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VVG § 5a Abs. 1, Abs.2 S.2; VAG § l0 a; AGBG § 11 Nr.15 (Unwirksamkeit einer Klausel über den Erhalt von
Verbraucherinformation und AVB im Antragsformular; Begriff des Empfangsbekenntnisses)
1. Die von einem VersUnternehmen verwendete Klausel im Antragsformular: ,,Hiermit bestätige ich, dass mir die für die (folgenden)
beantragten Versicherungen maßgebenden Verbraucherinformationen einschl. der VersBedingungen vor Antragstellung
ausgehändigt wurden", ist nach § 11 Nr.15 5. 1 b AGBG unwirksam, weil der Verwender dadurch die Beweislast zum Nachteil des
anderen Vertragsteils verschiebt.
2. Ein ,,gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis" gem. § 11 Nr.15 5.2 AGBG liegt nicht vor, wenn nicht nur Tatsachen,
also der Empfang bestimmter Leistungen bestätigt wird, sondern diese zugleich rechtlichbewertet werden.
Sachverhalt: Der klagende Verbraucherschutzverein verlangt von dem bekl. VersUnternehmen, bestimmte Klauseln aus ihren
Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie dem Abschluss von Versverträgen zugrundegelegt hat bzw. zugrunde legt, nicht mehr
zu verwenden. In den bis Mitte 96 verwendeten Formularen, auf die sich der Unterlassungsantrag zu 1 bezieht, fand sich die - zur
Unterschrift des Verskunden vorgesehene - Bestimmung:
,,Hiermit bestätige ich, dass mir die für die beantragten Versicherungen maßgebenden Verbraucherinformationen einschließlich der VersBedingungen vor Antragstellung ausgehändigt wurden". Seit Mitte 1996 findet sich die Klausel in den Vertragsformularen der Bekl. in folgender Fassung:
Erhalt von Vertragsunterlagen und Informationen: Hiermit bestätige ich, dass mir die für die folgenden beantragten Versicherungen maßgebenden Verbraucherinformationen einschl. VersBedingungen vor Antragstellung ausgehändigt wurden.
Das LG hat die Bekl. antragsgemäß verurteilt, es zu unterlassen, sich bei der Abwicklung bereits geschlossener VersVerträge auf die vorgenannten Klauseln zu berufen, soweit es sich nicht um Verträge mit einer juristischen Person des öffentlichen Rechts, einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen oder einem Kaufmann handelt, wenn dieser Vertrag zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehöre.
Aus den Gründen: Die Berufung der Bekl. ist nicht begründet. Das LG hat die beiden beanstandeten Klauseln jedenfalls im Ergebnis zurecht für unwirksam gehalten.
Nach § 11 Nr. 15 S.1 b AGBG ist eine Bestimmung grundsätzlich unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum
Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere. indem er ihn bestimmte Tatsachen bestätigen läßt. Diese tatbestandlichen
Voraussetzungen sind hier, worüber die Parteien auch nicht streiten, gegeben. Mit den genannten Klauseln bestätigt der Kunde, dass
er bestimmte Verbraucherinformationen und VersBedingungen vor Antragstellung ausgehändigt erhalten hat. Eine derartige
Quittung verändert die Beweislast zum Nachteil des Kunden. Nach § 5 a Abs. 1 VVG hat nämlich ein VersNehmer ein
fristgebundenes Widerrufsrecht, wenn ihm der Versicherer bei Antragstellung die VersBedingungen nicht übergeben oder eine
Verbraucherinformation nach § 10 a VAG unterlassen hat. Macht er von diesem Widerrufsrecht Gebrauch, so hätte nach
allgemeinen Beweislastregeln - vgl. dementsprechend § 5 a Abs. 2 S.2 VVG - der Versicherer die Übergabe der entsprechenden
Unterlagen zu beweisen; durch die in den Bedingungen der Bekl. vorgesehene Erklärung des Kunden kehrt sich diese Beweislast um.
