich nicht verbindlich. Der Bürger erhält keine eigene
unmittelbare Rechtsposition. Er kann durch eine Richtlinie nicht unmittelbar verpflichtet werden.
Die Rechtsprechung des EuGH hat aber unter folgenden Voraussetzungen einen unmittelbaren Anspruch des Einzelnen aus der Richtlinie anerkannt:
a) Die Richtlinie wurde nicht fristgemäß umgesetzt (Ablauf der Umsetzungsfrist). Eine belastende Wirkung einer pflichtwidrig nicht umgesetzten Richtlinie
zum Nachteil des Bürgers gibt es nicht.
b) Die Richtlinienbestimmung ist inhaltlich unbedingt und hinreichend genau.
c) Die Richtlinienbestimmung verleiht den Einzelnen gegenüber den Mitgliedsstaaten Rechte. Es muss durch Auslegung ermittelt werden, ob die Norm bzw.
Bestimmung dem einzelnen Bürger eine individuelle Rechtsposition verschaffen will. Das ist nicht der Fall, wenn sich die Bestimmung nur an die
Allgemeinheit begünstigend wendet.
Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann der einzelne Bürger aus dem Staatshaftungsrecht einen Anspruch herleiten, wenn der Mitgliedsstaat gegen
Gemeinschaftsrecht verstößt und z.B. eine Richtlinie nicht fristgemäß umgesetzt hat. Das Staatshaftungsrecht ist in diesen Fällen aber nur subsidiär zum obigen
unmittelbaren Anspruch anzuwenden.
Voraussetzungen des Staatshaftungsrechts sind:
a) Die verletzte oder nicht fristgemäß umgesetzte Norm des Gemeinschaftsrechts muss dem Anspruchsteller ein subjektives Recht verleihen.
b) Der Verstoß muss hinreichend qualifiziert sein. Auszugehen ist dabei von dem dem Mitgliedsstaat zustehendem Ermessen. Hatte der Mitgliedsstaat keinerlei
Ermessensspielraum, begründet der bloße Verstoß eine hinreichende Qualifizierung. Andernfalls muss das Ermessen offenkundig und erheblich überschritten
worden sein.
c) Der Verstoß muss für den Schaden kausal gewesen sein.
Siehe auch unter „Rahmenbeschlüsse" und „Rechtsetzungsakte".
Richtlinienkonforme Auslegung
Richtlinien entfalten grundsätzlich keine unmittelbare Wirkung zu Lasten einzelner oder im Verhältnis der Einzelnen zueinander. Recht, das den in einer
Richtlinie geregelten Sachbereich direkt oder indirekt betrifft, ist aber richtlinienkonform auszulegen (vgl. EuGH NJW 2000, 3267 f.). Die Pflicht zur
richtlinienkonformen Auslegung des mitgliedsstaatlichen Rechts ergibt sich aus Art. 10 EG. Die Auslegung des nationalen Rechts ist soweit wie möglich am
Wortlaut und Zweck der Richtlinie auszurichten, um das mit der Richtlinie verfolgte Ziel zu erreichen und auf diese Weise Art. 249 III EG nachzukommen.
Die Pflicht zur richtlinienkonformen Auslegung bezieht sich nicht nur auf solche Rechtsvorschriften, die konkret zur Ausführung einer Richtlinie erlassen
worden sind. Richtlinienkonform auszulegen ist auch bereits bei Erlass einer Richtlinie bestehendes mitgliedsstaatliches Recht, soweit es vom Wirkungsbereich
der Richtlinie erfasst wird.
Das Ergebnis einer richtlinienkonformen Auslegung muss eine nach den mitgliedsstaatlichen Auslegungsregeln vertretbare Lösung darstellen. Einer nach
Wortlaut und Sinn eindeutigen deutschen Rechtsvorschrift darf kein entgegengesetzter Sinn verliehen werden. Die richtlinienkonforme Auslegung findet damit
vor allem im Wortlaut einer deutschen Rechtsvorschrift ihre Grenzen.
Soweit es um die richtlinienkonforme Auslegung zu Lasten einzelner geht, sind insbesondere der Grundsatz der Rechtssicherheit und das Verbot der
Rückwirkung von Gesetzen zu beachten. Die richtlinienkonforme Auslegung darf nicht dazu führen, dass die strafrechtliche Verantwortung einzelner neu
festgelegt oder gegenüber der innerstaatlichen Rechtslage verschärft wird.
Siehe auch unter „Rahmenbeschlüsse".
Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger Beihilfen
Im Bereich der Rückforderung gemeinschaftsrechtswidriger Beihilfen ist durch den EuGH das "Diskriminierungsverbot" und das "Effiziensgebot" entwickelt
und näher ausgestaltet worden.
Rückstellungen der Kernkraftwerksbetreiber
„... Nach § 252 Absatz 1 Nummer 3 HGB ist die Höhe der von allen steuerpflichtigen Unternehmen zu bildenden Rückstellungen nach Maßgabe der zum
Stichtag des Jahresabschlusses zu bewertenden Betriebskosten zu beziffern.
Der Betrag der Rückstellungen ist daher grundsätzlich nach Maßgabe der jeweils zum Stichtag der Vorlage der Jahresbilanz bestehenden Höhe der Kosten anzupassen.
Dem Vorbringen der Klägerinnen ist jedoch nicht zu entnehmen, dass der Betrag der von Kernkraftwerken unter der gemeinsamen Kontrolle der
Wirtschaftsprüfer und der Länderverwaltungen gebildeten Rückstellungen außer Verhältnis zu den tatsächlich veranschlagten Kosten für die Entsorgung der
radioaktiven Abfälle und die Erfüllung der Verpflichtungen aufgrund des Abbaus der Kernanlagen stünde.
Den Klägerinnen ist, ohne dass sie dem widersprochen hätten, entgegengehalten worden, dass die von den Kernkraftwerksbetreibern zu bildenden
Rückstellungen sowohl die Kosten des Abbaus als auch die Kosten der Bewirtschaftung der Brennstoffe und der radioaktiven Betriebsabfälle, also die
Gesamtkosten im Zusammenhang mit der endgültigen Stilllegung ihrer Stromerzeugung einschließlich der Kosten der Stilllegung selbst (Kosten des Abbaus
des Kraftwerks einschließlich der Kosten der Einschließung), und diejenigen der Endlagerung der radioaktiven Abfälle decken sollen.
Die Streithelferinnen haben von den Klägerinnen unwidersprochen ausgeführt, dass ungefähr 55 % der von den Kernkraftwerksbetreibern gebildeten
Rückstellungen für die Bewirtschaftung der Rückstände der Brennelemente und der radioaktiven Rückstände bestimmt seien.
Die Klägerinnen haben auch nicht bestritten, dass die schnelle Entwicklung der technischen Normen für die Entsorgung der Abfälle und die Stilllegung der
Anlagen eine flexible Beurteilung verlangt und eine gewisse Unsicherheit über die Kosten hervorruft und dass die technischen Ausgaben und damit der Betrag
der durch die Rückstellungen zu deckenden Kosten, auch wenn er nicht mit Sicherheit festgelegt werden kann, bestimmt daraus folgt.
Somit kann das Gericht nicht annehmen, dass die Einzelheiten der Durchführung der streitigen Steuerregelung durch die Verwaltung gegenüber den
Kernkraftwerken eine besondere Vergünstigung für diese darstellt, die vom Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG erfasst wird
(EuG, Urteil vom 26. 1. 2006 - T-92/02).
Rückzahlung von Beihilfen
Siehe unter „Beihilfen - Rückzahlung".
S
Schadensersatz - Fluggäste
Siehe unter „Fluggäste - Schadensersatz".
Schadenersatzklage Art. 235 EG
Der Gerichtshof ist für Streitsachen über den in Artikel 288 Absatz 2 vorgesehenen Schadensersatz zuständig.
Schadensersatzklage - Haftung Art. 288 EG
Die vertragliche Haftung der Gemeinschaft bestimmt sich nach dem Recht, das auf den betreffenden Vertrag anzuwenden ist.
Im Bereich der außervertraglichen Haftung ersetzt die Gemeinschaft den durch ihre Organe oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten
Schaden nach den allgemeinen Rechtsgrundsätzen, die den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsam sind.
Absatz 2 gilt in gleicher Weise für den durch die EZB oder ihre Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursachten Schaden.
Die persönliche Haftung der Bediensteten gegenüber der Gemeinschaft bestimmt sich nach den Vorschriften ihres Statuts oder der für sie geltenden Beschäftigungsbedingungen.
***
Der Gerichtshof hat bei Schadenersatzklagen (Art. 235 EG) darüber zu entscheiden, ob die Gemeinschaft für einen Schaden aufzukommen hat, den ihre Organe
oder Bediensteten in Ausübung ihrer Amtstätigkeit verursacht haben.
Siehe auch unter „Haftung der Mitgliedsstaaten".
Schadstoffemissionsregister
Siehe unter „http://www.eper.cec.eu.int".
Scheidungsrecht
Die Kommission veranstaltete am 06.12.2005 in Brüssel eine öffentliche Anhörung zu ihrem Grünbuch (siehe oben) zum Scheidungsrecht. Das Grünbuch wirft
Fragen darüber auf, welches Recht und welcher Gerichtsstand bei Scheidungssachen mit grenzüberschreitendem Sachverhalt anzuwenden sind. Während
Vertreter von Justizministerien gegenüber einer Harmonisierung von Kollisionsregeln teilweise skeptisch eingestellt waren, wurden diese von Vertretern von
Anwaltsorganisationen begrüßt. Für den Fall einer Harmonisierung waren sich Vertreter aus unterschiedlichen Justizministerien uneinig, welcher
Anknüpfungspunkt für das anzuwendende Recht zu wählen sei. Insbesondere Vertreter aus den niederländischen und britischen Justizministerien forderten,
dass stets das Recht des Staates angewendet werden solle, in dem die Scheidung vollzogen wird. Dadurch solle vermieden werden, dass ein Mitgliedstaat
ausländisches Familienrecht anwenden müsse. Der Vertreter des deutschen Justizministeriums, Dr. Rolf Wagner, sprach sich für eine Hierarchie der folgenden
Anknüpfungspunkte aus:
1. Das Recht des gewöhnlichen gemeinsamen Aufenthaltsorts der Ehepartner.
2. Das Recht des Mitgliedstaats, in dem der gemeinsame Scheidungsantrag gestellt wurde.
3. Das Recht des letzten gemeinsamen Aufenthaltsortes.
4. Das Recht, dem die Ehe am längsten unterlag.
Das italienische und französische Justizministerium wollen hingegen vorrangig an die gemeinsame Nationalität der Ehepartner anknüpfen. Einig waren sich die
Teilnehmer der Anhörung darüber, dass für den Fall, dass die Ehepartner das anwendbare Recht wählen können, diese Wahl beschränkt werden müsse. Hierzu
sollen Kriterien herangezogen werden, die den vorgenannten Anknüpfungspunkten entsprechen. Dadurch soll vermieden werden, dass die Ehepartner auf ein
Recht zurückgreifen können, das keine Verbindung zu ihrer Ehe aufweist. Bezüglich der Gerichtsstandswahl in Scheidungssachen kündigte die Kommission
an, einen Verordnungsvorschlag im Sommer oder Herbst 2006 zu veröffentlichen.
Scheinehe
Siehe unter „Freizügigkeit der Arbeitnehmer".
Schlimmster Lobbyist in der EU
Siehe unter „http://www.worstlobby.de".
Schlussfolgerungen des Europäischen Rates
Die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates finden Sie unter http://ue.eu.int/presid/conclusions.htm.
Schrott-Immobilien
„ ... DIE MITGLIEDSTAATEN MÜSSEN DAFÜR SORGEN, DASS EIN KREDITINSTITUT, DAS EINEN VERBRAUCHER NICHT ÜBER SEIN RECHT
BELEHRT HAT, DEN ZUR FINANZIERUNG EINES IMMOBILIENERWERBS DIENENDEN DARLEHENSVERTRAG ZU WIDERRUFEN, DIE
RISIKEN TRÄGT, DIE MIT DER IN EINER HAUSTÜRSITUATION ZUSTANDE GEKOMMENEN KAPITALANLAGE VERBUNDEN SIND. Die
Richtlinie über Haustürgeschäfte verbietet es jedoch nicht grundsätzlich, dass der Verbraucher, der den Darlehensvertrag widerruft, das Darlehen zuzüglich
der marktüblichen Zinsen sofort vollständig zurückzahlen muss.
In keinem Fall erstreckt sich das Widerrufsrecht auf den Kaufvertrag über die Immobilie. Nach der Richtlinie über Haustürgeschäfte von 1985 (Richtlinie
85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen -
ABl. L 372, S. 31) hat ein Verbraucher grundsätzlich sieben Tage Zeit, um einen in einer Haustürsituation geschlossenen Vertrag zu widerrufen. Der
Gewerbetreibende ist verpflichtet, den Verbraucher bei Vertragsabschluss schriftlich über sein Widerrufsrecht zu belehren. Das Landgericht Bochum und das
Hanseatische Oberlandesgericht in Bremen haben dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mehrere Fragen nach der Auslegung dieser Richtlinie
vorgelegt. Sie sind mit Rechtsstreitigkeiten zwischen Verbrauchern und Kreditinstituten über Kapitalanlagen befasst, bei denen die Vertragsverhandlungen in
einer Haustürsituation durchgeführt wurden. Die Kapitalanlagen bestanden in einem Kaufvertrag über eine Immobilie, der mit einer Immobiliengesellschaft
geschlossen wurde, und einem zur Finanzierung des Kaufes dienenden Darlehensvertrag mit dem Kreditinstitut. Sie wurden den Verbrauchern bei einem
Besuch in deren Wohnung von einem Mitarbeiter der Immobiliengesellschaft oder einem unabhängigen Vermittler angeboten.
Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass die Richtlinie dem Verbraucher kein Recht zum Widerruf eines Immobilienkaufvertrags verleiht, auch wenn dieser
Vertrag Bestandteil eines kreditfinanzierten Kapitalanlagemodells ist, bei dem die vor Vertragsabschluss durchgeführten Vertragsverhandlungen sowohl
hinsichtlich des Immobilienkaufvertrags als auch des zur Finanzierung dienenden Darlehensvertrags in einer Haustürsituation erfolgten. Die Richtlinie soll den
Verbraucher zwar vor den Gefahren schützen, die sich insbesondere aus einem Vertragsabschluss während eines Besuchs des Gewerbetreibenden beim
Verbraucher ergeben, indem sie ihm unter bestimmten Umständen ein Widerrufsrecht verschafft, doch sind Kaufverträge über Immobilien ausdrücklich und
unmissverständlich vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen. Die Richtlinie steht nationalen Vorschriften nicht entgegen, die die Rechtsfolgen
des Widerrufs eines Darlehensvertrags auch im Rahmen von Kapitalanlagemodellen, bei denen das Darlehen ohne den Erwerb der Immobilie nicht gewährt
worden wäre, auf die Rückabwicklung des Darlehensvertrags beschränken. Wurde der Verbraucher von dem Kreditinstitut über sein Recht zum Widerruf des
Darlehensvertrags belehrt, so verbietet es die Richtlinie grundsätzlich auch nicht, dass der Verbraucher im Fall des Widerrufs das Darlehen zuzüglich der
marktüblichen Zinsen sofort vollständig zurückzahlen muss. Der Gerichtshof stellt jedoch klar, dass in Fällen wie denen der Ausgangsverfahren, in denen der
Verbraucher nicht über sein Recht zum Widerruf des Darlehensvertrags belehrt wurde, das Kreditinstitut die mit den fraglichen Kapitalanlagen verbundenen
Risiken zu tragen hat. Wäre der Verbraucher nämlich von dem Kreditinstitut rechtzeitig belehrt worden, so hätte er seine Entscheidung, den Darlehensvertrag
zu schließen, rückgängig machen können und hätte gegebenenfalls später den notariellen Kaufvertrag nicht geschlossen. Dadurch hätte er es vermeiden können,
sich den Risiken auszusetzen, dass die Immobilie zum Zeitpunkt des Kaufes zu hoch bewertet wird, dass sich die veranschlagten Mieteinnahmen nicht
erzielen lassen und dass sich die Erwartungen in Bezug auf die Entwicklung des Immobilienpreises als falsch erweisen. Es ist Sache des nationalen
Gesetzgebers und der nationalen Gerichte, den Schutz des Verbrauchers vor den Folgen der Verwirklichung dieser Risiken zu gewährleisten. Die Anwendung
der Richtlinie kann, wenn ein Dritter im Namen oder für Rechnung eines Gewerbetreibenden in die Aushandlung oder den Abschluss eines Vertrages
eingeschaltet wird, auch nicht davon abhängig gemacht werden, dass der Gewerbetreibende wusste oder hätte wissen müssen, dass der Vertrag in einer
Haustürsituation geschlossen wurde. ..."(EuGH, Urteile vom 25.10.2005 in den Rechtssachen C-350/03 und C-229/04 - PM Nr. 91/05)
Schutz der Gesundheit
Siehe unter „Gesundheitsschutz".
Schwangerschaft
Berücksichtigt ein Arbeitgeber die Schwangerschaft einer Arbeitnehmerin als Grund für die Ablehnung ihrer Rückkehr an ihren Arbeitsplatz vor dem Ende des
Erziehungsurlaubs, so stellt dies eine unmittelbare Diskriminierung auf Grund des Geschlechts dar.
