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Rechtsprechung des BGH zum Strafrecht 2003
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Rechtsprechung zum Strafrecht - 1998 - 1999 - 2000 - 2001 - 2002 - 2003 - 2004 - 2005
BGH, Urteil vom 15.12.2003 - 2 BGs 315/03 (NStZ 2004, 218 L)
Einem Verteidiger, der die für die Mandantengespräche erforderlichen Unterlagen auf einem Notebook eingespeichert hat,
kann regelmäßig die Mitnahme eines solchen Geräts (ohne Netzwerkkarte und Zusatzgeräte) zu Unterredungen mit seinem
Mandanten in der Justizvollzugsanstalt nicht verwehrt werden. § 30 I Nr. 3 BtMG in der Tatvariante des Verabreichens von
Betäubungsmitteln mit Todesfolge steht zu § 227 I StGB nicht im Verhältnis privilegierender Spezialität.
BGH, Urteil vom 11.12.2003 - 3 StR 120/03 (NJW 2004, 1054)
Das illegale Verabreichen von Betäubungsmitteln an einen anderen und mit dessen Einwilligung (hier. durch Heroininjektion
während gemeinsamen Drogenkonsums) ist nicht schon deswegen sitten- und damit gem. § 228 StGB rechtswidrig, weil
sich der Handelnde durch die Tat wegen eines Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz- bzw. Suchtgefahren begründet
oder verstärkt werden. Nach allgemeinen sittlichen Empfinden ist die Grenze moralischer Verwerflichkeit dann
überschritten, wenn bei vorausschauender objektiver Betrachtung aller maßgeblichen Umstände der Betroffene durch das
Verabreichen des Betäubungsmittels in konkrete Todesgefahr gebracht wird (hier bejaht bei gesundheitlicher Vorschädigung
und zusätzlich bestehender Alkoholintoxikation des Opfers).
BGH, Urteil vom 03.12.2003 - 5 StR 307/03 (StV 2004, 57)
Hat der Verteidiger nicht rechtzeitig einen beweisthemenbezogenen Widerspruch gegen die Verwertung von
Beschuldigtenangaben im Hinblick auf die Verletzung des Verteidigerkonsultationsrecht erhoben, bedarf es spätestens zu
dem in § 257 StPO genannten Zeitpunkt des Widerspruchs bezogen auf jeden einzelnen zeugenschaftlich vernommenen
Vernehmungsbeamten. BGH, Urteil vom 03.12.2003 - 5 StR 249/03 (NStZ 2004, 220 L) Der Senat hält daran fest, dass
dann, wenn ein Urteil statt mit dem Rechtsmittel der Berufung mit dem der Revision angefochten werden kann
(Sprungrevision), der Beschwerdeführer, der in der Einlegungsfrist Berufung eingelegt hat, innerhalb der
Revisionsbegründungsfrist erklären darf, dass er von der ursprünglich gewählten Berufung zur Revision übergeht (BGHSt 5,
338 = NJW 1954, 687).
BGH, Urteil vom 02.12.2003 - 1 StR 102/03 (NJW 2004, 865)
Ein erkennender Richter ist nicht "in der Sache" als Staatsanwalt tätig gewesen und deshalb von der Mitwirkung
ausgeschlossen, weil er in seinem früheren Amt als Staatsanwalt im Rahmen von Todesermittlungen die Obduktion der
Leiche eines vor der Hauptverhandlung verstorbenen Zeugen und Tatgeschädigten angeordnet hat. Das gilt auch dann, wenn
vor der Obduktion für den Fall einer bei dieser feststellbaren Fremdverursachung hypothetische Erwägungen über eine
etwaige Verantwortung des Angeklagten für den Tod des Zeugen angestellt worden sind, die Obduktion jedoch keinen
Anhalt für ein Fremdverschulden erbracht und die Todesermittlungen ohne weiteres eingestellt worden sind.
BGH, Urteil vom 26.11.2003 - 2 StR 291/03 (NJW 2004, 1187)
Als Zeit einer Verwahrung i.S. des § 66 IV Satz 4 StGB ist Verbüßung von Untersuchungshaft auch dann anzusehen, wenn
das Verfahren, in welchem sie angeordnet wurde, nicht zu einer Verurteilung geführt hat und der Angeklagte für die
erlittene Untersuchungshaft entschädigt wurde. BGH, Urteil vom 25.11.2003 - 4 StR 239/03 (NJW 2004, 454)
Zur Abgrenzung von Untreue und Betrug gegenüber Krankenkasse und Apotheker beim Bezug kassenärztlich verordneter,
aber nicht notwendiger Medikamente.In derartigen Fällen scheidet eine i.S. des § 263 StGB relevante Täuschungshandlung
gegenüber dem Apotheker regelmäßig aus, weil dieser grundsätzlich nicht verpflichtet ist, das vorgelegte Rezept auf seine
medizinische Richtigkeit hin zu überprüfen.
Eine Täuschungshandlung gegenüber der Krankenkasse ist ebenfalls nicht gegeben, wenn der die Arzneimittelverordnung
ausstehende und insoweit als Vertreter der Kasse handelnde Arzt weiß, dass die angegebenen Leistungen nicht norwendig
i.S. des § 12 I SGB V sind.
Zur Betreuungspflicht des Krankenarztes gegenüber dem Vermögen der Krankenkasse unter dem Gesichtspunkt der § 12 I
SGB V, § 266 StGB.
