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Rechtsprechung zur InsO im Jahr 2002 in Leitsätzen
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Rechtsprechung im Jahr: 1999 - 2000 - 2001 - 2002 - 2003 - 2004 - 2005
LG Mönchengladbach, Urteil vom 30.12.2002 - 5 T 439/02 (ZIP 2003, 728)
Wird auf Antrag des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet, lehnt das AG jedoch den Antrag auf Eigenverwaltung ab,
so ist die zurückweisende Entscheidung für den Schuldner nicht anfechtbar.
Eine Anfechtung des Eröffnungsbeschlusses unter Ablehnung der Eigenverwaltung als Ganzes scheitert an der fehlenden
Beschwer des Schuldners, weil dem Antrag auf Eröffnung stattgegeben worden ist. Für eine isolierte Anfechtung der
Ablehnung des Antrags auf Eigenverwaltung fehlt es an einer gesetzlichen Grundlage.
LG Bochum, Urteil vom 30.12.2002 - 10 T 33/02 (ZVI 2003, 23)
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts gem. § 4a II InsO ist grundsätzlich auch schon für das Eröffnungsverfahren möglich.
Fehlende Deutschkenntnisse allein rechtfertigen die Beiordnung eines Anwalts nicht. Im Rahmen der besonderen
Fürsorgepflicht des Gerichts hat dieses unter Umständen einen Dolmetscher hinzuzuziehen.
Die Absicht des Schuldners, einen Insolvenzplan vorzulegen, begründet keinen Anspruch auf Beiordnung eines
Rechtsanwalts. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts ist nur dann erforderlich, wenn der Schuldner Pflichtaufgaben im
Rahmen des Insolvenzverfahrens zu erfüllen hat. Das bloße Recht auf Erstellung eines Insolvenzplans reicht insoweit nicht aus.
LG Bochum, Urteil vom 30.12.2002 - 10 T 64/02 (ZVI 2003, 119)
Die Voraussetzungen der Beiordnung eines Rechtsanwalts im insolvenzrechtlichen Beschwerdeverfahren richtet sich nach §
4a II InsO.
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4a II InsO erfolgt nicht dadurch, dass das Gericht einen Rechtsanwalt, der als
Verfahrensbevollmächtigter des Schuldners tätig wird, verschiedentlich anschreibt.
Die Absicht des Schuldners, einen Insolvenzplan vorzulegen, begründet keinen Anspruch auf Beiordnung eines
Rechtsanwalts. Die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4 II InsO ist nur dann erfolgreich, wenn der Schuldner
Pflichtaufgaben im Rahmen des Insolvenzverfahrens zu erfüllen hat.
Die Anordnung einer Eigenverwaltung gem. § 270 InsO setzt voraus, dass der Schuldner selbst in der Lage ist, unter
Aufsicht eines Sachwalters die Insolvenzmasse zu verwalten. Verfügt der Schuldner nicht über diese Fähigkeit, hat der
Insolvenzverwalter, nicht aber ein beigeordneter Anwalt die im Insolvenzverfahren notwendigen Maßnahmen zu treffen.
LG Bochum, Urteil vom 27.12.2002 - 10 T 24/02 (ZVI 2003, 67)
Die Voraussetzungen für das Vorliegen der Stundungsvoraussetzungen sind grundsätzlich vom Schuldner persönlich
abzugeben. Ist der Schuldner dazu krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, so können dies Erklärungen auch durch einen
als gesetzlichen Vertreter des Schuldners bestellten Betreuer abgegeben werden.
Die Bestellung eines Betreuers allein rechtfertigt nicht die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach § 4a II InsO. Maßgeblich
ist, ob die Beiordnung eines Rechtsanwalts trotz der bestehenden Betreuung erforderlich ist.
Die Einschaltung eines Rechtsanwalts auf Gläubigerseite reicht zur Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht aus. Die
Vorschrift des § 4a II 2 InsO verweist gerade nicht auf § 121 II ZPO, der die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Falle der
anwaltlichen Vertretung des Gegners vorsieht.
LG Bochum, Urteil vom 23.12.2002 - 10 T 104/02 (ZVI 2003, 70)
Beantragt der Schuldner im Regelinsolvenzverfahren die Stundung der Verfahrenskosten, so ist der
Amtsermittlungsgrundsatz des § 5 InsO durch die Sondervorschriften der §§ 4a bis 4d Inso eingeschränkt. Der Schuldner
hat seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie diejenigen seiner Ehefrau zur Überprüfung eines nach
§ 1360a IV BGB bestehenden Anspruchs nachvollziehbar darzulegen und durch entsprechende Belege glaubhaft zu machen.
Die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Rechtsanwalts im insolvenzrechtlichen Beschwerdeverfahren richtet sich
nach § 4a II InsO, nicht nach den Vorschriften über die Prozesskostenhilfe.
AG Kleve, Urteil vom 20.12.2002 - 34 IK 33/02 (ZVI 2003, 27)
Eine wirtschaftliche Schlechterstellung durch einen Schuldenbereinigungsplan ist nur dann gemäß § 309 II S. 2 InsO
ausreichend glaubhaft gemacht, wenn eine konkrete Gegenüberstellung der Berechnungen bezüglich beider Fallvarianten
vorgelegt wird.
BFH, Urteil vom 18.12.2002 - I R 33/01 (BB 2003, 1105)
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor Abschluss der Prüfungen gemäß §§ 176 , 177 InsO dürfen grundsätzlich
keine Bescheide mehr erlassen werden, in denen Besteuerungsgrundlagen festgestellt oder festgesetzt werden, die die Höhe
der zur Insolvenztabelle anzumeldenden Steuerforderungen beeinflussen können.
AG Göttingen, Urteil vom 18.12.2002 - 74 IK 107/01 (NZI 2003, 106)
Die Nichtangabe eines Gläubigers erfüllt den objektiven Tatbestand des § 290 I Nr. 6 InsO auch dann, wenn der Schuldner
sich lediglich als Mitdarlehensnehmer für seinen Ehegatten verpflichtet hat und der Ehegatte die laufenden
Ratenzahlungsverpflichtungen erbringt.
Weist der Schuldner auf eine bestehende Verpflichtung an anderer Stelle (hier: Prozesskostenhilfeantragsformular) hin, kann
es an den subjektiven Voraussetzungen des § 290 I Nr. 6InsO (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) fehlen.
AG Hamburg, Urteil vom 16.12.2002 - 67g IN 419/02 (ZIP 2003, 43)
Zur Sicherstellung der Betriebsfortführung im Eröffnungsverfahren ist es jedenfalls bei einer unüberschaubaren Vielzahl von
Gläubigern, deren Leistungen zur Betriebsfortführung benötigt werden (hier: ca. 570), regelmäßig geboten, einen "starken"
vorläufigen Insolvenzverwalter zu bestellen, § 22 I InsO Gesichtspunkte der Verhältnismäßigkeit stehen der Bestellung
jedenfalls dann nicht entgegen, wenn die Schuldnerin ihr Einverständnis mit der Bestellung eines "starken" vorläufigen
Insolvenzverwalters erklärt hat.
Die insolvenzgerichtliche Einzelermächtigung (BGH ZIP 2002, 1625 = ZinsO 2002, 819), die in erster Linie bei der
Eingehung eines Massekredits sinnvoll sein kann, kommt in einem Fall wie dem vorliegenden nicht in Betracht, weil sie der
vom Insolvenzgericht vorrangig zu berücksichtigenden Gleichbehandlung aller Gläubiger, die zur Betriebsfortführung
benötigte Leistungen zur Verfügung stellen, widerspricht.
Die Einrichtung eines Treuhandkontos durch den vorläufigen Insolvenzverwalter ist nicht geeignet, die Rechtsfolge des
§ 55 II InsO auszulösen. Gleiches gilt für das von einem vorläufigen Insolvenzverwalter gegebene Wort, er werde eine
Leistung, die zur Betriebsfortführung benötigt werde, voll befriedigen. Ein vorläufiger Insolvenzverwalter , der dennoch
diesen Weg beschreitet, handelt außerhalb seiner rechtlichen Kompetenzen.
Die sofortige Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist bei einer Betriebsfortführung grundsätzlich nicht sinnvoll. Insbesondere
ist es regelmäßig sachgerecht, den dreimonatigen Insolvenzgeldzeitraum auszuschöpfen (vgl. AG Hamburg, ZIP
2001,1885).