***
Eine Regelung über Krankheitsurlaub, nach der weibliche Arbeitnehmer, die an einer mit einer Schwangerschaft zusammenhängenden Krankheit leiden, und
andere Arbeitnehmer, die von einer davon unabhängigen Krankheit betroffen sind, gleich behandelt werden, fällt in den Anwendungsbereich des Artikels 141
EG und der Richtlinie 75/ 117/ EWG des Rates vom 10. Februar 1975 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Anwendung des
Grundsatzes des gleichen Entgelts für Männer und Frauen. Artikel 141 EG und die Richtlinie 75/ 117 sind dahin auszulegen, dass folgende Regelungen keine
Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellen:
- eine Vorschrift einer Regelung über Krankheitsurlaub, die für weibliche Arbeitnehmer, die vor einem Mutterschaftsurlaub wegen einer mit ihrer
Schwangerschaft zusammenhängenden Krankheit fehlen, ebenso wie für männliche Arbeitnehmer, die infolge irgendeiner anderen Krankheit fehlen, eine
Kürzung der Vergütung vorsieht, wenn die Fehlzeit eine bestimmte Dauer überschreitet, sofern die Arbeitnehmerin zum einen genauso wie ein
krankheitsbedingt fehlender männlicher Arbeitnehmer behandelt wird und zum anderen die gezahlten Leistungen nicht so niedrig sind, dass dadurch das Ziel
des Schutzes schwangerer Arbeitnehmerinnen gefährdet würde;
- eine Vorschrift einer Regelung über Krankheitsurlaub, die vorsieht, dass krankheitsbedingte Fehlzeiten unabhängig davon, ob die Krankheit mit einer
Schwangerschaft zusammenhängt oder nicht, auf die Gesamtzahl bezahlter Krankheitsurlaubstage angerechnet werden, die ein Arbeitnehmer innerhalb eines
bestimmten Zeitraums höchstens beanspruchen kann, sofern die Anrechnung von Fehlzeiten wegen einer mit einer Schwangerschaft zusammenhängenden
Krankheit nicht dazu führt, dass die Arbeitnehmerin während der von der Anrechnung betroffenen Fehlzeit nach dem Ende des Mutterschaftsurlaubs
Leistungen unterhalb jenes Minimums erhält, das sie während der zur Zeit ihrer Schwangerschaft aufgetretenen Krankheit beanspruchen konnte (EuGH, Urteil
vom 8. 9. 2005 - C-191/03).
***
Artikel 2 Absätze 1 und 3 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 09.02.1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und
Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen verbietet es,
eine Schwangere deshalb nicht auf eine unbefristete Stelle einzustellen, weil sie für die Dauer der Schwangerschaft wegen eines aus ihrem Zustand folgenden
gesetzlichen Beschäftigungsverbots auf dieser Stelle von Anfang an nicht beschäftigt werden darf (EuGH MDR 2000, 400).
Siehe auch unter „Diskriminierung aufgrund des Geschlechts".
Schweden
http://www.lagrummet.se/english/
Schweiz
http://www.admin.ch
Sekundäres Gemeinschaftsrecht
Sekundäres Gemeinschaftsrecht ist das von den Organen der Gemeinschaft nach Maßgabe des EG-Vertrages geschaffene Recht. Zur Erfüllung ihrer Aufgaben
und nach Maßgabe dieses Vertrags erlassen das Europäische Parlament und der Rat gemeinsam, der Rat und die Kommission Verordnungen, Richtlinien und
Entscheidungen, sprechen Empfehlungen aus oder geben Stellungnahmen ab (Art. 249 I EG).
Selbstständige Tätigkeiten
Selbstständige Tätigkeiten sind beispielsweise gewerbliche, kaufmännische, handwerkliche sowie freiberufliche Tätigkeiten.
Siehe unter „Niederlassungsfreiheit - Aufnahme und Ausübung selbstständiger Tätigkeiten".
Sicherheitsunternehmen in Spanien
Das Königreich Spanien hat dadurch, dass es die Vorschriften des Gesetzes Nr. 23/ 1992 vom 30. Juli 1992 über die private Sicherheit und des Königlichen
Dekrets Nr. 2364/ 1994 vom 9. Dezember 1994 zur Billigung der Verordnung über die private Sicherheit aufrechterhalten hat, die für die Ausübung der
Tätigkeiten ausländischer privater Sicherheitsunternehmen in Spanien eine Reihe von Bedingungen festlegen,
- wonach die Unternehmen die Rechtsform einer juristischen Person haben müssen,
- über ein bestimmtes Mindestgesellschaftskapital verfügen müssen,
- eine Sicherheit bei einem spanischen Finanzinstitut stellen müssen,
- eine Mindestzahl von Arbeitnehmern beschäftigen müssen, soweit das betreffende Unternehmen seine Tätigkeiten auf anderen Gebieten als denen der
Beförderung und Lieferung von Sprengstoffen ausübt,
- und wonach die Angehörigen ihres Personals allgemein im Besitz einer besonderen behördlichen Erlaubnis sein müssen, die von den spanischen Behörden
erteilt wird,
bzw. dadurch, dass es nicht die erforderlichen Vorschriften erlassen hat, um die Anerkennung der beruflichen Befähigungsnachweise für die Ausübung des
Berufes des Privatdetektivs sicherzustellen, gegen seine Verpflichtungen aus
den Artikeln 43 EG und 49 EG bzw. gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/ 51/ EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über eine zweite
allgemeine Regelung zur Anerkennung beruflicher Befähigungsnachweise in Ergänzung zur Richtlinie 89/ 48/ EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über
eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, verstoßen (EuGH, Urteil
vom 26. 1. 2006 - C-514/03).
SOKRATES
Siehe unter „Austauschprogramme".
Sozialausschuss
Siehe unter „Wirtschafts- und Sozialausschuss".
Soziale Grundrechte - Ziele Art. 136 EG
Die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten verfolgen eingedenk der sozialen Grundrechte, wie sie in der am 18. Oktober 1961 in Turin unterzeichneten
Europäischen Sozialcharta und in der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 festgelegt sind, folgende Ziele: die Förderung
der Beschäftigung, die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, um dadurch auf dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen, einen
angemessenen sozialen Schutz, den sozialen Dialog, die Entwicklung des Arbeitskräftepotenzials im Hinblick auf ein dauerhaft hohes Beschäftigungsniveau
und die Bekämpfung von Ausgrenzungen.
Zu diesem Zweck führen die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten Maßnahmen durch, die der Vielfalt der einzelstaatlichen Gepflogenheiten, insbesondere in
den vertraglichen Beziehungen, sowie der Notwendigkeit, die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft der Gemeinschaft zu erhalten, Rechnung tragen.
Sie sind der Auffassung, dass sich eine solche Entwicklung sowohl aus dem eine Abstimmung der Sozialordnungen begünstigenden Wirken des Gemeinsamen
Marktes als auch aus den in diesem Vertrag vorgesehenen Verfahren sowie aus der Angleichung ihrer Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben wird.
Soziale Sicherheit
Siehe unter „Arbeitnehmerfreizügigkeit - Soziale Sicherheit" und „Familienleistungen".
Sozialversicherung - Kostenerstattung
Siehe unter „Freizügigkeit".
Spiele - Spielhallen
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit"
Staatliche Mittel als Beihilfen
Siehe unter „Beihilfen - Unzulässigkeit von Beihilfen aus staatlichen Mitteln".
Staatshaftung
Siehe unter „Richtlinie".
Staatsziel
Die Entwicklung der EU ist als konkretes Staatsziel in das Grundgesetz aufgenommen worden (Art. 23 I 1 GG).
Siehe auch unter „Ziele der EG".
Stabilitätspakt
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Stabilitäts-_und_Wachstumspakt" sowie „http://europa.eu/scadplus/leg/de/s01040.htm" (zur Haushaltsdisziplin der Mitgliedstaaten).
Stellungnahmen
Siehe unter "Empfehlungen" und „Rechtsetzungsakte".
Steuerkarussell
Siehe unter „Mehrwertsteuererstattung bei Karussellbetrug".
Steuern
Die direkten Steuern fallen nach ständiger Rechtsprechung des EuGH in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Besteuerungsbefugnisse müssen aber unter
Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausgeübt werden. Jede Diskriminierung auf Grund der Staatsangehörigkeit ist zu unterlassen (EuGH NJW 2003, 573).
Steuermindereinnahmen sind nicht als zwingender Grund des Allgemeininteresses anzusehen, mit dem eine Maßnahme gerechtfertigt werden kann, die
grundsätzlich einer Grundfreiheit zuwiderläuft. Das Erfordernis, die Kohärenz eines Steuersystems zu gewährleisten, kann eine Regelung rechtfertigen, die die
Freizügigkeit beschränkt (EuGH a.a.O.).
Siehe auch unter „Indirekte Steuern - Notargebühren" und „Steuern und Zollunion (größere Auswahl aktueller Informationen für Verbraucher und
Unternehmen)" sowie „Unterhaltsleistungen".
Steuerrecht - Niederlassungsfreiheit
Nach Ansicht von Herrn Generalanwalt Poiares Maduro nach ist eine Steuerregelung, die einer Muttergesellschaft mit Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf
grenzüberschreitende Verlustverrechnung versagt, nicht gemeinschaftsrechtskonform. Der Gesellschaft eines Konzerns müsse es erlaubt sein, ihre Verluste auf
eine andere Gesellschaft desselben Konzerns, die sich in einem anderen Mitgliedstaat befindet, zu übertragen, so dass Letztere diese Verluste von ihren zu
besteuernden Gewinnen abziehen darf. Andernfalls liegt ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 43, 48 EG-Vertrag vor, weil Gesellschaften
daran gehindert würden, Tochtergesellschaften in anderen Mitgliedstaaten zu gründen (Schlussanträge vom 07.04.2005 in Sachen plc./. David Halsey - HM
Inspector of Taxes - C-446/03).
Das bestätigte der EuGH nun. Eine Steuerregelung, die einer Muttergesellschaft das Recht auf grenzüberschreitende Verrechnung der Verluste ihrer
Tochtergesellschaften versagt, steht zwar grundsätzlich mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang. Ein Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit liegt jedoch
vor, wenn einer Muttergesellschaft die Möglichkeit verwehrt wird, von ihrem steuerpflichtigen Gewinn Verluste von Tochtergesellschaften aus anderen
Mitgliedstaaten abzuziehen, sofern sie nachweisen kann, dass diese Verluste im Sitzstaat der Tochtergesellschaften nicht berücksichtigt worden sind bzw.
berücksichtigt werden können. Würde der Muttergesellschaft nämlich diese Möglichkeit verwehrt, könnte sie davon abgehalten werden, Tochtergesellschaften
in anderen Mitgliedstaaten zu gründen, was mit der Niederlassungsfreiheit nicht vereinbar ist (EuGH vom 13.12.2005 - C-446/03).
Strafklageverbrauch
Art. 54 des Durchführungsübereinkommens zum Schengen-Übereinkommen (SDÜ) lautet: „Wer durch eine Vertragspartei rechtskräftig abgeurteilt worden ist,
darf durch eine andere Vertragspartei wegen derselben Tat nicht verfolgt werden, vorausgesetzt, dass im Fall einer Verurteilung die Sanktion bereits vollstreckt
worden ist, gerade vollstreckt wird oder nach dem Recht des Urteilsstaats nicht mehr vollstreckt werden kann."
Die Bestimmung des Abkommens gilt auch für zum Strafklageverbrauch führende Verfahren, in denen die Staatsanwaltschaft eines Mitgliedstaats ohne
Mitwirkung eines Gerichts ein in diesem Mitgliedstaat eingeleitetes Strafverfahren einstellt, nachdem der Beschuldigte bestimmte Auflagen erfüllt und
insbesondere einen bestimmten, von der Staatsanwaltschaft festgesetzten Geldbetrag entrichtet hat (EuGH NJW 2003, 1173).
Strafprozessrecht
Die Generaldirektion der Kommission für Justiz und Inneres will noch in diesem Jahr einen Vorschlag für eine Rahmenentscheidung für Verfahrensgarantien
im Strafrecht vorstellen. Der Gesetzesvorschlag soll gemeinsame Mindestgarantien für Beschuldigte und Angeklagte im Strafverfahren festlegen. Darüber
hinaus stellte Faull ein weiteres Grünbuch zur Untersuchungshaft in Aussicht (siehe Grünbuch zu den Verfahrensgarantien).
Am 28.04.2004 unterbreitete die Kommission einen ersten Vorschlag zu einem Rahmenbeschluss zu Verfahrensgarantien im Strafprozess. Es handelt es sich
um gemeinsame Mindeststandards, die von allen Mitgliedstaaten garantiert werden müssen. Der Rahmenbeschluss beinhaltet Garantien zum Recht auf einen
Anwalt, einen Übersetzer und Dolmetscher, eine Rechtshilfe, konsularischen Beistand bei ausländischen Inhaftierten sowie zur Aufklärung über die Rechte als
Gefangener. Der Vorschlag wird nun an das Parlament und den Rat weitergeleitet.
Siehe auch unter „Haftbefehl".
Strafrecht
Das Strafrecht fällt zwar grundsätzlich ebenso wie das Strafprozessrecht nicht in die Zuständigkeit der Gemeinschaft, dies hindert den
Gemeinschaftsgesetzgeber aber nicht daran, Maßnahmen in Bezug auf das Strafrecht der Mitgliedstaaten zu ergreifen, die seiner Meinung nach erforderlich
sind, um die volle Wirksamkeit der von ihm zum Schutz der Umwelt erlassenen Rechtsnormen zu gewährleisten, wenn die Anwendung wirksamer,
verhältnismäßiger und abschreckender Sanktionen durch die zuständigen nationalen Behörden eine zur Bekämpfung schwerer Beeinträchtigungen der Umwelt
unerlässliche Maßnahme darstellt. Der EuGH hob demzufolge den Rahmenbeschlusses 2003/80/JI des Rates vom 27.01.2003 über den Schutz der Umwelt
durch das Strafrecht auf, da nach seiner Auffassung offenbar eine weitergehende und vorrangige Harmonisierung im Rahmen des supranationalen
Gemeinschaftsrecht möglich war (EuGH, Urteil HRRS 2005 Nr. 712).
Die Kommission veröffentlichte dazu am 23.11.2005 eine Mitteilung zu den Auswirkungen dieses Urteils (Rechtssache C-176/03). Die Kommission kündigt
als Konsequenz daraus eine Abkehr von der bisherigen Praxis der doppelten Gesetzgebung an (d.h. dass eine Richtlinie oder Verordnung zu einer
Gemeinschaftspolitik erlassen wird und zusätzlich ein Rahmenbeschluss mit strafrechtlichen Bestimmungen). Im Einvernehmen mit Rat und Parlament möchte
die Kommission die fälschlich als Rahmenbeschlüsse erlassenen Rechtsakte in Richtlinien umwandeln, ohne diese inhaltlich abzuändern. Falls kein
Einvernehmen erzielt werden sollte, will sie neue Richtlinienvorschläge mit inhaltlichen Änderungen unterbreiten. Welche Rechtsakte abzuändern sind, ergibt
sich aus einer Liste, die der Mitteilung der Kommission angehängt ist.
Siehe auch unter „Polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen".
Studenten
Studenten fallen nicht unter den Arbeitnehmerbegriff des Art. 39 EG, wenn sie sich ausschließlich zu Ausbildungszwecken in einem anderen Mitgliedsstaat
aufhalten. Ein Aufenthaltsrecht kann entstehen, wenn eine Ausbildung nach einer Beschäftigung in einem anderen Mitgliedsstaat aufgenommen wird und mit
dieser früheren Berufstätigkeit in einem Zusammenhang steht.
Subsidiaritätsprinzip
Das Subsidiaritätsprinzip gilt für den Bereich der konkurierenden Kompetenz und ist in Art. 5 II EG geregelt. Die Gemeinschaft darf im Bereich der
konkurrierenden Kompetenz nur rechtssetzend tätig werden, wenn ein bestimmtes Ziel durch ein Handeln der Mitgliedsstaaten auf nationaler Ebene nicht
ausreichend erreicht werden kann (Prinzip der Erforderlichkeit). Außerdem muss das Besserkriterium erfüllt sein. Eine Rechtssetzungskompetenz hat die
Gemeinschaft nur, wenn das Ziel in Anbetracht des Umfangs und der Wirkungen einer gemeinschaftsrechtlichen Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene
erreicht werden kann.
Im Hinblick auf die Frage, ob die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen, steht den zuständigen Organen der Gemeinschaft ein weiter Ermessens- und
Beurteilungsspielraum zu.
Supranationalität
Eine internationale Organisation hat das Recht, autonom von der Willensbildung in den Mitgliedsstaaten in bestimmten übertragenen Bereichen verbindliche
Rechtsregeln zu erlassen. Man spricht insoweit von der Supranationalität der europäischen Gemeinschaft.
Supranationale Organisationen üben gegenüber den Mitgliedsstaaten selbstständige und unabhängige öffentliche Gewalt aus.
Die Mitgliedsstaaten der EU haben Zuständigkeiten, die ursprünglich in ihre Gehoheitsgewalt fielen, auf die EG zu deren selbstständiger Wahrnehmung
übertragen. Dementsprechend können einzelne Mitgliedsstaaten auch ohne oder gegen ihren Willen durch Mehrheitsbeschlüsse des Rates verpflichtet werden
(vgl. Art. 251, 252 EG).
Die Kommission kann als ein von den Mitgliedsstaaten unabhängiges, rechtsetzungsbefugtes Organ für diese verbindliche Rechtsakte erlassen.
