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Rechtsprechung zur InsO im Jahr 2004 in Leittsätzen

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- Stand: 27. Juni 2005 - Volltextsuche - Datenschutz - Sicherheit - News and more! - Suchmaschinen - Google (Test 2/2003 - gut - 2,1)

Rechtsprechung im Jahr: 1999 - 2000 - 2001 - 2002 - 2003 - 2004 - 2005

OLG Rostock, Urteil vom 29.12.2004 - 3 U 164/04 (ZIP 2005, 360)

Wird durch eine irrtümliche Überweisung die Insolvenzmasse nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ungerechtfertigt bereichert, so ist der Rückzahlungsanspruch des Bereicherungsgläubigers nicht als Altmasseverbindlichkeit anzusehen. Dem Rückzahlungsanspruch des Gläubigers kann der Insolvenzverwalter jedenfalls dann keine erneute Masseunzulänglichkeitsanzeige entgegensetzen, wenn die Bereicherungsforderung die einzige nach der ersten Unzulänglichkeitsanzeige begründete Masseverbindlichkeit ist.

BGH, Urteil vom 17.12.2004 - IX ZR 185/03 (van Zwoll, NZI 2005, 222)

Der Insolvenzverwalter kann sich entlasten, wenn er zum Zeitpunkt der Begründung der Masseverbindlichkeit einen aus damaliger Sicht auf zutreffenden Anknüpfungstatsachen beruhenden und sorgfältig erwogenen Liquiditätsplan erstellt hat, der eine Erfüllung der fälligen Masseverbindlichkeit erwarten ließ. Dem Verwalter obliegt nicht die Darlegung und der Beweis für die Ursachen einer von der Liquiditätsprognose abweichenden Entwicklung.

BGH, Urteil vom 16.12.2004 - IX ZB 6/04 (NZI 2005, 225)

Ist eine GmbH, die auf Grund der Abweisung eines Antrags mangels Masse aufgelöst worden ist, im Handelsregister gelöscht, ist ein Gläubigerantrag dann zulässig, wenn schlüssig vorgetragen wird, dass die Gesellschaft noch verteilbares Vermögen besitzt.

BGH, Urteil vom 16.12.2004 - IX ZB 72/03 (NZI 2005, 232)

Die Stundung ist auch bei zweifelsfreiem Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 290 I Nr. 5 InsO ausgeschlossen. Der Versagungsgrund des § 290 I Nr. 5 InsO erfasst nicht nur Auskunftspflichten im eröffneten Verfahren, sondern auch solche bis zur Verfahrenseröffnung. Erklärt sich der Schuldner im Eröffnungsverfahren zu seinem Stundungsantrag nicht hinreichend über seine wirtschaftlichen Verhältnisse, obwohl das Insolvenzgericht auf die Mängel konkret aufmerksam gemacht und dem Schuldner aufgegeben hat, diese binnen angemessener Frist zu beheben, ist die Stundung jedoch deshalb zu versagen, weil der Antrag des Schuldners unzulässig oder unbegründet ist.

BGH, Urteil vom 09.12.2004 - IX ZB 24/04 (NZI 2005, 184)

Eine Rechtsbeschwerde, die sich allein auf die Rüge gründet, dass das Insolvenzgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat, ist unzulässig.



BGH, Urteil vom 09.12.2004 - IX ZR 108/04 (NJW 2005, 1118)

Stimmt der mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter Verträgen des Schuldners über die Erfüllung von Altverbindlichkeiten vorbehaltlos zu, die im Zusammenhang stehen mit noch zu erbringenden Leistungen des Vertragspartners, begründet dies für diesen grundsätzlich einen Vertrauenstatbestand, den der Verwalter bei Vornahme der Erfüllungshandlung durch den Schuldner nicht mehr zerstören kann (Ergänzung zu BGHZ 154, 190 = NJW 2003, 1865 = NZI 2003, 315). Stimmt der mit einem Zustimmungsvorbehalt ausgestattete vorläufige Insolvenzverwalter einer Rechtshandlung des Schuldners zu, durch die gesetzliche Ansprüche oder Altverbindlichkeiten erfüllt werden,
ohne dass dies mit einer noch zu erbringenden eigenen Leistung in Zusammenhang steht, kann der Insolvenzverwalter nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Erfüllungshandlung nach den Regeln der Deckungsanfechtung anfechten (Ergänzung zu BGHZ 154, 190 = NJW 2003, 1865 = NZI 2003, 315).
BGH, Urteil vom 09.12.2004 - IX ZB 132/04 (NZI 2005, 233)

Bei nur ganz unwesentlichen Verstößen des Schuldners gegen seine Pflicht nach § 290 I Nr. 6 InsO zu vollständigen und wahren Angaben in den von ihm vorzulegenden Verzeichnissen ist die Restschuldbefreiung nicht zu versagen. Wo diese Wesentlichkeitsgrenze verläuft, ist von den Umständen im Einzelfall abhängig und nicht allgemein gültig zu beantworten. Auch die Fortsetzung eines der Situation des Schuldners unangemessenen Lebensstils kann als Vermögensverschwendung i. S. von § 290 I Nr. 4 InsO angesehen werden.

BGH, Urteil vom 08.12.2004 - IV ZR 199/03 (NJW 2005, 756)

Nach Annahme der Erbschaft ist der Erbe trotz eines schwebenden Erbprätendentenstreits und deswegen angeordneter Nachlasspflegschaft aus § 1980 I 1 BGB verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen. Im Rahmen der Schadensersatzpflicht aus § 1980 I 2 BGB ist dem Erben die schuldhaft verspätete Stellung des Insolvenzantrages durch den Nachlasspfleger nicht gem. §§ 166 I, 278 BGB zuzurechnen.



BGH, Urteil vom 08.12.2004 - IV ZR 199/03 (NJW 2005, 756)

Nach Annahme der Erbschaft ist der Erbe trotz eines schwebenden Erbprätendentenstreits und deswegen angeordneter Nachlasspflegschaft aus § 1980 I 1 BGB verpflichtet, Insolvenzantrag zu stellen. Im Rahmen der Schadensersatzpflicht aus § 1980 I 2 BGB ist dem Erben die schuldhaft verspätete Stellung des Insolvenzantrages durch den Nachlasspfleger nicht gem. §§ 166 I, 278 BGB zuzurechnen. Das Antragsrecht aus § 317 I InsO hat der Nachlasspfleger ausschließlich im Interesse des Erben zur Sicherung und Erhaltung des Nachlasses, nicht aber auch im Interesse der Nachlassgläubiger wahrzunehmen.

BGH, Urteil vom 02.12.2004 - IX ZR 142/03 (NJW 2005, 901)

Die Insolvenzordnung begründet keine Verpflichtung des Insolvenzverwalters, vor der Erhebung einer Klage oder während des Verfahrens die Interessen des Prozessgegners an einer Erstattung seiner Kosten zu berücksichtigen (im Anschluss an BGHZ 148, 175 = NJW 2001, 3187 = NZI 2001, 533).

BGH, Urteil vom 02.12.2004 - IX ZR 200/03 (NJW 2005, 884)

Ist der Arbeitnehmerüberlassungsvertrag wegen eines Mangels der Schriftform nichtig, kann der Entleiher Sozialversicherungsbeiträge, die er nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Verleihers zum Ausgleich der diesem obliegenden Zahlungspflicht an die Kasse geleistet hat, der vom Insolvenzverwalter geltend gemachten Bereicherungsforderung nicht anspruchsmindernd entgegensetzen (Einschränkung der Saldotheorie in der Insolvenz).

AG Offenbach, Urteil vom 30.11.2004 - 61 M 11879/04 (DGVZ 2005, 14)

Das Zwangsvollstreckungsverbot während der Dauer des Insolvenzverfahrens umfasst nicht die Zwangsräumung von angemieteten Wohnraum, so dass eine beantragte Zwangsräumung der Wohnung von Schuldnern, über deren Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, vom Gerichtsvollzieher durchzuführen ist.



LG Aschaffenburg, Urteil vom 24.11.2004 - 4 T 205/04 (ZIP 2005, 226)

Wird der schwache oder halb-starke vorläufige Insolvenzverwalter vom Insolvenzgericht gleichzeitig beauftragt, als Sachverständiger zu prüfen, ob ein Eröffnungsgrund vorliegt und ob die Masse die Verfahrenskosten deckt, richtet sich seine Vergütung für die gutachterliche Tätigkeit nach § 9 I JVEG; maßgebend ist die Honorargruppe 7 mit einem Stundensatz von 80 Euro. Die Regelung des § 9 II JVEG - Stundensatz von 65 Euro - gilt angesichts ihres eindeutigen Wortlauts nur für den starken vorläufigen Insolvenzverwalter.

AG Göttingen, Urteil vom 22.11.2004 - 74 IN 137/02 (NZI 2005, 117)

Für die Ernennung eines gem. § 288 InsO vorgeschlagenen Treuhänders gilt der in § 56 I InsO niedergelegte Grundsatz der Unabhängigkeit von Gläubiger und Schuldner. Ein Rechtsanwalt, der einen Gläubiger vertritt, kann nicht zum Treuhänder bestimmt werden. Bei der Entscheidung handelt es sich um eine unanfechtbare Ermessungsentscheidung, wenn sie der Richter trifft.

BGH, Urteil vom 11.11.2004 - IX ZB 48/04 (NJW 2005, 903)

Der Insolvenzverwalter hat im Rahmen seines Vergütungsfestsetzungsantrags aufzuführen, für welche von ihm beauftragten Fachleute er das an diese entrichtete Entgelt aus der Masse entnommen hat, und das Insolvenzgericht ist berechtigt und verpflichtet zu überprüfen, ob die Beauftragung Externer gerechtfertigt war. Ein Insolvenzverwalter darf, auch wenn er selbst Volljurist ist, Aufgaben, die ein Insolvenzverwalter ohne volljuristische Ausbildung im Allgemeinen nicht lösen kann, auf einen Rechtsanwalt übertragen und die dadurch entstehenden Auslagen aus der Masse entnehmen (Fortführung von BGHZ 139, 309 = NJW 1998, 3567 = NZI 1998, 77).

BGH, Urteil vom 11.11.2004 - IX ZR 237/03 (Gundlach, NZI 2005, 164)

Maßgebliche Rechtshandlung für die Möglichkeit der Aufrechnung von Mietzinsansprüchen gegen Ansprüche auf Auszahlung von Guthaben aus Nebenkostenvorauszahlungen ist der Abschluss des Mietvertrags.



BGH, Urteil vom 11.11.2004 - IX ZB 258/03 (NJW-RR 2005, 418)

Jedenfalls dann, wenn die Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Insolvenzrechtsbeschwerde nicht gegeben sind, kann vor dem Rechtsbeschwerdegericht ein Gläubigerantrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens nicht mehr einseitig für erledigt erklärt werden.