EuGH, Urteil vom 12.12.2002 - Rs C-442/00 (NZI2003, 110)
Ansprüche auf salarios de tramitación sind unabhängig davon als Ansprüche von Arbeitnehmern aus Arbeitsverträgen oder
Arbeitsverhältnissen, die das Arbeitsentgelt betreffen i.S. der Art. 1 I und 3 Richtlinie 80/987/EWG des Rates vom
20.10.1980 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Schutz der Arbeitnehmer bei
Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers zu betrachten, in welchem Verfahren sie festgestellt worden sind, wenn solche
Ansprüche nach der maßgeblichen nationalen Regelung die Haftung der Garantieeinrichtung dann auslösen, wenn sie durch
eine gerichtliche Entscheidung festgestellt sind, und wenn eine andere Behandlung solcher Ansprüche dann, wenn sie in
einem Güteverfahren festgestellt wurden, nicht objektiv gerechtfertigt ist.
Das nationale Gericht hat eine innerstaatliche Regelung außer Anwendung zu lassen, die unter Verstoß gegen den
Gleichheitssatz Ansprüche auf salarios de tramitación, die in einem Güteverfahren vor einem Gericht vereinbart und von
diesem genehmigt worden sind, vom Begriff Arbeitsentgelt i.S. von Art. 2 II Richtlinie 80/987/EWG ausnimmt; es muss auf
die Mitglieder der durch diese diskriminierende Unterscheidung benachteiligten Gruppe die für Beschäftigte im Lohn- oder
Gehaltsverhältnis anwendbare Regelung anwenden, deren Ansprüche gleicher Art nach der nationalen Definition des
Begriffes Arbeitsentgelt in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fallen.
OLG Celle, Urteil vom 12.12.2002 - 13 U 56/02 (NZI 2003, 95)
Zur Frage, wann ein Insolvenzverwalter Rechtshandlungen, die er als vorläufiger Insolvenzverwalter selbst vorgenommen
oder denen er zugestimmt hat, nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens anfechten kann.
OLG Celle, Urteil vom 11.12.2002 - 2 W 91/02 (ZIP 2003, 87)
Der vorläufige Verwalter ohne Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis wird ohne eine ausdrückliche Anordnung des
Insolvenzgerichts nicht Besitzer des Vermögens des Schuldners oder auch nur einzelner Vermögensgegenstände.
Die Entscheidung über die Rückgabe der Mietsache nach fristloser Kündigung wegen im Eröffnungsverfahren aufgelaufener
Zahlungsrückstände obliegt auch bei einer vorläufigen Insolvenzverwaltung mit Zustimmungsvorbehalt weiter dem
Schuldner; Erklärungen des vorläufigen Verwalters im Hinblick auf das Mietverhältnis haben für den Schuldner allenfalls
den Charakter von Empfehlungen (im Anschluss an BGH, NJW 2002, 3326 = NZI 2002, 543 = NZM 2002, 859 = LM
H.12/2002 § 55 InsO Nrn. 4 bis 6 = ZinsO 2002, 819).
BGH, Urteil vom 10.12.2002 - X ZR 193/99 (NJW 2003, 743)
§ 651 k BGB schützt den Reisenden gegen das Risiko der Insolvenz des Reiseveranstalters auf dem Wege der
Kundengeldabsicherung. Die Vorschrift begründet keine Befugnis des Reisebüros, an Stelle des Reiseveranstalters oder des
Verwalters im Konkurs über sein Vermögen über Anzahlungen auf den Reisepreis zu verfügen, die das Reisebüro als
Handelsvertreter und Inkassobevollmächtigter des Reiseveranstalters für diesen eingezogen hat.
Hat ein Reisebüro als Handelsvertreter und Inkassobevollmächtigter des Reiseveranstalters Anzahlungen unter Beachtung
des § 651 k BGB eingezogen, schuldet es dem Reiseveranstalter auch im Falle der Insolvenz des Reiseveranstalters
Schadensersatz, wenn es die Anzahlungen vertragswidrig den Reisenden zurückerstattet oder für von diesen anderweitig
gebuchte Reisen verwendet.
OLG Dresden, Urteil vom 10.12.2002 - 6 VA 0004/02 (ZIP 2003, 39)
Ein Gläubiger mit tituliertem Anspruch hat auch dann ein rechtliches Interesse an der Einsicht in die Insolvenzakten, wenn
die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt und die Schuldnerin zwischenzeitlich gelöscht und
aufgelöst wurde. Dies ergibt sich bereits daraus, dass der Gläubiger im Falle der Eröffnung als Insolvenzgläubiger
Verfahrensbeteiligter gewesen wäre.
Zur Wahrung des Rechtschutzbedürfnisses des Gläubigers im Verhältnis zum Schuldner ist im Rahmen der
Ermessensentscheidung hinzunehmen, dass auf Grund der umfangreichen Auskunftspflichten Anknüpfungspunkte für eine
persönliche Haftung z. B. von Geschäftsführern bekannt werden können.
AG Mönchengladbach, Urteil vom 06.12.2002 - 32 IN 11/02 (NZI2003, 103)
Verfolgt der (vorläufige) Insolvenzverwalter Hinweise auf etwaige Zahlungsansprüche der Masse gegen Dritte, so kann er
nicht ohne Weiteres die Vorlage eventuell belastender Unterlagen von dem Dritten verlangen. Vielmehr ist er auf einen
förmlichen Antrag auf eine Entscheidung des Insolvenzgerichts gem. den §§ 421, 422, 424 ZPO verwiesen. Denn der Dritte
kann im Insolvenz (eröffnungs)-verfahren über fremdes Vermögen nicht schlechter gestellt werden, als er als Beklagter im
Zivilprozess stünde. Anderenfalls wäre der Grundsatz der Waffengleichheit verletzt.
LG Marburg, Urteil vom 27.11.2002 - 3 T 214/02 (NZI 2003, 101)
Die Anordnung einer Nachtragsverteilung ist nicht möglich, wenn das Verfahren wegen fehlender Kostendeckung eingestellt
worden ist.
LG Göttingen, Urteil vom 25.11.2002 - 10 T 62/02 (NZI 2003, 102)
Liegen infolge vorzeitiger Verfahrensbeendigung (z.B. durch eine Erledigungserklärung) keine Erkenntnisse über den Wert
des verwalteten Vermögens vor, darf der Verwalter zur Darlegung der Berechnungsgrundlage für seine Vergütung eigene,
nicht zu weit zurückliegende Kenntnisse über die Vermögenssituation des Schuldners aus einem früheren Insolvenzverfahren
verwerten.
Der Schuldner kann dem vom Insolvenzverwalter angenommenen Wert entgegentreten und den Umfang seines
gegenwärtigen Vermögens darlegen.
OLG Köln, Urteil vom 15.11.2002 - 2 U 79/02 (NZI 2003, 58)
Die Unterbrechungswirkung des § 240 ZPO erfasst auch das Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Ein Insolvenzgläubiger muss seine rechtshängige Forderung zunächst durch Anmeldung zur Tabelle weiter verfolgen. Erst
wenn die Forderung im Prüfungstermin oder im schriftlichen Prüfungsverfahren bestritten wird, besteht die Möglichkeit, den
unterbrochenen Rechtsstreit mit geändertem Antrag aufzunehmen.
Eine von dem Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erteilte Prozessvollmacht ist für die Verfahren erloschen,
welche die Insolvenzmasse betreffen.
Auch wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat, ist in einem höheren Rechtszug stets zu prüfen, ob die die
Prozesskostenhilfe beantragende Partei noch aktiv- oder passivlegitimiert ist oder ob andere Verfahrenshindernisse der
Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung entgegenstehen.
BGH, Urteil vom 14.11.2002 - IX ZB 152/02 (BB 2002, 2631)
Ein Schuldner, der im Zeitpunkt der Antragstellung noch eine selbständige wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, fällt weder unter
§ 304 I S.1 noch unter S. 2.
BGH, Urteil vom 14.11.2002 - IX ZR 236/99 (DB 2003, 141)
Der Rechtsstreit gegen die Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der die persönliche Haftung für
Verbindlichkeiten der Gesellschaft zum Gegenstand hat, ist unterbrochen, wenn über das Vermögen der Gesellschaft das
Insolvenzverfahren eröffnet wird.
BFH, Urteil vom 13.11.2002 - I B 147/02 (BB 2003, 187)
Wird Bauabzugssteuer an das Finanzamt abgeführt, nachdem über das Vermögen des leistenden Bauunternehmers das
Insolvenzverfahren eröffnet wurde, so kann das Finanzamt den abgeführten Betrag nicht außerhalb des Insolvenzverfahrens
vereinnahmen. Vielmehr steht dem Steuergläubiger auch in diesem Fall für seinen Steueranspruch gegenüber dem
Bauunternehmer nur die nach Insolvenzrecht zu ermittelnde Verteilungsquote zu.