Die besondere Charakteristik der Supranationalität ergibt sich insbesondere daraus, das Verordnungen ohne vorherige Umsetzung durch die Mitgliedsstaaten in
deren Hoheitsbereich verbindlich wirken. Sie müssen von den Gerichten und der Verwaltung als unmittelbares unmittelbar geltendes Recht angewandt werden
(Art. 249 II EG).
T
Taten in EU-Staaten - Vollstreckung von Geldstrafen
Siehe unter „http://www.kanzlei-doehmer.de/webdoc11.htm"
Telekommunikationsdienste
Siehe unter „Zuteilung von Rufnummern".
Tierschutz
Siehe unter „Umweltschutz".
Ü
Überbrückungsgeld
Siehe unter „Freizügigkeit der Arbeitnehmer".
Übertragung von Gütern in andere Mitgliedsstaaten
Siehe unter „Warenverkehrsfreiheit".
Übertragung von Hoheitsrechten
Die Bundesrepublik Deutschland kann Hoheitsrechte auf die EU übertragen. Die Übertragung von Hoheitsrechten auf die EU erfolgt grundsätzlich durch ein
einfaches Bundesgesetz. Dieses bedarf stets der Zustimmung der Bundesrates (Art. 23 I 2 GG).
Von besonderer Bedeutung ist, dass der Bund nach Art. 23 I GG auch berechtigt ist, Hoheitsrechte der Länder auf die EU zu übertragen.
Überweisungsgesetz
Siehe unter „Zahlungsverkehr".
U
Umsetzungspflicht
Richtlinien der Gemeinschaft (Art. 249 III EG) müssen genau und fristgerecht umgesetzt werden (Art. 249 III, 10 EG). Bei der Umsetzung von Richtlinien
müssen die Mitgliedsstaaten diejenigen innerstaatlichen Handlungsformen wählen, die für die Gewährleistung der praktischen Wirksamkeit des
Gemeinschaftsrechts am besten geeignet ist (Art. 10 EG). Richtlinien müssen in verbindliche innerstaatliche Rechtsvorschriften umgesetzt werden. Diese
Vorschriften müssen den Erfordernissen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit genügen. Dies gilt insbesondere für Richtlinien, die eine Regelung zur
Rechtsstellung des Einzelnen vorsehen und zur Einräumung rechtserheblicher Begünstigungen verpflichten. Die Umsetzungsmaßnahmen müssen die Rechte
und Pflichten aus den Vorschriften einer Richtlinie hinreichend klar und bestimmt erkennen lassen, so dass für den Gemeinschaftsbürger die Möglichkeit
gegeben ist, sie vor den nationalen Gerichten geltend zu machen oder sich gegen sie zur Wehr zu setzen. Es müssen einklagbare Rechtspositionen begründet
werden. Da Verwaltungsvorschriften keine Bindungswirkungen haben, wird der Umsetzungspflicht durch solche Verwaltungsvorschriften nicht genüge getan.
Die Sanktionen für Richtlinienverstöße müssen effektiv und abschreckend sein.
Siehe auch unter „effet utile".
Umwandlungsgesetz
Siehe unter „Verschmelzung - grenzüberschreitend".
Umwelt - Informationen
Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2003/ 4/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar
2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/ 313/ EWG des Rates verstoßen, dass sie nicht
fristgerecht alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen hat, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie nachzukommen (EuGH, Urteil vom 05.07.2007 - C-340/06).
Umweltschutz
Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 79/ 409/ EWG des Rates vom 2. April 1979 über die
Erhaltung der wildlebenden Vogelarten in der insbesondere durch die Richtlinie 97/ 49/ EG der Kommission vom 29. Juli 1997 geänderten Fassung verstoßen,
dass es in den Autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen und Kanaren flächenmäßig und in den Autonomen Gemeinschaften Andalusien, Balearen,
Kanaren, Kastilien-La Mancha, Katalonien, Galizien und Valencia zahlenmäßig nicht genügend Gebiete zu Vogelschutzgebieten erklärt hat, um allen in
Anhang I der Richtlinie 79/ 409 in der geänderten Fassung aufgezählten Vogelarten und den nicht in diesem Anhang aufgeführten Zugvogelarten Schutz zu
bieten (EuGH, Urteil vom 28.06.2007 - C-235/04).
Die Republik Finnland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 16 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 92/ 43/ EWG des Rates vom 21.
Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen verstoßen, dass sie die Jagd auf Wölfe aus präventiven
Gründen erlaubt, ohne dass nachgewiesen ist, dass die Jagd zur Verhütung ernster Schäden im Sinne von Art. 16 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie geeignet ist
(EuGH, Urteil vom 14.06.2007 - C-342/05).
Die Republik Österreich hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 1 Buchst. e, g und i, Art. 6 Abs. 1 und 2, Art. 12 und 13 sowie Art. 16 Abs. 1 und Art. 22
Buchst. b der Richtlinie 92/ 43/ EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen
verstoßen (EuGH, Urteil vom 10. 5. 2007 - C-508/04).
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Richtlinie 92/ 43/ EWG des Rates vom 21. Mai
1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Tiere und Pflanzen verstoßen, dass es nicht fristgemäß alle erforderlichen
Maßnahmen erlassen hat, um die sich aus der Richtlinie ergebenden Anforderungen, insbesondere gemäß Artikel 6 Absatz 2 im Fall Gibraltars, Artikel 6
Absätze 3 und 4 hinsichtlich Plänen und Projekten der Wasserentnahme und Landnutzungsplänen, Artikel 11, Artikel 12 Absatz 1 Buchstabe d im Fall
Gibraltars, Artikel 12 Absatz 2, Artikel 12 Absatz 4, Artikel 13 Absatz 1, Artikel 14 Absatz 2, Artikel 15, Artikel 16 und außerhalb seiner Hoheitsgewässer der
Richtlinie insgesamt, vollständig und ordnungsgemäß umzusetzen (EuGH, Urteil vom 20. 10. 2005 - C-6/04).
Umweltverträglichkeitsprüfung
Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 2 Abs. 1 und 4 Abs. 1 der Richtlinie 85/ 337/ EWG des Rates vom 27. Juni 1985
über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/ 11/ EG des Rates vom 3. März 1997
geänderten Fassung verstoßen, dass sie das Projekt der Errichtung der dritten Linie der der Firma ASM Brescia SpA gehörenden Verbrennungsanlage vor der
Erteilung der Baugenehmigung nicht der in den Art. 5 bis 10 dieser Richtlinie vorgesehenen Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen hat. Die Italienische
Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 2000/ 76/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Dezember
2000 über die Verbrennung von Abfällen verstoßen, dass sie die Erklärung über die Aufnahme der Tätigkeit der dritten Linie der Verbrennungsanlage nicht
lange genug vorher an einem oder mehreren der Öffentlichkeit zugänglichen Orten ausgelegt hat, um der Öffentlichkeit vor der Entscheidung der zuständigen
Behörde Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben, und dass sie die diese Erklärung betreffenden Entscheidungen mit einer Abschrift der Genehmigung der
Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht hat (EuGH, Urteil vom 05.07.2007 - C-255/05).
Die Qualifizierung einer Entscheidung als "Genehmigung" im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 85/ 337/ EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die
Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten hat nach dem nationalen Recht im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht
zu erfolgen. Die Artikel 2 Absatz 1 und 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/ 337 sind dahin auszulegen, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden
muss, wenn sich bei einem mehrstufigen Genehmigungsverfahren während der zweiten Stufe herausstellt, dass das Projekt u. a. aufgrund seiner Art, seiner
Größe oder seines Standortes erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben kann (EuGH, Urteil vom 04.05. 2006 - C-290/03).
Das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland hat dadurch gegen seine gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtungen verstoßen, dass es die Artikel 2
Absatz 1 und 4 Absatz 2 der Richtlinie 85/ 337/ EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und
privaten Projekten in der durch die Richtlinie 97/ 11/ EG des Rates vom 3. März 1997 geänderten Fassung durch die nationale Regelung, wonach beim
Bauvorbescheid mit späterer Genehmigung der vorbehaltenen Punkte eine Prüfung nur während der ersten Stufe der Erteilung dieses Bescheids und nicht mehr
während der späteren Stufe der Genehmigung der vorbehaltenen Punkte durchgeführt werden kann, nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat
(EuGH, Urteil vom 04.05.2006 - C-508/03).
Das Königreich Spanien hat dadurch, dass es vor dem Bau oder Umbau der Schweinezuchtbetriebe im Gebiet Baix Ter entgegen den Artikeln 2 und 4 Absatz 2
der Richtlinie 85/ 337/ EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten keine
Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommen und in einigen öffentlichen Wasserverteilungssystemen im Gebiet Baix Ter die zulässige Höchstkonzentration
des Parameters "Nitrate" nach Anhang I Teil C Nummer 20 der Richtlinie 80/ 778/ EWG des Rates vom 15. Juli 1980 über die Qualität von Wasser für den
menschlichen Gebrauch entgegen Artikel 7 Absatz 6 dieser Richtlinie überschritten hat, gegen seine Verpflichtungen aus diesen Richtlinien verstoßen (EuGH,
Urteil vom 08.09.2005 - C-121/03).
Unbestrittene Forderungen
Sie unter „Vollstreckungstitel - europäischer".
Ungeschriebenes Gemeinschaftsrecht
Siehe unter „Gemeinschaftsrecht (ungeschriebenes)".
Union
Siehe unter „Europäische Union".
Unionsbürgerschaft Art. 17 EG
(1) Es wird eine Unionsbürgerschaft eingeführt. Unionsbürger ist, wer die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt. Die Unionsbürgerschaft ergänzt die
nationale Staatsbürgerschaft, ersetzt sie aber nicht.
(2) Die Unionsbürger haben die in diesem Vertrag vorgesehenen Rechte und Pflichten.
Hinweise/Leitsätze/Entscheidungen:
Die Rechte und Pflichten der Bürger und Bürgerinnen der Europäischen Union sind im Vertrag zur Gründung der Europäischen Union festgelegt. Darüber
hinaus hat ein Unionsbürger noch weitere spezifische Rechte:
(1) das Recht, sich im gesamten Gebiet der Union frei zu bewegen und aufzuhalten,
(2) das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen sowie bei den Wahlen zum Europäischen Parlament in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen
Wohnsitz hat,
(3) den diplomatischen und konsularischen Schutz im Hoheitsgebiet eines dritten Landes, in dem der Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nicht
vertreten ist,
(4) das Petitionsrecht und das Recht, sich an den Europäischen Bürgerbeauftragten zu wenden.
***
Unmittelbare Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts
Eine Bestimmung des EG-Vertrages (EG) ist unmittelbar anwendbar, wenn sie rechtlich vollkommen - hinreichend genau formuliert - sind, inhaltlich
unbedingt - ohne Vorbehalt oder zeitlichen Aufschub - sind und den Mitgliedsstaaten Handlungs- und Unterlassungspflichten auferlegt. Unmittelbar anwendbar
sind z.B. Art. 12, 23, 25, 28, 29, 31 I, II, 39, 43, 49 I, 50, 90 I, II, 141 EG.
Untätigkeitsklage Art. 232 EG
Unterlässt es das Europäische Parlament, der Rat oder die Kommission unter Verletzung dieses Vertrags, einen Beschluss zu fassen, so können die
Mitgliedstaaten und die anderen Organe der Gemeinschaft beim Gerichtshof Klage auf Feststellung dieser Vertragsverletzung erheben.
Diese Klage ist nur zulässig, wenn das in Frage stehende Organ zuvor aufgefordert worden ist, tätig zu werden. Hat es binnen zwei Monaten nach dieser
Aufforderung nicht Stellung genommen, so kann die Klage innerhalb einer weiteren Frist von zwei Monaten erhoben werden.
Jede natürliche oder juristische Person kann nach Maßgabe der Absätze 1 und 2 vor dem Gerichtshof Beschwerde darüber führen, dass ein Organ der
Gemeinschaft es unterlassen hat, einen anderen Akt als eine Empfehlung oder eine Stellungnahme an sie zu richten.
Der Gerichtshof ist unter den gleichen Voraussetzungen zuständig für Klagen, die von der EZB in ihrem Zuständigkeitsbereich erhoben oder gegen sie
angestrengt werden.
***
Es kann eine Untätigkeitsklage erhoben werden (Art. 232 EG) In diesem Fall überprüft der Europäische Gerichtshof, ob ein Gemeinschaftsorgan - Parlament,
Kommission, Rat - zurecht die Vornahme eines Rechtsaktes unterlassen hat.
Das Gemeinschaftsrecht enthält keine Verpflichtung eines Mitgliedstaats, eine Nichtigkeitsklage nach Artikel 230 EG oder eine Untätigkeitsklage nach Artikel
232 EG zugunsten eines seiner Bürger zu erheben. Es läuft ihm allerdings grundsätzlich nicht zuwider, wenn nationales Recht eine solche Verpflichtung oder
die Haftung des Mitgliedstaats für den Fall vorsieht, dass er nicht in diesem Sinne tätig geworden ist (EuGH, Urteil vom 20. 10. 2005 - C-511/03).
Unterhaltsleistungen
Der EuGH verneinte am 12.07.2005 im Vorabentscheidungsersuchen (C-403/03) des Bundesfinanzhofs einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot (Art.
12 EG) und die Freizügigkeit (Art. 18 EG) verneint, wenn ein in Deutschland wohnender Steuerpflichtiger nach einer nationalen Regelung (EstG) von seinen
steuerpflichtigen Einkünften in Deutschland Unterhaltsleistungen an seine in Österreich lebende Ex-Frau nicht abziehen kann, obwohl er dazu berechtigt wäre,
wenn sie in Deutschland ansässig wäre. Art. 12 EG schütze nämlich nicht vor Ungleichbehandlungen, die sich aus Abweichungen zwischen den
Rechtsvorschriften der verschiedenen Mitgliedstaaten ergeben, sofern diese für alle Personen, die in ihren Anwendungsbereich fallen, nach objektiven Kriterien
und ungeachtet der Staatsangehörigkeit gelten. Die unterschiedliche Besteuerung ergebe sich hier gerade aufgrund unterschiedlicher Rechtsvorschriften. § 1 a
Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG sieht vor, dass ein in Deutschland lebender Steuerpflichtiger die Unterhaltspflichten, die er an einen in einem anderen Mitgliedstaat
Lebenden zu zahlen hat, nur dann absetzen kann, wenn sie in dem anderen Mitgliedstaat nachweislich besteuert werden. In Österreich ist jedoch eine
Besteuerung von Unterhaltszahlungen gerade nicht vorgesehen. Ein Verstoß gegen das Recht auf Freizügigkeit kann ebenfalls nicht vorliegen, weil der
Steuerpflichtige selbst gar nicht aus Deutschland wegziehen wollte und somit nicht von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch machen wollte.
Unterhaltspflichten
Der am 15.12.2005 veröffentlichten Verordnungsvorschlag über die Zuständigkeit und das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung in
Unterhaltssachen enthält zunächst Regelungen zur Zuständigkeit und u. a. zur Aussetzung eines Rechtsstreits bei Anhängigkeit in einem anderen Mitgliedstaat.
Die Beteiligten können den Gerichtsstand grundsätzlich frei wählen mit Ausnahme des Falles von minderjährigen Unterhaltsberechtigten. Zudem soll
grundsätzlich das Unterhaltsrecht desjenigen Staates gelten, in dem der Unterhaltsberechtigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Das Recht des Staates des
angerufenen Gerichts soll hingegen entweder gelten, wenn der Unterhaltsberechtigte in seinem Aufenthaltsland keinen Unterhaltsanspruch geltend machen
kann oder wenn er dies beantragt und der Unterhaltspflichtige gleichzeitig dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Der Unterhaltsberechtigte kann im Rahmen
der Vollstreckung das Konto des Unterhaltsschuldners vorübergehend sperren lassen. Dies kann er mit einem EU-weit einheitlichen Musterformular beantragen.
Unternehmen
Der Begriff des Unternehmens beinhaltet jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer
Finanzierung. Eine wirtschaftliche Tätigkeit ist jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten (EuGH
MDR 1998, 1174).
Unternehmensgründungen
Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten haben sich bei ihrem Gipfeltreffen in Brüssel am 23. - 24.03.2006 in den dazu ergangenen
Schlussfolgerungen unter anderem darauf verständigt, dass Unternehmensgründungen (insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen) vereinfacht und
damit auch beschleunigt werden sollen. Bis Ende 2007 soll überall in der EU ein Unternehmen innerhalb von einer Woche gegründet werden können. Um dies
zu ermöglichen, sollen für Unternehmensgründer zur Abwicklung aller Formalitäten zentrale Anlaufstellen ( one-stop-shops") errichtet werden, die
Gründungsgebühren so niedrig wie möglich gehalten und für die Einstellung des ersten Arbeitnehmers nicht mehr als eine öffentliche Verwaltungsstelle
beteiligt werden.
Untersuchungsausschuss
Das Europäische Parlament (EP) kann einen nicht ständigen Untersuchungsausschuss einsetzen, in dem Verletzungen des Gemeinschaftsrechts durch die
Gemeinschaftsorgane oder durch Mitgliedstaaten untersucht werden (Art. 193 EG).
Urheberrechte
Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Artikeln 1 und 5 der Richtlinie 92/ 100/ EWG des Rates vom 19. November 1992
zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums verstoßen, dass es
nahezu alle, wenn nicht alle, Kategorien von Einrichtungen, die urheberrechtlich geschützte Werke öffentlich verleihen, von der Pflicht befreit hat, den
Urhebern für das Verleihen eine Vergütung zu zahlen (EuGH, Urteil vom 26. 10. 2006 - C-36/05).