OLG Köln, Urteil vom 10.11.2004 - 2 U 168/03 (NJW 2005, 1127)

Die von der Rechtsprechung im Zusammenhang mit der Verwendung von so genannten Konzernverrechnungsklauseln aufgestellten Grundsätze (vgl. BGH, NJW 2004, 3185 = NZI 2004, 585) gelten auch bei einer Auftragserteilung durch die öffentliche Hand. Deshalb ist eine Klausel, wonach ein Auftragnehmer gegenüber einem Auftraggeber der öffentlichen Hand unter Verzicht auf das Erfordernis der Gegenseitigkeit darin einwilligt, dass der Auftraggeber mit Forderungen anderer Körperschaften des öffentlichen Rechts aufrechnen kann, in entsprechender Anwendung des § 96 I Nr. 2 InsO nicht insolvenzfest. Unabhängig davon hält eine derartige Verrechnungsklausel auch einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Gesetz nicht stand. Sie verstößt gegen § 9 II Nr. 1 AGBG (entspricht § 307 II Nr. 1 BGB).

BGH, Urteil vom 04.11.2004 - IX ZR 22/03 (NJW 2005, 675)

Der vorläufige Insolvenzverwalter mit Zustimmungsvorbehalt ist berechtigt, die Genehmigung von Belastungsbuchungen im Einzugsermächtigungsverfahren zu verhindern, auch wenn sachliche Einwendungen gegen die eingezogene Forderung nicht erhoben werden.



BGH, Urteil vom 04.11.2004 - IX ZB 70/03 (NJW-RR 2005, 199)

Für die Begründung des Stundungsantrags kann die Bezugnahme auf ein zeitnah erstelltes Gutachten genügen, in welchem der Sachverständige ermittelt hat, der Schuldner verfüge über kein die Kosten des Verfahrens deckendes Vermögen. Hält das Insolvenzgericht die Angaben des Antragstellers für unvollständig, hat es die Mängel konkret zu bezeichnen und dem Antragsteller aufzugeben, sie binnen angemessener Frist zu beheben.

BGH, Urteil vom 28.10.2004 - III ZR 297/03 (BeckRs 2004, 10862)

Wird über das Vermögen des Revisionsklägers das Insolvenzverfahren eröffnet, nachdem seine Revision teilweise angenommen und im übrigen nicht angenommen worden ist, haftet der Insolvenzverwalter nach Aufnahme des Rechtsstreits für die zuvor noch nicht entrichtete Verfahrensgebühr und die erst mit Urteilserlaß fällig gewordene Urteilsgebühr des Revisionsverfahrens (nur) aus dem Gegenstandswert, mit dem der Rechtsstreit nach der Annahmeentscheidung anhängig geblieben ist.

BGH, Urteil vom 21.10.2004 - IX ZB 427/02 (BeckRs 2004, 11385)

Die Zustimmung eines Gläubigers zu dem vom Schuldner vorgelegten Fast-Nullplan darf durch das Insolvenzgericht nicht ersetzt werden, wenn der widersprechende Gläubiger Tatsachen glaubhaft macht, aus denen sich ernsthafte Zweifel ergeben, ob eine vom Schuldner angegebene Forderung besteht oder sich auf einen höheren oder niedrigeren Betrag richtet als angegeben, und vom Ausgang des Streits abhängt, ob die Kopf- und Summenmehrheit der zustimmenden Gläubiger erreicht wird.



OLG Celle, Urteil vom 21.10.2004 - 13 U 113/04 (BeckRs 2004, 10359)

Der "schwache" vorläufige Insolvenzverwalter darf grundsätzlich eigene Rechtshandlungen anfechten, die er als vorläufiger Insolvenzverwalter vorgenommen hat. Das gilt nicht, wenn der Gläubiger durch schutzwürdiges Vertrauen auf den Bestand der Rechtshandlung einen Nachteil erlitten hat. Rechtshandlungen des "starken" vorläufigen Insolvenzverwalters, also desjenigen Verwalters, dem das Verwaltungs- und Verfügungsrecht gem. § 22 I InsO zusteht, sind regelmäßig nicht nach §§ 129 ff. InsO anfechtbar.

BGH, Urteil vom 14.10.2004 - IX ZB 114/04 (BeckRs 2004, 11331)

Nicht nachrangige Insolvenzgläubiger sind grundsätzlich auch dann berechtigt, einen Antrag auf Einberufung einer Gläubigerversammlung zu stellen, wenn ihre angemeldeten Forderungen noch nicht geprüft oder vom Insolvenzverwalter oder einem Gläubiger bestritten worden sind.

AG Hamburg, Urteil vom 13.10.2004 - 67e IN 285/04 (NZI 2004, 675)

Auch bei einem nur nebenberuflich selbstständig Tätigen liegt eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit i. S. des § 304 I InsO vor, und zwar unabhängig vom Umfang der selbstständigen Tätigkeit. Dies gilt auch im Falle eines ehemals nebenberuflich selbstständig Tätigen.

BGH, Urteil vom 07.10.2004 - IX ZB 128/03 (BeckRs 2004, 11383)

Der Beschluss der ersten Gläubigerversammlung zur Wahl eines anderen Insolvenzverwalters kann auch dann nicht im Verfahren nach § 78 I InsO angefochten werden, wenn der Insolvenzverwalter zuvor die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat (Ergänzung zu BGH, NJW-RR 2003, 1416 = NZI 2003, 607 = ZIP 2003, 1613).



AG München, Urteil vom 06.10.2004 - HRB 44551 (ZIP 2004, 2110)

Ist über das Vermögen einer prüfungspflichtigen Kapitalgesellschaft ein Insolvenzverfahren eröffnet, so ist die Prüfung des Jahresabschlusses und des Lageberichts durch einen Abschlussprüfer entbehrlich, wenn die Verhältnisse der Gesellschaft auf Grund der vollständigen oder weit gehenden Geschäftseinstellung so überschaubar geworden sind, dass eine Prüfung im Interesse der Gläubiger und Aktionäre nicht mehr geboten erscheint. Der Schutz der Gläubiger und Aktionäre wird im Regelfall durch die Aufsicht des Insolvenzgerichts über den Insolvenzverwalter sowie die Kontrolle des Insolvenzverwalters durch den vom Insolvenzgericht eingesetzten Gläubigerausschuss gewährleistet.

AG Hamburg, Urteil vom 30.09.2004 - 67g IN 228/04 (NZI 2004, 674)

Die Rechtsprechung des BGH zur Erstattungsfähigkeit von Steuerberatungskosten als Auslagen i. S. des § 54 Nr. 2 InsO in masselosen Insolvenzverfahren mit Kostenstundung gem. § 4a InsO (BGH, NJW 2004, 2976 = NZI 2004, 577 = ZIP 2004, 1717), kann nicht auf (Unternehmens-)Insolvenzverfahren übertragen werden, die nach der Eröffnung voraussichtlich masseunzulänglich werden. Im masseunzulänglichen (Unternehmens-)Insolvenzverfahren bleibt es dabei, dass Steuerberaterkosten regelmäßig nicht als Auslagen, sondern als Masseverbindlichkeiten (§ 55 I InsO) zu berücksichtigen sind. Sie werden daher für die Eröffnungsentscheidung grundsätzlich nicht relevant.

AG Hamburg, Urteil vom 28.09.2004 - 67g IN 274/04 (NZI 2004, 677)

Der Stundensatz eines Sachverständigen im Insolvenzverfahren, der gleichzeitig als "starker" vorläufiger Verwalter eingesetzt worden ist, ist dem eindeutigen Wortlaut des § 9 II JVEG entsprechend auf 65 Euro festzusetzen. § 9 II JVEG gilt über den Wortlaut hinaus für den Sachverständigen, der gleichzeitig als "schwacher" vorläufiger Verwalter eingesetzt worden ist, sowie für den isolierten Sachverständigen gem. § 4 InsO i. V. mit §§ 402 ff. ZPO, da mit § 9 II JVEG eine Regelung getroffen werden sollte, die den Geschäftsstellen der Insolvenzgerichte eine standardisierte und damit effiziente Abarbeitung der eingehenden Sachverständigen-Rechnungen ermöglicht.



BGH, Urteil vom 28.09.2004 - IX ZR 155/03 (NJW 2004, 3772)

Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs wird auch durch einen erfolglosen Antrag des Insolvenzverwalters auf Zuständigkeitsbestimmung gegenüber den in der Antragsschrift bezeichneten Anfechtungsgegnern bei nachfolgend fristgerechter Klage gehemmt.

BGH, Urteil vom 28.09.2004 - IX ZR 155/03 (NJW 2004, 3772)

Die Verjährung des Anfechtungsanspruchs wird auch durch einen erfolglosen Antrag des Insolvenzverwalters auf Zuständigkeitsbestimmung gegenüber den in der Antragsschrift bezeichneten Anfechtungsgegnern bei nachfolgend fristgerechter Klage gehemmt.

BVerwG, Urteil vom 23.09.2004 - 7 C 22/03 (NVwZ 2004, 1505)

Der Insolvenzverwalter kann nach § 4 III Satz 1 BBodSchG als Inhaber der tatsächlichen Gewalt für die Sanierung von massezugehörigen Grundstücken herangezogen werden, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens kontaminiert waren. Eine solche Verpflichtung ist eine Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 I Nr. 1 InsO (Bestätigung von BVerwGE 108, 269 = NVwZ 1999, 653). Hat der Insolvenzverwalter die kontaminierten Grundstücke aus der Masse freigegeben, darf er nicht mehr nach § 4 III Satz 1 BBodSchG für deren Sanierung in Anspruch genommen werden; ebenso wenig ist § 4 III Satz 4 Halbsatz 2 BBodSchG entsprechend anwendbar.

LG Hamburg, Urteil vom 22.09.2004 - 303 T 17/04 (ZIP 2004, 2197)

Der anfechtende Insolvenzverwalter hat dem Anfechtungsgegner in der vorprozessualen Auseinandersetzung darüber Auskunft zu erteilen, ob die Zahlungen der Schuldnerin aus dem freien und pfändbaren Vermögen erfolgt sind.

AG Göttingen, Urteil vom 17.09.2004 - 74 IN 260/04 (NZI 2004, 676)

§ 9 II JVEG regelt im Insolvenzeröffnungsverfahren nicht die Vergütung eines "isolierten" Sachverständigen. Desssen Vergütung ist gem. § 9 I 3 JVEG zu bestimmen. Bei länger eingestelltem Geschäftsbetrieb ist gem. § 9 I 3 JVEG ein Stundensatz von mindestens 65 Euro angemessen. Bei Hinzutreten von Erschwernissen und/oder gerade eingestelltem/laufendem Geschäftsbetrieb kommt ein Stundensatz von bis zu 95 Euro in Betracht.



OLG Frankfurt, Urteil vom 16.09.2004 - 3 U 205/03 (NZG 2004, 1116)

Ein für den Fall der Kündigung im Geschäftsführervertrag vorgesehener Abfindungsanspruch ist Insolvenzforderung i. S. von § 38 InsO und nicht Masseverbindlichkeit i. S. von § 55 I Nr. 1 InsO, auch wenn die Kündigung erst nach Insolvenzöffnung erfolgt.

