GmbHG § 6

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OLG Frankfurt am Main, Beschluss 22. Februar 2001 - 20 W 376/2000 - *

In der Handelsregistersache ... hat der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main auf die weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Gießen vom 5. Juli 2000
am 22. Februar 2001 beschlossen: Der angefochtene Beschluss und der Beschluss des Amtsgerichts Gießen vom 1. Februar 2000 werden aufgehoben. Das Amtsgericht wird angewiesen, die begehrte Eintragung nicht aus den bisherigen Gründen abzulehnen. ...

Gründe: Die zulässige weiter Beschwerde hat in der Sache Erfolg.

Die Eintragung des Geschäftsführerwechsels kann nicht von der Vorlage einer Bestätigung der Ausländerbehörde, dass von dort keine Hindernisse gegen eine Einreise der jeweiligen Geschäftsführer bestehen, abhängig gemacht werden.

Gemäß § 6 Abs. 2 GmbHG kann zum Geschäftsführer eine natürliche, unbeschränkt geschäftsfähige Person bestellt werden, wenn in ihrer Person keine Ausschlussgründe gemäß § 6 Abs. 2 Satz 2 bis 4 GmbHG bestehen. Insbesondere können auch Ausländer zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt werden, ohne dass sie einen Wohnsitz im Inland haben müssen (einhellige Auffassung vgl. Baumbach/Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 6 Rn. 9; Scholz GmbHG, 9. Aufl., § 6 Rn. 16; Lutte/Hommelhoff, GmbHG, 14. Aufl., § 6 Rn 14; Roth/Altmeppen, GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn 9; Rowedder/Rittner/Schmidt-Leithoff, GmbHG, 3. Aufl., § 6 Rn. 8; Hachenburg/Ulmer, GmbHG, 8. Aufl., § 6 Rn. 9).



Allerdings ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob im registergerichtlichen Eintragungsverfahren darüber hinaus weitere Anforderungen in ausländerrechtlicher Beziehung zu stellen sind. So wird teilweise die Auffassung vertreten, ein Ausländer könne nur dann zum Geschäftsführer bestellt werden, wenn sichergestellt sei, dass für ihn jederzeit die Möglichkeit der Einreise nach Deutschland bestehe, um hier seine gesetzlichen Aufgaben als Geschäftsführer wahrzunehmen (so OLG Köln, Beschlüsse vom 30. September 1998, DB 1999, 38 und vom 26. Oktober 1998, GmbHR 1999, 182, OLG Hamm, Beschluss vom 9. August 1999, NZG 1999,1004; Scholz a. a. 0., Rn. 18). Zur Begründung wird ausgeführt, ungeachtet der heutigen Möglichkeiten der Kommunikation über Staatengrenzen hinweg erfordere die ordnungsgemäße Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben eines Geschäftsführers dessen zeitweilige Anwesenheit im Inland, da insbesondere sein Erscheinen vor Behörden oder vor Gericht aufgrund gerichtlicher Anordnung oder im Rahmen eines Insblvenzverfahrens sowie zur Wahrnehmung der Überwachungspflicht bei weitgehender Delegation der Geschäftsführeraufgaben auf andere Personen erforderlich sein könne.



Nach anderer Auffassung sind die persönlichen Voraussetzungen, die der Geschäftsführer einer GmbH erfüllen muss, in § 6 Abs. 2 GmbHG abschließend geregelt, so dass die Frage der Staatsangehörigkeit bzw. die ausländerrechtliche Zulässigkeit des Aufenthaltes oder der Einreise keine Rolle spielt. Hierzu wird insbesondere argumentiert, dass der ausländische Geschäftsführer einer GmbH das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nichtzwingend betreten müsse, um sein Amt unter Ausschöpfung der modernen Kommunikationsverbindungen und der Möglichkeit der Aufgabendelegation ordnungsgemäß auszuüben (so OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Juli 1977, Rpfleger 1977, 411 und OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 14. März 1977, Rpfleger 1977, 211; LG Braunschweig, DB 1983, 706; Hachenburg/Ulmer, a. a. 0., § 6 Rn. 9/10; Roth/Altmeppen, a. a. 0., Rn. 10; Melchior DB 1997, 414; Baumbach/Hueck, aa. 0., § 6 Rn. 9; Lutter/Hommelhoff, a. a. 0., Rn. 10; Wachter ZIP 1999, 1577/1882 und MittBayNot 1999,534). Des Weiteren wird darauf hingewesen, dass die Versagung der - außer im Falle der Ersteintragung ohnehin nur deklaratorischen - Handelsregistereintragung eines Geschäftsführers keine geeignete Sanktion für eventuelle Verstöße gegen das Ausländerrecht darstelle.