Ist über das Vermögen eines Bauunternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet worden, so darf dem Insolvenzverwalter eine
Freistellungsbescheinigung gem. § 48b EStG regelmäßig nicht versagt werden.
Eine Regelungsanordnung i.S. des § 114 I 2 FGO kann erlassen werden, wenn zwar nicht die Existenz des Antragstellers
von der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abhängt, aber die Rechtslage klar und eindeutig für die begehrte Regelung
spricht und eine abweichende Beurteilung in einem etwa durchzuführenden Hauptverfahren zweifelsfrei auszuschließen ist.
In diesem Fall steht auch der Gesichtspunkt einer Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache dem Erlass einer
einstweiligen Anordnung nicht entgegen.
OLG Stuttgart, Urteil vom 13.11.2002 - 3 U 19/02 (ZIP 2002, 2264)
Führt die Leistung des Schuldners zu einer inkongruenten Deckung, liegt darin regelmäßig ein Indiz für den Vorsatz des
Schuldners, seine übrigen Gläubiger zu benachteiligen - § 131 I S. 1 InsO
Eine Leistung, die der Schuldner auf eine fällige Forderung zur Vermeidung einer drohenden Zwangsvollstreckung gewährt
hat, stllt eine inkongruente Deckung dar (BGH, Urteil vom 11.4.2002 - IX ZR 211/01, ZIP 2002, 1159 = WM 2002, 1193).
Doch gilt dies nur dann, wenn die Leistung in den von § 131 I Nr. 2 InsO erfassten 3-Monatszeitraum vor
Verfahrenseröffnung fällt. Hat der Schuldner früher geleistet, führt dies ebenso wenig zu einer inkongruenten Deckung wie
eine Sicherung oder Befriedigung, die der Gläubiger vor der genannten Frist im Wege der Zwangsvollstreckung erlangt.
G Husum, Urteil vom 12.11.2002 - 10 IN 37/02 (ZIP 2002, 2226)
Der Insolvenzverwalter hat auch in masselosen Verfahren (sogenannten Pseudo- Regelinsolvenzverfahren) einen
gesetzlichen Anspruch auf angemessene Vergütung. Ein Stundensatz von 16 Euro entspricht nicht seiner Qualifikation und Verantwortung.
Zum Ausgleich des Missverhältnisses zwischen gesetzlicher Mindestvergütung und Umfang der entfalteten Tätigkeit sind
nach § 3 InsVV Zuschläge zu gewähren, die unter Heranziehung der Grundsätze für die Sachverständigenvergütung nach §
3 ZSEG (Stundensatz unter vergleichbaren Umständen: 78 ?) zu einer Erhöhung der Mindestvergütung um 100 % und mehr
führen können. Eine Mischkalkulation dergestalt, dass vergütungsmäßig größere und kleinere Verfahren, die der Verwalter
betreut, zusammen betrachtet werden, findet im Gesetz keine Stütze.
BayObLG, Urteil vom 12.11.2002 - 1 Z AR 157/02 (NZI 2003, 98)
Für das Insolvenzverfahren ist örtlich ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk der Mittelpunkt der
selbstständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners liegt, sofern keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen,
dass der Schuldner wirtschaftlich nicht mehr aktiv ist.
AG Hamburg, Urteil vom 08.11.2002 - 67 g IN 379/02 (ZIP 2002, 2227)
Die Anzeige der Masseunzulänglichkeit eines "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters im Eröffnungsverfahren entfaltet
keine Rechtswirkung. Ein Bedürfnis dafür, die §§ 208 ff. InsO im Eröffnungsverfahren analog anzuwenden, besteht nicht.
Das Begründen von Masseverbindlichkeiten i. S. des § 61 InsO setzt voraus, dass der "starke" vorläufige Insolvenzverwalter
rechtlich handelt. Eine Verbindlichkeit aus einem Dauerschuldverhältnis wird nur begründet, wenn sich der "starke"
vorläufige Insolvenzverwalter zu der Verbindlichkeit bekennt; dies setzt voraus, dass ihm das Bestehen eines solchen
Verhältnisses bekannt ist bzw. unbekannt geblieben ist, obwohl das Bestehen evident war.
Dem Insolvenzgericht ist es nicht möglich, den "starken" vorläufigen Insolvenzverwalter zu ermächtigen,
Insolvenzforderungen zu begründen. Die Entscheidung BGH ZIP 2002, 1625, wonach das Insolvenzgericht den
"schwachen" vorläufigen Insolvenzverwalter ermächtigen kann, Masseverbindlichkeiten zu begründen, ist insoweit nicht
umkehrbar.
LG Erfurt, Urteil vom 30.10.2002 - 3 O 2992/01 (ZIP 2002, 2325)
Die Gläubiger aus Verpflichtungsgeschäften, die der Schuldner nach Verfahrenseröffnung vornimmt (hier: durch
Wiederaufnahme einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit), können wegen ihrer Forderungen nicht in die
Insolvenzmasse vollstrecken und sind hinsichtlich der Befriedigung auf das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners
beschränkt. Der Neuerwerb fällt nicht in die Insolvenzmasse
LG Göttingen, Urteil vom 22.10.2002 - 10 T 57/02 (ZIP 2002, 2269)
Auch für einen Angestellten des öffentlichen Diensts (hier: Angestellter einer Sparkasse) ist eine Aussagegenehmigung gem.
§ 376 I ZPO einzuholen, wenn dieser im Insolvenzeröffnungsverfahren Auskünfte (hier: über die Vermögenslage der
Schuldnerin) erteilen soll.
Das Insolvenzgericht kann dem Sachverständigen nicht die Befugnis erteilen, Auskünfte von Dritten einzuholen, Einsicht in
Unterlagen zu nehmen oder Geschäftsräume zu betreten.
OLG Frankfurt, Urteil vom 17.10.2002 - 15 U 7/02 (ZIP 2002, 2140)
Der Insolvenzverwalter kann einen Verwertungskostenbeitrag für die Masse nur bei selbst durchgeführter Verwertung
beanspruchen; eine Anfechtung der Forderungseinziehung durch einen absonderungsberechtigten Gläubiger wegen nicht
entrichteter Verwertungskosten kommt folglich nicht in Betracht.
AG Köln, 15.10.2002, 71 IK 103/02 (NZI 2002, 679)
Verwendet der Schuldner nicht den nach der Verbraucherinsolvenzvordruckverordnung vorgeschriebenen amtlichen
Vordruck für seinen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens, liegt ein ordnungsgemäßer Insolvenzantrag
nicht vor.
OLG Stuttgart, 26.09.2002, 19 VA 8/02 (NZI 2002, 663)
Ein rechtliches Interesse an der Einsicht in die Insolvenzakten gem. § 299 II InsO besteht dann, wenn der Einsicht
Begehrende für den Fall der Insolvenzeröffnung Insolvenzgläubiger gewesen wäre und es ihm um die Durchsetzung seiner
Forderung gegen den Schuldner geht.
OLG Dresden, 17.09.2002, 3 W 1149/02 (NZI 2002, 687)
Wird über das Vermögen des Gesellschafters einer GbR das Insolvenzverfahren eröffnet, kann ein Insolvenzvermerk i.S. des
§ 32 I Nr. 1 InsO für ein Grundstück der GbR nicht eingetragen werden.
AG Köln, 16.09.2002, 72 IN 351/02 (NZI 2002, 619)
Auch bei einem (zulässigen) Gläubigerantrag ist der Schuldner gem. § 20 II InsO auf die Möglichkeit der Erlangung von
Restschuldbefreiung hinzuweisen.
Stellt der Schuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung nicht innerhalb von zwei Wochen nach dem Hinweis gemäß
§ 20 II InsO, so ist er mit dem Antrag auf Restschuldbefreiung auch in einem - vor Eröffnung des auf Gläubigerantrag
eingeleiteten Verfahrens beantragten - Eigenantragsverfahren präkludiert.
KG, 06.09.2002, 7 U 336/01 (NZI 2002, 660)
Anfechtungsgegner und Schuldner i.S. des § 143 InsO ist nur derjenige, der gegenüber der Gläubigergesamtheit daduch
bevorzugt worden ist, dass er den wirtschaftlichen Wert aus dem Vermögen des Schuldners durch die anfechtbare Handlung
empfangen hat.