OLG Köln, Urteil vom 10.09.2004 - 17 W 150/04 (NZI 2004, 665)

Die vom Insolvenzverwalter im Rahmen eines Vergleichs uneingeschränkt übernommenen Kosten, hinsichtlich derer er sich nicht allein verpflichtet hat, sie zur Insolvenztabelle anzunehmen, sind, soweit weder der Wortlaut des Vergleichs noch das Ergebnisses einer etwaigen Auslegung des Wortlauts dafür sprechen, dass eine Differenzierung hinsichtlich der vor und nach der Aufnahme des Rechtsstreits durch den Insolvenzverwalter entstandenen Kosten erfolgen sollte, Masseschulden.

LAG Berlin, Urteil vom 03.09.2004 - 6 Sa 1315/04 (BeckRs 2004, 41848)

Erklärt sich ein Arbeitnehmer zur Rettung des Betriebes seines Arbeitgebers bereit, gegen ein entsprechend geringeres Entgelt verkürzt zu arbeiten, so stellt sein für den Fall einer gleichwohl eintretenden Insolvenz vorgesehener Anspruch auf das volle Entgelt jedenfalls dann keine Masseverbindlichkeit dar, wenn der Insolvenzverwalter von der Befugnis, vom Arbeitnehmer auch wieder die vollzeitige Arbeitsleistung zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht hat.



LG Halle, Urteil vom 01.09.2004 - 11 T 8/04 (NZI 2004, 631)

Auch für den Fall der Löschung einer Handelsgesellschaft im Handelsregister durch Insolvenz besteht kein Bedürfnis, durch eine Anmeldung der Löschung der Prokuren für weitere Klarheit im Rechtsverkehr zu sorgen, da bei einer Auflösung der Gesellschaft die Vollmachten und damit auch die Prokuren endgültig (automatisch) erlöschen und die InsO für diesen Fall keine Sonderregelungen vorsieht. Damit ist das Erlöschen der Prokura weder von dem Insolvenzverwalter anzumelden noch etwa von Amts wegen einzutragen.

AG Göttingen, Urteil vom 31.08.2004 - 74 IN 29/03 (NZI 2004, 632)

Die Mindestvergütung des Insolvenzverwalters in masselosen Insolvenzverfahren ist nicht erst in den ab dem 2004 eröffneten Verfahren verfassungswidrig (entgegen BGH, NJW 2004, 941 = NZI 2004, 196 = ZIP 2004, 417 = ZInsO 2004, 257). Auch in den zuvor eröffneten Verfahren ist eine erhöhte Mindestvergütung festzusetzen (im Anschluss an AG Postdam, NJW 2004, 1391 = NZI 2004, 272 = ZIP 2004, 673 = ZVI 2004, 209 = ZInsO 2004, 383 L).

LG Stuttgart, Urteil vom 31.08.2004 - 10 T 79/03 (NZI 2004, 630)

Die Vergütung des vorläufigen Insolvenzverwalters bei Rücknahme des Insolvenzantrags durch die Gläubigerin hat der Schuldner und nicht die Gläubigerin zu tragen.
AG Mönchengladbach, Urteil vom 27.08.2004 - 20 IK 52/01 (ZVI 2004, 550)

Die Abtretungserklärung eines zunächst abhängig Beschäftigten gem. § 287 II InsO wird wirkungslos, wenn der Schuldner nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine selbstständige Tätigkeit während der Wohlverhaltensperiode ausübt. Während der Wohlverhaltensperiode beurteilt sich die Obliegenheit des nun selbstständig tätigen Schuldners nach § 295 II InsO. Eine Versagung der Restschuldbefreiung auf die Nichtabführung eines pfändbaren Betrages nach § 850c ZPO (hier: 35 Euro aus Überbrückungsgeld) begründet werden.



AG Köln, Urteil vom 25.08.2004 - 71 IN 149/00 (NZI 2004, 592)

Das Insolvenzgericht ist in entsprechender Anwendung der Regelung des § 89 III InsO zur Entscheidung über die Erinnerung bei einem Verstoß gegen das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO berufen.

LG Göttingen, Urteil vom 24.08.2004 - 10 T 94/04 (NZI 2004, 678)

Eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens angefallene Erbschaft gehört mit der Annahme durch den Schuldner in voller Höhe in die Insolvenzmasse. Der Schuldner ist auf Grund seiner Auskunftspflicht nach § 290 I Nr. 5 InsO verpflichtet, den Treuhänder in angemessener Frist über die angefallene Erbschaft zu informieren. Ob eine Unterrichtung einen Monat nach Stellung des Erbscheinsantrags rechtzeitig ist, kann dann dahinstehen, wenn der Schuldner einen Betrag aus dem Nachlass entnimmt und verbraucht, da er dann seine Mitwirkungspflichten i. S. des § 290 I Nr. 5 InsO verletzt.§ 295 I InsO betrifft die Obliegenheiten des Schuldners in dem Zeitraum nach Ankündigung der Restschuldbefreiung. In dem bis zur Ankündigung der Restschuldbefreiung laufenden Zulassungsverfahren kann § 295 InsO nicht angewendet werden.

LG Koblenz, Urteil vom 16.08.2004 - 2 T 600/04 (NZI 2004, 679)

Ein Schuldner kann für denselben Bestand an Verbindlichkeiten nicht zweimal ein Insolvenzverfahren durchführen lassen, auch wenn er im ersten Verfahren den Antrag auf Restschuldbefreiung versäumt hatte.

LG Dresden, Urteil vom 13.08.2004 - 10 O 2038/04 (ZVI 2004, 531)
Im Verfahren gem. § 184 InsO ist der Insolvenzschuldner, gegen den bereits ein unanfechtbar gewordener Haftungs- und Beitragsbescheid wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge ergangen war, nicht gehindert, Widerspruch wegen Verjährung des deliktischen Schadensersatzanspruches einzulegen. Unanfechtbar gewordene Haftungs- und Beitragsbescheide von Sozialversicherungsträgern wegen rückständiger Gesamtsozialversicherungsbeiträge und Umlagebeträge führen nicht zu einer Verjährungsunterbrechung von deliktischen Schadensersatzansprüchen gem. § 823 II BGB i. V. mit § 266a I StGB. Schadensersatzansprüche von Sozialversicherungsträgern gem. § 823 II BGB i. V. mit § 266a I StGB wegen vorsätzlich vorenthaltener Arbeitnehmerbeiträge unterliegen nicht der dreijährigen Verjährungsfrist gem. § 852 I BGB a. F. (§§ 195, 199 I, 203 BGB n. F.), sondern der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 25 I S. 2 SGB IV.



AG Schwerte, Urteil vom 05.08.2004 - 3 II a 273/02 (NZI 2004, 680)

Die Beauftragung eines Rechtsanwalts bei einem vorgerichtlichen Einigungsversuch ist der Tätigkeit einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle gleichgestellt. Durch eine Anhebung der Beratungshilfevergütung hat der Gesetzgeber Rechtsanwälte zu einem verstärkten Engagement in diesem Verfahren motivieren wollen. Wird Beratungshilfe beantragt, kann diese daher nicht mit dem pauschalen Hinweis gem. § 1 I Nr. 2 BerHG auf andere Hilfsangebote verweigert werden.

AG Duisburg, Urteil vom 04.08.2004 - 62 IN 345/04 (ZVI 2004, 622)

Einwendungen des Schuldners oder eines Dritten gegen die Art und Weise der zwangsweisen Vollstreckung einer vom Insolvenzgericht angeordneten Sicherungsmaßnahme können mit der Erinnerung nach § 766 ZPO geltend gemacht werden. Über sie entscheidet analog § 148 II 2 InsO schon vor Erlass des Eröffnungsbeschlusses das Insolvenzgericht. Bedient sich ein vorläufiger Insolvenzverwalter zur zwangsweisen Durchsetzung seiner amtlichen Befugnisse, insbesondere zur Inbesitznahme von Sachen im Gewahrsam des Schuldners, der Hilfe des Gerichtsvollziehers, so bedarf der zu Grunde liegende Beschluss des Insolvenzgerichts entsprechend § 929 I ZPO keiner Vollstreckungsklausel. Wer sich als Ehegatte des Schuldners auf die Vermutung seines Alleingewahrsams nach § 1362 II BGB, § 739 I ZPO beruft, hat die Voraussetzungen zu beweisen. Im Vollstreckungsverfahren kommen insoweit nur Umstände in Betracht, die dem Gerichtsvollzieher offensichtlich und ohne jeden vernünftigen Zweifel die Feststellung erlauben, dass die weggenommene Sache ausschließlich zum persönlichen Gebrauch des Ehegatten dient.

BVerfG, Urteil vom 03.08.2004 - 1 BvR 135/00, 1086/01 (NJW 2004, 2725)

Die Entscheidung des Insolvenzgerichts, ob ein Bewerber um die Bestellung als Insolvenzverwalter in den Kreis derjenigen Personen aufzunehmen ist, aus dem der Richter im Einzelfall den ihm als am ehesten nach § 56 InsO geeignet erscheinenden auswählt, ist als Akt der öffentlichen Gewalt i. S. des Art. 19 IV GG gerichtlich überprüfbar.



BVerfG, Urteil vom 01.08.2004 - 1 BvR 698/03 (ZIP 2004, 1762)

Bestätigt der Insolvenzrichter auf Grund eines Gläubigerantrags gem. § 18 III Satz 2 RpflG die Entscheidung des Rechtspflegers, mit der dieser in der Gläubigerversammlung einem Gläubiger ohne Begründung sein Stimmrecht versagt hat, muss die richterliche Entscheidung eine aussagekräftige Begründung enthalten.

BVerfG, Urteil vom 29.07.2004 - 1 BvR 1322/04 (BeckRs 2004, 23993)

Die Verfassungsbeschwerde eines Insolvenzverwalters/Treuhänders gegen den Vergütungsbeschluss eines Landgerichts in masselosen Stundungsverfahren ist mangels Ausschöpfung des Rechtswegs unzulässig. Eine Erschöpfung des Rechtswegs ist zwar bei gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung entbehrlich. Die Vergütungsentscheidungen des BGH (ZVI 2004, 132 und 133 = NJW-RR 2004, 551 = NJW 2004, 941) begründen aber noch keine gefestigte Rechtsprechung.

BGH, Urteil vom 23.07.2004 - IX ZA 9/04 (NZI 2004, 635)

Die Stundungsregelung in § 4a InsO findet nur auf solche Insolvenzverfahren Anwendung, die bis zum 1.12.2001 noch nicht eröffnet worden waren. Bei der Auslegung der Übergangsregelung des Art. 103a EGInsO sind weder schwierige noch bislang ungeklärte Fragen des formellen Insolvenzrechts zu entscheiden, so dass einem Schuldner für einen Prozess, in dem es um die Auslegung dieser Vorschrift geht, Prozesskostenhilfe unter diesem Gesichtspunkt nicht zu gewähren ist.