Urlaubsentgelt
Siehe unter „Arbeitszeitrichtlinie".
V
Verbraucherschutzrecht - EU-Internetportal für Verbraucher
http://www.dolceta.eu/
Veranstaltung von Spielen
Siehe unter „Dienstleistungsfreiheit"
Verbot der Rückwirkung von Gesetzen
Siehe „richtlinienkonforme Auslegung".
Verbraucherkredit
Am 07.10.2005 veröffentlichte die Kommission einen zweiten geänderten Vorschlag für eine Richtlinie über Verbraucherkredite. Zu den wesentlichen
Veränderungen gegenüber dem ersten geänderten Vorschlag vom Oktober 2004 gehört, dass der Kredithöchstbetrag auf 50.000 Euro beschränkt werden soll
und hypothekarisch gesicherte Kreditverträge aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie herausgenommen werden sollen, da hierzu die Kommission einen
gesonderten Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten wird (s. hierzu EiÜ 30/05). Außerdem soll dem Verbraucher europaweit ein Widerrufsrecht von
Kreditverträgen von 14 Tagen eingeräumt werden. Bei einem verbundenen Geschäft soll der Verbraucher immer dann, wenn ihm ein Recht auf Widerruf des
Kaufvertrags zusteht, auch den damit verbundenen Kreditvertrag widerrufen können. Den überarbeiteten Richtlinienvorschlag leitete die Kommission an das
Parlament und den Rat weiter. Mit der Verabschiedung der Richtlinie ist 2006 zu rechnen.
***
Am 04.03.2004 sprach der EuGH in Bezug auf die Richtlinie 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über
den Verbraucherkredit (in ihrer durch die Richtlinie 90/88 EWG geänderten Fassung) ein Urteil. Diese Richtlinie schreibt danach nicht vor, dass der
Kreditgeber vor jeder Verlängerung des Vertrags zu unveränderten Konditionen verpflichtet ist, den Kreditnehmer schriftlich über den geltenden effektiven
Jahreszins und die Änderungsbedingungen zu informieren. Es handelt sich in dem entschiedenen Fall um Kreditverträge mit bestimmter Laufzeit, die in Form
der Eröffnung eines mit Kreditkarte in Teilbeträgen abrufbaren Guthabens gewährt werden, in monatlichen Raten rückzahlbar sind und einem variablen
Zinssatz unterliegen.
Verbraucherschutz Art. 153 EG
(1) Zur Förderung der Interessen der Verbraucher und zur Gewährleistung eines hohen Verbraucherschutzniveaus leistet die Gemeinschaft einen Beitrag zum
Schutz der Gesundheit, der Sicherheit und der wirtschaftlichen Interessen der Verbraucher sowie zur Förderung ihres Rechtes auf Information, Erziehung und
Bildung von Vereinigungen zur Wahrung ihrer Interessen.
(2) Den Erfordernissen des Verbraucherschutzes wird bei der Festlegung und Durchführung der anderen Gemeinschaftspolitiken und -maßnahmen Rechnung getragen.
(3) Die Gemeinschaft leistet einen Beitrag zur Erreichung der in Absatz 1 genannten Ziele durch
a) Maßnahmen, die sie im Rahmen der Verwirklichung des Binnenmarkts nach Artikel 95 erlässt;
b) Maßnahmen zur Unterstützung, Ergänzung und Überwachung der Politik der Mitgliedstaaten.
(4) Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 und nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses die Maßnahmen nach Absatz 3
Buchstabe b).
(5) Die nach Absatz 4 beschlossenen Maßnahmen hindern die einzelnen Mitgliedstaaten nicht daran, strengere Schutzmaßnahmen beizubehalten oder zu
ergreifen. Diese Maßnahmen müssen mit diesem Vertrag vereinbar sein. Sie werden der Kommission mitgeteilt.
Verbrauchssteuern - Alkohol
Art. 27 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 92/ 83/ EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Harmonisierung der Struktur der Verbrauchsteuern auf Alkohol und
alkoholische Getränke ist so auszulegen, dass er die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführten Ethylalkohol, der
in Schokoladeerzeugnissen enthalten ist, die für den unmittelbaren Verbrauch bestimmt sind, von der harmonisierten Verbrauchsteuer zu befreien, sofern der
Alkoholgehalt dieser Erzeugnisse 8, 5 l je 100 kg des Erzeugnisses nicht überschreitet (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 - C-63/06).
Verfassung der EU - Entwurf
Den Entwurf der EU-Verfassung in html-Version finden sie unter EU-Verfassungsentwurf.htm.
Am 01.06.2005 stimmten 63% der Niederländer, wie schon zuvor die Franzosen, in einem Referendum gegen den Europäischen Verfassungsvertrag. Alle
wichtigen Fraktionen des niederländischen Parlaments sagten zu, das rechtlich nicht bindende Referendumsergebnis bei der Abstimmung des Parlaments über
den Verfassungsvertrag im Herbst 2005 zu beachten. Offensichtlich soll der Ratifikationsprozess dennoch gemäß der Erklärung Nr. 30 zum Verfassungsvertrag
weiter durchgeführt werden. Diese Erklärung sieht vor, dass der Europäische Rat zusammentritt, wenn nach Ablauf von zwei Jahren nach der Unterzeichnung
des Verfassungsvertrags nur vier Fünftel der Mitgliedstaaten, d.h. 20 Mitgliedstaaten, die Verfassung ratifiziert haben und in einem oder mehreren
Mitgliedstaaten Schwierigkeiten bei der Ratifikation auftraten. Die betroffenen Mitgliedstaaten können dann versuchen, die Verfassung in einem zweiten
Durchgang zu ratifizieren oder die Vertragsparteien können die Einberufung einer neuen Regierungskonferenz beschließen. Allerdings stellt die Erklärung Nr.
30 nur eine politische Verpflichtung dar. Sie hat keinen rechtlich verbindlichen Charakter. In einer gemeinsamen Erklärung des Parlamentspräsidenten Borell
Fontelles, des Ratspräsidenten Juncker sowie des Kommissionspräsidenten Barroso vom 01.06.2005 kündigten diese an, dass der Rat am 16./17.06.2005 die
Situation analysieren soll, die sich durch das Nein der Franzosen und Niederländer für den Verfassungsvertrag ergibt.
***
Der Europäische Verfassungsvertrag soll nach Auffassung des Europäischen Parlaments im Jahre 2009 in Kraft treten. Dies geht aus einem Bericht zweier
Abgeordneter des Ausschusses für konstitutionelle Fragen vom 19.01.2006 hervor. Darin heißt es, dass der derzeit geltende Vertrag von Nizza keine
zukunftsfähige Grundlage für die Weiterführung des europäischen Integrationsprozesses bildet. Das Parlament schlägt vor, gemeinsam mit nationalen
Parlamenten eine Reihe von Konferenzen als „Parlamentarische Foren" auszurichten, um Debatten darüber anzuregen, in welche politische Richtung die EU
gehen sollte. Ein erstes Forum soll bereits im Frühjahr 2006 einberufen werden. Diese Foren sollen Teil der so genannten Reflexionsphase bilden, die vom Rat
nach dem Scheitern der Verfassungsreferenden in Frankreich und den Niederlanden als notwendig erachtet wurde. Spätestens in der zweiten Jahreshälfte 2007
werden Konsequenzen aus dieser Phase gezogen.
***
Zum Stand des Ratifizierungsverfahrens siehe unter Ratifizierungsstand.
Vergaberecht
Der Grundsatz der Gleichbehandlung und die Pflicht zur Transparenz verwehren es einem öffentlichen Auftraggeber, der ein Vergabeverfahren für die
Lieferung von Medizinprodukten eingeleitet und bestimmt hat, dass diese dem Europäischen Arzneibuch entsprechen und mit der CE-Kennzeichnung versehen
sein müssen, angebotenes Material, das diese technische Voraussetzung erfüllt, direkt und außerhalb des Schutzverfahrens nach den Art. 8 und 18 der
Richtlinie 93/ 42/ EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/ 2003 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 29. September 2003 geänderten Fassung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit abzulehnen. Ist der öffentliche Auftraggeber der Ansicht,
dass das Material die öffentliche Gesundheit gefährden kann, so ist er verpflichtet, zum Zweck der Durchführung des genannten Schutzverfahrens die
zuständige nationale Stelle zu unterrichten. Ein öffentlicher Auftraggeber, der zum Zweck der Durchführung des Schutzverfahrens nach den Art. 8 und 18 der
Richtlinie 93/ 42 in der durch die Verordnung Nr. 1882/ 2003 geänderten Fassung bezüglich von Medizinprodukten mit CE-Kennzeichnung die zuständige
nationale Stelle angerufen hat, ist verpflichtet, das Vergabeverfahren auszusetzen, bis das Schutzverfahren abgeschlossen ist, an dessen Ergebnis er gebunden
ist. Führt die Durchführung eines solchen Schutzverfahrens zu einer Verzögerung, die den Betrieb eines öffentlichen Krankenhauses beeinträchtigen und damit
die öffentliche Gesundheit gefährden kann, ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit alle
vorläufigen Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, damit er das für den reibungslosen Betrieb des Krankenhauses erforderliche Material beschaffen kann
(EuGH, Urteil vom 14.06.2007).
***
Die Richtlinien 92/ 50/ EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge, 93/ 36/
EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge und 93/ 37/ EWG des Rates vom 14. Juni
1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge stehen einer Rechtsstellung wie derjenigen der Transformación Agraria SA, die es
ihr erlaubt, als öffentliches Unternehmen, das als Hilfsmittel und technischer Dienst mehrerer öffentlicher Stellen tätig wird, Arbeiten auszuführen, ohne den
Vorschriften dieser Richtlinien zu unterliegen, nicht entgegen, sofern die betreffenden öffentlichen Stellen über dieses Unternehmen eine Kontrolle wie über
ihre eigenen Dienststellen ausüben und das Unternehmen seine Tätigkeit im Wesentlichen für diese Stellen verrichtet (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 - C-295/05).
***
Bei der Vergabe des Betriebs eines gebührenpflichtigen öffentlichen Parkplatzes durch eine öffentliche Stelle an einen Dienstleistungserbringer, der als Entgelt
für diese Tätigkeit die von Dritten für die Benutzung dieses Parkplatzes entrichteten Beträge erhält, handelt es sich um eine öffentliche
Dienstleistungskonzession, auf die die Richtlinie 92/ 50/ EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher
Dienstleistungsaufträge nicht anwendbar ist. Die Artikel 43 EG und 49 EG sowie die Grundsätze der Gleichbehandlung, der Nichtdiskriminierung und der
Transparenz sind dahin auszulegen, dass sie es einer öffentlichen Stelle verbieten, eine öffentliche Dienstleistungskonzession ohne Ausschreibung an eine
Aktiengesellschaft zu vergeben, die durch Umwandlung eines Sonderbetriebs dieser öffentlichen Stelle entstanden ist, deren Gesellschaftszweck auf
bedeutende neue Bereiche ausgeweitet wurde, deren Kapital bald für Fremdkapital offen stehen muss, deren geografischer Tätigkeitsbereich auf das gesamte
Land und das Ausland ausgedehnt wurde und deren Verwaltungsrat sehr weitgehende Vollmachten der Verwaltung innehat, die er selbständig ausüben kann
(EuGH, Urteil vom 13. 10. 2005 - C-458/03).
***
Artikel 1 der Richtlinie 89/ 665 des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der
Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge in der durch die Richtlinie 92/ 50/ EWG des Rates vom 18. Juni 1992
über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge geänderten Fassung ist dahin gehend auszulegen, dass er einer
nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der nur die Gesamtheit der Mitglieder einer Gelegenheitsgesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, die sich als
solche an einem Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags beteiligt, aber nicht den Zuschlag erhalten hat, die Vergabeentscheidung nachprüfen lassen
kann, nicht aber lediglich eines ihrer Mitglieder als Einzelner. Das Gleiche gilt, wenn alle Mitglieder einer solchen Gesellschaft gemeinsam klagen, aber die
Klage eines ihrer Mitglieder für unzulässig erklärt wird (EuGH, Urteil vom 08.09.2005 - C-129/04).
***
Die Artikel 43 EG und 49 EG stehen unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens der unmittelbaren Vergabe einer Konzession für die Verwaltung der
öffentlichen Dienstleistung der Gasversorgung an eine Gesellschaft mit überwiegend öffentlichem Stammkapital, an dem eine Gemeinde eine Beteiligung von
0, 97 % hält, durch diese Gemeinde entgegen, wenn diese Vergabe nicht Transparenzerfordernissen genügt, die, ohne notwendigerweise eine Verpflichtung zur
Vornahme einer Ausschreibung zu umfassen, insbesondere geeignet sind, einem in einem anderen Mitgliedstaat als dem dieser Gemeinde niedergelassenen
Unternehmen vor der Vergabe Zugang zu angemessenen Informationen über diese Konzession zu ermöglichen, so dass dieses Unternehmen gegebenenfalls
sein Interesse am Erhalt dieser Konzession hätte bekunden können (EuGH, Urteil vom 21.07.2005 - C-231/03).
Vergleichende Werbung
Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/ 450EWG des Rates vom 10. September 1984 über irreführende und vergleichende Werbung in der Fassung der Richtlinie 97/
55/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 ist dahin auszulegen, dass als vergleichende Werbung auch die in einer
Werbeaussage enthaltene Bezugnahme auf eine Warengattung und nicht auf ein bestimmtes Unternehmen oder Produkt angesehen werden kann, wenn es
möglich ist, dieses Unternehmen oder die von ihm angebotenen Waren konkret als diejenigen zu erkennen, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt.
Dabei ist es für die Frage, ob die Werbung als vergleichende Werbung anzusehen ist, ohne Bedeutung, wenn mehrere Mitbewerber des Werbenden oder die von
ihnen angebotenen Waren oder Dienstleistungen als diejenigen erkennbar werden, auf die die Werbeaussage konkret Bezug nimmt. Das Bestehen eines
Wettbewerbsverhältnisses zwischen dem Werbenden und dem in der Werbeaussage erkennbar gemachten Unternehmen kann nicht unabhängig von den Waren
oder Dienstleistungen, die Letzteres anbietet, festgestellt werden. Für die Feststellung, ob ein solches Wettbewerbsverhältnis besteht, ist abzustellen auf
- den augenblicklichen Zustand des Marktes und die Verbrauchsgewohnheiten und ihre Entwicklungsmöglichkeiten,
- den Teil des Gemeinschaftsgebiets, in dem die Werbung verbreitet wird, ohne jedoch gegebenenfalls die Auswirkungen auszuschließen, die die Entwicklung
der in anderen Mitgliedstaaten festgestellten Verbrauchsgewohnheiten auf den in Frage stehenden innerstaatlichen Markt haben kann, und
- die besonderen Merkmale der Ware, für die geworben werden soll, und das Image, das der Werbende ihnen geben will.
Die Kriterien, die für die Beurteilung der Frage maßgebend sind, ob ein Wettbewerbsverhältnis im Sinne von Art. 2 Nr. 2a der Richtlinie 84/ 450 in der
Fassung der Richtlinie 97/ 55 besteht, sind nicht die gleichen wie die Kriterien für die Beurteilung der Frage, ob der Vergleich der in Art. 3a Abs. 1 Buchst. b
der Richtlinie festgelegten Voraussetzung entspricht. 3. Eine Werbung, die auf eine Warengattung Bezug nimmt, ohne jedoch einen Mitbewerber oder die von
ihm angebotenen Waren erkennbar zu machen, ist nicht gemäß Art. 3a Abs. 1 der Richtlinie 84/ 450 in der Fassung der Richtlinie 97/ 55 unzulässig. Die
Zulässigkeitsvoraussetzungen einer solchen Werbung sind im Licht anderer Vorschriften des nationalen Rechts oder gegebenenfalls des Gemeinschaftsrechts
zu prüfen, und zwar unabhängig davon, dass sich daraus ein geringerer Schutz der Verbraucher oder der konkurrierenden Unternehmen ergeben könnte. Art. 3a
Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 84/ 450 in der Fassung der Richtlinie 97/ 55 ist dahin auszulegen, dass nicht jeder Vergleich, der sich für Waren ohne
Ursprungsbezeichnung auf Waren mit Ursprungsbezeichnung bezieht, unzulässig ist (EuGH, Urteil vom 19.04.2007 - C-381/05).
Verhältnismäßigkeit
Die zur Verfolgung des Allgemeininteresses eingesetzten staatlichen Maßnahmen müssen verhältnismäßig sein. Unter mehreren gleich geeigneten Maßnahmen
darf keine andere in Betracht kommen, die die Dienstleistungsfreiheit weniger beeinträchtigt.
Verkehrswesen - Diskriminierung
Siehe unter „Diskriminierung im Verkehrswesen".
Verletzung von Grundrechten
Siehe unter „Grundrechtsverstöße".
Vermittlungsausschuss
Der Vermittlungsausschuss spielt eine Rolle im Verfahren der Mitentscheidung durch das Europäische Parlament (Art. 251 EG). Der Vermittlungsausschuss
wird angerufen, wenn der Rat nicht alle vom Europäischen Parlament vorgeschlagenen Änderungen akzeptiert. Die Einberufung erfolgt in diesem Fall binnen 6
Wochen. Der Vermittlungsausschuss setzt sich aus gleichberechtigten Vertretern des Rates und des Europäischen Parlamentes zusammen. Kommt es im
Vermittlungsausschuss binnen 6 Wochen zu einer Einigung, so kann der Rechtsakt binnen einer Frist von 6 Wochen entsprechend dem Kompromissvorschlag
gleichwertiger Beschlüsse des Europäischen Parlaments mit absoluter Mehrheit und des Rates mit qualifizierter Mehrheit erlassen werden.