Wer einen fremden Anspruch im eigenen Namen kraft erteilter Ermächtigung i.S. des § 185 BGB geltend macht, ist nicht
Empfänger und damit auch nicht Rückgewährschuldner i.S. des § 143 InsO.
AG Göttingen, 05.09.2002, 74 IN 269/02 (NZI 2002, 615)
Das Insolvenzgericht kann gem. § 21 I 1 InsO auch einen Sachverständigen ermächtigen, Auskünfte über die
Vermögenslage des Schuldners unter anderem von Kreditinstituten einzuholen. In diesem Fall steht den Mitarbeitern des
Kreditinstituts kein Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 4 InsO i. V. mit § 383 I Nr. 6 ZPO zu. Diese Auskünfte sind zu
erteilen, ohne dass der Schuldner ausdrücklich eine Entbindung von der Schweigepflicht erteilen muss.
AG Duisburg, 01.09.2002, 62 IN 167/02 (NZI 2002, 556)
Mit dem Zweck der Eigenverwaltung ist es unvereinbar, dass die verantwortliche Bewältigung der Insolvenz externen, vom
Schuldner ausgewählten Sanierungs- und Insolvenzfachleuten überlassen wird, die, ohne über nennenswerte unternehmens-
oder branchenbezogene Kenntnisse und Erfahrungen zu verfügen, erst in der Krise in eine Führungsposition berufen worden
sind.
Das Insolvenzgericht kann bei der Eröffnung des eigenverwalteten Insolvenzverfahrens von Amts wegen einen
Zustimmungsvorbehalt zu Gunsten des Sachwalters analog §§ 21 II Nr. 2, 24 I, 277 I InsO anordnen, wenn dies zur
Sicherung der Rechtmäßigkeit der Verfahrensabwicklung durch den Schuldner erforderlich erscheint.
Sind in einer Konzerninsolvenz bei der Amtsführung des Insolvenzverwalters vermehrt sinngemäße Anwendungsfälle des §
181 BGB zu erwarten, so kann bereits im Eröffnungsbeschluss ein ständiger Sonderverwalter zur Ausübung des
Verwalteramts bei der Vornahme von Rechtsgeschäften des Verwalters mit sich selbst als Verwalter einen anderen
Schuldners bestellt werden. Im Fall der Eigenverwaltung gilt Entsprechendes für einen Sondersachwalter.
In der Insolvenz eines herrschenden oder abhängigen Konzernunternehmens ruhen für die Dauer des Insolvenzverfahrens
auch bei Anordnung der Eigenverwaltung alle konzernrechtlichen Weisungsbefugnisse.
Bei Anordnung der Eigenverwaltung bleiben die allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Weisungs- und Kontrollrechte der
Gesellschaftsorgane gegenüber der Geschäftsleitung bestehen. Alle Gesellschaftsorgane sind aber bei der Ausübung ihrer
Rechte an den Zweck des Insolvenzverfahrens gebunden.
AG München, 30.08.2002, 1506 IN 656/02 (NZI 2002, 676)
Die Bestimmungen über die Erteilung einer Restschuldbefreiung (§§ 286 ff. InsO) sind verfassungswidrig, weil sie gegen die
Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 I GG verstoßen.
LG Bremen, 26.08.2002, 2 T 532/02 (NZI 2002, 675)
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Insolvenzverfahren einer natürlichen Person nach § 4a II InsO kommt nur
ausnahmsweise in Betracht und erfordert besondere vom Schuldner dargelegte oder im Verlauf des Verfahrens liegende
Umstände.
LG Karlsruhe, 02.08.2002, 11 T 31/02 (NZI 2002, 608)
Der Eröffnungsbeschluss ist bereits mit der Unterschrift des Richters bewirkt. Seine Wirksamkeit hängt nicht davon ab, dass
er dem Schuldner zugestellt oder sonst mitgeteilt worden ist oder dass ein anderer Beteiligter von ihm Kenntnis erlangt hat.
Über die Parteien des Eröffnungsverfahrens hinaus löst der Eröffnungsbeschluss erst dann rechtliche Wirkungen aus, wenn
er aus dem internen Bereich des Insolvenzgerichts herausgegeben worden ist. Dies ist dann der Fall, wenn der
Eröffnungsbeschluss im Einverständnis mit dem Insolvenzrichter förmlich oder formlos, auch fernmündlich, einem
Verfahrensbeteiligten bekannt gegeben wird.
Die Beschwerde gegen die Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 34 InsO) kann nicht darauf gestützt werden, dass der
antragstellende Gläubiger nach Wirksamwerden des Eröffnungsbeschlusses befriedigt worden ist oder seinen Antrag
zurückgenommen hat.
AG Duisburg, 28.07.2002, 62 IN 167/02 (ZIP 2002, 1700)
Das Insolvenzgericht kann den schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter in Verbindung mit einem besonderen
Verfügungsverbot ermächtigen, in Wahrnehmung seiner Verfügungsbefugnis Verbindlichkeiten mit dem Rang des § 55 II
InsO zu begründen, die nach Verfahrenseröffnung als Masseverbindlichkeiten gelten. Die Begründung solcher
Verbindlichkeiten unterliegt nach Verfahrenseröffnung nicht der insolvenzrechtlichen Anfechtung.
LG Potsdam, 18.07.2002, 7 S 113/02 (ZIP 2002, 1734)
Ist der Gläubiger bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Zahlung verpflichtet, kann er mit einem
Gewährleistungsanspruch, der sich erst nach Insolvenzeröffnung von einem Anspruch auf Mängelbeseitigung in eine
Geldforderung verwandelt hat, gem. § 95 I S. 3 InsO nicht aufrechnen.
BGH, 11.07.2002, IX ZB 80/02 (ZIP 2002, 1589)
Auf Grund des Zivilprozessreformgesetzes ist auch in Verfahren nach der Konkursordnung gegen
Beschwerdeentscheidungen des LG nur noch die Rechtsbeschwerde möglich. Diese Rechtsbeschwerde richtet sich nach
§ 574 I Nr. 2 ZPO n.F., nicht nach § 7 InsO.
BGH, 11.07.2002, IX ZR 262/01 (ZIP 2002, 1630)
Der Insolvenzverwalter darf eine vom Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens sicherungshalber abgetretene
Forderung auch dann verwerten, wenn die Abtretung dem Drittschuldner angezeigt worden ist.
Der pauschalierte Ersatz der Feststellungskosten hängt nicht vom Umfang des Feststellungsaufwands im Einzelfall ab.
LG Münster, 08.07.2002, 5 T 290/02 (NZI 2002, 616)
Aus Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelungen der §§ 307 ff. InsO ergibt sich, dass der Einwendungsgläubiger nach
Ablauf der Notfrist des § 307 I InsO mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die er nicht im Zustimmungsverfahren
binnen dieser Frist geltend gemacht hat.
BGH, 04.07.2002, IX ZR 265/01 (BB 2002, 1665)
Die Ermächtigung des Insolvenzverwalters nach § 93 InsO bezieht sich nur auf Ansprüche aus der gesetzlichen
akzessorischen Gesellschafterhaftung.
§ 93 InsO hindert die Finanzverwaltung nicht, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer in § 11 II
Nr. 1 InsO aufgeführten Gesellschaft einen Anspruch aus §§ 69, 34 AO gegen den persönlich haftenden Gesellschafter der
Schuldnerin geltend zu machen.
OLG Dresden, 26.06.2002, 13 W 144/02 (ZIP 2002, 1365)
Die Festsetzung der Vergütung des vorläufigen Verwalters und die Frage nach den Grundsätzen ihrer Bemessung haben
grundsätzliche Bedeutung.
Der vorläufige Verwalter erhält regelmäßig 25 % der Vergütung des endgültigen Insolvenzverwalters. Bei Anordnung eines
allgemeinen Zustimmungsvorbehalts (§ 21 II Nr. 2 Alt. 2 InsO) ist dem vorläufigen Insolvenzverwalter für den damit
verbundenen Arbeits- und Verwaltungsaufwand ein pauschaler Zuschlag von 10 % zum Regelsatz von 25 % als 35 % der
fiktiven Vergütung eines endgültigen Insolvenzverwalters zuzubilligen.
Dieser Zuschlag ist unabhängig von den Erschwerniszuschlägen i. S. des § 3 InsVV (z. B. wegen Betriebsfortführung) zu
gewähren, weil die Ermittlung der fiktiven Vergütung - unter Berücksichtigung der Zuschläge gem. § 3 InsVV - und der
Höhe des Bruchteils der Vergütung des vorläufigen Verwalters unabhängig voneinander zu erfolgen haben.