BGH, Urteil vom 23.07.2004 - IX ZB 174/03 (NJW-RR 2004, 1639)

Die Versagung der Restschuldbefreiung gem. § 290 I Nr. 6 InsO setzt eine die Befriedigung der Insolvenzgläubiger beeinträchtigende Wirkung der falschen oder unvollständigen Angaben grundsätzlich nicht voraus.



BGH, Urteil vom 22.07.2004 - IX ZB 222/03 (NZI 2004, 591)

Die Übertragung der Zustellungen nach § 8 III InsO auf den Insolvenzverwalter rechtfertigt einen Zuschlag zur Regelvergütung, falls dadurch eine erhebliche Mehrbelastung bewirkt worden ist. Wann eine derartige Mehrbelastung angenommen werden kann, kann nicht allgemeingültig beantwortet werden und muss auf Grund der jeweiligen Umstände des Einzelfalls in tatrichterlicher Verantwortung entschieden werden.

BGH, Urteil vom 22.07.2004 - IX ZR 270/03 (Gundlach, NZI 2004, 620)

Verkauft der spätere Insolvenzschuldner ohne vorherige Verpflichtung kurz vor dem Eröffnungsantrag an einen Gläubiger Gegenstände, so werden die Insolvenzgläubiger durch die dadurch zugunsten des Käufers hergestellte Aufrechnungslage nicht benachteiligt, wenn der Käufer zuvor bereits ein insolvenzbeständiges Sicherungseigentum an den Kaufgegenständen hatte. Macht der Insolvenzverwalter geltend, die Verrechnung einer Kaufpreisforderung des Schuldners mit einer Gegenforderung des Käufers (Insolvenzgläubigers) sei unzulässig, weil dieser die Möglichkeit dazu durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt habe, kann gegenüber dem vom Insolvenzverwalter weiterverfolgten Anspruch die Behauptung des Insolvenzgläubigers erheblich sein, der Kaufpreis sei bewusst überhöht festgesetzt worden, um durch Verrechnung mit Gegenforderungen eine "Debitorenbereinigung" zu erzielen.

BGH, Urteil vom 22.07.2004 - IX ZB 161/03 (NJW 2004, 2976)

Ein Anspruch des Insolvenzverwalters auf Erstattung von Auslagen, die ihm zur Erfüllung einer Verfügung der Finanzverwaltung, Steuererklärungen und Bilanzen für den Schuldner zu erstellen, entstanden sind, kann nicht mit der Erwägung verneint werden, eine solche Verfügung sei bei masselosen Verfahren rechtswidrig. Der Insolvenzverwalter ist berechtigt, mit der Erledigung steuerlicher Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse erfordern oder dem Umfang nach über das hinausgehen, was mit der Erstellung einer Steuererklärung allgemein verbunden ist, einen Steuerberater zu beauftragen. Hat der Insolvenzverwalter von der Finanzverwaltung die Aufforderung erhalten, umfangreiche steuerliche Tätigkeiten zu erbringen, und ist der Fiskus trotz eines Hinweises des Verwalters auf die Masseunzulänglichkeit nicht bereit, die Verfügung zurückzunehmen, so steht dem Insolvenzverwalter bei Kostenstundung ein Anspruch auf Erstattung der den Umständen nach angemessenen Kosten für die Beauftragung eines Steuerberaters als Auslagen aus der Staatskasse zu. Der Insolvenzverwalter kann auf den Erstattungsanspruch aus der Staatskasse einen Vorschuss nach den Regeln verlangen, die für die Entnahme von Auslagen aus der Masse gelten. Das Rechtsbeschwerdegericht, das eine rechtsfehlerhafte zweitinstanzliche Entscheidung aufhebt, ist befugt, die Zurückverweisung in die erste Instanz auszusprechen, sofern das Beschwerdegericht ohne den Rechtsfehler vernünftigerweise ebenso verfahren wäre.



BGH, Urteil vom 22.07.2004 - IX ZR 183/03 (NJW-RR 2004, 1563)

Die Bestellung einer Sicherheit für eine eigene, durch eine entgeltliche Gegenleistung begründete Verbindlichkeit ist nicht nach § 134 InsO als unentgeltliche Verfügung anfechtbar (Bestätigung von BGHZ 112, 136 = NJW 1990, 2626).

OLG München, Urteil vom 22.07.2004 - 19 U 1867/04 (ZIP 2004, 2102)

Der Insolvenzverwalter kann Rechte aus einer "harten" Patronatserklärung gegenüber den Gläubigern nicht gem. § 92 InsO gegen den Patron geltend machen. Der Insolvenzverwalter kann Rechte aus einer "harten" Patronatserklärung gegenüber dem Schuldner gegen den Patron geltend machen. Verletzt der Patron schuldhaft seine Ausstattungspflicht und fällt der Schuldner deshalb in Insolvenz, hat der Patron dem Schuldner Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu leisten. Der Patron hat dem Schuldner dann die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, die dieser benötigt, um seinen finanziellen Verpflichtungen gegenüber Dritten zu erfüllen, das Insolvenzverfahren zu beenden und den Geschäftsbetrieb fortzusetzen. Die Aufhebung einer "harten" Patronatserklärung gegenüber dem Schuldner kann gem. § 135 InsO anfechtbar sein. Eine objektive Gläubigerbenachteiligung wird dabei durch den Austausch einer Patronatserklärung gegenüber dem Schuldner durch eine Patronatserklärung gegenüber den Gläubigern nicht ausgeschlossen. Kreditunwürdigkeit liegt schon vor, wenn eine deutliche buchmäßige Überschuldung auch den Verdacht einer bilanziellen Überschuldung zur Folge hat und keine stillen Reserven oder beleihungsfähige Sicherheiten vorhanden sind. Die Patronatserklärung ähnelt einer Prozessbürgschaft, bei der der Bürge den Ausgang des Prozesses auch für sich als verbindlich anerkennt, weil bei anderer Auslegung der Zweck der Patronatserklärung, den Schuldner vor Insolvenz zu bewahren, nicht zu erreichen wäre.



LG Chemnitz, Urteil vom 21.07.2004 - 3 T 2796/04 /(ZVI 2004, 558)

Der Treuhänder hat bei Stundung der Verfahrenskosten Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung eines Vorschusses auf die zu erwartende Vergütung sowie die Auslagen. Dies gilt auch bei Massearmut. Die Abrechnung des Vorschusses kann im Falle der Massearmut jährlich in Höhe der Mindestvergütung nebst Auslagen erfolgen.

LG Göttingen, Urteil vom 20.07.2004 - 10 T 83/04 (NZI 2004, 596)

Die Regelungen der §§ 295 ff. InsO finden auch nach der Neufassung des § 287 II 1 InsO erst nach Ankündigung der Restschuldbefreiung Anwendung.

AG Hameln, Urteil vom 19.07.2004 - 36 IK 22/04 (ZVI 2004, 468)

Eine Zustimmungsersetzung kommt auch ohne Glaubhaftmachung der wirtschaftlichen Schlechterstellung durch den betroffenen Gläubiger nicht in Betracht, wenn sich die Schlechterstellung bereits aus den tatsächlichen Angaben des Schuldners ergibt.

BGH, Urteil vom 15.07.2004 - IX ZB 172/03 (NZI 2004, 625)

Wird auf Antrag eines Gläubigers das Insolvenzverfahren eröffnet, kann dem Schuldner das Rechtsschutzbedürfnis für eine Beschwerde mit dem Ziel einer Abweisung des Antrags mangels Masse grundsätzlich nicht abgesprochen werden.

BGH, Urteil vom 15.07.2004 - IX ZR 224/03 (NJW 2004, 3185)

Wird dem konzernangehörigen Vertragspartner des Schuldners nach seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Befugnis eingeräumt, gegen die Hauptforderung des Schuldners mit Gegenforderungen anderer Konzerngesellschaften aufzurechnen, ist die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erklärte Aufrechnung unwirksam.

LG Mönchengladbach, Urteil vom 14.07.2004 - 5 T 146/04 (NZI 2004, 514)

Verzichtet das Insolvenzgericht auf die Durchführung eines mündlichen Schlusstermins und ordnet es statt dessen die Durchführung eines Schlusstermins im schriftlichen Verfahren an, so muss ein Versagungsantrag innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist gestellt werden. Ein vor Anordnung des schriftlichen Schlusstermins gestellter Versagungsantrag ist wirkungslos.

LG Mönchengladbach, Urteil vom 14.07.2004 - 5 T 146/04 (NZI 2004, 514)

Verzichtet das Insolvenzgericht auf die Durchführung eines mündlichen Schlusstermins und ordnet es statt dessen die Durchführung eines Schlusstermins im schriftlichen Verfahren an, so muss ein Versagungsantrag innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist gestellt werden. Ein vor Anordnung des schriftlichen Schlusstermins gestellter Versagungsantrag ist wirkungslos.

BGH, Urteil vom 08.07.2004 - IX ZB 565/02

Im Insolvenzverfahren ist es regelmäßig nur dann erforderlich, dem Gläubiger im Wege der Prozesskostenhilfe einen Rechtsanwalt beizuordnen, wenn eine wirtschaftlich denkende vermögende Partei vernünftigerweise einen Rechtsanwalt beauftragen würde. Grundsätzlich ist für jeden Verfahrensabschnitt, der besondere Kosten verursacht, zu prüfen, ob die Beiordnung erforderlich ist.

BGH, Urteil vom 29.06.2004 - IX ZR 147/03

Gemäß § 95 I InsO kann nach Eintritt der Aufrechnungslage nicht nur aufgerechnet werden, wenn die aufzurechnenden Forderungen oder eine von ihnen zunächst bedingt oder betagt waren, sondern auch in Fällen, in denen eine rechtliche Voraussetzung für das Entstehen der einen oder anderen Forderung fehlte; eine derartige Rechtsbedingung liegt nicht vor, wenn der Eintritt der Aufrechnungslage von rechtsgeschäftlichen Erklärungen abhängt. Der Anspruch des Gesellschafters auf Zahlung des Auseinandersetzungsguthabens gehört bereits mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages zu den von § 95 I Satz 1 InsO geschützten Ansprüchen, soweit er von Rechts wegen ohne weiteres Zutun der Parteien entsteht. Der Ausschluß der Aufrechnung nach § 95 I Satz 3 InsO ist nicht auf Fälle anwendbar, in denen zunächst lediglich die Forderung der Masse bedingt oder nicht fällig war.