Nach § 11 Nr.15 S.2 AGBG gilt die Bestimmung unter b) nicht ,,für gesondert unterschriebene Empfangsbekenntnisse". Der Senat vermag ebensowenig wie das LG der Auffassung der Bekl. zu folgen, dass sie sich im Streitfall auf diese Ausnahmeregelung berufen kann.
Eine ,,gesonderte" Unterschrift liegt nur vor, wenn mit ihr keine weiteren Erklärungen als der Empfang bestimmter Leistungen
abgegeben werden. Soll ein Vertrag unterschrieben werden, muß sich mithin eine Unterschrift auf ihn und eine andere auf das
Empfangsbekenntnis beziehen (BGH NJW 87, 2014). Dieser Umstand allein genügt indessen nicht, um die Klausel vor
Beanstandungen zu sichern.
Klausel ist nämlich auch dann unwirksam, wenn zwar verschiedene Unterschriften hinsichtlich des Vertragstextes und des
Empfangsbekenntnisses existieren, die Unterschrift unter das Empfangsbekenntnis aber neben der Erklärung, bestimmte Unterlagen
erhalten zu haben, noch weitere Erklärungen enthält (BGH NJW 90, 761, 766 r. Sp.). Zudem fehlt es schon begrifflich an einem
,,Empfangsbekenntnis", wenn nicht nur Tatsachen, also der Empfang bestimmter Leistungen, bestätigt, sondern diese zugleich
rechtlich bewertet werden (BGH NJW 90, 761, 765 r. Sp., dort: die Zumutbarkeit der Kenntnisnahme). Danach halten die beiden im
Streitfall von dem klagenden Verein beanstandeten Klauseln der Inhaltskontrolle nicht stand.
Die Bekl. läßt nämlich die Kunden erklären, die ,,maßgebenden" Verbraucherinformationen einschließlich VersBedingungen
erhalten zu haben. Welche Informationen und Bedingungen ,,maßgebend"sind, ist eine reine Rechtsfrage, die nach § 5 a VVG und §
10 a VAG widerrufsrechtlich von Bedeutung ist. Demgegenüber hat sich ein Empfangsbekenntnis, welches diesen Namen verdient,
auf die Erklärung zu beschränken, bestimmte namentlich bezeichnete Gegenstände - hier: Papiere - erhalten zu haben. Dieser
Einwand gegen die bis 96 verwendete Fassung betrifft im Kern unverändert aber auch den seither verwendeten Wortlaut. In dem
neuen Formular wird nämlich lediglich die beantragte Versicherung konkreter bezeichnet: Was indessen die maßgebenden
Informationen und Bedingungen für die konkrete Versicherung sind, ist unverändert eine rechtliche Wertung, die in eine
,,Empfangsbestätigung" nicht gehört.
Sind demnach die beiden beanstandeten Klauseln in der Tat unwirksam, so kann der Senat offenlassen, ob - die Unwirksamkeit auch
daraus folgt, dass die Unterschrift unter das Empfangsbekenntnis nicht räumlich bzw. drucktechnisch hinreichend deutlich vom
sonstigen Vertragstext abgehoben worden ist. Der Senat neigt freilich mit der herrschenden Kommentarliteratur entgegen den
Argumenten der Berufungsbegründung zu der Auffassung, dass auch im Rahmen des § 11 Nr.15 S.2 AGBG eine drucktechnische
Hervorhebung des Empfangsbekenntnisses zu verlangen ist (so Wolf/Horn/Lindacher, AGBG, 3. Aufl., § 11 Nr.15 Rdnr. 27;
Coester-Waltjen in Staudinger, 13. Aufl., § 11 Nr.15 AGBGRdnr. 13; Ulmer/Brandner/Helsen, AGBG, 8. Aufl., § 11 Nr.25 Rdnr.
22). Der BGH hat denn auch in NJW 87, 2012, 2014 dies als seinerzeit eindeutig herrschende Meinung bezeichnet.