LG Köln, 25.06.2002, 19 T 70/02 (NZI 2002, 505)
Als "Forderungen aus Arbeitsverhältnissen" i.S. des § 304 I 2 InsO sind nur privatrechtliche Forderungen aus der
Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer anzusehen. Forderungen öffentlicher Gläubiger wie der Sozial-
und Finanzverwaltung, die durch ein Arbeitsverhältnis veranlasst worden sind, sind keine Forderungen in diesem Sinne.
OLG Jena, 17.06.2002, 9 U 23/02 (NZI 2002, 550)
Bei der Pfändung eines Bankkontos einschließlich künftig entstehender Aktivsalden müssen die Voraussetzungen für eine
Insolvenzanfechtung gem. §§ 129 ff. InsO im Zeitpunkt des Entstehens der Forderung durch die Gutschrift auf dem Konto vorliegen.
LG Heilbronn, 31.05.2002, 16 T 77/02 (InVo 2002, 417)
Die Behauptung, den Überblick über die Vermögensverhältnisse verloren zu haben und aus diesem Grunde fehlerhafte
Angaben im Vermögensverzeichnis gemacht zu haben, muss der Schuldner konkret darlegen und belegen.
Die Annahme einer Wesentlichkeitsgrenze als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des § 290 I Nr. 6 ist abzulehnen.
LG Leipzig, 15.05.2002, 12 T 1606/02 (InVo 2002, 369)
Ein Insolvenzverfahren wird eröffnet, sofern ein Eröffnungsgrund vorliegt und die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt
sind. Die Kostendeckung prüft das Insolvenzgericht und stützt sich dabei auf das Gutachten eines Sachverständigen.
Die Realisierbarkeit von Vermögenswerten innerhalb eines längeren Zeitraumes - zum Beispiel mehr als zwei Jahre - hindert
die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht.
OLG Stuttgart, 14.05.2002, 1 U 1/02 (BB 2002, 2086)
Der Gläubiger einer Forderung gegen eine GbR, der einen Titel gegen einen Gesellschafter erwirkt hat, ist nach der
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft nicht mehr befugt, die Zwangsvollstreckung gegen
den Gesellschafter zu betreiben. Diese Befugnis steht nach § 93 InsO ausschließlich dem Insolvenzverwalter zu.
Die Befugnis zur Anfechtung nach dem Anfechtungsgesetz geht auf den Insolvenzverwalter über.
Ein anhängiger Prozess zwischen dem Gläubiger und dem Anfechtungsschuldner wird in entsprechender Anwendung von §
17 AnfG bis zur Aufnahme durch den Insolvenzverwalter unterbrochen.
AG Göttingen, 06.05.2002, 74 IN 138/02 (NZI 2002, 560)
Eine Verbindung eröffneter Insolvenzverfahren gegen mehrere Schuldner gem. § 4 InsO i. V. mit § 147 ZPO kommt nicht in
Betracht, auch wenn die Gläubiger in beiden Verfahren im Wesentlichen identisch sind.
AG Göttingen, 03.05.2002, 74 IN 134/02 (NJOZ 2002, 1669)
Ein Insolvenzantrag kann auch auf eine nicht titulierte Forderung gestützt werden; es genügt die Glaubhaftmachung
beispielsweise durch Vorlage eines Arbeitsvertrags.
Die dem Schuldner mögliche Gegenglaubhaftmachung setzt einen substanziierten, nachvollziehbaren und in sich
widerspruchsfreien Sachvortrag voraus.
LG Münster, 02.05.2002, 5 T 426/02 (InVo 2002, 419)
Eine Beschwerde, die sich isoliert gegen einzelne Anordnungen des Insolvenzeröffnungsbeschlusses richtet, insbesondere
gegen die Auswahl des Verwalters nach § 56 InsO, ist unstatthaft (§ 6 I InsO). Kommt das Insolvenzgericht einer Anregung
oder Beschwerde eines Beteiligten gegen den Insolvenzverwalter nicht nach, steht dem Beteiligten hiergegen kein
Rechtsmittel zu.
LG Köln, 30.04.2002, 11 S 296/01 (NZI 2002, 607)
Der Insolvenzverwalter trägt die Beweislast dafür, dass er nach § 61 S. 2 InsO bei Begründung einer Verbindlichkeit nicht
erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen würde. Er konnte die Nichterfüllbarkeit
erkennen, wenn ihm diese wahrscheinlicher hätte erscheinen müssen als die Erfüllbarkeit.
Bedient sich der Insolvenzverwalter bei der Fortführung des Betriebes eines Fachmanns (hier: eines Wirtschaftsprüfers) und
zeigt eine von diesem Fachmann aufgestellte Liquiditätsplanung zum Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit deren
Erfüllbarkeit an, so entfällt die Haftung nach § 61 InsO auch dann, wenn sich nachträglich die Nichterfüllbarkeit herausstellt.
BGH, 25.04.2002, IX ZR 313/99 (InVo 2002, 396)
Die auf Grund gegenseitiger Verträge geschuldeten Leistungen sind regelmäßig teilbar, wenn sich die vor und nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbrachten Leistungen feststellen und bewerten lassen. Bei einem Werkvertrag über
Bauleistungen erfolgt dies nach den gleichen Regeln wie bei einer Kündigung aus wichtigem Grund.
Die Beweislast für den Zeitpunkt der Leistungserbringung liegt bei demjenigen, der sich darauf zu seinem Vorteil beruft. Ist
der andere Teil oder ein Dritter beweisbelastet, kann den bestreitenden Insolvenzverwalter eine gesteigerte
Substantiierungslast treffen.
Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens bewirkt kein Erlöschen der Erfüllungsansprüche aus gegenseitigen Verträgen im
Sinn einer materiell-rechtlichen Umgestaltung. Vielmehr verlieren die noch offenen Ansprüche im Insolvenzverfahren ihre
Durchsetzbarkeit, soweit sie nicht auf die anteilige Gegenleistung für vor Verfahrenseröffnung erbrachte Leistungen
gerichtet sind. Wählt der Verwalter Erfüllung, so erhalten die zunächst nicht durchsetzbaren Ansprüche die Rechtsqualität
von originären Forderungen der und gegen die Masse.
Die Unwirksamkeit der Rechtshandlung eines Insolvenzverwalters wegen Insolvenzzweckwidrigkeit ist grundsätzlich in
Anlehnung an die Regeln über den Missbrauch der Vertretungsmacht zu beurteilen. Voraussetzung für die Unwirksamkeit
ist danach außer einer Evidenz der Insolvenzzweckwidrigkeit, dass sich dem Geschäftspartner auf Grund der Umstände des
Einzelfalls ohne weiteres begründete Zweifel an der Vereinbarkeit der Handlung mit dem Zweck des Insolvenzverfahrens
aufdrängen mußten.
LG Münster, 25.04.2002, 5 T 133/02 (InVo 2002, 418)
Die Stundung der Insolvenzverfahrenskosten ist in aller Regel zu bewilligen, wenn einem Schuldner nach Eröffnung des
Insolvenzverfahrens und der nach § 287 II InsO abgegebenen Abtretungserklärung lediglich der Pfändungsfreibetrag nach
der Tabelle zu § 850c ZPO verbleibt, sonstige Vermögenswerte, aus denen die Verfahrenskosten beglichen werden könnten,
also nicht vorhanden sind.
LG Göttingen, 24.04.2002, 10 T 11/02 (ZIP 2002, 1048)
Kommt der Schuldner seinen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten gem. §§ 20, 97, 98 InsO nicht nach, ist es nicht zulässig,
den Eröffnungsantrag des Schuldners wegen dieser fehlenden Mitwirkung zurückzuweisen. Das Insolvenzgericht muss die
Auskunft des Schuldners zwangsweise durchsetzen.
AG Oldenburg, 22.04.2002, 60 IN 10/02 (NZI 2002, 391)
Ein Insolvenzantrag ist unzulässig, wenn er nur gestellt wird, um entgegen § 1 S. 1 InsO eine Einzelbefriedigung gegenüber
dem Schuldner durchzusetzen, weil dem Antragsteller dann das Rechtsschutzbedürfnis fehlt.
Das Insolvenzverfahren wird insbesondere dann vom Antragsteller als Druckmittel zur Durchsetzung seiner eigenen
Forderung missbraucht, wenn er nach Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters ohne dessen Kenntnis mit dem
Schuldner eine Ratenzahlung vereinbart und für den Fall der Nichteinhaltung der Ratenzahlungsvereinbarung einen neuen
Insolvenzantrag androht.