Der Rechtsakt ist endgültig gescheitert, wenn es im Vermittlungsausschuss binnen 6 Wochen nicht zu einer Einigung kommt.
Verordnungen
Gemeinschaftsverordnungen sind die Gesetze der Gemeinschaft. Die Verordnung hat allgemeine Geltung (Regelung einer unbestimmten Anzahl von
Sachverhalten generell und abstrakt, die in allen Mitgliedsstaaten gilt. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich (Befolgungspflicht und Berufungsrecht aller
Einzelpersonen, Mitgliedsstaaten und Gemeinschaftsorgane) und gilt unmittelbar (ohne Umsetzungsakt) in jedem Mitgliedstaat (Art. 249 II EG).
Die europäische Verordnung gilt ohne weiteres in den Mitgliedsstaaten der EG. Sie wirkt unmittelbar für und gegen die in ihr Begünstigten und Verpflichteten.
Die Verordnung bewirkt einen direkten Eingriff in die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten. Sie hat unmittelbare Rechtswirkung.
Siehe auch unter „Entscheidung" und „Rechtsetzungsakte".
Verschmelzung - grenzüberschreitend
Generalanwalt Tizzano stellte am 07.07.2005 in der Rechtssache C-411/03 seine Schlussanträge, die sich auf das deutsche Umwandlungsgesetz beziehen.
Konkret geht es um die Frage, ob eine innerstaatliche Regelung (§ 19 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 UmwG), nach der die Verschmelzung einer deutschen
Gesellschaft mit einer Gesellschaft eines anderen EU-Mitgliedstaats nicht in das deutsche Handelsregister eingetragen werden kann, gegen den
Grundsatz der Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG) verstößt. Dies bejaht der Generalanwalt, da die Eintragung Voraussetzung für eine wirksame
Verschmelzung ist. Die Nichteintragung verhindere somit die Verschmelzung von Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten mit einer deutschen Gesellschaft.
Dies stelle gegenüber Gesellschaften aus anderen Mitgliedstaaten eine nicht gerechtfertigte Diskriminierung dar. Wenn der EuGH dem Schlussantrag folgt und
gleichzeitig die Gelegenheit nutzt, eine umfassende Gleichbehandlung von EU-ausländischen mit inländischen Gesellschaften vorzuschreiben, würde er die
vom Rat noch nicht verabschiedete Richtlinie über die grenzüberschreitende Verschmelzung von Kapitalgesellschaften (s. EiÜ 19/05) überholen und sogar weit
über den Inhalt des Richtlinienentwurfs hinausgehen (z.B. im Rahmen des Anwendungsbereichs). Auf die möglichen Auswirkungen des noch ausstehenden
Urteils hat der DAV bereits in seiner Stellungnahme Nr.5/05 zum Richtlinienvorschlag zur Verschmelzung von Kapitalgesellschaften hingewiesen.
***
Die Vorschriften des deutschen Umwandlungsgesetzes (§ 1 i.V.m. § 16 ff. UmwG) verstoßen gegen die Niederlassungsfreiheit (Art. 43und 48 EG) verstoßen.
Es darf nicht sein, dass in Deutschland Verschmelzungen von Gesellschaften generell dann nicht in das Handelsregister eingetragen werden können, wenn eine
der verschmelzenden Gesellschaften ihren Sitz nicht in Deutschland hat, wohingegen Verschmelzungen von Gesellschaften mit Sitz in Deutschland problemlos
eintragungsfähig sind. Das Urteil des EuGH geht nicht so weit, dass bei Verschmelzungen Gesellschaften mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat stets mit
Gesellschaften aus Deutschland gleichzusetzen sind. Vielmehr stellt der EuGH klar, dass unterschiedliche Behandlungen z.B. zum Schutz von
Gläubigerinteressen, Minderheitsgesellschaftern und Arbeitnehmern, zur Lauterkeit des Handelsverkehrs oder um die Wirksamkeit der Steueraufsicht zu
wahren möglich sind (EuGH vom 13.12.2005 - C-411/03).
Vertragliche Grundlagen
Es bedarf eines Gesetzes mit verfassungsändernder 2/3-Mehrheit (Art. 79, 23 I 3 GG), wenn die vertraglichen Grundlagen der EU, durch die das Grundgesetz
seinem Inneren nach geändert oder ergänzt wird oder solche Änderungen oder Ergänzungen ermöglicht werden. Entsprechendes gilt für vergleichbare
Regelungen. Es geht um Änderungen des EG, KS, EA sowie des EU, sofern die diese Änderungen zu einer Grundgesetzänderung führen oder eine solche ermöglichen.
Vertragslückenschließungsverfahren
Der Rat ist zum Erlass von Rechtsakten auch dann ermächtigt, wenn die Verträge zwar keine ausdrückliche Einzelermächtigung enthalten, ein Tätigwerden der
Gemeinschaft aber erforderlich erscheint, um im Rahmen des Gemeinsamen Marktes eines ihrer Ziele zu verwirklichen (Art. 308 EG).
Das Vertragslückenschließungsverfahren nimmt allgemeine Zielbestimmungen der Gemeinschaft zum Ausgangspunkt, um in nicht ausdrücklich zugewiesenen
Bereichen eine Rechtssetzung zu ermöglichen.
Eine Kompetenz kann aus Art. 308 EG nur hergeleitet werden, wenn im Vertrag eine ausdrückliche Ermächtigungsnorm unter Berücksichtigung der
"implied-powers"-Lehre fehlt (Grundsatz der Subsidiarität).
Es muss um die Verwirklichung der Ziele der Gemeinschaft gehen. Ausreichend ist bereits, dass die zu regelnde Materie zumindest im Vertrag angelegt ist,
auch wenn sie nur unzureichend und ganz punktuell geregelt ist.
Das Tätigwerden der Gemeinschaft muss im Rahmen des gemeinsamen Marktes liegen. Das ist der Fall, wenn es diesen fördert oder zumindest nicht beeinträchtigt.
Das Tätigwerden der Gemeinschaft muss erforderlich sein.
Ist das Vertragslückenschließungsverfahren zulässig, erlässt der Rat nach Vorschlag der Kommission durch einen einstimmigen Beschluss nach obligatorischer
Anhörung des Europäischen Parlaments die geeigneten Vorschriften.
Vertragskontinuität
"Die Einführung des Euro bewirkt weder eine Veränderung von Bestimmungen in Rechtsinstrumenten oder eine Schuldbefreiung, noch rechtfertigt sie die
Nichterfüllung rechtlicher Verpflichtungen, noch gibt sie einer Partei das Recht, ein Rechtsinstrument einseitig zu ändern oder zu beenden. Diese Bestimmung
gilt vorbehaltlich etwaiger Vereinbarungen der Parteien" (Art. 3 VO 1103/97 EG). Die Einführung des Euro gibt kein Recht zur Vertragskündigung oder
einseitigen Vertragsanpassungen. Dies gilt sowohl für in Verträgen enthaltene Nominalbeträge, als auch für Zinsvereinbarungen, Vertragslaufzeiten und andere
Vertragsbestandteile. Die Parteien können bestehende Verträge nur in beiderseitigem Einvernehmen ändern.
Die Vertragskontinuität ist für alle Verträge gewährleistet, die dem Zivilrecht eines EU-Landes unterstellt sind und mit einem Geschäftspartner aus einem
EU-Land geschlossen wurden.
Vertragsverletzung - Zwangsgeld - Pauschalbetrag
In einem Verfahren wegen einer fortdauernden Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats kann nicht nur ein Zwangsgeld sondern auch einen Pauschalbetrag als
zusätzliche Sanktion verhängt werden. Obwohl der Wortlaut des Art. 228 Abs. 2 EG-Vertrag eine alternative Verhängung nahe legt, ist nach eine kumulative
Verhängung von Zwangsgeld und Pauschalbetrag möglich, wenn nach einem Urteil in einem Vertragsverletzungsverfahren die Vertragsverletzung durch
Nichtbeachtung des Urteils fortdauert. Der EuGH begründet dies wie auch Generalanwalt Geelhoed in seinen Schlussanträgen u.a. mit der unterschiedlichen
Zielrichtung von Pauschalbetrag (abschreckende Wirkung) und Zwangsgeld (Beugewirkung). Um ein wirkungsvolles Instrument der Durchsetzung von
Gemeinschaftspflichten darzustellen, müssen beide Sanktionen parallel anwendbar sein. Außerdem ist der EuGH in diesem Urteil über die von der Kommission
geforderten Sanktionen hinausgegangen. Er ist der Ansicht, dass hierdurch weder die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Vorhersehbarkeit, der Transparenz
noch die der Gleichbehandlung verletzt werden, da der EuGH die Sanktionen nach den Umständen des Einzelfalls bestimme und Art. 228 Abs. 2 Unterabsatz 2
EG gerade nicht die Beantragung sondern lediglich die Benennung eines Zwangsgeldes oder eines Pauschalbetrages als Voraussetzung einer Sanktion vorsehe
(EuGH, Urteil vom 12.07.2005 - C-304/02 - Kommission / Frankreich).
Siehe auch unter „Nichterfüllung eines Urteils durch einen Mitgliedstaat".
Vertragsverletzungsklage Art. 226 EG
Hat nach Auffassung der Kommission ein Mitgliedstaat gegen eine Verpflichtung aus diesem Vertrag verstoßen, so gibt sie eine mit Gründen versehene
Stellungnahme hierzu ab; sie hat dem Staat zuvor Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
Kommt der Staat dieser Stellungnahme innerhalb der von der Kommission gesetzten Frist nicht nach, so kann die Kommission den Gerichtshof anrufen.
Verwaltungsakt
Siehe unter „Bestandskraft eines nationalen Verwaltungsaktes".
Verwaltungsbehörde - Amtsgericht
Der EuGH lehnte es am 27.04.2006 abgelehnt, in der Rechtssache Standesamt Stadt Niebüll C-96/04 zu entscheiden, ob das deutsche Verbot einen
Doppelnamen, der sich aus den beiden Nachnamen der Eltern zusammensetzt, mit EU-Recht vereinbar ist. Der EuGH begründet dies damit, dass das
vorlegende Amtsgericht Niebüll in dem Ausgangsverfahren nicht als Rechtsprechungsorgan i.S.d. Art. 234 EG handle, sondern als Verwaltungsbehörde.
Damit habe der EuGH keine Kompetenz, über die Vorlagefrage zu entscheiden. Art. 234 EG verlange zum einen, dass die vorlegende Einrichtung den
Charakter eines Gerichts hat, ein Rechtsstreit anhängig ist und die Einrichtung im Rahmen eines Verfahrens zu entscheiden hat, das auf eine Entscheidung mit
Rechtsprechungscharakter abzielt. Vorliegend handele das Amtsgericht als Verwaltungsbehörde, weil es nicht von Parteien im Rahmen eines Rechtsstreits
angerufen wurde, sondern vom Standesamt beauftragt wurde. Das Standesamt forderte eine Entscheidung des Gerichts, welcher Elternteil über die
Namensgebung entscheiden darf, damit ein mit deutschem Recht vereinbarer Namen gegeben wird. Die Eltern hatten zuvor die Herbeiführung einer derartigen
Entscheidung abgelehnt, da sie einen mit dem deutschen Recht unvereinbaren Doppelnamen wünschten.
Verwaltungsverfahren
Derzeit existiert noch kein Europäisches Verwaltungsverfahrensgesetz. Diese Lücke muss durch allgemeine Rechtsgrundsätze des Verwaltungsrechts
geschlossen werden. Zu diesen Grundsätzen gehören die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, des Vertrauensschutzes bei Rücknahme oder Widerruf einer
Entscheidung, der Anspruch auf rechtliches Gehör und das Rechts auf Akteneinsicht etc.
Verwerfungsmonopol
Siehe unter "Auslegungsmonopol".
Vetorecht
Gemeinschaftsakte können nur mit Willen des Europäischen Parlamentes angenommen werden, wenn die Verträge die Zustimmung des Europäischen
Parlamentes ausdrücklich vorsehen. Das Europäische Parlament verfügt damit über ein echtes parlamentarisches Vetorecht (vgl. Art. 251 EG).
Außerhalb des Rechtsetzungsverfahrens gibt es in wenigen Bereichen die Notwendigkeit, dass das Europäische Parlament zustimmen muss (vgl. Art. 214 II UA
1, 3, 300 III UA 2, 310 EG, Art. 49 I EU, 272 VIII EG).
Siehe auch unter „Mitwirkungsrechte des Europäischen Parlaments".
Völkerrecht
Das Völkerrecht (Verträge, Abkommen, Gewohnheitsrecht und Rechtsgrundsätze) geht dem europäischen Recht vor. Zu beachten sind insbesondere die
EMRK, die Europäische Sozialcharta, der Internationale Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, das Europäische Übereinkommen zur
Verhütung der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe, die Allgemeine Erklärung der Menschrechte vom 10.12.1948, das
Europäische Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigen Fahrpersonals und das Übereinkommen zum Schutze der
Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten vom 28.01.1981.
Völkerrechtsfähigkeit
Die Gemeinschaft besitzt durch die Mitgliedsstaaten die Völkerrechtsfähigkeit (Art. 281 EG). Die Gemeinschaft kann deshalb Träger völkerrechtlicher Rechte
und Pflichten sein. Sie kann insbesondere völkerrechtliche Verträge abschließen. Die Völkerrechtsfähigkeit ist nicht vollkommen. Die Gemeinschaft besitzt nur
eine teilweise Völkerrechtsfähigkeit. Sie bezieht sich nur auf die Bereiche, in denen eine Zuständigkeitsübertragung seitens der Mitgliedsstaaten erfolgt ist.
Vollstreckungstitel - europäischer
Am 06.02.2004 hat der Rat der Europäischen Union einen Gemeinsamen Standpunkt zu dem Vorschlag der Kommission für eine Verordnung zur Einführung
eines Europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen angenommen. Ziel des Vorschlags ist die Beseitigung des so genannten
„Exequaturverfahrens" und somit die unmittelbare Vollstreckung von Entscheidungen über nachweislich unbestrittene Forderungen in einem anderen
Mitgliedstaat. Der Vorschlag der Kommission stammt bereits aus dem Jahr 2002. Das Parlament hatte jedoch in erster Lesung im April 2003 eine umfassende
Präzisierung des Texts beantragt, so dass die Kommission im Juni 2003 eine entsprechend abgeänderte Fassung vorlegte. Keine Berücksichtigung fand darin
jedoch die weitere Forderung des Parlaments, Rechtsmittel gegen die Erteilung des Europäischen Vollstreckungstitels zuzulassen. Die Kommission hat am 9.
Februar 2004 mitgeteilt, dass sie den Gemeinsamen Standpunkt des Rates, der den geänderten Vorschlag der Kommission im Wesentlichen unberührt lässt, akzeptiert:
- Verordnungsvorschlag
- Begründung des Gemeinsamen Standpunkts
- Mitteilung der Kommission
Seit dem 21.10.2005 gelten in der EU mit Ausnahme von Dänemark sämtliche Vorschriften der Verordnung Nr. 805/2004 Diese führt einen Europäischen
Vollstreckungstitel für unbestrittene Forderungen im Bereich des Zivil- und Handelsrechts ein und ersetzt damit für diese Forderungen das bisherige so
genannte Exequatur-Verfahren (das Vollstreckbarerklärungs-verfahren). Der Europäische Vollstreckungstitel kann mittels eines einheitlichen Formulars (siehe
Anhang der Verordnung) in dem Ursprungsmitgliedstaat, in dem der nationale Vollstreckungstitel ausgestellt wurde, beantragt werden. Bestätigt der
Ursprungsmitgliedstaat den nationalen Titel als Europäischen Vollstreckungstitel, wird er in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt und vollstreckt, ohne dass
es einer Vollstreckbarerklärung bedarf. Etwaige Fehler im Erkenntnisverfahren können nach der Verordnung im Vollstreckungsstaat nicht mehr geltend
gemacht werden.
Vollstreckung von Geldstrafen
Siehe unter „http://www.kanzlei-doehmer.de/webdoc11.htm"
Vollzugstheroie
Nach der Vollzugstheorie des Bundesverfassungsgerichtes ergibt sich der Geltungsgrund und die unmittelbare Anwendbarkeit des Gemeinschaftsrechts aus
dem innerstaatlichen Rechtsanwendungsbefehl der Zustimmungsgesetze zu den Gemeinschaftsverträgen in Verbindung mit Art. 23 I, 24 I GG. Die Geltung und
die Anwendung von Europarecht in Deutschland hängen von dem Rechtsanwendungsbefehl der Zustimmungsgesetze ab (BVerfG NJW 1993, 3047 ff. - Maastricht-Urteil).
Vorabentscheidung Art. 234 EGV
Der Gerichtshof entscheidet im Wege der Vorabentscheidung
a) über die Auslegung dieses Vertrags,
b) über die Gültigkeit und die Auslegung der Handlungen der Organe der Gemeinschaft und der EZB,
c) über die Auslegung der Satzungen der durch den Rat geschaffenen Einrichtungen, soweit diese Satzungen dies vorsehen.
Wird eine derartige Frage einem Gericht eines Mitgliedstaats gestellt und hält dieses Gericht eine Entscheidung darüber zum Erlass seines Urteils für
erforderlich, so kann es diese Frage dem Gerichtshof zur Entscheidung vorlegen.