BGH, Urteil vom 20.11.2003 - 4 StR 150/03 (NJW 2004, 786)
Zur Auslegung des Tatbestandes des räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer: Erforderlich ist eine zeitliche Verknüpfung
dergestalt, dass das Opfer bei Verüben des Angriffs entweder Führer oder Mitfahrer eines Kraftfahrzeugs ist. Führer i.S. des
§ 316 a StGB ist, wer das Kraftfahrzeug in Bewegung zu setzen beginnt, es in Bewegung hält oder allgemein mit dem
Betrieb des Fahrzeugs und/oder mit der Bewältigung von Verkehrsvorgängen beschäftigt ist. Daran fehlt es, sobald der
Fahrer sich außerhalb des Fahrzeugs befindet, ferner regelmäßig, wenn das Fahrzeug aus anderen als verkehrsbedingten
Gründen anhält und der Fahrer den Motor ausstellt. Einen tatbestandsmäßigen Angriff auf die Entschlußfreiheit verübt, wer
in feindseliger Absicht auf dieses Rechtsgut einwirkt. Dabei genügt es für die Vollendung, dass das Opfer den objektiven
Nötigungscharakter der Handlung erkennt. List und Täuschung stellen regelmäßig noch keinen Angriff dar. Die
"Vereinzelung" des Fahrers oder Mitfahrers begründet für sich allein noch kein Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des
Straßenverkehrs.(Aufgabe von BGHSt 5, 280 = NJW 1954, 521).
BGH, Urteil vom 14.11.2003 - 2 StR 164/03 (NJW 2004, 693)
Der Geschäftsführer einer GmbH, die sich in städtischem Alleinbesitz befindet und deren wesentliche Geschäftstätigkeit die
Versorgung der Einwohner mit Fernwärme ist, ist Amtsträger gem. § 11 I Nr. 2 lit. c StGB, wenn die Stadt die
Geschäftstätigkeit im öffentlichen Interesse steuert.
Liegen wegen einer Veränderung der Strafdrohung die Voraussetzungen der Ruhensvorschrift des § 78 b IV StGB vor, so
ist § 2 III StGB zu beachten.
BGH, Urteil vom 13.11.2003 - 5 StR 327/03 (NJW 2004, 237)
In einer psychiatrischen Klinik mit Leitungsfunktionen betraute Personen können wegen fahrlässiger Tötung bzw.
fahrlässiger Körperverletzung strafbar sein, wenn sie einem erkennbar tatgeneigten Patienten Ausgang gewähren und dieser
den Ausgang zur Begehung von Tötungs- und Körperverletzungsdelikten missbraucht. Die Ursächlichkeit der
Ausgangsgewährung kann in diesem Fall nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil ein anderes Geschehen (hier: ein
gewaltsamer Ausbruch aus der unzureichend gesicherten Station) möglicherweise zu denselben Taten gerührt hätte.
BGH, Urteil vom 12.11.2003 - 2 StR 354/03 (NJW 2004, 1118 L)
Wenn Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidung im Wesentlichen davon abhängt, welchen Angaben das Gericht
folgt, müssen die Urteilsgründe erkennen lassen, dass der Tatrichter alle Umstände, welche die Entscheidung beeinflussen
können, erkannt und in seine Überlegungen einbezogen hat. Dies gilt insbesondere, wenn sich sogar die Unwahrheit eines
Aussageteils herausstellt. Dann muss der Tatrichter jedenfalls regelmäßig außerhalb der Zeugenaussagen liegende
gewichtige Gründe nennen, die es ihm ermöglichen, der Zeugenaussage im Übrigen dennoch zu glauben.
Zu den außerhalb der Zeugenaussage liegenden gewichtigen Indizien zählen die Ereignisse und Umstände nach dem Vorfall,
die von anderen Zeugen glaubhaft bestätigt worden sind.
Die Verwertung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens kann als zusätzliches Indiz für die Glaubhaftigkeit einer Aussage dienen.
Hat sich die unter die erhöhte Strafdrohung des § 30a II Nr. 2 BtMG gestellte abstrakte Gefahr realisiert, so darf diese
Auswirkung der Tat dem Angeklagten nur straferhöhend zur Last gelegt werden, wenn sie von ihm auch verschuldet wurde.
BGH, Urteil vom 11.11.2003 - 5 StR 482/03 (NStZ-RR 2004, 90)
Betreibt ein Angeklagter, der wegen seines langjährigen Konsums eines bestimmten Betäubungsmittels insoweit ein
Abhängigkeitssyndrom entwickelt hat, im Kilobereich mit einem anderen Betäubungsmittel Handel, so liegt die Annahme,
seine Steuerungsfähigkeit sei dabei erheblich vermindert gewesen, eher fern.
BGH, Urteil vom 06.11.2003 - 1 StR 406/03 (NStZ-RR 2004, 39)
Der Tatrichter hat die Rechtsfrage, ob eine Verminderung der Steuerungsfähigkeit erheblich" i.S. des § 21 StGB ist, ohne
Bindung an Äußerungen von Sachverständigen zu beantworten. Dabei fließen normative Erwägungen mit ein. Die rechtliche
Erheblichkeit der Verminderung des Hemmungsvermögens hängt überdies von den Anforderungen ab, welche die
Rechtsordnung an das Verhalten des Einzelnen zu stellen hat. Dies zu bewerten und zu entscheiden ist Sache des Richters.
Allein zur Beurteilung der Vorfrage nach den medizinisch-psychiatrischen Anknüpfungstatsachen bedarf er sachverständiger
Hilfe, sofern er hier zu nicht auf Grund eigener Sachkunde befinden kann.
BGH, Urteil vom 06.11.2003 - 4 StR 296/03 (NStZ-RR 2004, 80)
Nach Aufhebung des § 217 StGB a.F. kann die psychische Ausnahmesituation einer Mutter, die ihr eheliches oder
nichteheliches Kind während oder gleich nach der Geburt tötet, durch die Anwendung des § 213 StGB Berücksichtigung
finden. Die Annahme eines minderschweren Falles ist jedoch in diesen Fällen nicht zwingend, sondern bedarf - wie auch
sonst - einer Gesamtwürdigung.