Erteilt der Schuldner innerhalb des Zeitraums des § 131 I Nr. 1 InsO einem Frachtführer unter Überlassung des
Transportgutes einen neuen Frachtauftrag, gilt der Erwerb des Frachtführerpfandrechts auch für offene unbestrittene
Altforderungen aus früheren Transportgeschäften als kongruent.
OLG Köln, 18.04.2002, 12 U 95/01 (ZIP 2002, 947)
Hat der Schuldner vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens fremde Forderungen eingezogen, so steht dem Berechtigten ein
Recht auf Ersatzaussonderung zu, soweit die Gegenleistung in der Masse noch unterscheidbar vorhanden ist. Der
Unterscheidbarkeit stehen spätere Abbuchungen nicht entgegen.
Reicht das verfügbare Guthaben nicht zur Befriedigung aller Ersatzaussonderungsansprüche aus, ist eine anteilige Kürzung
vorzunehmen.
Maßgeblich für die Berechnung ist grundsätzlich das Verhältnis jedes Tagessaldos zu der Gesamtheit aller im Zeitpunkt der
Saldierung bestehenden ersatzaussonderungsfähigen Forderungen. Ist der Tagessaldo geringer als die Summe aller
Ersatzaussonderungsansprüche, bestimmt sich die Kürzungsquote (in %) nach folgender Formel: Die Differenz zwischen
dem Tagessaldo und der Summe aller Ersatzaussonderungsansprüche wird durch die Summe aller
Ersatzaussonderungsansprüche dividiert, das Ergebnis anschließend mit 100 multipliziert. Nachfolgende Kontogutschriften
führen nicht zu einer Erhöhung einmal gekürzter Forderungen.
BayObLG, 17.04.2002, 4 Z BR 20/02 (InVo 2002, 453)
Die Restschuldbefreiung kann nicht wegen Mängeln der mit dem Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens
und auf Restschuldbefreiung eingereichten Unterlagen versagt werden, wenn der Schuldner noch im Eröffnungsverfahren
seine ursprünglichen nicht vorsätzlich falschen Angaben gem. § 305 III 1 oder
§ 307 III 1 InsO korrekt ergänzt oder berichtigt.
BGH, 11.04.2002, IX ZR 211/01 (BB 2002, 1338)
Eine Leistung, die der Schuldner dem Gläubiger auf eine fällige Forderung zur Vermeidung einer unmittelbar
bevorstehenden Zwangsvollstreckung gewährt hat, stellt eine inkongruente Deckung dar. - Zum Zeitpunkt der
Zahlungseinstellung.
OLG Stuttgart, 28.03.2002, 8 W 560/01 (InVo 2002, 458)
Ein so genannter Nullplan steht der Gewährung einer Restschuldbefreiung nach den §§ 287 ff. InsO nicht grundsätzlich
entgegen.
OLG Karlsruhe, 27.03.2002, 6 U 150/01 (ZIP 2002, 1591)
Lässt sich die Insolvenzschuldnerin bei der Eingehung einer Ratenzahlungsvereinbarung mit einem Insolvenzgläubiger und
bei der Zahlung der vereinbarten Raten in der kritischen Zeit vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens in erster Linie von
dem Wunsch leiten, eine jederzeit mögliche (erneute) Störung ihrer Kundenbeziehung durch drohende
Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu vermeiden, so liegt eine inkongruente Deckung i. S. von § 131 I Nr. 1 InsO vor.
OLG Celle, 25.03.2002, 2 W 9/02 (ZIP 2002, 900)
Das Insolvenzgericht hat nach Feststellung der Berechtigung zur Stellung eines Antrags auf Einberufung der
Gläubigerversammlung nach § 75 I InsO kein Ermessen bei der Entscheidung der Frage, ob es dem Antrag nachkommt; ein
besonderes Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag ist nicht nachzuweisen.
Hat das Insolvenzgericht Schwierigkeiten bei der Aufstellung der Tagesordnung für eine von einem Gläubiger beantragte
Gläubigerversammlung, so muss es durch Nachfrage bei dem antragstellenden Gläubiger klären, welche
Tagesordnungspunkte die Gläubigerversammlung behandeln soll.
Bei der Feststellung der Tagesordnung für eine auf Antrag eines Gläubigers einzuberufende Gläubigerversammlung darf das
Gericht sich nicht ausschließlich an dem Wortlaut des Antrags des Gläubigers orientieren, sondern muss vielmehr auch
dessen erkennbaren Willen berücksichtigen.
AG Köln, 21.03.2002, 72 IN 494/01 (NZI 2002, 265)
Die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts stellt eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit i. S. des § 304
InsO n. ff. dar.
Dem BGB-Gesellschafter ist die wirtschaftliche Tätigkeit der Gesellschaft zuzurechnen, weil er wie ein Einzelkaufmann am
Wirtschaftsleben teilnimmt.
OLG Brandenburg, 21.03.2002, 8 U 32/01 (ZIP 2002, 1097)
Ein Insolvenzeröffnungsbeschluss, in dessen Urschrift der Name des Schuldners nicht genannt, sondern durch Verweisung
auf andere Aktenbestandteile ("Blatt 15") "ersetzt" ist, leidet an einem so schwer wiegenden Mangel, dass er als unwirksam
anzusehen ist.
Der Mangel der Namensnennung im Rubrum des Eröffnungsbeschlusses wird nicht dadurch "geheilt", dass der
Insolvenzrichter in einem späteren Beschluss seinen früheren Beschluss "gem. § 319 ZPO dahin präzisiert", dass er die
Bezeichnung des Schuldners nachholt, ohne (erneut) die Insolvenzeröffnung auszusprechen.
LG Gera, 05.03.2002, 5 T 111/02 (ZIP 2002, 1737)
Handlungen des vorläufigen Insolvenzverwalters gegen den Schuldner oder Dritte stellen keine hoheitlichen Entscheidungen
dar. Eine "Beschwerde" gegen Handlungen des vorläufigen Insolvenzverfahrens ist deshalb nicht statthaft.
AG Göttingen, 20.02.2002, 74 IK 14/02 (InVo 2002, 188)
Bei einem Nullplan wird das Insolvenzgericht regelmäßig die Fortsetzung des Verfahrens gem. § 306 I 3 InsO anordnen,
falls nicht greifbare Anhaltspunkte bestehen, dass der Schuldner während der Planlaufzeit zu pfändbarem Einkommen
gelangt oder sonstige Gründe vom Schuldner dargelegt sind.
Vor Eröffnung des Verfahrens ist über einen vom Schuldner gestellten Stundenantrag zu entscheiden. Zur Entscheidung ist
der Insolvenzrichter zuständig, die Entscheidung ist nicht von dem Rechtspfleger nach Eröffnung des Verfahrens zu treffen
(a. A. AG Hamburg, ZIP 2001, 2241).
AG Göttingen, 19.02.2002, 74 IK 175/00 (InVo 2002, 232)
Im laufenden Insolvenzverfahren kommt eine Aktenversendung auch an ein auswärtiges Insolvenzgericht grundsätzlich nicht
in Betracht. Dies gilt auch dann, wenn über einen Versagungsantrag eines Gläubigers gem. § 290 InsO zu befinden ist.
Bei Ablehnung der Akteneinsicht steht dem Gläubiger die Beschwerdemöglichkeit gem. §§ 567 ff. ZPO zu. Nimmt eine
Schuldnerin nach Erlangung der allgemeinen Hochschulreife ein Studium auf, scheidet ein Verstoß gegen die
Erwerbsobliegenheit des § 295 I Nr. 1 InsO jedenfalls solange aus, wie das Studium im zeitlich üblichen Rahmen
durchgeführt wird.
LG Göttingen, 18.02.2002, 10 T 10/02 (NZI 2002, 326)
Die Erklärung über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse gem. § 290 I Nr. 2 InsO entfaltet keine Rechtswirkung,
wenn diese nicht vom Schuldner eigenhändig unterschrieben wurde.
Die Gründe für die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 I InsO können nur im Schlusstermin geltend gemacht
werden. Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein masseunzulängliches Verfahren vorliegt oder das Insolvenzgericht auf die
Durchführung eines Schlusstermins verzichtet.
LG Stuttgart, 14.02.2002, 1 T 39/01 (Siegmann, ZEV 2002, 370)
Zweck des § 321 InsO ist es, im Fall der Nachlassinsolvenz die Vermögenslage zur Zeit des Erbfalls wiederherzustellen.