BGH, Urteil vom 29.06.2004 - IX ZR 195/03

§ 96 I Nr. 1 InsO findet auf eine im Eröffnungsverfahren begründete Aufrechnungslage auch dann keine Anwendung, wenn das Insolvenzgericht einen vorläufigen Insolvenzverwalter bestimmt und Sicherungsmaßnahmen nach § 21 II InsO getroffen hat. Die Insolvenzordnung enthält zum Aufrechnungsausschluss eine abschließende Regelung, die nicht über eine entsprechende Anwendung von § 394 BGB erweitert werden kann. Der Insolvenzgläubiger hat die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt, wenn die Begründung der Aufrechnungslage alle nach den Regeln der §§ 129 ff. InsO erforderlichen Merkmale erfüllt. Hatte der Gläubiger gegen den Schuldner keinen Anspruch auf eine Begründung gegenseitiger Forderungen, ist die Aufrechnungslage in inkongruenter Weise entstanden. Ist eine der gegenseitigen durch Rechtsgeschäft entstandenen Forderungen von einer Bedingung abhängig, so kommt es für die Anfechtbarkeit des Erwerbs der Aufrechnungslage nicht darauf an, wann die Aufrechnung zulässig wurde, sondern auf den Zeitpunkt, zu dem das Gegenseitigkeitsverhältnis begründet wurde; dasselbe gilt für befristete Ansprüche.

LG Göttingen, Urteil vom 24.06.2004 - 10 T 75/04 (NZI 2004, 502)

Gegen die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen durch das Insolvenzgericht gem. § 21 I 1 InsO steht einem Gläubiger auch dann kein Beschwerderecht zu, wenn diese Anordnung für ihn eine erhebliche Einschränkung bedeutet. Ein Gläubiger kann daher ein Aussonderungsrecht nicht mit der sofortigen Beschwerde im Rahmen des § 21 I 2 InsO geltend machen.

BGH, Urteil vom 17.06.2004 - IX ZR 124/03 (Bruckhoff, NZI 2004, 492)

Zur Gläubigerbenachteiligung bei Verrechnungen im Kontokorrent und bei Verpfändung eines Termineinlagenkontos. Es stellt keine gläubiger benachteiligende Rechtshandlung i.S. des § 129 InsO dar, wenn der Eigentümer eines Grundstücks, auf welches eine Grundschuld zu Gunsten des Anfechtungsgegners eingetragen war, den Erlös aus der (freihändigen) Veräußerung des Grundstücks vereinbarungsgemäß (teilweise) auf ein beim Anfechtungsgegner debitorisch geführtes Girokonto des Schuldners einzahlt. Eine Gläubigerbenachteiligung scheidet aus, wenn ein der Bank in unanfechtbarer Zeit verpfändetes Kontoguthaben von dieser mit einem das Guthaben übersteigenden Negativsaldo auf dem Girokonto verrechnet wird.



AG München, Urteil vom 09.06.2004 - 1507 IN 39/02 (Sesemann, NZI 2004, 456)

Die Bestimmungen, die bei Ankündigung der Restschuldbefreiung anzuwenden sind, sind verfassungswidrig, da sie gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 I GG und den Grundsatz des rechtlichen Gehörs gem. Art. 103 I GG verstoßen. Das Verfahren wird ausgesetzt und eine Entscheidung des BVerfG gem. Art. 100 I GG i. V. mit § 80 BVerfGG darüber eingeholt, ob die §§ 286 ff. InsO verfassungsgemäß sind.

BGH, Urteil vom 21.05.2004 - IX ZB 274/03 (NJW-RR 2004, 1192)

Eine Verkürzung der Wohlverhaltensphase auf fünf Jahre nach der Übergangsvorschrift des Art. 107 EG InsO ist in Insolvenzverfahren, die ab dem 1.12.2001 eröffnet worden sind, nicht mehr möglich.

BGH, Urteil vom 18.05.2004 - IX ZB 189/03 (NZI 2004, 444)

Vermag der nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbstständig tätige Schuldner die daraus herrührenden Verbindlichkeiten nicht zu erfüllen, haben die Neugläubiger, solange das Insolvenzverfahren nicht abgeschlossen ist, grundsätzlich kein rechtlich geschütztes Interesse an der Eröffnung eines weiteren Insolvenzverfahrens.

AG Duisburg, Urteil vom 17.05.2004 - 62 IN 124/04 (NZI 2004, 388)

Das Insolvenzgericht kann den Insolvenzsachverständigen, ohne ihn zugleich zum vorläufigen Insolvenzverwalter zu ernennen, in unmittelbarer Anwendung des § 21 I 1 InsO ermächtigen, die Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen (gegen BGH, NZI 2004, 312). Eine zwangsweise Vollstreckung der Zutrittsermächtigung kann nur durch den Gerichtsvollzieher und nur auf Grund einer gesonderten richterlichen Anordnung erfolgen, die auf der Grundlage des § 21 InsO Zweck, Ort, Objekt und sonstige, etwa erforderliche Vorgaben der Durchsuchung festlegt.

BGH, Urteil vom 13.05.2004 - IX ZB 274/03 (WM 2004, 1479)

Eine Verkürzung der Wohlverhaltensphase auf fünf Jahre nach der Übergangsvorschrift des Art. 107 EGInsO ist in Insolvenzverfahren, die ab dem 1. Dezember 2001 eröffnet worden sind, nicht mehr möglich.



OLG Koblenz, Urteil vom 13.05.2004 - 5 U 1539/03

Veranlasst der Geschäftsführer einer insolventen Gesellschaft aus deren Guthaben die Bezahlung einer Werklohnrechnung seiner ebenfalls insolventen Einzelhandelsfirma, ist dies nicht anfechtbar, wenn der Zahlungsempfänger die Werkleistung mangelfrei erbracht hat und die Werklohnforderung damit zum Zahlungszeitpunkt fällig war. Das in der Werkleistung liegende Vermögensopfer steht der Annahme einer unentgeltlichen Leistung selbst dann entgegen, wenn die Werklohnforderung wirtschaftlich wertlos war.

BAG, Urteil vom 13.05.2004 - 8 AZR 198/03

Findet nach Ablauf der Frist einer insolvenzbedingten Kündigung ein Betriebsübergang statt, besteht kein Anspruch auf Wiedereinstellung bzw. Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses.

OLG Oldenburg, Urteil vom 10.05.2004 - 15 U 13/04

Gleichzeitige Inanspruchnahme des GmbH-Geschäftsführers (§ 64 II GmbHG) und des Empfängers der angefochtenen Leistung (§§ 129 ff. InsO); keine Gesamtschuldnerschaft.

LG Koblenz, Urteil vom 07.05.2004 - 2 T 330/04 (NZI 2004, 515)

Verfügt der Schuldner über einen zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreichenden noch nicht anerkannten oder rechtshängigen Pflichtteilsanspruch gem. § 2303 BGB, ist die Stundung der Verfahrenskosten zu versagen. Dies gilt auch dann, wenn gegenüber dem Erben auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs verzichtet worden ist.

BGH, Urteil vom 06.05.2004 - IX ZB 349/02 (NJW 2004, 2521 L)

Das Verbot der Schlechterstellung (reformatio in peius) gilt im Beschwerdeverfahren, auch nach Aufhebung und Zurückverweisung. Wer sich mit falschem Diplomtitel unter Vorspiegelung nicht vorhandener Qualifikation in strafbarer Weise die Bestellung zum Insolvenzverwalter erschleicht, ist von der Festsetzung einer Vergütung nach § 63 I Satz 1 InsO ausgeschlossen. Ein Insolvenzverwalter, dem ein Anspruch auf Vergütung nach § 63 I InsO zu versagen ist, kann einen Bereicherungsanspruch nicht im Vergütungsfestsetzungsverfahren nach § 64 InsO geltend machen.



BGH, Urteil vom 06.05.2004 - IX ZR 48/03 (DStR 2004, 1220)

Eine Schadensersatzpflicht des Insolvenzverwalters nach § 61 InsO besteht nur für die pflichtwidrige Begründung von Masseverbindlichkeiten. Bei Abschluss eines Vertrages kommt es für den Zeitpunkt der Begründung der Verbindlichkeit regelmäßig darauf an, ob der anspruchsbegründende Tatbestand materiellrechtlich abgeschlossen ist. Im Einzelfall kann der Zeitpunkt je nach den vertraglichen Absprachen auch nach Vertragsschluss liegen. Ein Ausfallschaden nach § 61 InsO ist jedenfalls dann eingetreten, wenn der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat und nicht zu erwarten ist, dass die Altmassegläubiger in absehbarer Zeit Befriedigung erhalten werden. § 61 InsO gewährt einen Anspruch auf das negative Interesse. Der Insolvenzverwalter haftet einem Massegläubiger nach § 60 InsO, wenn er die Masse pflichtwidrig verkürzt.

BGH, Urteil vom 06.05.2004 - IX ZB 104/04 (NZI 2004, 447)

Einwendungen gegen Maßnahmen der Zwangsvollstreckung während der Dauer des Insolvenzverfahrens (§ 89 I, II InsO) sind grundsätzlich im Wege der Erinnerung geltend zu machen. Die Erinnerung ist jedoch dann nicht statthaft, wenn nach allgemeinem Vollstreckungsrecht die sofortige Beschwerde gegeben ist.

BFH, Urteil vom 04.05.2004 - VII R 45/03 (DStR 2004, 1172)

Das Finanzamt kann im Insolvenzverfahren mit Forderungen aufrechnen, die vor Verfahrenseröffnung entstanden sind, ohne dass es deren vorheriger Festsetzung, Feststellung oder Anmeldung zur Insolvenztabelle bedarf.

AG München, Urteil vom 04.05.2004 - 1501 IE 1276/04 (NZG 2004, 782)

Der Sitz der deutschen Konzernmuttergesellschaft ist dann der Verwaltungsort der wirtschaftlichen Interessen der ausländischen Konzerntöchter (hier: österreichische Tochtergesellschaft) und damit Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen i. S. des Art. 3 I 1 Eu InsVO, wenn sich dort sämtliche für das Betriebsgeschehen erheblichen Organisationsteile (verantwortliche Geschäftsleitung, Vertriebsleitung, Entscheidung und Organisation des Einkaufs, Personalabrechnung, Rechnungswesen, Controlling, EDV usw.) befinden. Befindet sich der Verwaltungsort der Schuldnerin am Sitz der Konzernmutter, wird dadurch die Vermutung des Art. 3 I 2 Eu InsVO widerlegt, dass der Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen am Ort des satzungsmäßigen Sitzes der Schuldnerin liegt.



AG Duisburg, Urteil vom 03.05.2004 - 62 IN 345/03 (NZI 2004, 504)

Sofern das Insolvenzgericht nichts anderes bestimmt, erstreckt sich die Postsperre nach § 99 I InsO auch auf die an den inhaftierten Schuldner gerichtete Verteidigerpost. § 99 InsO hat als speziellere Norm Vorrang gegenüber § 148 StPO. Maßgebend für die Erstreckung der Postsperre auf die Verteidigerpost ist die vom Schuldner ausgehende Gefahr, dass er die Freizügigkeit der Verteidigerpost zum Nachteil der Insolvenzmasse missbraucht. Bei der Durchführung der Postsperre ist das Verwertungsverbot des § 97 I 3 InsO zu beachten. Der Insolvenzverwalter darf deshalb die Informationen, die er aus der Kontrolle der Verteidigerpost erlangt, nicht gegenüber den Strafverfolgungsbehörden oder Strafgerichten offenbaren; insoweit gilt § 203 II Nr. 1 StGB i.V. mit § 97 I 3 InsO.