Wird eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren bei einem einzelstaatlichen Gericht gestellt, dessen Entscheidungen selbst nicht mehr mit
Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden können, so ist dieses Gericht zur Anrufung des Gerichtshofes verpflichtet.
Siehe auch unter „Verwaltungsbehörde"
Vorabentscheidungsverfahren
Siehe unter „Vorlagepflicht".
Voranmeldepflicht
Das Königreich Schweden hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Artikel 5 der Richtlinie 89/ 662/ EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur
Regelung der veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf den gemeinsamen Binnenmarkt verstoßen, dass es ein
System der Voranmeldungspflicht für Einfuhren bestimmter Nahrungsmittel tierischen Ursprungs aus anderen Mitgliedstaaten beibehalten hat (EuGH, Urteil
vom 20. 10. 2005 - C-111/03
Vorlagepflicht
Alle Gerichte, deren Entscheidungen mit innerstaatlichen Rechtsmitteln nicht mehr angefochten werden können, sind zur Vorlage an den EuGH verpflichtet
(Art. 234 III EG). Es ist allein Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, in dessen Verantwortungsbereich die zu erlassende gerichtliche
Entscheidung fällt, im Hinblick auf die Besonderheiten der Rechtssache sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung für den Erlass seines Urteils als
auch die Erheblichkeit der dem EuGH von ihm vorgelegten Fragen zu beurteilen. Das Ersuchen eines nationalen Gerichts kann nur zurückgewiesen werden,
wenn offensichtlich kein Zusammenhang zwischen der von diesem Gericht erbetenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts oder Prüfung der Gültigkeit einer
Vorschrift des Gemeinschaftsrechts und den Gegebenheiten oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens besteht (EuGH NJW 2003, 275).
Kommt ein Gericht seiner Vorlagepflicht nicht nach, stellt dies einen Gemeinschaftsrechtsverstoß dar. Die Kommission und die anderen Mitgliedsstaaten
können in einem solchen Fall ein Vertragsverletzungsverfahren einleiten (Art. 226, 227 EG).
Die Nichtvorlage an den EuGH ist ein Verfahrensfehler. Diesen Verfahrensfehler kann der Einzelne durch eine Verfassungsbeschwerde gegen das betreffende
Urteil geltend machen (Art. 93 I 4a i.V.m. 101 I 2 GG). In solchen Fällen kann zugleich eine Verletzung des Anspruches auf den gesetzlichen Richter
vorliegen. Die Garantie des gesetzlichen Richters ist bei einem Verstoß gegen Art. 234 III EG verletzt,
- bei einer grundsätzlichen Verkennung der Vorlagepflicht,
- bei einem bewussten Abweichen von der Rechtsprechung des EuGH ohne Vorlagebereitschaft und
- unter Umständen auch bei Unvollständigkeit der Rechtsprechung des EuGH.
Bei Beachtung dieser Voraussetzungen wird im Falle der Verletzung der Vorlagepflichten nur selten eine Verletzung der Garantie des gesetzlichen Richters
nach Art. 101 I 2 GG in Betracht kommen.
***
Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften ist nicht erforderlich, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart
offenkundig ist, dass keinerlei Raum für einen vernünftigen Zweifel an der Entscheidung der gestellten Rechtsfrage bleibt und wenn das nationale Gericht
davon überzeugt ist, dass auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und den Gerichtshof die gleiche Gewissheit bestünde (st. Rspr.: EuGH, Urt. v.
6.10.1982 - Rs. 283/81, Slg. 1982, 3415 = NJW 1983, 1257 Tz. 16 - CILFIT; Urt. v. 15.9.2005 - Rs. C-495/03, HFR 2005, 1236 Tz. 33). Davon ist bei der
Frage auszugehen, ob ein Anspruch aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit.
a UWG deshalb ausgeschlossen ist, weil für das streitgegenständliche Modell auch ein Schutz nach Art. 3 ff. GGVO hätte in Anspruch genommen werden
können. Der Senat hat diese Frage in Übereinstimmung mit den in der Literatur vertretenen Auffassungen verneint (Eichmann in Eichmann/v. Falckenstein,
Geschmacksmustergesetz, 3. Aufl., Allgemeines Rdn. 53; Harte/Henning/ Sambuc, UWG, § 4 Nr. 9 Rdn. 41 f.; Köhler in Hefermehl/Köhler/Bornkamm,
Wettbewerbsrecht, 24. Aufl., § 4 UWG Rdn. 9.8; Keller, FS Erdmann, 2002, 595, 611; Bartenbach/Fock, WRP 2002, 1119, 1123; Osterrieth, FS Tilmann,
2003, 221, 223; Rahlf/Gottschalk, GRUR Int. 2004, 821, 826; Ortner, WRP 2006, 189, 192). Denn die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung lässt
Bestimmungen der Mitgliedstaaten über den unlauteren Wettbewerb unberührt (Art. 96 Abs. 1 GGVO, vgl. auch Erwägungsgrund Nr. 31 der Verordnung).
Dieses Nebeneinander von Geschmacksmusterschutz und ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz ist aufgrund der unterschiedlichen
Schutzvoraussetzungen und Rechtsfolgen gerechtfertigt. Während der Musterschutz an die Neuheit und Eigenart des Gemeinschaftsgeschmacksmusters
anknüpft (Art. 5, 6 GGVO) und einen zeitlich auf drei Jahre befristeten Schutz begründet (Art. 11 GGVO), setzt der ergänzende wettbewerbsrechtliche
Leistungsschutz nach §§ 3, 4 Nr. 9 lit. a UWG mit dem Vorliegen einer vermeidbaren Herkunftstäuschung ein Unlauterkeitsmerkmal voraus und führt zu einem
zeitlich nicht von vornherein befristeten Anspruch. Anders als die Beklagte erstmals mit der Anhörungsrüge geltend macht, bedarf es deshalb auch keiner
Modifikation der Senatsrechtsprechung zum ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz. Dieses Ergebnis ist eindeutig. Ein
Vorabentscheidungsersuchen nach den Maßstäben der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften war nicht geboten. Unberührt davon
ist die im Streitfall nicht entscheidungserhebliche Frage nach dem Verhältnis des Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutzes zum wettbewerbsrechtlichen
Saisonschutz für eine Modeneuheit, der eine vermeidbare Herkunftstäuschung nicht voraussetzt (vgl. zu § 1 UWG a.F.: BGH, Urt. v. 10.11.1983 - I ZR 158/81,
GRUR 1984, 453, 454 = WRP 1984, 259 - Hemdblusenkleid; zum Schutzverhältnis vgl. Gloy/ Loschelder/Eck, Handbuch des Wettbewerbsrechts, 3. Aufl., §
43 Rdn. 143; Gottschalk, Der Schutz des Designs nach deutschem und europäischem Recht, 2005, S. 257 f.). ... (BGH, Beschluss vom 19.01.2006 - I ZR 151/02).
Vorläufer der EU
Als Grundlagen des Europagedankens können der Gedanke der Friedenssicherung, der von Projekten, hinter denen in erster Linie Eigeninteressen standen
(Wiedergewinnung des Heiligen Landes; Abwehr der Türkengefahr, worin allerdings zeitweise ein wenigstens Teile Europas umfassendes Bündnis gesehen
werden kann), bis hin zu Immanuel Kants „ Zum ewigen Frieden (1795) und Victor Hugos Vision von den „Vereinigten Staaten von Europa" (1849) gesehen werden.
Der Europagedanke, wie er vom Mittelalter bis in 19. Jahrhundert in vielen Schattierungen entwickelt wurde, ist im 1. Weltkrieg untergegangen. Danach war
zwar zunächst nicht praktisch , aber ideengeschichtlich am bedeutsamsten der Europaplan des französischen Außenministers Aristide Briand, der zwar auch
von französischem Eigeninteresse getragen wurde, aber darüber sicher hinausging. Von privater Seite erstrebten Graf Richard Coudenhover- Kalergi und die
von ihm gegründete Paneuropäische Bewegung die Schaffung der „Vereinigten Staate von Europa" nach dem Vorbild der Vereinigten Staaten von Amerika
unter Ausschluss Großbritanniens und der Sowjetunion.
Nicht nur Deutschland, ganz Europa war der wirkliche Verlierer des Zweiten Weltkrieges.
Die Sieger waren die USA und die Sowjetunion. Den europäischen Staaten stellten sich folglich zwei Aufgaben: kriegerischen Auseinandersetzungen zu
verhindern und gemeinsam den politischen Einfluss in der Welt wiederzuerlangen.
Auf privater Ebene überdauerte die Paneuropäische Bewegung die durch die Machtergreifung Hitlers und den 2. Weltkrieg entstandene Zäsur und mündete in
die europäischen Einigungsbewegungen der Nachkriegszeit ein (Europa-Union in den einzelnen Staaten, Europäische Union der Föderalisten, Europäische
Parlamentarierunion, Europäische Bewegung - seit 1948 die maßgebliche Dachorganisation für die verschiedenen Europaverbände).
Von den westeuropäischen Zusammenschlüssen sind im allgemeinpolitischen Bereich der Europarat mit dem Rechtsschutzsystem der EMRK, im militärischen
Bereich die Westeuropäischen Union (WEU), der Nordatlantikpakt (NATO) und die gescheiterte Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) sowie im
wirtschaftlichen Bereich die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC), seit 1960 Organisation für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) und schließlich die Europäischen Gemeinschaften zu nennen.
In Osteuropa wurden als Militärbündnis der Warschauer Pakt, als wirtschaftliche Organisation der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RgW, COMECON)
sowie eine Anzahl von speziellen, dem planwirtschaftlichen System entsprechende Organisationen gegründet. Als einzige systemübergreifende Einrichtung
bestand seit 1975 der Mechanismus der Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE), die seit 1.1.1995 in „Organisation
für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) umbenannt ist.
Die Umwälzungen des Jahres 1990 haben zur Auflösung der osteuropäischen Organisationen geführt, während die OSZE vielleicht eine gesamteuropäische
Perspektive eröffnet.
Vorrang des Gemeinschaftsrechts
Nach der Rechtsprechung des EuGH geht das Gemeinschaftsrecht jeder innerstaatlichen Rechtsnorm vor. Das Gemeinschaftsrecht hat absoluten Vorrang. Der
Vorrang des Gemeinschaftsrechts gilt auch gegenüber dem Verfassungsrecht der Mitgliedsstaaten.
Nationale Rechtsvorschriften sind wegen des unbedingten Vorrangs des Gemeinschaftsrechts unanwendbar, wenn und soweit sie im Einzelfall einer
unmittelbar anwendbaren Bestimmung des Gemeinschaftsrechts entgegenstehen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Primärrecht oder
Sekundärrecht handelt.
Die Behörden und Gerichte der Mitgliedsstaaten sind aufgrund des Gemeinschaftsrechts verpflichtet, die entgegenstehende innerstaatliche Vorschrift außer
Anwendung zu lassen und der Gemeinschaftsrechtsnorm den Vorzug zu geben. Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts wird im Sinne eines
Anwendungsvorranges ausgelegt. Dies bedeutet, dass entgegenstehende innerstaatliche Normen im Kollisionsfall lediglich unanwendbar, im Übrigen aber nicht
nichtig sind.
Für die Rechtmäßigkeit sekundären Gemeinschaftsrechts kommt es nicht auf die Vereinbarkeit mit innerstaatlichem Recht an.
Ein Konflikt zwischen europäischem und nationalem Recht besteht nicht, wenn beide Rechtsordnungen zu demselben Ergebnis kommen oder die nationale
Rechtsordnung strengere bzw. rigidere Normen als das Europarecht enthält. Das strengere nationale Recht darf aber seinerseits nicht gegen weitere Ziele oder
Rechtspositionen des europäischen Rechts verstoßen.
Das Bundesverfassungsgericht hat den unbedingten Vorrang des Gemeinschaftsrechts vor einfachen Gesetzen vorbehaltslos anerkannt. Bei der Kollision mit
Verfassungsrecht gibt es eine differenzierte Beurteilung.
W
Wahl der Rechtsgrundlage für Rechtsakte der Gemeinschaft
Nach verfestigter Rechtsprechung muss die Wahl der Rechtsgrundlage für einen Rechtsakt der Gemeinschaft auf objektiven und gerichtlich nachprüfbaren
Umständen beruhen, zu denen insbesondere das Ziel und der Inhalt des Rechtsakts gehören (vgl. u. a. Urteile vom 11. Juni 1991 in der Rechtssache C-300/ 89,
Kommission/ Rat, Titandioxid, Slg. 1991, I-2867, Randnr. 10, vom 4. April 2000 in der Rechtssache C-269/ 97, Kommission/ Rat, Slg. 2000, I-2257, Randnr.
43, vom 11. September 2003 in der Rechtssache C-211/01, Kommission/ Rat, Slg. 2003, I-8913, Randnr. 38, und vom 29. April 2004, Kommission/ Rat,
Randnr. 54).
Wahlen
Siehe unter „Europawahl".
Wahlrecht bei Kommunalwahlen Art. 19 EG
(1) Jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, hat in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz
hat, das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden
Mitgliedstaats. Dieses Recht wird vorbehaltlich der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des
Europäischen Parlaments festgelegt werden; in diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies auf Grund besonderer Probleme eines
Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.
(2) Unbeschadet des Artikels 190 Absatz 4 und der Bestimmungen zu dessen Durchführung besitzt jeder Unionsbürger mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat,
dessen Staatsangehörigkeit er nicht besitzt, in dem Mitgliedstaat, in dem er seinen Wohnsitz hat, das aktive und passive Wahlrecht bei den Wahlen zum
Europäischen Parlament, wobei für ihn dieselben Bedingungen gelten wie für die Angehörigen des betreffenden Mitgliedstaats. Dieses Recht wird vorbehaltlich
der Einzelheiten ausgeübt, die vom Rat einstimmig auf Vorschlag der Kommission und nach Anhörung des Europäischen Parlaments festgelegt werden; in
diesen können Ausnahmeregelungen vorgesehen werden, wenn dies auf Grund besonderer Probleme eines Mitgliedstaats gerechtfertigt ist.
Wanderarbeitnehmer
Siehe unter „Arbeitnehmer".
Ware
Waren sind alle Gegenstände, die einen Geldwert haben und daher Gegenstand von Handelsgeschäften sein können (Art. 23 II EG). Der EuGH ist der
Auffassung, dass auch Abfälle unabhängig von ihrer Wiederverwertbarkeit als Waren im Sinne des Art. 23 II EG anzusehen sind. Abfälle können nämlich
Gegenstand des wirtschaftlichen Verkehrs sein. Sind Abfälle Ware, fällt deren Verbringung in einen anderen Mitgliedsstaat in den Anwendungsbereich der Art.
28 ff. EG.
Siehe auch unter „Gemeinschaftsware".
Warenverkehr
Siehe unter „freier Warenverkehr".
Warenverkehrsfreiheit - Ausschluss von Diskriminierungen Art. 31 EG
(1) Die Mitgliedstaaten formen ihre staatlichen Handelsmonopole derart um, dass jede Diskriminierung in den Versorgungs- und Absatzbedingungen zwischen
den Angehörigen der Mitgliedstaaten ausgeschlossen ist.
Dieser Artikel gilt für alle Einrichtungen, durch die ein Mitgliedstaat unmittelbar oder mittelbar die Einfuhr oder die Ausfuhr zwischen den Mitgliedstaaten
rechtlich oder tatsächlich kontrolliert, lenkt oder merklich beeinflusst. Er gilt auch für die von einem Staat auf andere Rechtsträger übertragenen Monopole.
(2) Die Mitgliedstaaten unterlassen jede neue Maßnahme, die den in Absatz 1 genannten Grundsätzen widerspricht oder die Tragweite der Artikel über das
Verbot von Zöllen und mengenmäßigen Beschränkungen zwischen den Mitgliedstaaten einengt.
(3) Ist mit einem staatlichen Handelsmonopol eine Regelung zur Erleichterung des Absatzes oder der Verwertung landwirtschaftlicher Erzeugnisse verbunden,
so sollen bei der Anwendung dieses Artikels gleichwertige Sicherheiten für die Beschäftigung und Lebenshaltung der betreffenden Erzeuger gewährleistet werden.
Warenverkehrsfreiheit - Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen Art. 29 EG
Mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten.
Warenverkehrsfreiheit - Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen Art. 28 EG
Mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten.
Leitsätze/Entscheidungen:
Der Grundsatz der Gleichbehandlung und die Pflicht zur Transparenz verwehren es einem öffentlichen Auftraggeber, der ein Vergabeverfahren für die
Lieferung von Medizinprodukten eingeleitet und bestimmt hat, dass diese dem Europäischen Arzneibuch entsprechen und mit der CE-Kennzeichnung versehen
sein müssen, angebotenes Material, das diese technische Voraussetzung erfüllt, direkt und außerhalb des Schutzverfahrens nach den Art. 8 und 18 der
Richtlinie 93/ 42/ EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/ 2003 des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 29. September 2003 geänderten Fassung zum Schutz der öffentlichen Gesundheit abzulehnen. Ist der öffentliche Auftraggeber der Ansicht,
dass das Material die öffentliche Gesundheit gefährden kann, so ist er verpflichtet, zum Zweck der Durchführung des genannten Schutzverfahrens die
zuständige nationale Stelle zu unterrichten. Ein öffentlicher Auftraggeber, der zum Zweck der Durchführung des Schutzverfahrens nach den Art. 8 und 18 der
Richtlinie 93/ 42 in der durch die Verordnung Nr. 1882/ 2003 geänderten Fassung bezüglich von Medizinprodukten mit CE-Kennzeichnung die zuständige
nationale Stelle angerufen hat, ist verpflichtet, das Vergabeverfahren auszusetzen, bis das Schutzverfahren abgeschlossen ist, an dessen Ergebnis er gebunden
ist. Führt die Durchführung eines solchen Schutzverfahrens zu einer Verzögerung, die den Betrieb eines öffentlichen Krankenhauses beeinträchtigen und damit
die öffentliche Gesundheit gefährden kann, ist der öffentliche Auftraggeber berechtigt, unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit alle
vorläufigen Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, damit er das für den reibungslosen Betrieb des Krankenhauses erforderliche Material beschaffen kann
(EuGH, Urteil vom 14.06.2007).