Eine drucktechnisch hinreichend deutliche Abgrenzung der streitbefangenen Klausel von dem übrigen AGB-Text dürfte aus den
vom LG genannten Gründen zu verneinen sein. Der blaue durchgezogene Balken, der den Unterschriftsteil unter das
Empfangsbekenntnis von dem übrigen Text der AGB trennt, hat auch zuvor bereits an verschiedenen Stellen des Formulars
Verwendung gefunden. Ist er aber als Gliederungsmittel für die AGB selbst fortlaufend benutzt, so mindert das seine Warn- und
Hinweisfunktion für den Kunden, dass nunmehr eine ,,gesonderte Erklärung" zu erwarten steht. Die in dem blauen Balken
enthaltene Überschrift ,,Verantwortlichkeit, Schlusserklärungen und Unterschriften" fasst verschiedene Dinge zusammen und
bereitet auf eine gesonderte Bestätigung, bestimmte Unterlagen erhalten zu haben, nicht vor. In Ergänzung der Ausführungen des
LG ist darauf hinzuweisen, dass bei der seit Mitte 96 verwendeten Klausel rechts neben dem Bestätigungstext in dessen Höhe sich
auch bereits die Rubrik für Ort und Datum der Unterschriftsleistung des Antragstellers betreffend den eigentlichen Vertrag befindet,
so daß insgesamt durch die drucktechnische Gestaltung die verschiedenen zu leistenden Unterschriften inhaltlich ineinander
übergehen.
Nach allem dürften die Anforderungen an eine ,,gesondert" zu leistende Erklärung nicht überspannt werden, wenn die im Streitfall
von der Bekl. in ihrem Formular geschaffene drucktechnische und inhaltliche Fassung den Wirksamkeitserfordernissen für
ungenügend erklärt wird. Das kann aus den eingangs der Entscheidungsgründe getroffenen Ausführungen indessen offenbleiben.
Der Senat braucht daher auch nicht darüber zu befinden, ob alleine auf dem Boden der Erwägungen des LG nicht eine Einbeziehung
des Gesamtformulars oder jedenfalls der S. 3 des Formulars der Bekl., welche die streitigen Klauseln enthält, in den
Unterlassungstenor notwendig gewesen wäre.
Der Senat läßt entgegen der Anregung beider Parteien die Revision nicht zu. Es ist höchstrichterlich bereits entschieden, dass die
Unterschrift unter ein Empfangsbekenntnis neben der Erklärung, bestimmte Unterlagen erhalten zuhaben und nicht noch weitere
Erklärungen, vor allen Dingen keine rechtlichen Wertungen enthalten darf. Dass die Frage nach den ,,maßgebenden"
Verbraucherinformationen einschließlich VersBedingungen eine derartige rechtliche Wertung enthält (vgl. § 5 a VVG, § 10 a VAG),
kann nicht ernsthaft zweifelhaft sein und die Revisionszulassung nicht rechtfertigen. Auf die weitere Frage, der möglicherweise
grundsätzliche Bedeutung beizumessen wäre, ob in § 11 Nr.15 S. 2 AGBG eine drucktechnische Hervorhebung des
Empfangsbekenntnistextes zu fordern ist, kam es streitentscheidend nicht an.
Anmerkung
Der Entscheidung ist im Grundsatz zuzustimmen. Problematisch ist, wie Empfangsbekenntnisse der verwendeten Art im Hinblick
auf die einschlägigen Richtlinien und Regelungen des § 5 a VVG zu beurteilen sind, wenn sie unter Wahrung der drucktechnischen
Formalien keine rechtlichen Wertungen enthalten. Das OLG Köln ist wohl der Ansicht, dass solche Klauseln grundsätzlich zulässig
sein können. Dies ist zu bezweifeln, da damit dem richtlinienwidrigen Zustandekommen von VersVerträgen weiterer Vorschub
geleistet würde. VersVerträge, die ohne vorherige Aushändigung der Verbraucherinformationen einschl. der VersBedingungen
zustande kommen sollen, sind pönalisiert.