Das Verbot der Doppelverwertung gem. § 46 III StGB kann auch solche Umstände erfassen, die - ohne Merkmale des
gesetzlichen Tatbestandes zu sein - gerade den gesetzgeberischen Anlass für seine Schaffung bildeten oder für die Tat
typisch sind. Einen solchen Umstand stellt der mit dem Geburtsvorgang gewöhnlich verbundene besondere
Erregungszustand der nicht ehelichen Mutter in § 217 StGB a.F. dar.
BGH, Urteil vom 06.11.2003 - 4 StR 270/03 (NStZ-RR 2004, 88)
An die Bewertung der Einlassung des Angeklagten sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie an die Beurteilung
sonstiger Beweismittel. Der Tatrichter hat sich auf Grund einer Gesamtwürdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme
seine Überzeugung von der Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Einlassung zu bilden. Eine solche Würdigung hat auch dem
Wechsel der Einlassung im Laufe des Verfahrens Rechnung zu tragen.
BGH, Urteil vom 05.11.2003 - 1 StR 368/03 (NJW 2004, 239)
Wird die Vernehmung eines Zeugen oder Sachverständigen durch den Vorsitzenden von einem Verfahrensbeteiligten
fortwährend unterbrochen, so kann der Vorsitzende die Vernehmung zu Ende führen und dem Verfahrensbeteiligten
aufgeben, etwaige Beanstandungen erst nach Abschluss der Befragung vorzutragen.
BGH, Urteil vom 05.11.2003 - 1 StR 287/03 (wistra 2004, 60)
Fragen an einen Zeugen oder Sachverständigen zu einem sachfremden Beweisthema kann der Vorsitzende insgesamt
zurückweisen; die erstmalige Zurückweisung und der erstmalige Gerichtsbeschluss nach § 238 II StPO umfassen auch die
Zurückweisung weiterer Fragen, die gleichwohl zu diesem Thema noch gestellt werden.
Verhaltensweisen des Angeklagten in der Hauptverhandlung, durch welche sich eine rechtsfeindliche Einstellung offenbart,
können strafschärfend berücksichtigt werden. Bei einem fingierten, auf den Todesfall bezogenen Vertrag zu Gunsten Dritter
ist eine schadensgleiche Vermögensgefährdung (zum Nachteil der Bank) noch nicht eingetreten, solange derjenige, mit
dessen Tod die Begünstigung eintreten soll, noch lebt.
BGH, Urteil vom 04.11.2003 - 1 StR 384/03 l(NStZ-RR 2004, 70)
Zur Frage, ob eine reaktiv-depressive Verstimmung auf der Grundlage einer entsprechend disponierten Persönlichkeit zu
einer schweren anderen seelischen Abartigkeit und zu einer dauerhaften erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit
führen kann.
BGH, Urteil vom 30.10.2003 - 5 StR 274/03 (NStZ-RR 2004, 56)
Jedes in den Gesamtablauf eingebundene Mitglied einer Schmuggelorganisation ist zur Anmeldung der durch die Entziehung
entstandenen Verbrauchsteuern verpflichtet und damit tauglicher Täter einer Steuerhinterziehung i.S. von § 370 I Nr. 2 AO,
wenn es nach allgemeinen strafrechtlichen Grundsätzen als Mittäter der Entziehung anzusehen ist. Als Mittäter ist ihm die
von anderen Mitgliedern unterlassene Gestellung (Art. 40 ZK) zuzurechnen.
BGH, Urteil vom 30.10.2003 - 3 StR 276/03(NStZ-RR 2004, 54)
Ein Rechtsanwalt, der Gelder für einen Mandanten in Empfang nimmt und nicht einem Anderkonto zuführt, sondern
anderweitig verwendet, ist grundsätzlich der Untreue schuldig. Das Verhalten des Rechtsanwalts stellt nur dann keinen
Verstoß gegen die Treuepflicht dar und führt nur dann zu keinem Nachteil i.S. des §§ 266 StGB, wenn er uneingeschränkt
bereit und jederzeit fähig ist, einen entsprechenden Betrag aus eigenen flüssigen Mitteln vollständig auszukehren. Dies gilt
auch dann, wenn der Angeklagte erstinstanzlich nur deswegen geladen werden konnte, weil er sich in Untersuchungshaft
befand.
Ob zumindest in solchen Fällen der Untreuevorwurf zu verneinen ist, in denen zwar nach der abredewidrigen Verwendung
der Geldmittel die jederzeitige Verfügbarkeit von Ersatzmitteln nicht sichergestellt ist, aber nach Inhalt und Umständen des
Auftragsverhältnisses eine zeitliche Verzögerung bei der Erfüllung des Auftrags unwesentlich erscheint, bleibt offen. Ein
derartiger Ausnahmefall ist jedenfalls dann nicht gegeben, wenn die seitens des Mandanten dem Rechtsanwalt überlassenen
Gelder dazu dienen sollten, eine - der Höhe nach noch zu verhandelnde - Kaution zu stellen, um eine bereits in Aussicht
gestellte Haftverschonung nach § 116 StPO zu erreichen.
Für die Entscheidung, ob das vorläufige Berufsverbot gem. § 132a StPO aufzuheben ist, ist grundsätzlich das Tatgericht
zuständig. Das Revisionsgericht entscheidet nur dann, wenn es das Berufsverbot endgültig aufhebt oder das Verfahren
einstellt. Ob ein weiterer Ausnahmefall in entsprechender Anwendung des § 126 II StPO zu bejahen ist, wenn sich ohne
Weiteres ergibt, dass die Voraussetzungen des vorläufigen Berufsverbots nicht mehr vorliegen, bleibt offen.
