KostO § 26

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LG Gießen, Beschluss vom 27.11.2001 - 6 T 6/01 *

... Der Beschluss des Amtsgerichts Gießen vom 3.1.2001 und die Kostenrechnung des Amtsgerichts Gießen vom 28.6.2000 bezüglich des Kostenansatzes von 260,- DM werden aufgehoben. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweitigen Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Die weitere Beschwerde wird zugelassen.


Gründe: Mit Ahmeldung vom 9.5.2000 meldete die Geschäftsführerin der Gesellschaft die Abberufung der bisherigen Geschäftsführerin und ihre eigene Bestellung als Geschäftsführerin zur Eintragung in das Handelsregister der Gesellschaft an. Dem Antrag wurde am 11.4.2000 entsprochen.

Mit Kostenrechnung vom 28.6.2000 berechnete das Amtsgericht für die Vornahme der Eintragung gern. §§ 32, 26 Abs. 4 Nr.1, Abs. 8, 79 Absätze 1 und 2 KostO unter Zugrundelegung eines Gegenstandswertes von 100.000,- DM eine Gebühr von 260,- DM. Weiter wurden mit der Kostenrechnung Inseratskosten von 121,22 DM in Rechnung gestellt. Insgesamt wurden damit von der Gesellschaft Kosten von 381,22 DM erhoben.

Für die Berechnung der Gebühr von 260,- DM war die Rechtspflegerin gem. § 26 Abs. 4 Nr.1, Abs. 8 KostO davon ausgegangen, dass jeweils für die Eintragung der Abberufung der bisherigen Geschäftsführerin und für die Eintragung der neuen Geschäftsführerin im Handelsregister ein Geschäftswert von 50.000,- DM zugrunde zu legen und beide Werte zusammenzurechnen seien.

Die Gesellschaft hatte gegen die Kostenrechnung vom 28.6.2000 gem. § 14 Abs. 2 KostO zunächst Erinnerung eingelegt. Das Amtsgericht wies die Erinnerung durch Beschluss vom 3.1.2001 zurück.



Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde. Mit ihr wendet sich die Gesellschaft gegen den Ansatz einer Gebühr von 260,- DM unter Zugrundelegung der zusammengerechneten Geschäftswerte von zweimal 50.000,- (= 100.000,-) DM. Sie ist der Auffassung, die in § 26 Abs. 8 KostO vorgesehene Addition der Geschäftswerte verstoße gegen europäisches Recht. Für die Eintragungen könne danach nur eine Gebühr berechnet werden, die dem tatsächlichen finanziellen Aufwand für die betreffende Dienstleistung entspreche. Hierzu verweist sie auf die Gesellschaftssteuersrichtlinie (Richtlinie 69/335 EWG) und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 29.9.1999 (DNotZ 1999, 937 ff.).

Die Beschwerde ist im Ergebnis noch zulässig. Gegen die Rechtspflegerentscheidung vom 3.1.2001 ist die einfache Beschwerde das statthafte Rechtsmittel (§§ 14 Abs. 3 KostO, 11 Abs. 1 RpflG). Sie ist zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 100,- DM übersteigt (§14 Abs. 3 KostO i. V. m. § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO). Davon ist hier letztlich auszugehen.



Allerdings wendet sich die Gesellschaft gegen die Kostenrechnung des Amtsgerichts vom 28.6.2000 vordergründig mit der Erwägung, das Amtsgericht habe den Gegenstandswert der Eintragung vom 11.4.2000 gesetzeswidrig mit 100.000,- DM in Ansatz gebracht, obwohl es den Gegenstandswert nur mit 50.000,- DM hätte ansetzen dürfen. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass die Gesellschaft gegen den Ansatz eines Gegenstandswertes von 50.000,- DM und eine Berechnung der Kosten für die hier maßgebende Eintragung nach diesem Gegenstandswert nichts einwenden will. Wäre das zu unterstellen, so wäre der Wert des Beschwerdegegenstandes mit dem Betrag zu bemessen, welcher der Differenz zwischen der Berechnung der Gebühr nach einem Gegenstandswert von 50.000,- DM und einem Gegenstandswert von 100.000,- DM entspricht. Bei dieser Berechnung ergäbe sich aber lediglich ein Beschwerdewert von genau 100,- DM. Denn die Gebühr aus einem Streitwert von 50.000,- DM beläuft sich nach der Kostenordnung auf den Betrag von 160,- DM und die aus einem Streitwert von 100.000,- DM auf 260,- DM. Die Differenz würde damit den Beschwerdewert des hier anwendbaren §§ 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht erreichen.