Diese Streitfrage bedarf im vorliegenden Falle keiner Entscheidung. Die beiden neu angemeldeten Geschäftsführer sind Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika. Die USA gehören zu denjenigen Staaten, deren Staatsangehörige nach deutschem Recht für Aufenthalte bis zu drei Monaten ohne Aufnahme einer Erwerbstätigkeit keiner Aufenthaltsgenehmigung bedürfen. Dies ergibt sich aus § 1 Abs. 1 der Durchführungsverordnung zum Ausländergesetz (DVAusIG) in Verbindung mit dessen Anlage 1, zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Dezember 2000 (BGBI. 1,1682). Dabei ist gemäß § 12 Abs. 5 DVAusIG eine in § 9 Nr.1 der Verordnung über die Arbeitsgenehmigung für ausländische Arbeitnehmer (Arbeitsgenehmigungsverordnung - ArGV vom 17. September 1998 - BGBI. 1 S.2899) bezeichnete Tätigkeit, die ein Ausländer als Arbeitnehmer oder als Selbständiger unter Beibehaltung seines gewöhnlichen Aufenthaltes im Ausland längstens drei Monate innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten im Bundesgebiet ausübt, nicht als Erwerbstätigkeit anzusehen. Nach § 9 Nr.1 der Arbeitsgenehmigungsverordnung bedürfen die in § 5 Abs. 2 des Betriebsverfassungsgesetzes aufgeführten Personen keiner Arbeitsgenehmigung. Zu diesem Personenkreis gehören die Geschäftsführer einer GmbH. Hieraus ergibt sich, dass die Staatsangehörigen der in Anlage 1 der DVAusIG genannten Staaten (sog. Positivliste) für eine Tätigkeit als Geschäftsführer einer deutschen GmbH für eine Einreise nach Deutschland weder ein Visum bei einer deutschen Auslandsvertretung beantragen müssen, noch eine Genehmigung in irgendeiner Form einer deutschen Ausländerbehörde benötigen.



Damit ergibt sich bereits aus den allgemeinen ausländerrechtlichen Vorschriften, dass für die hier zur Eintragung angemeldeten Geschäftsführer die jederzeitige Möglichkeit einer Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zum Zwecke der Ausübung ihrer Aufgaben als Geschäftsführer besteht. Auch nach der erstgenannten Auffassung bedarf es deshalb hier eines besonderen behördlichen Nachweises über die Möglichkeit zur Erlangung einer Aufenthaltserlaubnis nicht. So hat insbesondere das OLG Köln in seinem Beschluss vom 26. Oktober 1998 (NJW-RR 1999,1637,1638) ausgeführt, das Registergericht sei befugt, von dem Geschäftsführer den Nachweis zu verlangen, dass er eine Erlaubnis zum ständigen Aufenthalt im Inland habe oder zumindest jederzeit erhalten könne, wenn Anhaltspunkte für die Annahme bestünden, er könne seine gesetzlichen Aufgaben wegen fehlender Einreisemöglichkeiten nicht erfüllen. Eine derartige Annahme hat es dann für gerechtfertigt gehalten, wenn es sich bei dem einzutragenden Geschäftsführer um einen Nicht-EU-Bürger mit Wohnsitz außerhalb der EU handele, für ihn die Visumspflicht gelte und Aufenthaltsgenehmigungen für Bürger seines Landes nach der Praxis der Ausländerbehörden restriktiv erteilt würden. Dies trifft auf die hier neu angemeldeten Geschäftsführer gerade nicht zu, da sie für Aufenthalte bis zu drei Monaten, die zur Erfüllung eventueller Geschäftsführeraufgaben im Inland jedenfalls ausreichen, einer Visumspflicht nicht unterliegen.



Die Vorinstanzen waren deshalb nicht berechtigt, die Eintragung der neu angemeldeten Geschäftsführer von der Beibringung der Bestätigung der Ausländerbehörde, dass von dort aus keine Hindernisse gegen eine Einreise bestünden, abhängig zu machen. Der Einholung einer solchen Bescheinigung stünden im Übrigen auch praktische Hindernisse entgegen. Aufgrund der Freistellung von der Visumspflicht gibt es keine konkrete Ausländerbehörde, die für die Einreise und den nur vorübergehenden geschäftlichen Aufenthalt in Deutschland zuständig wäre. Darüber hinaus ist dem deutschen Ausländerrecht die Erteilung einer "Aufenthaltsgenehmigung auf Vorrat" fremd, wenn tatsächlich ein längerer Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland nicht angestrebt wird. ...



* Quelle: HessJMBl. 2001, Nr. 8, S. 448ff