Eine Abweichung vom bisherigen Recht (§ 221 KO) war mit der Neuregelung des § 321 InsO nicht beabsichtigt.
Die Löschung einer Vormerkung kann vom Insolvenzverwalter bereits vor der Verwertung des Grundstücks begehrt
werden. Falls es nicht zu einer Verwertung kommt, kann der Vormerkungsberechtigte seine Wiedereintragung
beanspruchen.
LG Koblenz, 13.02.2002, 2 T 88/02 (RPfleger 2002, 376)
Die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Insolvenzverfahren ist nur geboten, wenn im Einzelfall besondere Schwierigkeiten
hinzutreten.
AG Dresden, 13.02.2002, 530 IN 2190/01 (ZIP 2002, 862)
Lässt der Eigenantrag eines Insolvenzantragstellers nicht erkennen, ob er die Eröffnung des Insolvenzverfahrens überhaupt
ernstlich anstrebt, etwa weil jede Glaubhaftmachung eines Insolvenzgrundes fehlt, so ist dieser Antrag wegen fehlenden
Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig zurückzuweisen.
Die Amtsermittlungspflicht des Insolvenzgerichts setzt auch bei einem Eigenantrag erst ein, wenn ein zulässiger
Insolvenzantrag vorliegt.
SchiedsG Frankfurt, 12.02.2002, o.Az.(NJOZ 2002, 1314)
Das Rechtsverhältnis einer am Neuen Markt gelisteten Gesellschaft zur Deutschen Börse und die aus diesem
Rechtsverhältnis der Gesellschaft zustehenden Ansprüche sind Vermögenswerte, die in die Insolvenzmasse der Gesellschaft
fallen. Der Insolvenzverwalter ist befugt, die sich aus diesem Rechtsverhältnis ergebenden Rechte geltend zu machen.
Die in Gestalt des Regelwerks Neuer Markt verwirklichten Handelsrichtlinien sind dem Privatrecht zuzuordnen.
Die Deutsche Börse AG ist berechtigt, im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung das Regelwerk Neuer Markt durch
Klauseln über die Beendigung der Zulassung des Handels von Aktien im Neuen Markt abzuändern.
Eine Lösungsklausel, die es der Deutschen Börse AG gestattet, sich im Falle der Insolvenz eines gelisteten Unternehmens
einseitig von dem Vertragsverhältnis zu dem Emittenten zu lösen, stellt eine lediglich mittelbare Beeinträchtigung des
Wahlrechts des Insolvenzverwalters dar, den Vertrag zu erfüllen.
Die Einführung einer derartigen Lösungsklausel entfaltet auch gegenüber solchen Unternehmen Wirkung, über deren
Vermögen zum Zeitpunkt der Änderung des Regelwerks das Insolvenzverfahren bereits eröffnet war.
Eine Regelung über den Ausschluss insolventer Gesellschaften vom Neuen Markt ist nicht deshalb unwirksam, weil sie keine
Übergangsfrist vorsieht, die es dem Insolvenzverwalter ermöglicht, die von ihm in Angriff genommene Sanierung des
Unternehmens im Insolvenzplanverfahren rechtskräftig abzuschließen.
OLG Celle, 06.02.2002, 2 U 201/01 (ZIP 2002, 993)
Ein gutgläubiger Erwerb der Betriebsausstattung des Schuldners vom Insolvenzverwalter scheidet aus, wenn die
Gegenstände des Kaufvertrages auf solche beschränkt sind, die im Eigentum des Schuldners stehen, und der Käufer sich
nicht bezüglich aller Kaufgegenstände vergewissert hat, dass uneingeschränktes Eigentum der Masse gegeben ist.
Ist der für die Kündigungsvoraussetzungen maßgebliche Zahlungsverzug erst im Laufe des Eröffnungsverfahrens entstanden
und liegen damit die Voraussetzungen für eine Kündigungssperre nach § 112 Nr. 1 InsO nicht vor, so kann der Vermieter
des Schuldners jedenfalls dann wegen dieses Zahlungsverzuges noch während des Eröffnungsverfahrens gegenüber dem
Schuldner fristlos kündigen, wenn nur ein vorläufiger Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt bestellt ist.
Die Voraussetzungen für den Anspruch einer fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses wegen Zahlungsverzuges müssen
erst bei Zugang des Kündigungsschreibens und nicht schon bei dessen Unterzeichnung vorliegen.
LG Karlsruhe, 06.02.2002, 1 S 141/01 (ZIP 2002, 362)
Rechtshandlungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters können, sofern nicht die Verfügungsbefugnis über das Vermögen
des Insolvenzschuldners auf ihn übergegangen ist (§ 21 II Nr. 2 Alt. 1, § 22 I, § 55 II InsO), durch ihn selbst in seiner
Eigenschaft als späterer Insolvenzverwalter angefochten werden.
Dem Anspruch auf Rückgewähr einer anfechtbaren Erfüllungshandlung (Zahlung für Lieferungen oder Leistungen) gem.
§ 143 I InsO kann nicht im Wege des Zurückbehaltungsrechtes ein Anspruch auf Grund vorbehaltenen Eigentums an den
gelieferten Gegenständen entgegengehalten werden.
OLG Celle, 04.02.2002, 2 W 5/02 (InVo 2002, 182)
Der Schuldner ist verpflichtet, die Forderungsabtretung gem. § 287 II 1 InsO mit seinem Antrag auf Restschuldbefreiung
vorzulegen; fehlt eine solche Abtretungserklärung, so ist diese nach Aufforderung des Gerichts unverzüglich nachzureichen.
Versagungsgründe gem. § 290 I Nrn. 1 bis 6 InsO können nur im Schlusstermin von den erschienenen Gläubigern geltend
gemacht werden; ein schriftlicher Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung in der einleutenden Entscheidung zum
Restschuldbefreiungsverfahren kommt allenfalls dann in Betracht, wenn das Insolvenzgericht im masseunzulänglichen
Verfahren auf die Durchführung eines Schlusstermins verzichtet hat.
Der Schuldner ist verpflichtet, in den nach § 305 I Nr. 3 InsO aufzustellenden Verzeichnissen seine Einkünfte vollständig anzugeben.
Die Nichtangabe von Einkünften, die unterhalb der Pfändungsfreigrenzen liegen, kann einen Versagungsgrund gem. § 290 I
Nr. 6 InsO darstellen.
Der Schuldner wird von dem Vorwurf den Versagungsgrund des § 290 I Nr. 6 InsO vorsätzlich oder fahrlässig verwirklicht
zu haben, nicht ohne weiteres dadurch entlastet, dass er ein ihm von anwaltlicher Seite zur Verfügung gestelltes Formular
ausgefüllt hat, in dem Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen nicht vorgesehen waren; ein vormals im Geschäftsleben
tätiger Schuldner muss von sich aus erkennen, das er insoweit vollständige und richtige Angaben zu machen hat.
LAG Hamm, 02.02.2002, 4 (14) Ta 24/02 (ZIP 2002, 579)
Bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters mit allgemeinem Zustimmungsvorbehalt (§ 21 II Nr. 2 Alt. 2 InsO)
geht es prozessual nicht an, beide - nämlich den Schuldner und den vorläufigen Insolvenzverwalter - alternativ zu verklagen,
wie vorliegend mit dem Wort "bzw." geschehen; es liegt in einem solchen Fall keine zulässige Klageerhebung vor. Dennoch
hat nach Zustellung einer solchen Klageschrift der so "mitverklagte" vorläufige Insolvenzverwalter - selbst wenn er
Nichtjurist ist - bis zum Scheitern der Güteverhandlung keinen Anspruch auf Anwaltsbeiordnung, weil eine Vertretung
durch einen Rechtsanwalt in der Regel weder erforderlich erscheint (§ 121 II Alt. 1 ZPO n.F.) noch zur Herstellung der
Waffengleichheit (§ 121 II Alt. 2 ZPO n.F.) geboten ist; eine Anwaltsbeiordnung kommt grundsätzlich erst für die
Durchführung der streitigen Verhandlung vor der Kammer in Betracht.
ArbG Bayreuth, 30.01.2002, 3 Ca 997/01 (DZWir 2002, 282)
Droht in der Insolvenz des Arbeitgebers die Masseunzulänglichkeit, ist der Arbeitnehmer wegen bis dahin ausstehender
Gehaltsforderungen auch ohne vorherige Abmahnung zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt.