Indes würde die Berechnung des Beschwerdewerts unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen das wirtschaftliche Interesse der Gesellschaft an der Abänderung des beanstandeten Kostenansatzes nicht in vollem Umfang berücksichtigen. Insbesondere aus dem Inhalt des der Beschwerdebegründung beigefügten Schreibens des Verfahrensbevollmächtigten der Gesellschaft vom 4.12.2000 ist zu erkennen, dass die Gesellschaft als Gebühr für die hier maßgebenden Eintragungen nur den Betrag zahlen will, der dem tatsächlichen finanziellen Aufwand für die Vornahme der Eintragung entspricht. Wie hoch dieser Verwaltungsaufwand tatsächlich zu veranschlagen ist, ist bisher von den Justizverwaltungen der Länder ersichtlich noch nicht verlässlich ermittelt (vgl. hierzu Waldner in Rohs/Wedewer, KostO, § 26 Rdnr. 9 b). Nach den von der rheinland-pfälzischen Justizverwaltung vorläufig empfohlenen Höchstbeträgen soll für Eintragungen betreffend die Änderung von Geschäftsführern oder Vorständen von Kapitalgesellschaften ein Verwaltungsaufwand von 150,- DM zugrundegelegt werden. Die Kammer geht unter Berücksichtigung dessen und der hier für die Eintragung des Geschäfisführerwechsels in Ansatz gebrachten Gebühr von 260,- DM davon aus, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes jedenfalls geringfügig über der Beschwerdesumme von 100,- DM liegt.



Die Beschwerde hat in der Sache dahingehend Erfolg, dass der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen ist.

Die Kostenrechnung vom 28.6.2000 kann hinsichtlich des Kostenansatzes für die Eintragung über die Abberufung der bisherigen und die Eintragung der neuen Geschäftsführerin nicht aufrechterhalten werden.

Die vom Amtsgericht angewandten Vorschriften des §§ 26 KostO widersprechen auch in ihrer neuesten Fassung teilweise der Gesellschaftssteuersrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 17.7.1969 (69/335/EWG i. d. F. der Richtlinie vom 10.6.1985, 85/303/EWG). In seinem Urteil vorn 2.12.1997 (ZIP 1998, 206 = WM 1998, 2193) hat sich der EuGH grundlegend mit der Auslegung von Art. 12 Abs. 1 Buchstabe e der Richtlinie befasst. Danach dürfen für Handelsregistereintragungen von Kapitalgesellschaften nur Abgaben mit Gebührencharakter erhoben werden. Das bedeutet, dass nach der Richtlinie in den Mitgliedstaaten für Handelsregistereintragungen höchstens Gebühren in Ansatz gebracht werden dürfen, die dem durchschnittlichen tatsächlichen Sach- und Personalaufwand für solche Eintragungen entsprechen. § 26 KostO verstößt gegen europäisches Gemeinschaftsrecht, soweit sich durch die Anwendung der Vorschrift Gebühren errechnen, die den tatsächlichen Aufwand übersteigen (vgl; hierzu BayObLG NJW 1999, 652 ff). Da die Gerichte der Mitgliedstaaten an die Auslegung der Gesellschaftssteuersrichtlinie durch den EuGH gebunden sind, folgt daraus, dass § 26 KostO nur noch richtlinienkonform angewendet werden darf (vgl. auch hierzu BayObLG a. a. 0.).



Das Amtsgericht hat das bei dem Kostenansatz für die Eintragung vom 11.5.2000 nicht in ausreichendem Maß beachtet. Es hat § 26 KostO bei dem Ansatz der Eintragungsgebühr buchstabengetreu angewendet. Mit der Frage, welche Kosten bei Eintragungen vergleichbarer Art tatsächlich anfallen und ob gemessen daran die von ihm nach § 26 K~stO berechnete Gebühr noch angemessen ist; hat es sich nicht auseinander gesetzt. Wie schon oben angesprochen hat die rheinland-pfälzische Justizverwaltung für die Eintragung von Änderungen bei Geschäftsführern und Vorständen von Kapitalgesellschaften den Ansatz eines Höchstbetrages von 150,- DM empfohlen (Empfehlungen abgedruckt bei Rohs/Wedewer a. a. 0. § 26 Rdnr. 2 b). Diese Empfehlung legt nahe, dass die vom Amtsgericht in Ansatz gebrachte Gebühr von 260,- DM übersetzt ist, die insoweit vom Amtsgericht herangezogenen Bestimmungen der §§ 26, 79 nicht richtlinienkonform angewendet wurden und die Verdoppelung der Gegenstandswerte gemäß §§ 26 Abs. 4 Nr.1, Abs. 8, 79 KostO bei Eintragungen der hier vorliegenden Art bereits bei der Mindestkapitalausstattung der Gesellschaft mit einem Stamm- bzw. Grundkapital von 50.000 DM zur Erhebung einer nicht mehr richtlinienkonformen Gebühr führt.

Das gebietet es, die Kostenrechnung vom 28.6.2000 in Bezug auf die in Ansatz gebrachte Eintragungsgebühr von 260,- DM aufzuheben und den Ansatz der tatsächlich entstandenen Kosten dem Kostenbeamten zu überlassen (ebenso Rohs/Wedewer [Waldner] a. a. 0. § 14 Rdnr. 19 mit Fußnote 39 a, § 79 Rdnr. 10 a; BayObLG a. a. 0. Seite 654; OLG Schleswig SchlHA 2000, 118 [120]).

In Anbetracht der teilweise grundsätzliche Bedeutung der zur Entscheidung anstehenden Rechtsfragen war gern. § 14 Abs. 3 Satz 2 KostO die weitere Beschwerde zuzulassen.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 14 Abs. 5 KostO).



* Quelle: eigene