***
Das Königreich Belgien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 28 EG verstoßen, dass es verlangt, dass automatische Feuermeldesysteme mit
punktförmigem Melder, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt oder in den Verkehr gebracht worden sind und nicht die Kennzeichnung
"CE" tragen,
- der belgischen Norm NBN S 21-100 für die Gestaltung allgemeiner Einrichtungen zur automatischen Brandmeldung mit punktförmigem Melder aus dem
Monat September 1986 in der durch ihren Zusatz Nr. 2 vom August 1996 geänderten Fassung entsprechen,
- einer Zulassung durch die BOSEC (Belgian Organisation for Security Certification) bedürfen, wobei dieses Hindernis noch durch die unverhältnismäßigen
Kosten vergrößert wird, die diese Zulassung verursacht, und
- im Rahmen dieser Zulassung Tests und Prüfungen unterzogen werden, die im Wesentlichen eine Wiederholung der Kontrollen sind, die in einem anderen
Mitgliedstaat im Rahmen anderer Verfahren bereits durchgeführt worden sind (EuGH, Urteil vom 07.06.2007 - C-254/05).
***
Eine nationale Bestimmung wie § 2 Abs. 1 in Kapitel 4 des Gesetzes über alkoholische Getränke (Alkohollag) vom 16. Dezember 1994, die Privatpersonen die
Einfuhr alkoholischer Getränke verbietet, ist im Licht von Art. 28 EG und nicht im Licht von Art. 31 EG zu beurteilen. Eine Maßnahme wie die in Kapitel 4 §
2 Abs. 1 des Gesetzes über alkoholische Getränke vorgesehene, die Privatpersonen die Einfuhr alkoholischer Getränke verbietet, ist eine mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 28 EG, selbst wenn dieses Gesetz den Inhaber des Einzelhandelsverkaufsmonopols verpflichtet, auf Anfrage die
betreffenden Getränke auf Bestellung zu liefern und damit gegebenenfalls einzuführen. Eine Maßnahme wie die in Kapitel 4 § 2 Abs. 1 des Alkoholgesetzes
vorgesehene, die Privatpersonen die Einfuhr alkoholischer Getränke verbietet, kann nicht aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von
Menschen gemäß Art. 30 EG als gerechtfertigt angesehen werden,
- da sie ungeeignet ist, das Ziel der allgemeinen Beschränkung des Alkoholkonsums zu erreichen, und
- kein verhältnismäßiges Mittel ist, um das Ziel des Schutzes der Jugend gegen die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums zu verwirklichen (EuGH,
Urteil vom 05.06.2007 - C-170/04).
Die Republik Finnland hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 28 EG und 30 EG verstoßen, dass sie für Kraftfahrzeuge, die in einem anderen
Mitgliedstaat rechtmäßig zugelassen und in Betrieb sind, eine Überführungserlaubnis gemäß der Verordnung Nr. 1598/ 1995 vom 18. Dezember 1995 über die
Zulassung von Kraftfahrzeugen (Asetus ajoneuvojen rekisteröinnistä [1598/ 1995]) vorschreibt (EuGH, Urteil vom 15. 3. 2007 - C-54/05).
Eine Akzise wie die in Polen durch das Gesetz vom 23. Januar 2004 über die Akzise vorgesehene, die für Personenkraftwagen nicht wegen des Überschreitens
der Grenze anfällt, stellt keinen Einfuhrzoll und keine Abgabe gleicher Wirkung im Sinne von Art. 25 EG dar. Art. 90 Abs. 1 EG ist dahin auszulegen, dass er
einer Akzise entgegensteht, wenn ihr Betrag für Gebrauchtfahrzeuge, die älter als zwei Jahre sind und in einem anderen Mitgliedstaat als dem die Akzise
erhebenden Mitgliedstaat erworben wurden, höher ist als der restliche Betrag der Akzise, der zu einem Teil des Verkaufswerts von gleichartigen Fahrzeugen
geworden ist, die vorher in dem die Akzise erhebenden Mitgliedstaat zugelassen waren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die im
Ausgangsverfahren fragliche Regelung, insbesondere die Anwendung von Art. 7 der Verordnung des Finanzministers vom 22. April 2004 über die Senkung der
Akzisesätze, eine solche Folge hat. Art. 28 EG ist auf eine vereinfachte Anmeldung, wie sie Art. 81 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes vom 23. Januar 2004 über die
Akzise vorsieht, nicht anwendbar und Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 92/ 12/ EWG des Rates vom 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die
Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren steht einer solchen Anmeldung nicht entgegen, wenn die in Frage stehende Regelung dahin
ausgelegt werden kann, dass die Anmeldung ab Erlangung des Rechts, als Eigentümer über einen Personenkraftwagen zu verfügen, und spätestens mit dessen
Zulassung im Inland nach der Straßenverkehrsordnung vorgenommen werden muss (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-313/05).
Warenverkehrsfreiheit - Verbote und Beschränkungen - Rechtfertigungsgründe Art. 30 EG
Die Bestimmungen der Artikel 28 und 29 stehen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die aus Gründen der
öffentlichen Sittlichkeit, Ordnung und Sicherheit, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren oder Pflanzen, des nationalen Kulturguts
von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert oder des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder
Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den
Mitgliedstaaten darstellen.
***
Rechtfertigungsgründe sind,
- Gründe der öffentlichen Sicherheit und Ordnung,
- Maßnahmen zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen,
- Maßnahmen zum Schutz des nationalen Kulturgutes und
- Maßnahmen zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums.
Leitsätze/Entscheidungen:
Eine nationale Bestimmung wie § 2 Abs. 1 in Kapitel 4 des Gesetzes über alkoholische Getränke (Alkohollag) vom 16. Dezember 1994, die Privatpersonen die
Einfuhr alkoholischer Getränke verbietet, ist im Licht von Art. 28 EG und nicht im Licht von Art. 31 EG zu beurteilen. Eine Maßnahme wie die in Kapitel 4 §
2 Abs. 1 des Gesetzes über alkoholische Getränke vorgesehene, die Privatpersonen die Einfuhr alkoholischer Getränke verbietet, ist eine mengenmäßige
Einfuhrbeschränkung im Sinne von Art. 28 EG, selbst wenn dieses Gesetz den Inhaber des Einzelhandelsverkaufsmonopols verpflichtet, auf Anfrage die
betreffenden Getränke auf Bestellung zu liefern und damit gegebenenfalls einzuführen. Eine Maßnahme wie die in Kapitel 4 § 2 Abs. 1 des Alkoholgesetzes
vorgesehene, die Privatpersonen die Einfuhr alkoholischer Getränke verbietet, kann nicht aus Gründen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von
Menschen gemäß Art. 30 EG als gerechtfertigt angesehen werden,
- da sie ungeeignet ist, das Ziel der allgemeinen Beschränkung des Alkoholkonsums zu erreichen, und
- kein verhältnismäßiges Mittel ist, um das Ziel des Schutzes der Jugend gegen die schädlichen Auswirkungen des Alkoholkonsums zu verwirklichen (EuGH,
Urteil vom 05.06.2007 - C-170/04).
Wechselkurse
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Wechselkurs".
Wegzugsrecht
Wanderarbeitnehmer dürfen aus ihrem Heimatstaat zwecks Aufnahme einer Beschäftigung in einen anderen Mitgliedsstaat ausreisen (Art. 39 III EG; s. Einreiserecht).
Weißbuch
Siehe unter „http://de.wikipedia.org/wiki/Weißbuch#Wei.C3.9Fb.C3.Bücher_der_EU" und „http://europa.eu/documents/comm/white_papers/index_de.htm"
(Liste der seit 1985 veröffentlichten Weißbücher).
Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste
Die Portugiesische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen verstoßen, dass sie die Umsetzung von Artikel 4d der Richtlinie 90/ 388/ EWG der
Kommission vom 28. Juni 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste in der durch die Richtlinie 96/ 19/ EG der Kommission
vom 13. März 1996 geänderten Fassung nicht gewährleistet hat (EuGH, Urteil vom 20. 10. 2005 - C-334/03).
Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen Art. 81 EG
(1) Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten sind alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen
und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen, welche den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung,
Einschränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken, insbesondere
a) die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen;
b) die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen;
c) die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen;
d) die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
e) die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach
Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
(2) Die nach diesem Artikel verbotenen Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig.
(3) Die Bestimmungen des Absatzes 1 können für nicht anwendbar erklärt werden auf
* Vereinbarungen oder Gruppen von Vereinbarungen zwischen Unternehmen,
* Beschlüsse oder Gruppen von Beschlüssen von Unternehmensvereinigungen,
* aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen oder Gruppen von solchen,
die unter angemessener Beteiligung der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung
des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen, ohne dass den beteiligten Unternehmen
a) Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung dieser Ziele nicht unerlässlich sind, oder
b) Möglichkeiten eröffnet werden, für einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren den Wettbewerb auszuschalten.
Wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen - Hinweise
Nach Art 81 EG unzulässige Unternehmensabsprachen sind
- die unmittelbare oder mittelbare Festsetzung der An- oder Verkaufspreise oder sonstiger Geschäftsbedingungen,
- die Einschränkung oder Kontrolle der Erzeugung, des Absatzes, der technischen Entwicklung oder der Investitionen,
- die Aufteilung der Märkte oder Versorgungsquellen,
- die Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt
werden und
- die an den Abschluss von Verträgen geknüpfte Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach
Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen (Verbot der Kopplung mit sachfremden Leistungen.
Das Verbot von Kartellabsprachen setzt voraus, dass die Unternehmen, die die Absprache treffen, eigenständig sind und bleiben. Die Unternehmen müssen
rechtlich oder wirtschaftlich selbständig bleiben. Ein Tochterunternehmen ist zwar rechtlich, nicht aber wirtschaftlich selbständig.
Aufgrund dieser Bestimmung ist gegen den Volkswagen-Konzern ein Bußgeld in Höhe von EUR 102 Mio. verhängt worden.
Bestimmte Produkte und Absatzsysteme nimmt die Kommission der EG ausdrücklich aus dem Verbot des Art 81 EG aus. Dies wird in den so genannten
Gruppenfreistellungsverordnungen geregelt.
Nach Art. 82 EG ist mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem
Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen
Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Dieser Missbrauch kann insbesondere in Folgendem bestehen:
a) der unmittelbaren oder mittelbaren Erzwingung von unangemessenen Einkaufs- oder Verkaufspreisen oder sonstigen Geschäftsbedingungen;
b) der Einschränkung der Erzeugung, des Absatzes oder der technischen Entwicklung zum Schaden der Verbraucher;
c) der Anwendung unterschiedlicher Bedingungen bei gleichwertigen Leistungen gegenüber Handelspartnern, wodurch diese im Wettbewerb benachteiligt werden;
d) der an den Abschluss von Verträgen geknüpften Bedingung, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach
Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen.
Leitsätze/Entscheidungen:
Art. 3 Abs. 6 der Verordnung (EG) Nr. 1400/ 2002 der Kommission vom 31. Juli 2002 über die Anwendung von Artikel 81 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen
von vertikalen Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen im Kraftfahrzeugsektor ist dahin auszulegen, dass die in Art. 2 Abs. 1 dieser
Verordnung vorgesehene Gruppenfreistellung nicht allein deshalb nicht für eine in den Anwendungsbereich dieser Verordnung fallende Vereinbarung gilt, weil
diese Vereinbarung eine ausdrückliche Kündigungsklausel wie die im Ausgangsverfahren streitige vorsieht, nach der eine solche Vereinbarung vom Lieferanten
von Rechts wegen und ohne Einhaltung einer Frist gekündigt werden kann, wenn der Händler eine der in dieser Klausel genannten vertraglichen
Verpflichtungen nicht erfüllt (EuGH, Urteil vom 18.01.2007 - C-421/05).
Die italienischen Regelungen über die Zusammensetzung eines Prüfungsausschusses für das Staatsexamen, das zur Ausübung des Rechtsanwaltsberufs
berechtigt, verstoßen nicht gegen europäische Wettbewerbsregeln (Art. 81 und 82 EG). In Italien setzt sich der Prüfungsausschuss aus zwei Richtern, einem
Professor der Rechtswissenschaften und zwei von den Rechtsanwaltskammern vorgeschlagenen Anwälten zusammen. Die Anwälte, die stets als Vorsitzender
und stellvertretender Vorsitzender des Prüfungsgremiums ernannt werden, müssen Mitglieder einer Kammer sein, die sich in dem Gerichtsbezirk befindet, wo
die Prüfung abgelegt wird. Häufig trifft diese Voraussetzung auch auf den Professor zu. Diese Konstellation kann zwar dazu führen, dass die
Rechtsanwaltskammer den Zugang zum Beruf beliebig zahlenmäßig begrenzt, anstatt nur auf die Qualität des Prüflings abzustellen, um so die Interessen der
bereits den Anwaltsberuf ausübenden Personen zu schützen. Dennoch ist ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht nicht gegeben, da dieser nur vorliegen
würde, wenn der Staat die Verantwortung für Entscheidungen über den Zugang zum Beruf aus der Hand gegeben hätte, ohne selbst darauf weiterhin Einfluss
nehmen zu können. Dies ist jedoch in diesem Fall nicht geschehen, da der Staat durch die beiden Richter als Mitglieder des Prüfungsausschusses und durch
Kontroll- und Weisungsbefugnisse des Justizministeriums stets Einfluss auf das Prüfungsverfahren nehmen kann (EuGH, Beschluss vom 17.02.2005 -
Rechtssache Mauri ./. Ministero della Giustizia C-250/03).
Wetten - Sportwetten
Eine nationale Regelung, die - strafbewehrte - Verbote der Entfaltung der Tätigkeit des Sammelns, der Annahme, der Bestellung und der Übertragung von
Wetten, insbesondere über Sportereignisse, enthält, stellt eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs nach Art. 43 und
49 EG dar, wenn der betreffende Mitgliedsstaat keine Konzession oder Genehmigung erteilt (EuGH NJW 2004, 139 ff.).
Das Bundesverfassungsgericht führte dazu folgendes aus:
„ ... Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen die angegriffenen Entscheidungen nicht. Die Verwaltungsgerichte haben ihre Auffassung von der
gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB in der Art einer Hauptsacheentscheidung begründet, ohne jedoch zu berücksichtigen, dass es - wie
dargelegt - im vorliegenden Eilverfahren bei der Feststellung eines besonderen öffentlichen Vollzugsinteresses darüber hinaus auch darauf ankommt, mit
welcher Gewissheit die Strafbarkeit festgesetellt werden kann. Da die Verwaltungsgerichte diese Anforderung nicht erkannt haben, können ihre Ausführungen
zur summarischen Prüfung der gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB auch nicht in dem Sinn verstanden werden, dass die Vereinbarkeit als
zweifelsfrei angesehen wird. Angesichts der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Sache "Gambelli" (Urteil vom 6. November 2003) und ihrer
Rezeption durch Rechtsprechung und Literatur (vgl. etwa Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch, 52. Aufl., 2004, § 284 Rn. 7 und 11; Kühl, in: Lackner/Kühl,
Strafgesetzbuch, 25. Aufl., 2004, § 284 Rn. 12; Eser/Heine, in: Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, 26. Aufl., 2001, § 284 Anm. IX; Landgericht Hamburg,
Beschluss vom 12. November 2004 - 629 s 56/04 -, NStZ-RR 2005, S. 44; Landgericht München I, Beschluss vom 27. Oktober 2003 - 5 Qs 41/03 -, NJW
2004, S. 171; Landgericht Wuppertal, Beschluss vom 17. August 2004 - 30 Qs 3/04 -; Landgericht Baden-Baden, Beschluss vom 2. Dezember 2004 - 2 Qs
157/04 -; Amtsgericht Heidenheim, Urteil vom 19. August 2004 - 3 Ds 42 Js 5187/03 - AK 424/03 -, JURIS; Schleswig-Holsteinisches
Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 18. Januar 2005 - 3 MB 80/04 -; Sächsisches Oberverwaltungsgericht, Beschluss vom 22. Dezember 2004 - BS 28/04
-; Hessischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 9. Februar 2004 - 11 TG 3060/03 -, GewArch 2004, S. 153) könnten erhebliche Zweifel an der
gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB auch nicht ohne Verstoß gegen das Willkürverbot ausgeschlossen werden.