BGH, Urteil vom 29.10.2003 - 5 ARs 61/03 (NJW 2004, 1335)
Ein unzulässig vorab abgesprochener Rechtsmittelverzicht des Angeklagten ist regelmäßig unwirksam (Aufgabe der
bisherigen Senatsrechtsprechung, insb. Senat, Beschl. v. 5.9.2001 - 5 StR 386/01) Dies gilt auch dann, wenn der Verzicht
zwar nicht ausdrücklich Gegenstand der Absprache war, im Rahmen der Verhandlung über die Verständigung jedoch
ausdrücklich vom Gericht angesprochen und befürwortet wurde (Antwort des 5. Strafsenats auf Anfrage des 3. Strafsenats
des BGH).
BGH, Urteil vom 21.10.2003 - 2 BJs 11/03 - 5 AK 17/03 (NStZ-RR 2004, 40)
Für den Tatbestand der Gründung einer terroristischen Vereinigung kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass der
Täter jedenfalls dann das Vorbereitungsstadium verlassen und zur Verwirklichung unmittelbar angesetzt hat, wenn er eine
Person mit dem konkreten Ansinnen, diese als Mitglied der zu gründenden terroristischen Vereinigung zu rekrutieren,
angesprochen hat.
BGH, Urteil vom 16.10.2003 - 5 StR 377/03 (BeckRs 2003, 09617)
Sind im Zeitpunkt der Hauptverhandlung bereits disziplinarische Vorermittlungen gegen einen angeklagten Arzt mit dem
Ziel eingeleitet, ihm die Approbation zu entziehen, ist im Falle der Verurteilung der sicher zu erwartende Verlust der
Approbation bei der Strafzumessung zu berücksichtigen.
BGH, Urteil vom 15.10.2003 - 1 StR 300/03 (NStZ-RR 2004, 16)
Die Rechtswidrigkeit des ohne ordnungsgemäße Aufklärung durchgeführten ärztlichen Eingriffs entfällt, wenn der Patient
bei wahrheitsgemäßer Aufklärung in die Operation eingewilligt hätte.
Der nachgewiesene Aufklärungsmangel kann nur dann zur Strafbarkeit wegen Körperverletzung und wegen der
Akzessorietät auch nur zur Strafbarkeit der Anstiftung zu dieser Tat führen, wenn bei ordnungsgemäßer Aufklärung die
Einwilligung unterblieben wäre. Dies ist dem Arzt nachzuweisen. Verbleiben Zweifel, so ist nach dem Zweifelssatz zu
Gunsten des Arztes davon auszugehen, dass die Einwilligung auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung erfolgt wäre.
Bei der Kausalitätsprüfung ist auf das konkrete Entscheidungsergebnis des jeweiligen Patienten abzuheben. Es kommt nicht
darauf an, dass er sich ohnehin hätte operieren lassen müssen, oder dass ein vernünftiger Patient eingewilligt hätte.
BGH, Urteil vom 15.10.2003 - 2 StR 283/03 (NJW 2004, 528)
Gewalt zur Wegnahme unter Verwendung eines Mittels i. S. von § 250 I Nr. 1 lit. b StGB wendet an, wer das Tatopfer
zunächst mit anderer Zielrichtung gefesselt hat und im engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit der so bewirkten
Wehrlosigkeit des Opfers dessen Sachen entwendet.
BGH, Urteil vom 09.10.2003 - 3 StR 322/03 (NStZ-RR 2004, 57 L)
Maßregeln nach §§ 69, 69a StGB können gegen einen Beifahrer allenfalls dann verhängt werden, wenn besonders
gewichtige Hinweise vorliegen, aus denen sich seine Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen ergibt.
BGH, Urteil vom 07.10.2003 - 1 StR 274/03 (NJW 2004, 169)
Ein Vermögensverlust i.S. des Regelbeispiels für den besonders schweren Fall eines Betruges (§ 263 III Satz 2 Nr. 2 Alt. 1
StGB) ist jedenfalls dann nicht von "großem Ausmaß", wenn er den Wert von 50.000 Euro nicht erreicht.
BGH, Urteil vom 07.10.2003 - 1 StR 212/03 (NJW 2003, 3717)
Wird bereits durch den Abschluß eines Austauschvertrages ein Nachteil i.S. einer schadensgleichen Vermögensgefährdung
bewirkt, so ist ein "Vermögensverlust großen Ausmaßes" i.S. des Regelbeispiels für den besonders schweren Fall einer
Untreue wie auch eines Betruges erst dann herbeigeführt (§ 263 III Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 i.V. mit § 266 II StGB), wenn der
Geschädigte seine vertraglich geschuldete Leistung erbracht hat.
BGH, Urteil vom 07.10.2003 - 1 StR 212/03 (NJW 2003, 3717)
Wird bereits durch den Abschluss eines Austauschvertrages ein Nachteil i.S. einer schadensgleichen Vermögensgefährdung
bewirkt, so ist ein "Vermögensverlust großen Ausmaßes" i.S. des Regelbeispiels für den besonders schweren Fall einer
Untreue wie auch eines Betruges erst dann herbeigeführt (§ 263 III Satz 2 Nr. 2 Alt. 1 i.V. mit § 266 II StGB), wenn der
Geschädigte seine vertraglich geschuldete Leistung erbracht hat.