BGH, Urteil vom 29.04.2004 - IX ZB 30/04 (NZI 2004, 510)

Eine nach § 305 I Nr. 1 InsO als geeignet anzusehende Person oder Stelle ist nur berechtigt, den Schuldner im gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren zu vertreten. Eine Vertretung des Schuldners im vereinfachten Insolvenzverfahren ist nicht zulässig.

BGH, Urteil vom 29.04.2004 - IX ZR 141/03

Die Entstehung von Neumasseverbindlichkeiten nach § 209 II Nr. 3 InsO setzt lediglich voraus, dass der Insolvenzverwalter nach Masseunzulänglichkeitsanzeige für die Insolvenzmasse die Gegenleistung aus einem Dauerschuldverhältnis genutzt hat, obwohl er dies hätte verhindern können. Ein voluntatives Element in dem Sinne, dass der Insolvenzverwalter die Gegenleistung auf Grundlage eines erklärten eigenen Willensaktes in Anspruch genommen hat, ist nicht erforderlich.

LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 28.04.2004 - 3 Sa 551/03

Die Kündigungsfrist des § 113 I Satz 2 InsO ist lex spezialis. Sie geht allen längeren Kündigungsfristen unabhängig von ihrer Rechtsgrundlage vor. Sie verdrängt nicht nur längere gesetzliche oder tarifvertragliche Kündigungsfristen, sondern auch längere einzelvertragliche Kündigungsfristen.



BGH, Urteil vom 22.04.2004 - IX ZB 64/03 (ZVI 2004, 281)

Auch in einem Verbraucherinsolvenzverfahren hat das Insolvenzgericht den gestellten Insolvenzantrag auf seine Zulässigkeit hin zu untersuchen und - falls erforderlich - auf eine Ergänzung der unvollständigen Aufgaben hinzuwirken (vgl. § 305 III S. 1 InsO; BGHZ 153, 205, 209 = ZVI 2003, 64). Ein Insolvenzgericht kann vom Antragsteller nähere Angaben zu Verkauf einer Wohnung aus Anlass eines nicht getilgten Hypothekendarlehens fordern. Eine Einschränkung der Amtsermittlung lässt sich nicht aus der Regelung zum Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung über den Schuldenbereinigungsplan nach § 306 I S. 1 InsO ableiten.

BGH, Urteil vom 22.04.2004 - IX ZB 154/03 (NZI 2004, 448)

Die Bestellung eines in der ersten Gläubigerversammlung auf Vorschlag eines Großgläubigers gewählten, fachlich geeigneten Insolvenzverwalters kann versagt werden, wenn objektive Anhaltspunkte für eine Interessenkollision vorliegen hier: Zugehörigkeit zu einer Anwaltssozietät, die von dem Großgläubiger zahlreiche, z. T. noch nicht abgeschlossene Mandate erhalten hatte.

BGH, Urteil vom 22.04.2004 - IX ZB 154/03 (NZI 2004, 448)

Die Bestellung eines in der ersten Gläubigerversammlung auf Vorschlag eines Großgläubigers gewählten, fachlich geeigneten Insolvenzverwalters kann versagt werden, wenn objektive Anhaltspunkte für eine Interessenkollision vorliegen hier: Zugehörigkeit zu einer Anwaltssozietät, die von dem Großgläubiger zahlreiche, z. T. noch nicht abgeschlossene Mandate erhalten hatte.

OLG Koblenz, Urteil vom 08.04.2004 - 5 U 1545/03 (NZI 2004, 498)

Vereinbart der Insolvenzverwalter mit dem Berechtigten im Streit um das Eigentum einer im Besitz des Schuldners befindlichen Sache deren Veräußerung und die treuhänderische Hinterlegung des Erlöses, richtet sich die Auskehrung des Erlangten nicht nach § 816 BGB. Maßgeblich ist die jeweilige Parteivereinbarung. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Insolvenzverwalter vom Erlös Feststellungs- und Verwertungskosten abziehen darf, richtet sich ebenfalls nach dem Vertrag der Parteien. Wurde dort eine Regelung getroffen, ist daneben ein Rückgriff auf die umfassenderen gesetzlichen Befugnisse der §§ 170 ff InsO nicht möglich.Zur Eigentumsübertragung durch Abtretung des Herausgabeanspruchs und zur Reichweite der Eigentumsvermutung des § 1006 BGB.



AG Düsseldorf, Urteil vom 07.04.2004 - 502 IN 124/03 (ZIP 2004, 866)

Hat ein englisches Gericht durch Administration Order ein Hauptinsolvenzverfahren über das Vermögen einer in Deutschland eingetragenen GmbH eröffnet und wird später von einem inländischen Insolvenzgericht entgegen Art. 102 § 3 I EGInsO ebenfalls ein Hauptinsolvenzverfahren eröffnet, ist das inländische Insolvenzverfahren gem. Art. 102 § 4 I EGInsO einzustellen. Die Anerkennung der Eröffnung des Hauptinsolvenzverfahrens in einem anderen EU-Mitgliedstaat kann nach Art. 26 EuInsVO wegen Verstoßes gegen den ordre public versagt werden, wenn dem deutschen Schuldner kein rechtliches Gehör gewährt wurde. Eine Verletzung rechtlichen Gehörs liegt nicht vor, wenn der Geschäftsführer der deuschen GmbH den Vertreter des ausländischen Alleingesellschafters mit der Insolvenzantragstellung in dem anderen EU-Land beauftragt hat.

AG Duisburg, Urteil vom 06.04.2004 - 62 IK 27/02 (NZI 2004, 516)

Die in §§ 295 I Nr. 1, 296 InsO normierte Erwerbsobliegenheit während der Wohlverhaltenszeit ist eine Teilregelung aus dem Anwendungsbereich der allgemeinen Mitwirkungspflicht und gilt über § 97 II InsO auch schon im eröffneten Insolvenzverfahren. Übt ein Schuldner in diesem Verfahrensabschnitt keine angemessene Erwerbstätigkeit aus, so kann dies grundsätzlich die Versagung der Restschuldbefreiung nach § 290 I Nr. 5 InsO rechtfertigen. Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung des Schuldners, seinen Fähigkeiten, seinem Lebensalter, seinem Gesundheitszustand und seinen Lebensverhältnissen entspricht (§ 1574 II BGB) und in der er seiner Leistung entsprechend entlohnt wird. Eine Verletzung der Erwerbsobliegenheit als Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht ist schlüssig dargelegt, wenn nachvollziehbar vorgetragen ist, dass die tatsächlich ausgeübte berufliche Tätigkeit des Schuldners nach Art, Ausmaß oder Entlohnung nicht angemessen (i. S. des § 1574 II BGB) ist und der Schuldner angesichts der Lage auf dem regionalen Arbeitsmarkt mit vertretbaren Bemühungen eine nennenswert besser bezahlte, angemessene und dauerhafte Arbeitsstelle hätte finden können. Der abstrakte Hinweis auf Tarifverträge, die eine günstigere Entlohnung vorsehen, reicht nicht aus.

LG Würzburg, Urteil vom 05.04.2004 - 52 T 38/04 (ZIP 2004, 1380 L)

Schadensersatzansprüche gegen Zwangsverwalter wegen Pflichtverletzung verjähren in drei Jahren; die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Zwangsverwaltung, spätestens mit Vorlage der Schlussabrechnung, § 62 S. 2 InsO analog.

BFH, Urteil vom 01.04.2004 - V R 24/03 (DStR 2004, 951)

Ist der Organträger Geschäftsführer einer von der Insolvenz bedrohten Organgesellschaft und wird dieser nach Beantragung des Insolvenzverfahrens kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt, bleibt die Organschaft regelmäßig bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens erhalten. Dies gilt auch dann, wenn das Insolvenzgericht gemäß § 21 Abs. 2 2. Alt. InsO anordnet, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.



BAG, Urteil vom 31.03.2004 - 10 AZR 253/03

Der Rang einer Forderung auf Arbeitsvergütung als Masseverbindlichkeit wird durch die nach der Anzeige der (drohenden) Masseunzulänglichkeit zu treffende Entscheidung des Insolvenzverwalters bestimmt, ob er das Arbeitsverhältnis unverzüglich kündigt oder ob er es (zunächst) fortsetzt. Als Masseverbindlichkeit i. S. des § 209 II Nr. 2 InsO gilt die Arbeitsvergütung für die Zeit nach dem ersten Termin, zu dem der Insolvenzverwalter nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit kündigen konnte. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer von der Arbeitsleistung freigestellt wird. Der maßgebliche Kündigungstermin bestimmt sich nach dem Zeitpunkt, zu dem eine Kündigung unter Beachtung gesetzlicher Verpflichtungen, z. B. aus § 102 BetrVG, § 85 SGB IX oder §§ 111, 112 BetrVG rechtlich zulässig ist. Er richtet sich nicht nach dem Zeitpunkt der unternehmerischen Entscheidung des Insolvenzverwalters, den Betrieb stillzulegen.

FG München, Urteil vom 30.03.2004 - 3 K 1372/02 (EFG 2004, 1193)

Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Begriff "Schuldigwerden zur Masse" in gleicher Weise in der Konkursordnung als auch in der Insolvenzordnung verwendet hat, ist zu entnehmen, dass mit dem Wechsel zur Insolvenzordnung keine Reaktion des Gesetzgebers auf die ständige Rechtsprechung des BFH zur konkurs- bzw. insolvenzrechtlichen Entstehung von Steuererstattungsansprüchen erfolgt ist.

OLG Karlsruhe, Urteil vom 30.03.2004 - 21 U 9/03

Ist als insolvenzrechtlicher Rückgewähranspruch die Zahlung einer Geldsumme geschuldet, so hat der Anfechtungsgegner gem. §§ 143 I S. 2 InsO, 819 I, 818 IV, 291, 288 I S. 2 BGB auf den zurückzugewährenden Betrag Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz zu zahlen. Es kommt hierfür nicht darauf an, ob er tatsächlich Nutzungen in dieser Höhe gezogen hat oder hätte ziehen können. Zinsen, Herausgabe gezogener Nutzungen und Ersatz für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen schuldet der Anfechtungsgegner erst ab Entstehung des Rückgewähranspruchs mit Insolvenzeröffnung. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch ist von vornherein der Einzelzwangsvollstreckung durch Insolvenzgläubiger entzogen.


AG Potsdam, Urteil vom 30.03.2004 - 35 IK 259/03 (NZI 2004, 275)

Die Festlegung einer Mindestvergütung auf 250,-- Euro nach § 13 I 3 InsVV ist als von Anfang an verfassungswidrig anzusehen. Einer Mindestvergütung von 250,-- Euro nach § 13 I 3 InsVV ohne Anhebung auf einen angemessenen Betrag kommt entgegen der Auffassung des BGH (NZI 2004, 224 = NJW 2004,946 L) auch für vor dem 1.1.2004 eröffneten Insolvenzverfahren nicht in Betracht. Die Mindestvergütung des Treuhänders in durchschnittlichen massearmen Insolvenzverfahren natürlicher Person ist zur Erzielung einer nach § 63 I InsO angemessenen Vergütung auf 1.750,-- Euro anzuheben.