Das bis zu dem Zeitpunkt der nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit durch den Arbeitgeber entgangene
Arbeitsentgelt kann als Schadenersatz verlangt werden. Dabei sind die regulären Kündigungsfristen, d.h. nicht die Frist des §
113 I S. 3 InsO, zu Grunde zu legen.
AG Duisburg, 29.01.2002, 62 IN 53/00 (NZI 2002, 328)
Der Umstand, dass der verheiratete Schuldner für seinen Lohnsteuerabzug während des Verfahrens zur Restschuldbefreiung
nicht die zu einem höheren Nettoeinkommen führende Steuerklasse III gewählt hat, rechtfertigt keine Versagung der
Restschuldbefreiung wegen Verletzung der Erwerbsobliegenheit (§ 295 I Nr. 1 InsO).
Es gibt keine Verpflichtung des Ehegatten zu Gunsten der Gläubiger des anderen Ehegatten einer vom gesetzlichen
Regelfall des § 38b I Nr. 4 EStG abweichenden Wahl der Steuerklassen zuzustimmen, die für ihn selbst nachteilig ist.
Auch im Verfahren um die Zulässigkeit eines Versagungsantrags nach § 296 InsO ist es nicht Sache des Gerichts, den
Antragsteller bei der Beschaffung der erforderlichen Beweismittel zur Glaubhaftmachung durch Amtsermittlungen oder die
Vernehmung des Schuldners zu unterstützen.
Über einen unzulässigen Versagungsantrag nach § 296 InsO kann ohne Anhörung des Schuldners, des Treuhänders oder der
Insolvenzgläubiger entschieden werden.
BGH, 28.01.2002, II ZB 23/01 (NZI 2002, 549)
Der für die Zulässigkeit der Berufung gem. § 511a ZPO maßgebende Wert der Beschwer bei einer
Insolvenzfeststellungsklage richtet sich nicht nach dem Nennwert der erstinstanzlich zur Konkurstabelle festgestellten
Forderung, sondern ist nach der voraussichtlich auf sie entfallenden Konkursquote zu bemessen.
§ 182 InsO und § 148 KO gelten sowohl für den Gebühren- als auch für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelstreitwert
unter Einschluss des Wertes des Beschwerdegegenstands i. S. von § 511a ZPO. Dies gilt auch im Fall eines Rechtsmittels
des Verwalters gegen die erstinstanzliche Feststellung einer Forderung zur Konkurs- bzw. Insolvenztabelle.
OLG Dresden, 24.01.2002, 13 U 2215/01 (ZIP 2002, 815)
Eine Zahlungsaufforderung durch den Insolvenzverwalter ist nur dann als konkludente Erfüllungswahl auszulegen, wenn sie
klar und eindeutig, für den Empfänger unzweifelhaft erkennen lässt, dass der Insolvenzverwalter die Erfüllung des Vertrages
begehrt.
Lässt die Zahlungsaufforderung erkennen, dass der Insolvenzverwalter von bereits vollständiger Vertragserfüllung durch
den Insolvenzschuldner ausgeht und nur noch die fällige Gegenleistung des Drittschuldners abfordern will, liegt keine
(konkludente) Erfüllungswahl vor.
Auch bei bereits weitgehender Vertragserfüllung ist der Insolvenzverwalter in seiner Entscheidung über die Erfüllungswahl
frei. Die in §§ 38, 55 I InsO vorgegebene Abgrenzung von Insolvenzforderungen und Masseverbindlichkeiten unterliegt
nicht der Korrektur durch § 242 BGB.
BGH, 23.01.2002, XII ZR 5/00 (GE 2002, 1327)
Ein Sonderkündigungsrecht des Mieters in der Insolvenz des Vermieters gibt es nicht.
Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermietervermögen mangels Masse abgelehnt, so erwächst dem
Mieter allein aus diesem Umstand kein außerordentliches Kündigungsrecht.
OLG Celle, 23.01.2002, 2 W 135/01 (InVo 2002, 177)
Es verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, wenn gegen den obstruktiven Schuldner, der den Verbleib
seines Vermögens nicht offenbart, nach mehreren erfolglosen Vorführungsversuchen Haft zur Erzwingung von Auskünften
über sein Vermögen und von ihm vorgenommene Verfügungen nach Verfahrenseröffnung angeordnet wird.
Haft zur Erzwingung von Auskünften des Schuldners nach den §§ 98 II Nr. 2, 97 I InsO kann auch im vereinfachten
Insolvenzverfahren, in dem der Schuldner dem Treuhänder gegenüber die erforderlichen Auskünfte verweigert hat,
angeordnet werden.
Über sofortige weitere Beschwerden, die sich gegen Beschwerdeentscheidungen richten, die noch vor dem 1.1.2002
ergangen sind, hat das Oberlandesgericht nach der ursprünglichen Fassung des § 7 I InsO zu entscheiden.
OLG Düsseldorf, 23.01.2002, 19 Sa 113/01 (NZI 2002, 388)
Eine die Einzelzwangsvollstreckung lediglich vorbereitende Handlung, wie z. B. eine Zustellung, ist nicht als
"Zwangsvollstreckung" i. S. des § 89 I und II InsO anzusehen.
§ 89 III InsO begründet keine Zuständigkeit des Insolvenzgerichts für eine Vollstreckungsgegenklage.
BGH, 23.01.2002, XII ZR 5/00 (GE 2002, 1327)
Ein Sonderkündigungsrecht des Mieters in der Insolvenz des Vermieters gibt es nicht.
Wird die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermietervermögen mangels Masse abgelehnt, so erwächst dem
Mieter allein aus diesem Umstand kein außerordentliches Kündigungsrecht.
BAG, 17.01.2002, 2 AZR 57/01 (ZIP 2002, 1412)
Der Gemeinschaftsbetrieb zweier Unternehmen wird regelmäßig dadurch aufgelöst, dass über das Vermögen des einen
Unternehmers das Insolvenzverfahren eröffnet wird und der Insolvenzverwalter den von ihm nunmehr geführten Betriebsteil
stillegt.
Eine Kündigungsschutzklage gegen eine Kündigung des Insolvenzverwalters ist gegen diesen als Partei kraft Amtes zu
richten. Eine Klage gegen die Schuldnerin macht den Insolvenzverwalter nicht zur Partei und wahrt deshalb nicht die
Klagefrist nach § 4 KSchG bzw. § 113 II InsO.
Ist ausweislich des Rubrums der Klageschrift anstatt des Insolvenzverwalters die Schuldnerin verklagt, ist jedoch stets zu
prüfen, ob eine Berichtigung des Rubrums möglich ist. Ergibt sich aus dem Inhalt der Klageschrift, etwa dem beigefügten
Kündigungsschreiben des Insolvenzverwalters, dass sich die Klage in Wahrheit gegen den Insolvenzverwalter richten soll, so
ist die irrtümlich falsche Parteibezeichnung zu berichtigen.
Eine Klagezustellung ist jedenfalls nicht mehr nach § 270 III ZPO als demnächst erfolgt anzusehen, wenn durch ein der
Partei nach § 85 II ZPO zuzurechnendes Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten (schuldhaft falsche Adressierung) die
Klagezustellung erheblich länger als zwei Wochen verzögert worden ist.
Ein einheitliches Arbeitsverhältnis zu zwei Arbeitgebern wird nicht bereits dadurch - konkludent - begründet, dass der
ursprüngliche Arbeitgeber später mit einem anderen Unternehmer zusammen einen Gemeinschaftsbetrieb bildet.
BGH, 10.01.2002, IX ZR 61/99 (ZIP 2002, 404)
Auch in der Gesamtvollstreckung findet die Anfechtung gegenüber Einzelrechtsnachfolgern des ersten Leistungsempfängers
nach Maßgabe der § 40 II KO, § 145 II InsO statt.
Eine Einzelrechtsnachfolge liegt auch dann vor, wenn der Empfänger eines anfechtbar begebenen Schecks diesen über das
Konto einer anderen Person zu deren Gunsten einziehen lässt.
AG Duisburg, 08.01.2002, 63 IK 21/01 (NZI 2002, 217)
In der Verbraucherinsolvenz hat ein Schuldner, der die gesetzliche Restschuldbefreiung anstrebt, ab Beginn des
außergerichtlichen Einigungsversuchs mit der Sorgfalt eines redlichen Schuldners nach besten Kräften Rücklagen für die
Kosten des auf ihn zukommenden Insolvenzverfahrens anzusparen. Verstößt er gegen diese Pflicht, so ist er im Hinblick auf
die Stundung so zu behandeln, als seien die verbrauchten Finanzmittel noch vorhanden.