BGH, Urteil vom 07.08.2003 - 3 StR 137/03 (StrVert 2003, 612)
Überlässt ein Betäubungsmittelhändler seinem Kunden, der ihn über seine Zahlungsfähigkeit und -willigkeit getäuscht hat,
die verkauften Drogen ohne Kaufpreiszahlung, hat er auch keinen Anspruch auf deren Rückgabe, denn eine derartige
Forderung ist wegen unzulässiger Rechtsausübung mit Treu und Glauben unvereinbar. Ihm steht daher nach Verbrauch der
Drogen durch den Kunden auch kein Anspruch auf Geldersatz zu. Will er die Bezahlung der Betäubungsmittel mit
Nötigungsmitteln durchsetzen, erstrebt er demgemäß eine unrechtmäßige Bereicherung i.S. des § 253 I StGB.
Ein Irrtum des Erpressers über die Unrechtmäßigkeit der von ihm erstrebten Bereicherung liegt nicht schon dann vor, wenn
er sich nach den Anschauungen der einschlägig kriminellen Kreise als berechtigter Inhaber eines Anspruchs gegen das Opfer
fühlt. Maßgeblich ist vielmehr, ob er sich vorstellt, dass dieser Anspruch auch von der Rechtsordnung anerkannt wird und er
seine Forderung demgemäß mit gerichtlicher Hilfe in einem Zivilprozess durchsetzen könnte.
BGH, Urteil vom 30.07.2003 - 5 StR 221/03 (NJW 2003, 3787)
Unterlässt der Verantwortliche während des Laufs der Insolvenzantragsfrist nach § 64 I GmbHG die Abführung von
Arbeitnehmerbeiträgen an die Sozialversicherung, macht er sich nicht nach § 266a I StGB strafbar.
Die Strafvorschrift des § 266a I StGB verlangt auch dann die vorrangige Abführung von Arbeitnehmerbeiträgen, wenn die
Zahlung möglicherweise im Insolvenzverfahren später angefochten werden kann (im Anschluss an BGHSt 47, 318 = NJW
2002, 2480 = NZG 2002, 721 = NZI 2002, 454 = NStZ 2002, 547).
BGH, Urteil vom 24.07.2003 - 3 StR 153/03 (StrVert 2003, 611)
Die strafrechtliche Garantenpflicht unter Eheleuten endet, wenn sich ein Ehegatte von anderen in der ernsthaften Absicht
getrennt hat, die eheliche Lebensgemeinschaft nicht wiederherzustellen.
BGH, Urteil vom 17.07.2003 - 4 StR 105/03 (NStZ-RR 2003, 294)
Erreichen die Persönlichkeitsauffälligkeiten (anankastische Persönlichkeit mit narzisstischen Zügen) des Angeklagten keinen
forensisch relevanten Schweregrad, so kann die besondere Hartnäckigkeit bei der von seiner Persönlichkeit mitbestimmten
Tatausführung zu seinen Lasten berücksichtigt werden.
Die Nähe der Tatbegehung zur objektiven Erfüllung von Mordmerkmalen kann auch dann - allerdings nur eingeschränkt -
strafschärfend berücksichtigt werden, wenn die subjektive Seite der Mordmerkmale auf Grund des Vorliegens einer
zwanghaften Persönlichkeit verneint werden mussten.
BGH, Urteil vom 15.07.2003 - 1 StR 187/03 (NStZ 2003, 596)
Glaubte der Angeklagte, auch gegenüber einem bereits abgeschlossenen Angriff noch Notwehrbefugnisse zu haben, so ist
ein solcher, auch als Erlaubnisirrtum" oder indirekter Verbotsirrtum" bezeichneter Irrtum nicht gemäß § 16 StGB, sondern
gemäß § 17 StGB zu behandeln.
BGH, Urteil vom 09.07.2003 - 2 StR 125/03 (NJW 2003, 2841)
Maßgebender Beurteilungszeitpunkt für die nach § 56 StGB zu treffende Prognose ist auch bei einer nachträglichen
Gesamtstrafenbildung im Rahmen von § 55 StGB der der jetzigen Entscheidung.
BGH, Urteil vom 01.07.2003 - 4 StR 75/03 (NJW 2003, 549)
Zur Strafverfolgungsverjährung von in der DDR begangenen Straftaten.
BGH, Urteil vom 25.06.2003 - 1 StR 469/02 (NStZ-RR 2003, 297)
Bei der Frage, ob ein besonders schwerer Fall i.S. des § 266 II StGB aF anzunehmen ist, handelt es sich um eine dem
Tatgericht obliegende Frage der Strafzumessung, in die einzugreifen dem Revisionsgericht nur in engen Grenzen gestattet
ist. Hat der Tatrichter alle die Taten und die Persönlichkeit des Angeklagten kennzeichnenden wesentliche Gesichtspunkte in
die gebotene Gesamtwürdigung einbezogen, so ist seine Annahme, es liege ein besonders schwerer Fall vor, in der Regel
rechtsfehlerfrei.
Der Annahme einer gewerbsmäßigen Begehungsweise steht nicht entgegen, dass die veruntreuten Gelder teilweise zu
Gunsten anderer oder zur partiellen Schadenswiedergutmachung verwendet wurden, insbesondere wenn dies zur
Vermeidung der Aufdeckung der illegalen Praktiken und so zur Fortsetzung der einträglichen Straftaten diente.
BGH, Urteil vom 17.06.2003 - 3 StR 183/03 (NStZ 2003, 601)
Die Verpflichtung des Tatrichters, im Falle einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung das Maß der gebotenen
Kompensation durch Vergleich der an sich verwirkten mit der tatsächlich verhängten Strafe ausdrücklich und konkret zu
bestimmten (BVerfG, NStZ 1997, 591; BGH, NJW 1999, 1198 = NStZ 1999, 181), gilt nicht nur für die Gesamtstrafe,
sondern für alle Einzelstrafen.