OLG Rostock, Urteil vom 29.03.2004 - 3 U 160/03 (ZIP 2004, 1515)

Eine inkongruente Deckung liegt vor, wenn der Schuldner des Schuldners den Kaufpreis auf ein Notaranderkonto überweist und der Notar weisungsgemäß einen Teilbetrag von dem Anderkonto an den Anfechtungsgegner überweist. Eine Behörde, die die Zustimmung zu einem privatrechtlichen Rechtsgeschäft des Schuldners mit einem Dritten von der Begleichung rückständiger Abgaben abhängig macht, erzeugt eine Drucksituation, die die Anfechtung wegen inkongruenter Deckung rechtfertigen kann.

LG Halle, Urteil vom 29.03.2004 - 2 T 50/04 (DZWir 2004, 260)

Wirksam wird der Eröffnungsbeschluss, wenn er vom zuständigen Beamten der Geschäftsstelle zur Mitteilung an den Empfänger in den Ausgang gegeben wird oder der Beschluss dem Schuldner bzw. einem Insolvenzgläubiger bekannt gemacht wird. Erst dann ist die Fortführung des Insolvenzverfahrens der Disposition des Antrag stellenden Gläubigers entzogen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 26.03.2004 - 16 U 216/02 (BeckRs 2004, 07371)

Gemäß § 61 InsO hat der Insolvenzverwalter dem Gläubiger den Vertrauensschaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er bei Begründung der Verbindlichkeit auf eine für den Insolvenzverwalter mögliche Erfüllung vertraut hat. Für eine Haftung nach § 61 InsO ist dann kein Raum, wenn der Vertragspartner über dieselben tatsächlichen Kenntnisse wie der Insolvenzverwalter verfügt und seine Entscheidung zur Begründung einer Masseverbindlichkeit zu seinen Gunsten nicht auf einem besonderen Vertrauen in den Insolvenzverwalter beruht, sondern auf einer eigenverantwortlichen, in Kenntnis aller Tatsachen und Risiken getroffenen Beurteilung der Sach- und Rechtslage und damit bei einem bewussten Handeln auf eigenes Risiko.



AG Potsdam, Urteil vom 26.03.2004 - 35 IN 68/03 (NJW 2004, 1391)

Die Festlegung einer Mindestvergütung auf 250,-- Euro nach § 13 I 3 InsVV ist als von Anfang an verfassungswidrig anzusehen.
Einer Mindestvergütung von 250,-- Euro nach § 13 I 3 InsVV ohne Anhebung auf einen angemessenen Betrag kommt entgegen der Auffassung des BGH (NZI 2004, 224 = NJW 2004,946 L) auch für vor dem 1.1.2004eröffneten Insolvenzverfahren nicht in Betracht.

Die Mindestvergütung des Treuhänders in durchschnittlichen massearmenInsolvenzverfahren natürlicher Person ist zur Erzielung einer nach § 63 I InsO angemessenen Vergütung auf 1.750,-- Euro anzuheben. AG Potsdam, Urteil vom 30.03.2004 - 35 IK 259/03 (NZI 2004, 275)Die Festlegung einer Mindestvergütung auf 500,-- Euro nach § 2 II InsVV ist als von Anfang an verfassungswidrig anzusehen.

Eine Mindestvergütung von 500,-- Euro nach § 2 II InsVV ohne Anhebung auf einen angemessenen Betrag kommt entgegen der Auffassung des BGH(NJW 2004, 941 = NZI 2004, 196) daher auch für vor dem 1.1.2004 eröffneteInsolvenzverfahren nicht in Betracht.

Die Mindestvergütung in durchschnittlichen massearmenInsolvenzverfahren natürlicher Personen ist zur Erzielung einer nach § 63 I InsO angemessenen Vergütung auf 2.000,-- Euro anzuheben.

Entgegen der Auffassung des BGH sind bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Vergütung Querfinanzierungen nicht zu berücksichtigen.

BGH, Urteil vom 22.03.2004 - NotZ 23/03 (NJW 2004, 2018)

Die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Notars begründete Vermutung des Vermögensverfalls kann nicht schon dadurch als widerlegt angesehen werden, dass die Gläubigerversammlung"die vorläufige Fortführung des Notariats" beschließt und den Insolvenzverwalter beauftragt, einen Insolvenzplan auszuarbeiten und vorzulegen.



AG Göttingen, Urteil vom 19.03.2004 - 74 IK 74/02 (NZI 2004, 332)

Im Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Amtsenthebung des Notars bleiben auch dann Umstände, die nach dem Ausspruch der Amtsenthebung eingetreten sind, unberücksichtigt, wenn die Vollziehung der Amtsenthebung vom Gericht bis zu seiner Entscheidung ausgesetzt worden ist (Fortführung von BGHZ 149, 230, 231 = NJW 2002,1349). Gem. § 36 IV InsO ist das Insolvenzgericht zuständig zur Entscheidung, ob eine vom Treuhänder vereinnahmte Steuerrückerstattung diesem oder dem Schuldner zusteht.

Steuerrückerstattungsansprüche fallen nicht unter den Begriff des Arbeitseinkommens und werden von der Abtretungserklärung des § 287 II1 InsO nicht erfasst. In der Wohlverhaltensperiode stehen sie folglich dem Schuldner zu. Die Entscheidung der Frage, ob dem Finanzamt in der Wohlverhaltensperiode eine Aufrechnungsmöglichkeit gegenSteuerrückerstattungsansprüche zusteht, wird dadurch nicht präjudiziert. Unbefriedigende und zufällige Ergebnisse sind in diesem Zusammenhanghinzunehmen. Insolvenzgerichte können in Anbetracht der wachsendenBelastung Verfahren nur noch nach einfachen und überschaubaren Regelnabwickeln. Korrekturen obliegen dem Gesetzgeber.

OLG Köln, Urteil vom 16.03.2004 - 22 U 148/03 (ZIP 2004, 919)

Es ist nicht Aufgabe des nach § 5 InsO bestellten Sachverständigen, den Schuldner zur Begleichung der Forderungen seiner Gläubiger - mit dem Zieleiner Erledigung des Insolvenzantrags - zu veranlassen.

Fordert und erhält der Sachverständige vom Schuldner eine Zahlung, die zur Begleichung einer solchen Forderung bestimmt ist, so handelt er im Verhältnis zu dem betreffenden Gläubiger als Geschäftsführer ohne Auftrag(§ 677 BGB). Er ist deshalb grundsätzlich verpflichtet, den Zahlbetragunverzüglich an diesen Gläubiger auszukehren (§§ 667, 681 S. 2 BGB). Ohne eine entsprechende Weisung des Schuldners ist er nicht berechtigt, den erhaltenen Betrag so lange zurückzuhalten, bis feststeht, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird oder nicht.

Leitet der Sachverständige gleichwohl den vom Schuldner erhaltenen Betrag nicht an den Gläubiger weiter und fällt dieser Betrag später in die Insolvenzmasse, so ist der Sachverständige dem Gläubiger zum Schadensersatz verpflichtet.

Die Auskehrung eines vom Schuldner erhaltenen Betrags kann nach § 130InsO anfechtbar sein. Haben mehrere Gläubiger Insolvenzantrag gestellt, so muss sich der einzelne Gläubiger die Kenntnis seines Verfahrensbevollmächtigten von den anderweitig gestellten Insolvenzanträgen oder von einer inzwischen eingetretenen Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nur insoweit gem. § 166 BGB zurechnen lassen, als der Bevollmächtigte sie in Ausübung dieses Mandats erlangt hat.



LG Göttingen, Urteil vom 12.03.2004 - 10 T 139/03 (NZI 2004, 330)

Bei einem masselosen Insolvenzverfahren ist ein Gläubiger durch die Festsetzung der Vergütung nicht beschwert, es sei denn, dass die Masselosigkeit erst durch die festgesetzte Vergütung herbeigeführt worden ist. Wird in einem Verbraucherinsolvenzverfahren dem Schuldner Stundung bewilligt und werden die Verfahrenskosten damit von der Landeskassegetragen, ist ein Schuldner damit nicht beschwert.

BGH, Urteil vom 04.03.2004 - IX ZB 133/03 (NJW 2004, 2015)

Das für Rechtsmittel im Insolvenzverfahren geltende Enumerationsprinzip schließt eine sofortige Beschwerde des Schuldners nicht aus, die sich gegen eine dem Gesetz fremde, in den grundrechtlich geschützten räumlichenBereich des Schuldners eingreifende Maßnahme wendet.

Das Insolvenzgericht ist im Eröffnungsverfahren nicht befugt, den mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragten Sachverständigen zu ermächtigen, die Wohn- und Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen.

LG Berlin, Urteil vom 02.03.2004 - 20 O 400/03 (NZI 2004, 269)

Gegen eine Ermächtigung des Sachverständigen, die Wohn- und Geschäftsräume des Schuldners zu betreten und dort Nachforschungen anzustellen, steht dem Schuldner auch dann die sofortige Beschwerde zu, wenn sich die Hauptsache erledigt hat; in diesem Fall kann mit dem Rechtsmittel die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung beantragtwerden. Die vom Kreditinstitut vorgenommene Verrechnung von Geldern, die nach der Anordnung der vorläufigen (schwachen) Insolvenzverwaltung auf dem Konto der Insolvenzschuldnerin eingehen, mit der Kreditforderung unterfällt dann nicht dem Tatbestand eines Bargeschäfts, wenn die Bank nach Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung keinerlei Zahlungsausgänge auf dem Konto mehr zulässt.



BGH, Urteil vom 17.02.2004 - IX ZR 318/01 (WM 2004, 669)

Zur Frage, wann die Rechtshandlung der Pfändung der Ansprüche des Schuldners gegen das Kreditinstitut aus einem vereinbartenDispositionskredit ("offene Kreditlinie") als vorgenommen gilt (im Anschluss an BGH, Urteil vom 22.1.2004 - IX ZR 39/03, ZIP 2004, 513).

Zur Frage, wann der Gläubiger Umstände kennt, die zwingend auf eine mindestens drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners hindeuten (imAnschluss an BGH, Urteil vom 17.7.2003 - IX ZR 272/02, ZIP 2003, 1799 =NZI 2003, 597, 599).


BGH, Urteil vom 12.02.2004 - IX ZR 70/03 (WM 2004, 899)

Eine tarifvertraglich zur Einziehung von Sozialkassenbeiträgen der Arbeitgeber ermächtigte Stelle kann auch insoweit als Anfechtungsgegnerin zur Rückgewähr verpflichtet sein, als sie fremdnützig eingezogene Beiträge an die hierzu berechtigten Sozialkassen ausgekehrt hat.