Die Entscheidung des Europäischen Gerichthofs betrifft nicht nur die europarechtliche Zulässigkeit mitgliedstaatlicher Glücksspielmonopole, sondern stellt
auch die Frage, ob deren Strafbewehrung am Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts scheitert. Die Vorlage zum Europäischen Gerichtshof in der Sache
"Gambelli" erfolgte nämlich in einem Strafverfahren, und die Prüfung der Vereinbarkeit mit gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten bezieht sich
ausdrücklich auf Vorschriften, nach denen in Italien unter anderem die Vermittlung von Wetten ohne die nach anderen Rechtsvorschriften erforderliche
Genehmigung unter Strafe gestellt ist (vgl. Rn. 9 des Urteils vom 6. November 2003). Die Beschränkung der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit sowie
die Anforderungen einer möglichen Rechtfertigung werden gerade mit Blick auf mitgliedstaatliche Strafvorschriften gewürdigt und den nationalen Gerichten
die Prüfung auferlegt, ob eine Bestrafung einer Person, die Wetten an einen in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Buchmacher vermittelt, eine
unverhältnismäßige Sanktion darstellt (vgl. Rn. 44 und 50 sowie Rn. 58 f. und 72 des Urteils vom 6. November 2003). Zudem hält der Europäische Gerichtshof
im Rahmen der gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung die Erforderlichkeit einer Strafsanktion unter anderem auch dann für
überprüfungsbedürftig, wenn der Leistungserbringer, an den vermittelt wird, im Mitgliedstaat der Niederlassung einer Kontroll- und Sanktionsregelung
unterliegt (vgl. Rn. 73 des Urteils vom 6. November 2003).
Angesichts dieser Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs könnte im verwaltungsgerichtlichen Hauptsacheverfahren die Konformität der deutschen
Rechtslage mit Gemeinschaftsrecht kaum ohne eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof festgestellt werden. Sie kann daher auch nicht bei der Bewertung
des besonderen Vollzugsinteresses im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren als ausreichend sicher behandelt werden.
cc) Unter diesen Umständen bedarf die Rechtfertigung der sofortigen Vollziehung der Begründung mit konkreten Gefahren für das Gemeinwohl. Im Rahmen
dieser Prüfung ist für Verwaltung und Verwaltungsgerichte die Kontrolle der Vermittlung von Sportwetten zur Vermeidung von konkreten Gefahren auch unter
Beachtung der gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben möglich (vgl. etwa Verwaltungsgericht Aachen, Beschluss vom 12. November 2004 - 3 L 17/04 -, JURIS).
..." (BVerfG, 1 BvR 223/05 vom 27.04.2005, Absatz-Nr. (1 - 39), http://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20050427_1bvr022305.html)
***
Die Kommission hat gegen Deutschland und weitere sechs Mitgliedsstaaten ein Vertragsverletzungsverfahren (Art. 226 EG) eingeleitet, das die Beschränkung
von Sportwetten betrifft. Die Staaten werden aufgefordert, die Vereinbarkeit der innerstaatlichen Rechtsvorschriften mit der Dienstleistungsfreiheit zu
überprüfen und der Kommission Bericht zu erstatten. Stellt die Kommission eine Vertragsverletzung fest, kann sie Klage vor dem EuGH erheben. In diesem
Zusammenhang ist das EuGH-Urteil in der Rs. C-243/01 zu beachten, wonach Begrenzungen der Dienstleistungsfreiheit in Bezug auf Sportwetten nur
gerechtfertigt sind, wenn zwingende Gründe des Allgemeininteresses (Verbraucherschutz) kohärent und systematisch zur Begrenzung der Wetttätigkeiten
beitragen. Werden die Verbraucher aber von den öffentlichen Wettanbietern mittels Werbeaktivitäten ermuntert, an Wetten teilzunehmen, könnten sich die
Staaten nicht auf die Notwendigkeit berufen, die Gelegenheit zum Spiel zu mindern. Auch nach dem Urteil des BVerfG in dem Verfahren 1 BvR 1054/01 kann
das staatliche Monopol auf Sportwetten nur aufrecht erhalten werden, wenn verstärkt gegen Spielsucht vorgegangen wird.
Siehe auch unter „Niederlassungsfreiheit".
Wirtschaftliche Tätigkeit
Siehe unter „Unternehmen".
Wirtschaftliche Zusammenschlüsse Europas
Von den westeuropäischen Zusammenschlüssen sind im wirtschaftlichen Bereich die Organisation für Europäische Wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC),
seit 1960 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die Europäische Freihandelsassoziation (EFTA) und schließlich die
Europäischen Gemeinschaften zu nennen.
Wirtschafts- und Sozialausschuss
Der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) ist ein ständiger, beratender Ausschuss der Gemeinschaft (Art. 257 EG). Seine Aufgabe ist es, Rat und
Kommission durch Abgabe von Stellungnahmen zu unterstützen (Art. 7 II, 257, 262 EG). In einigen Fällen ist die Anhörung des WSA obligatorisch vorgesehen
(zum Beispiel Art. 95, 137 II, III, 141 III EG). Unterbleibt die Anhörung, ist der entsprechende Rechtsakt nicht rechtmäßig.
Der WSA wird vom Rat auf 4 Jahre ernannt. Er setzt sich aus Vertretern verschiedener Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens zusammen (Art. 257
II, 258 II EG).
Wohnungsname
Arbeitnehmer aus Mitgliedsstaaten müssen hinsichtlich der Wohnungsnamen mit Inländern gleich behandelt werden (s. Gewerkschaftstätigkeit).
X
Y
Z
Zahlungsverkehrsfreiheit
Die Freiheit des Zahlungsverkehrs wird als sogenannte fünfte Freiheit oder Hilfsfreiheit bezeichnet. Der freie Zahlungsverkehr ist eine wichtige Ergänzung der
Warenverkehrs-, Personenverkehrs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 II, 57 ff. EG).
Der freie Zahlungsverkehr gewährleistet die ungehinderte Bezahlung von Waren, Dienstleistungen und die Überweisung der Löhne für Angehörige der Mitgliedsstaaten.
Siehe unter „Kapitalverkehrsfreiheit".
Zahlungsverkehr - grenzüberschreitender
Siehe unter „http://europa.eu/scadplus/leg/de/lvb/l24023.htm" (Rechtsquellen zu grenzüberschreitenden Überweisungen) und
„https://www.sparkasse-koelnbonn.de/firmenkunden/internationales_geschaeft/int_zahlungsverkehr/zahlungen_in_europa".
Zahlungsverkehr im Binnenmarkt
Die Kommission stellte am 01.12.2005 einen Richtlinienvorschlag über Zahlungsdienste im Binnenmarkt vor, mit dem sie grenzüberschreitende Zahlungen
(insbesondere per Kreditkarte, elektronischer Banküberweisung oder Lastschriftverfahren) billiger, einfacher und sicherer gestalten will. Die Kommission
beabsichtigt, einen gemeinsamen Zahlungsverkehrsmarkt zu schaffen. Hierdurch verspricht sie sich, die Kosten für Basisdienstleistungen wie das Abheben von
Geld im Bereich der grenzüberschreitenden Zahlungen erheblich zu senken. Dadurch könnten nach ihrer Einschätzung 5,35 Milliarden Euro an jährlichen
Kosten eingespart werden, die aufgrund der unterschiedlichen Zahlungssysteme in den jeweiligen Mitgliedstaaten entstehen. Zudem würde eine einheitliche
Regelung des Zahlungsverkehrs zu mehr Wettbewerb zwischen den Banken führen.
Zentralbanken
Siehe unter „Europäisches System der Zentralbanken".
Ziele der EG
Die EG ist auf die Schaffung eines einheitlichen Wirtschaftsraumes gerichtet. Die Aufgaben und Ziele der EG ergeben sich aus Art. 2, 3, 4 EG.
Siehe auch unter „Staatsziel".
Zivilprozessrecht
Der parlamentarische Ausschuss für Recht und Binnenmarkt wird dem Europäischen Parlament noch im Februar 2004 einen Entwurf zu einer Entschließung
über die „Angleichung des Zivilprozessrechts" vorlegen, die das Grünbuch der Kommission zur Umwandlung des Rom-Übereinkommens von 1980 über das
auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht und das Grünbuch zum europäischen Mahnverfahren und zum vereinfachten Verfahren zur Beilegung
von Bagatellstreitigkeiten begrüßt. Der Ausschuss schlägt unter anderem vor, die Zusammenlegung der auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbaren
europäischen Rechtsinstrumente zu überprüfen. Hinsichtlich der Bagatellstreitigkeiten spricht sich der Ausschuss für alternative Formen der Streitbeilegung,
eine Vereinfachung der Beweisaufnahme und die Einschränkung von Rechtsmitteln aus (siehe Ausschussbericht).
Zivil- und Handelssachen
Siehe unter „Europäisches Justizielles Netz für Zivil- und Handelssachen".
Zölle
Ein- und Ausfuhrzölle oder Abgaben gleicher Wirkung sind zwischen den Mitgliedstaaten verboten. Dieses Verbot gilt auch für Finanzzölle (Art. 25 EG). Zölle
sind Abgaben, die als Zoll bezeichnet werden und bei der Ausfuhr oder Einfuhr vom Staat erhoben werden.
Zollrecht
Am 1. Januar 1994 wurde für alle Mitgliedsstaaten der EU ein einheitliches Zollrecht geschaffen. Zollrechtliche Regelungen für deutsche Exporteure sind in
den folgenden Werken enthalten:
(1) Zollkodex (VO 2913/92 EWG)
(2) Durchführungsverordnung für den Zollkodex (Zollkodex-DVO, VO 2454/93 EWG): Sie regelt die Verfahrensweise für die Ausfuhr von Gütern aus den
Mitgliedsstaaten der EU einheitlich. Die für den Exporteur wesentlichen Teile des Zollrechts finden sich hauptsächlich im Titel V der Verordnung.
(3) Deutscher Gebrauchszolltarif: Hier finden sich die Zolltarifnummern für Exportwaren, die in nahezu allen Ausfuhrunterlagen angegeben werden müssen.
Zollunion Art. 23 EG
(1) Grundlage der Gemeinschaft ist eine Zollunion, die sich auf den gesamten Warenaustausch erstreckt; sie umfaßt das Verbot, zwischen den Mitgliedstaaten
Ein- und Ausfuhrzölle und Abgaben gleicher Wirkung zu erheben, sowie die Einführung eines Gemeinsamen Zolltarifs gegenüber dritten Ländern.
(2) Artikel 25 und Kapitel 2 dieses Titels gelten für die aus den Mitgliedstaaten stammenden Waren sowie für diejenigen Waren aus dritten Ländern, die sich in
den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.
Leitsätze/Entscheidungen:
Die Italienische Republik hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 23 EG, 25 EG und 133 EG sowie aus Art. 9 des am 26. April 1976
unterzeichneten und durch die Verordnung (EWG) Nr. 2210/ 78 des Rates vom 26. September 1978 genehmigten Kooperationsabkommens zwischen der
Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Demokratischen Volksrepublik Algerien verstoßen, dass sie eine Umweltabgabe auf das aus Algerien
stammende Methangas eingeführt hat (EuGH, Urteil vom 21.06.2007 - C-173/05).
Siehe auch unter „Steuern und Zollunion (größere Auswahl aktueller Informationen für Verbraucher und Unternehmen)".
Zugang zu Dokumenten
Siehe unter „Dokumente - Zugang".
Zugang zum Arbeitsmarkt
In Bezug auf Wanderarbeitnehmer sind einschränkende Maßnahmen unzulässig. Ausnahmen bestehen für Sprachkenntnisse, soweit die Besonderheit der zu
vergebenden Stelle solche erfordern (vgl. Art. 1 - 6 VO Nr. 1612/68).
Zugang zu Märkten anderer Mitgliedsstaaten
Siehe unter „Warenverkehrsfreiheit".
Zuständigkeit der Gemeinschaft
Siehe unter „ausschließliche Kompetenz", „Einzelermächtigung", „Kompetenz-Kompetenz", „Kompetenz kraft Sachzusammenhangs", „konkurrierende
Kompetenz", „parallele Kompetenzen", „Rechtsangleichung", „Subsidiaritätsprinzip", „Vertragslückschließungsverfahren".
Zuständigkeiten des Europäischen Parlaments
Siehe unter „Kompetenzen des Europäischen Parlaments".
Zustellung - grenzüberschreitend
Die Zustellung eines Schriftstücks ist nur schwebend unwirksam, wenn der Zustellungsempfänger die Annahme nach Art. 8 Abs. 1 Verordnung Nr. 1348/2000
rechtmäßig verweigert. Diese Verordnung regelt die grenzüberschreitende Zustellung von Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen. Nach Art. 8 Abs. 1 der
Verordnung besteht ein Annahmeverweigerungsrecht, wenn das Schriftstück in einer anderen Sprache als der Amtssprache des Staats, in dem zugestellt wird,
gefasst ist und der Zustellungsempfänger diese nicht versteht. Entgegen der bislang herrschenden Meinung in Deutschland kann laut EuGH das Übersenden
einer Übersetzung die fehlerhafte Zustellung heilen. Dies hatte auch Generalanwältin Stix-Hackl in ihren Schlussanträgen zu dieser Rechtssache vertreten (s.
hierzu EiÜ 26/2005). Bis der Mangel behoben sei, muss der nationale Richter nach Auffassung des EuGH das Verfahren aussetzen. Sofern der Antragssteller
das übersetzte Schriftstück so schnell wie möglich dem Zustellungsempfänger zuschickt, soll er sich, wenn beispielsweise durch die Zustellung eine Verjährung
unterbrochen werden soll, auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Zustellung berufen können. Für den Zustellungsempfänger hingegen soll stets der Zeitpunkt
entscheidend sein, in dem er die Übersetzung erhält (EuGH vom 08.11.2005 - C-443/03).
Zuteilung von Rufnummern
Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 97/ 13/ EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. April 1997 über einen gemeinsamen Rahmen für
Allgemein- und Einzelgenehmigungen für Telekommunikationsdienste ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren
betroffenen entgegensteht, wonach ein neuer Betreiber auf dem Telekommunikationsmarkt für die Zuteilung von Rufnummern eine den wirtschaftlichen Wert
der zugeteilten Nummern berücksichtigende Gebühr entrichten muss, während ein marktbeherrschendes Telekommunikationsunternehmen von seinem
Rechtsvorgänger, dem ehemaligen Monopolunternehmen, kostenlos Rufnummern in sehr großem Umfang übernommen hat und eine nachträgliche
Heranziehung zu Gebühren für diesen Altbestand aus Gründen des nationalen Rechts ausscheidet (EuGH, Urteil vom 20. 10. 2005 - C-327/03 - Verstoß gegen
das Diskriminierungsverbot).
Zwangsgeld
Siehe unter „Nichterfüllung eines Urteils durch einen Mitgliedstaat" und „Vertragsverletzung".
Zwangsmaßnahmen
Siehe unter „Nichterfüllung eines Urteils durch einen Mitgliedstaat".
Zwangsmitgliedschaft
Es liegt ein Verstoß gegen das Recht auf negative Vereinigungsfreiheit (Art. 11 EMRK) vor, wenn ein Arbeitgeber die Beschäftigung eines Arbeitnehmers
davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer Mitglied in einer bestimmten Organisation ist. Im vorliegenden Fall hatten dänische Arbeitgeber von ihren
Arbeitnehmern verlangt, Mitglied in einer Gewerkschaft zu werden, da sie selbst einen Vertrag mit der Gewerkschaft abgeschlossen hatten, der vorsah, dass
alle Arbeitnehmer Mitglieder sein müssen. Die klagenden Arbeitnehmer hatten sich gegen die von ihnen abverlangte Zwangsmitgliedschaft gewehrt, da sie die
politischen Ziele der Gewerkschaft, bzw. der politischen Parteien, die von der Gewerkschaft mit finanziert werden, nicht vertreten können. Der Gerichtshof
führt aus, dass der Schutz der Meinungsfreiheit, wie durch Art. 9 und 10 der EMRK gewährleistet, das Recht der Vereinigungsfreiheit und zwar das der
positiven wie auch der negativen Vereinigungsfreiheit voraussetzt (EGMR, Urteil vom 11.01.2006 in der Rechtssache Sorensen/ Rasmussen ./. Dänemark).
Zwangsvollstreckung
Art. 5 Nr. 1 Buchst. b erster Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/ 2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die
Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung auch im Fall mehrerer
Lieferorte in einem Mitgliedstaat anwendbar ist. In einem solchen Fall ist für die Entscheidung über sämtliche Klagen aus einem Vertrag über den Verkauf
beweglicher Sachen das Gericht zuständig, in dessen Sprengel sich der Ort der nach wirtschaftlichen Kriterien zu bestimmenden Hauptlieferung befindet. Lässt
sich der Ort der Hauptlieferung nicht feststellen, so kann der Kläger den Beklagten vor dem Gericht des Lieferorts seiner Wahl verklagen (EuGH, Urteil vom
03.05.2007 - C-386/05).
Zweigniederlassungen
Die Art. 43 und 48 EG stehen einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegen, die die Ausübung der Freiheit zur Errichtung einer Zweigniederlassung in diesem
Staat durch eine nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründete Gesellschaft von bestimmten Voraussetzungen abhängig macht, die im
innerstaatlichen Recht für die Gründung von Gesellschaften bezüglich des Mindestkapitals und der Haftung der Geschäftsführer vorgesehen sind. Die Gründe,
aus denen die Gesellschaft in dem anderen Mitgliedstaat errichtet wurde, sowie der Umstand, dass sie ihre Tätigkeit ausschließlich oder nahezu ausschließlich
im Mitgliedstaat der Niederlassung ausübt, nehmen ihr nicht das Recht, sich auf die durch den EG -Vertrag garantierte Niederlassungsfreiheit zu berufen , es sei
denn, im konkreten Fall wird ein Missbrauch nachgewiesen (EuGH NJW 2003, 3331).
Siehe auch unter „Niederlassungsfreiheit".