Die Reduzierung von Einzelstrafen und Gesamtstrafe darf nicht in Form eines "doppelten Rabattes" durchgeführt werden.
In den Urteilsgründen empfiehlt es sich, sowohl für die Einzelstrafen wie auch für die Gesamtstrafe jeweils die an sich
verwirkte und die nach Durchführung der Kompensation schließlich verhängte Höhe konkret anzugeben.
BGH, Urteil vom 22.05.2003 - 1 StR 70/03 (NJW 2003, 2838)
Der Begriff des "Ladengeschäfts" i.S. von § 184 I Nr. 3a StGB setzt nicht zwingend die Anwesenheit von Personal voraus,
wenn technische Sicherungsmaßnahmen einen gleichwertigen Jugendschutz wie die Überwachung durch Ladenpersonal gewährleisten.
BGH, Urteil vom 21.05.2003 - 1 StR 152/03 (NStZ 2003, 605)
Die entsprechende Geltung des Merkmals des Verzichts auf die erstrebte Leistung aus § 239a IV StGB für den Tatbestand
der Geiselnahme (§ 239b II StGB) erfordert tatbestandsgerechtes Verständnis: Der Täter muss von der Weiterverfolgung
seines Nötigungszieles Abstand nehmen, also auf die nach seinem ursprünglichen Tatplan abzunötigende Handlung, Duldung
oder Unterlassung verzichten. Die in Rede stehende Regelung kann auch nach der Vollendung der Geiselnahme eingreifen.
BGH, Urteil vom 20.05.2003 - 5 StR 66/03 (NStZ 2003, 537)
Wer infolge einer Täuschung durch das Opfer vorsatzlos aktive Sterbehilfe leistet, nimmt nicht an einer tatbestandslosen
Selbstgefährdung teil.
BGH, Urteil vom 14.05.2003 - 2 StR 98/03 (NStZ 2003, 533)
Ist der Täter vom Versuch einer Straftat strafbefreiend zurückgetreten, gleichwohl aber wegen eines zugleich verwirklichten
vollendeten Delikts zu bestrafen, darf jedenfalls der auf die versuchte Straftat gerichtete Vorsatz nicht strafschärfend
berücksichtigt werden.
BGH, Urteil vom 13.05.2003 - 3 StR 128/03 (NStZ-RR 2003, 265)
Die Speicherung oder Veränderung beweiserheblicher Daten zur Täuschung im Rechtsverkehr ist nur strafbar, wenn bei
Wahrnehmung der manipulierten Daten eine unechte oder verfälschte Urkunde vorliegen würde. Gleiches gilt für den
täuschenden Gebrauch derartiger Daten.
Derjenige, der abtelefonierte Telefonkarten unberechtigt wieder auflädt oder derart wieder aufgeladene Telefonkarten für
Telefongespräche einsetzt, macht sich gem. § 269 I StGB strafbar.
Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande zusammen, um fortgesetzt Straftaten gem. § 269 StGB zu begehen, hat dies
nicht zur Folge, dass jedes von einem der Bandenmitglieder auf Grund der Bandenabrede begangenen Urkundsdelikt den
anderen Bandenmitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat zugerechnet werden kann. Vielmehr ist
für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitgliedern hieran als Mittäter,
Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben. Die
Abgrenzung zwischen Mittäterschaft an bzw. Beihilfe zu den jeweiligen Einzeltaten ist in wertender Betrachtung unter
Berücksichtigung aller Umstände vorzunehmen, die von der Vorstellung des jeweiligen Bandenmitgliedes umfasst sind.
Maßgeblich für die Abgrenzung sind insbesondere das Interesse des Beteiligten an der Durchführung der Tat sowie der
Umfang seiner Tatherrschaft oder jedenfalls sein Wille, Tatherrschaft auszuüben, d.h. ob objektiv oder jedenfalls aus seiner
Sicht die Ausführungen der Tat wesentlich von seiner Mitwirkung abhängt.
Sind an einer Deliktsserie mehrere Personen als Mittäter, mittelbare Täter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt, ist die Frage, ob
die einzelnen Straftaten tateinheitlich oder tatmehrheitlich zusammentreffen, für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen
und zu entscheiden. Maßgeblich ist dabei der Umfang des Tatbeitrages oder der Tatbeiträge jedes Beteiligten.
Hat ein Mittäter, mittelbarer Täter oder Gehilfe, der an den unmittelbaren Ausführungen der Tat nicht beteiligt ist, einen alle
Einzeldelikte fördernden Tatbeitrag bereits im Vorfeld erbracht, werden ihm die jeweiligen Taten der Mittäter, Tatmittler
oder Haupttäter als tateinheitlich begangen zugerechnet, da sie in seiner Person durch den einheitlichen Tatbeitrag zu einer
Handlung i.S. des § 52 I StGB verknüpft werden. Ob die Mittäter, Tatmittler oder Haupttäter die ihnen zurechenbaren
Taten gegebenenfalls tatmehrheitlich begangen haben, ist demgegenüber ohne Belang.
BGH, Urteil vom 08.05.2003 - 4 StR 550/02 (NStZ 2003, 540)
Für die Vollendung der Untreue kann zwar schon eine schadensgleiche Vermögensgefährdung ausreichen. Für die für den
Beginn der Verjährung maßgebende Tatbeendigung (§ 78a StGB) ist aber die Realisierung dieser Gefährdung entscheidend.
Entsteht der Nachteil i.S. des § 266 StGB erst durch verschiedene Ereignisse, ist der Zeitpunkt des letzten Ereignisses maßgeblich.
Im Rahmen seiner Vermögensbetreuungspflichten darf der Bürgermeister einer Gemeinde die Möglichkeit eines dem
betreuten Vermögen vorteilhaften Vertragsabschlusses nicht vereiteln oder unberücksichtigt lassen, um unter Berufung
darauf, dass Leistung und Gegenleistung äquivalent sind, für sich oder einen Dritten einen Betrag zu erlangen, den der
Treugeber mit Sicherheit erspart hätte, wenn die Möglichkeit des vorteilhaften Vertragsschlusses im Interesse des betreuten
Vermögens genutzt worden wäre.
BGH, Urteil vom 07.05.2003 - 5 StR 536/02 (StrVert 2003, 616)
Frauen, die durch Zuhältereihandlungen des Angeklagten betroffen sind, sind Verletzte i.S. von § 73 I 2 StGB.
BGH, Urteil vom 30.04.2003 - 2 StR 503/02 (NStZ 2003, 535)
Gerät der Täter erst während der Tathandlung in einen Zustand völliger Schuldunfähigkeit, so sind ihm Handlungen auch
dann zuzurechnen, wenn sie vom Vorsatz erfasst waren und der Tatablauf der Vorstellung entsprach, die der Täter noch vor
Eintritt der Schuldunfähigkeit sich von dem Tatgeschehen gemacht hatte. In einem solchen Fall ist der Täter wegen
vollendeter Tat, begangen im schuldfähigen Zustand, zu bestrafen. Nichts anderes kann für den Eintritt der erheblich
verminderten Schuldfähigkeit erst während der Tatausführung gelten.
BGH, Urteil vom 24.04.2003 - 4 StR 94/03 (wistra 2003, 297)
Insbesondere das Vorliegen des vertypten Strafmilderungsgrundes des § 21 StGB kann - jedenfalls im Zusammenwirken mit
den allgemeinen Strafmilderungsgründen - Anlass geben, trotz Vorliegens eines Regelbeispiels einen besonders schweren
Fall zu verneinen.
BGH, Urteil vom 23.04.2003 - 2 StR 65/03 (NStZ-RR 2003, 295 L)
Die Unterbringung nach § 64 StGB ist zwingend anzuordnen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen der Maßregel gegeben
sind. Es ist nicht erforderlich, dass zumindest eine verminderte Schuldfähigkeit des Täters gem. § 21 StGB feststeht.
Eine suchtbedingte Abhängigkeit kann auch dann die Annahme eines Hangs im Sinne des § 64 StGB begründen, wenn sie
nicht den Schweregrad einer seelischen Störung i.S. der §§ 20 , 21 StGB erreicht.
BGH, Urteil vom 23.04.2003 - 2 StR 52/03 (NStZ 2003, 603)
Bei äußerst gefährlichen Gewalthandlungen liegt es zwar nahe, dass der Täter mit der Möglichkeit rechnet, das Opfer könne
zu Tode kommen. Ob dies im Einzelfall zutrifft, bedarf jedoch im Hinblick auf die hohe Hemmschwelle bei Tötungsdelikten
einer besonders sorgfältigen tatrichterlichen Prüfung. Insbesondere bei einer spontanen, unüberlegten, in affektiver Erregung
ausgeführten Einzelhandlung kann aus dem Wissen von einem möglichen Erfolgseintritt nicht allein ohne Berücksichtigung
der sich aus der Persönlichkeit des Täters und der Tat ergebenden Besonderheiten geschlossen werden, dass auch das -
selbstständig neben dem Wissenselement stehende - voluntative Vorsatzelement gegeben ist.
BGH, Urteil vom 15.04.2003 - 3 StR 91/03 (NStZ-RR 2003, 264)
1. Die Frage einer günstigen Prognose kann auch für die Beurteilung bedeutsam sein, ob besondere Umstände i.S. des § 56
II StGB gegeben sind.
Strafrechtlich irrelevantes Verhalten ist nicht geeignet, eine ungünstige Prognoseentscheidung zu begründen. Gleiches gilt
für mangelnde Schuldeinsicht des Angeklagten oder sein Bagatellisieren der Tat, wenn er sich mit der vom Tatgericht
vermissten Einstellung zum Delikt in Widerspruch zu seiner Verteidigungsstrategie setzen müsste.
BGH, Urteil vom 10.04.2003 - 3 StR 420/02 (NStZ-RR 2003, 202)
§ 177 III Nr. 2 StGB setzt nicht voraus, dass der Täter das Werkzeug oder Mittel schon von vorneherein bei sich führt, um
es bei der Tat zur Verhinderung oder Überwindung des Widerstands des Opfers einzusetzen. Vielmehr ist es ausreichend,
dass der Täter das Tatmittel zu irgend einem Zeitpunkt der Tatbegehung einsatzbereit bei sich hat, wofür es auch genügt,
wenn er es erst am Tatort ergreift.
Im Rahmen des § 177 IV Nr. 1 StGB genügt es, wenn das Tatmittel die Gefährlichkeit durch die konkrete Art seines
Einsatzes gewinnt.
BGH, Urteil vom 08.04.2003 - 5 StR 448/02 (StrVert 2003, 449)
Möglichkeiten der "Haushaltsuntreue" auch bei zweckentsprechender Subventionsgewährung unter Verstoß gegen
Vergaberichtlinien.
Subventionsbetrug durch gemeinnützigen Verein.
BGH, Urteil vom 08.04.2003 - 3 StR 79/03 (NStZ-RR 2003, 232)
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB setzt neben der positiven Feststellung einer auf
einem länger andauernden, nicht nur vorübergehenden geistigen Defekt beruhenden Schuldunfähigkeit oder erheblichen
Verminderung der Schuldfähigkeit voraus, dass die unterzubringende Person eine rechtswidrige Tat begangen hat, die auf
den die Annahme der §§ 20 , 21 StGB rechtfertigenden dauerhaften Defekt zurückzuführen ist, d.h. mit diesem in einem
ursächlichen symptomatischen Zusammenhang steht. Schließlich muss die Gesamtwürdigung von Tat und Täter ergeben,
dass auf Grund des zur Schuldunfähigkeit oder erheblich verminderten Schuldfähigkeit führenden Zustandes eine über die
bloße Möglichkeit hinausgehende Wahrscheinlichkeit weiterer erheblicher rechtswidriger Taten besteht.
Ohne Feststellungen zur Tatmotivation kann sich der Zusammenhang zwischen der beim Beschuldigten vorliegenden
psychischen Störung, der Anlasstat und der Gefahr erheblicher rechtswidriger Taten in Zukunft dem Revisionsgericht nicht erschließen.
Zwar kann auch schon eine erste Straftat belegen, dass der Täter für die Allgemeinheit gefährlich ist. Ob dies der Fall ist,
muss jedoch auf Grund einer umfassenden Würdigung der Person des Täters, seines Vorlebens und der Symptomtat geprüft
werden.
Die Anwendung des § 20 StGB kann nicht auf beide Alternativen - fehlende Einsichtsfähigkeit und fehlende Fähigkeit, nach
der Unrechtseinsicht zu handeln - zugleich gestützt werden.
BGH, Urteil vom 01.04.2003 - 4 StR 96/03 (NStZ 2003, 602)
Widerstandsunfähig i.S. von § 179 StGB ist, wer aus den in Abs. 1 dieser Vorschrift genannten Gründen keinen zur Abwehr
ausreichenden Widerstandswillen bilden, äußern oder durchsetzen kann.
Allein die Feststellung einer § 20 StGB unterfallenden geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung genügt nicht,
um die Annahme der Widerstandsunfähigkeit i.S. des § 179 StGB zu begründen.
BGH, Urteil vom 27.03.2003 - 3 StR 435/02 (NStZ 2003, 480)
Beruht die erhebliche Verminderung der Schuldunfähigkeit des Täters auf verschuldeter Trunkenheit, so kommt eine
Strafrahmenverschiebung nach §§ 21, 49 I StGB in der Regel nicht in Betracht (nicht entscheidungstragend).
BGH, Urteil vom 27.03.2003 - 5 StR 508/02 (StrVert 2003, 446)
Zur Annahme eines täuschungsbedingten Vermögensschadens bei vereitelter späterer Absicherung eines ursprünglich
ungesichert ausgereichten Darlehens.
BGH, Urteil vom 26.03.2003 - 1 StR 549/02 (StrVert 2003, 397)
Bei der Inbrandsetzung von Sachen juristischer Personen (§ 306 I StGB) obliegt die Erteilung der Einwilligung demjenigen
Vertretungsorgan, zu dessen Geschäftsbefugnissen die Verfügung über die Sache gehört. Die Einwilligung ist aber
unwirksam, wenn der Vertreter damit seine Vertretungsmacht offensichtlich missbraucht. Das gilt auch dann, wenn die
Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis unbeachtlich ist.
BGH, Urteil vom 26.03.2003 - 1 StR 549/02 (NJW 2003, 18249)
Bei der Inbrandsetzung von Sachen juristischer Personen (§ 306 I StGB) obliegt die Erteilung der Einwilligung demjenigen
Vertretungsorgan, zu dessen Geschäftsbefugnissen die Verfügung über die Sache gehört. Die Einwilligung ist aber
unwirksam, wenn der Vertreter damit seine Vertretungsmacht offensichtlich missbraucht. Das gilt auch dann, wenn die
Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis unbeachtlich ist.
BGH, Urteil vom 26.02.2003 - 5 StR 423/02 (NJW 2003, 1880)
Eine Telefonüberwachung nach § 100a Satz 1 Nr. 2 StPO kann dann nicht auf den Verdacht der Geldwäsche gestützt
werden, wenn eine Verurteilung wegen Geldwäsche auf Grund der Vorrangklausel des § 261 Abs. 9 Satz 2 StGB nicht zu
erwarten und die der Geldwäsche zugrundeliegende Tat keine Katalogtat i.S. des § 100a StPO ist.
Ein Verstoß gegen § 100a S. 1 Nr. 2 StPO ist grundsätzlich dann heilbar und führt nicht zu einem Verwertungsverbot für
die aus der Telefonüberwachung gewonnenen Erkenntnisse, wenn die zum Zeitpunkt des ermittlungsrichterlichen
Beschlusses bestehende Beweislage den Verdacht einer anderen Katalogtat des § 100a StPO - insbesondere eines Vergehens
der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung nach § 129 StGB - gerechtfertigt hätte.
BGH, Urteil vom 12.02.2003 - 5 StR 165/02 (NJW 2003, 1821)
Zu den Anforderungen an die Feststellung einer unerlaubten Arbeitnehmerüberlassung in Abgrenzung zum Werkvertrag.
Macht der Arbeitgeber gegenüber der sozialversicherungsrechtlichen Einzugsstelle falsche Angaben über die Verhältnisse
seiner Arbeitnehmer, so begeht er einen Betrug nach § 263 StGB; eine Strafbarkeit nach § 266a I StGB tritt dahinter zurück.
BGH, Urteil vom 04.02.2003 - GSSt 2/02 (NJW 2003, 1677)
Wer bei einer Raubtat das Opfer mit einer geladenen Schreckschusswaffe, bei der der Explosionsdruck nach vorn austritt,
bedroht, verwendet eine Waffe und erfüllt damit den Tatbestand des § 250 II Nr. 1 StGB.