BGH, Urteil vom 12.02.2004 - V ZR 288/03 (NZI 2004, 318)

Ein Aktivprozess i.S. von § 85 I InsO liegt nicht vor, wenn über einen vondem Insolvenzschuldner erhobenen Anspruch zu dessen Gunsten erkannt, die ausgeurteilte Leistung im Wege der Zwangsvollstreckung oder zu ihrer Abwendung erbracht worden ist und der Titelschuldner im Rechtsmittelverfahren wegen seiner Leistung gem. § 717 II ZPO Ersatzverlangt.

BGH, Urteil vom 12.02.2004 - IX ZR 98/03 (NJW 2004, 1660)

Wenn ein entsprechendes Sicherungsbedürfnis besteht, kann eine Bank von ihrem Pfandrecht an den Forderungen eines Kunden aus einem Kontoguthaben auch schon vor Pfandreife Gebrauch machen, indem sie zur Sicherung einer späteren Verwertung keine Verfügungen des Kunden mehr zulässt ("Kontosperre").

Läßt die Bank es zu, dass der Kunde über sein Kontoguthaben verfügt, gibt sie insoweit ihr Pfandrecht frei. Erhöht sich anschließend im letzten Monat vor Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Gutschriften der Kontostand, ist das in entsprechender Höhe neu entstehende Pfandrecht nach § 131 I Nr. 1 InsO anfechtbar (im Anschluss an BGHZ 150, 122, 125 f).


AG Essen, Urteil vom 10.02.2004 - 13 C 479/03 (NZI 2004, 276)

Das Recht des Insolvenzverwalters, über das zur Insolvenzmasse gehörendeVermögen zu verfügen, umfasst grundsätzlich auch das Recht, bei Eheleuten die Art der steuerlichen Veranlagung nach § 26 EStG zu wählen. Die Befugnisse des Insolvenzverwalters gehen jedoch nur so weit wie die des Schuldners. Daher hat der Insolvenzverwalter im Falle der in intakter Ehe zusammenlebenden Eheleute gem. § 1353 BGB die Zusammenveranlagung zu wählen.

AG Dresden, Urteil vom 06.02.2004 - 532 IN 3310/03 (ZIP 2004, 778)

Zur Entscheidung über eine Vollstreckungserinnerung ist im Eröffnungsverfahren ausschließlich das Vollstreckungsgericht und nicht das Insolvenzgericht zuständig.

BGH, Urteil vom 05.02.2004 - IX ZB 97/03 (NZI 2004, 278)

Der Rechtsmittelzug richtet sich nach allgemeinen vollstreckungsrechtlichenVorschriften, wenn das Insolvenzgericht kraft besonderer Zuweisung funktional als Vollstreckungsgericht entscheidet.

OLG Schleswig, Urteil vom 04.02.2004 - 2 W 14/04 (NZI 2004, 264)

Übt die Schuldnerin (GmbH) keine werbende Tätigkeit mehr aus, begründet die Durchführung und Abwicklung des Insolvenzverfahrens durch den Geschäftsführer für sich genommen keine Zuständigkeit i.S. des § 3 I Satz 2InsO an dessen Wohnsitz, und zwar auch dann nicht, wenn er die Geschäftsbücher und andere Unterlagen dorthin mitgenommen hat.

Der Verweisungsbeschluss eines Insolvenzgerichts ist willkürlich und deshalb nicht bindend, wenn dieses das Verfahren ohne Ermittlungen nach§ 5 I InsO an ein anderes Insolvenzgericht verwiesen hat, obwohl für dieseAnlass bestand. Ein solcher Anlass ist anzunehmen, wenn sich im Zusammenhang mit dem Verweisungsantrag der Schuldnerin nach dem Gesamtbild des Verfahrens der Verdacht einer Gerichtsstandserschleichung im Zuge einer so genannten gewerbsmäßigen Firmenbestattung ergibt.

AG Duisburg, Urteil vom 03.02.2004 - 62 IN 279/03 (NZI 2004, 328)

Die Zweitschuldnerhaftung des antragstellenden Gläubigers für die Gerichtskosten kann bei Abweisung eines Insolvenzeröffnungsverfahrensmangels Masse bereits in der Kostenentscheidung des Abweisungsbeschlusses ausgesprochen werden. Diese Entscheidung kann nur mit der sofortigen Beschwerde gegen den Abweisungsbeschlussangefochten werden.


AG Köln, Urteil vom 23.01.2004 - 71 IN 1/04 (EuZW 2004, 160 L)

Die Eröffnung eines Hauptinsolvenzverfahrens hindert nicht die Eröffnung eines Sekundärinsolvenzverfahrens in dem Mitgliedstaat, in dem der Schuldner seinen satzungsmäßigen (und eingetragenen) Sitz hat, soweit die weiteren Voraussetzungen der EuInsVO gegeben sind. Art. 3 II EuInsVO setzt voraus, dass zumindest eine Niederlassung i.S. des Art. 2 lit. h EuInsVO gegeben ist. Daher ist das Vorhandensein sogar eines Sitzes unschädlich. Der Schuldner ist unbeschadet des Übergangs des Verwaltungs- und Verfügungsrecht auf den im Hauptverfahren bestellten Verwalter grundsätzlich berechtigt, gem. Art. 29 lit. b EuInsVO einen Antrag auf Eröffnung des Sekundärinsolvenzverfahrens zu stellen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nach Vorschriften des Eröffnungsstaats auch das Recht, Verfahrensanträge zu stellen, auf den Verwalter übergegangen ist. Nach den Bestimmungen der EuInsVO bestehen keine Bedenken gegen die Anordnung der Eigenverwaltung in einem Sekundärinsolvenzverfahren. Die Anordnung der Eigenverwaltung gem. §§ 270 ff. InsO führt im Gegensatz zu einem "normalen" Insolvenzverfahren nicht zu einem Übergang der Verwaltung- und Verfügungsbefugnis für den Schuldner. Nach der Anordnung der Eigenverwaltung in einem Sekundärinsolvenzverfahren übt der Verwalter des Hauptinsolvenzverfahrens die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis für den Schuldner aus. Die Anordnung der Eigenverwaltung in einem Sekundärinsolvenzverfahren kann dazu beitragen, die Schwierigkeiten, die sich aus der unterschiedlichen Ausrichtung eines Haupt- und Sekundärinsolvenzverfahrens ergeben können, zu reduzieren.

BGH, Urteil vom 22.01.2004 - IX ZR 39/03 (NZI 2004, 206)

Die Rechtshandlung der Pfändung der Ansprüche des Schuldners gegen das Kreditinstitut aus einem vereinbarten Dispositionskredit ("offene Kreditlinie") gilt als vorgenommen, sobald und soweit der Schuldner den ihm zur Verfügung stehenden Kreditbetrag abgerufen hat. Die Abführung von Lohnsteuer an das Finanzamt wirkt in der Insolvenz des Arbeitgebers regelmäßig gläubiger benachteiligend. Stirbt der Schuldner nach Eingang des Insolvenzantrags, bleibt dieser Antrag maßgeblich für die Entscheidung über die Eröffnung des Nachlaßinsolvenzverfahrens. BGH, Urteil vom 15.01.2004 - IX ZB 197/03 (NZI 2004, 216)Wird eine Erledigungserklärung vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens abgegeben, bewirkt sie, dass der betroffene Antrag nicht zur Verfahrenseröffnung führen kann (BGHZ 149, 178 = NJW 2002, 515 = NZI 2002, 91).Die Bestellung einer unternehmensfremden Person zum vorläufigen Insolvenzverwalter kann bei einem Antrag auf Eigenverwaltung jedenfalls dann erforderlich sein, wenn kurz vor der Antragstellung zu Gunsten des gerade erst bestellten Geschäftsführers ein größeres Vorschusshonorar (hier: 290.000,-- Euro) angewiesen worden ist.

BGH, Urteil vom 15.01.2004 - IX ZB 96/03 (NJW 2004, 941)

Für Insolvenzverwalter, die ab 1. 1. 2004 in einem masselosen Verfahren bestellt werden, ist die Beschränkung der regelmäßigen Mindestvergütung auf 500,00 Euro verfassungswidrig.

BVerfG, Urteil vom 14.01.2004 - 1 BvL 8/03 (NJW 2004, 1233)

Schuldrechtliche Forderungen können dem Kreis der Eigentumsrechte i. S. des Art. 14 I GG angehören. Daraus folgt aber nicht, in welcher Weise der Gesetzgeber Schuldner- und Gläubigerschutz auszutarieren hat. Er bleibt zu Umgestaltungen befugt.

Steht eine zur verfassungsrechtlichen Überprüfung vorgelegte Norm in einem Zusammenhang mit anderen Vorschriften und ist sie Bestandteileines Regelungskomplexes, können zwar auch die anderen Normen in die verfassungsrechtliche Prüfung einzubeziehen sein. Dies gilt aber nur soweit, wie sie in ihrer Verbundenheit mit der zur Prüfung gestellten Norm für den konkreten Rechtsstreit schon jetzt maßgeblich werden. Zur Frage der Verfassungswidrigkeit der Restschuldbefreiung bei der Verbraucherinsolvenz nach der Insolvenzordnung (§§ 286 ff.) und der Bekanntmachungsvorschrift des § 30 InsO.



LG Koblenz, Urteil vom 13.01.2004 - 2 T 901/03 (NZI 2004, 157)

Die Nachtragsverteilung kann auch im Verbraucherinsolvenzverfahrenangeordnet werden. Erkennt der Insolvenzverwalter ein Absonderungrecht an und überlässt dem Berechtigten die Verwertung, ist darin noch keine Freigabe des belasteten Gegenstands und Verzicht der Masse auf einen etwaigen Übererlös zu sehen.Die Zustimmung der Gläubiger zur Freigabe ist stets dann anzunehmen, wenn die Gläubigerversammlung keinen positiven Beschluss über die Verwertung der aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nichtverwertbaren Gegenstände der Insolvenzmasse fasst. Da der Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder selbst über die Freigabe zu entscheiden hat, dient die Beschlussfassung der Gläubigerversammlung nur dazu, ihn von den Folgen der Freigabe zu entlasten.

OLG Koblenz, Urteil vom 12.01.2004 - 13 UF 666/03 (NJW 2004, 1256)

Zu den Voraussetzungen, unter denen ein verschuldeter Unterhaltspflichtiger verpflichtet ist, ein Verbraucherinsolvenzverfahreneinzuleiten, um seine Leistungsfähigkeit für die Zahlung von Unterhalt zusichern bzw. wieder herzustellen.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.01.2004 - 19 Sa 111/03 (NZI 2004, 146)

Es ist davon auszugehen, dass dem Unterhaltsschuldner ein Verbraucherinsolvenzverfahren zumutbar ist, wenn eine nachhaltige Überschuldung vorliegt, also die Verbindlichkeiten im Verhältnis zum Einkommen unangemessen hoch sind und/oder sich über einen langen Zeitraum erstrecken. Beim Gläubigerantrag kommt es für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit des Insolvenzgerichts grundsätzlich auf die Umstände zur Zeit der Zustellung des Eröffnungsantrags an den Schuldner an. Die Umstände bei Antragsstellung sind nur beim Eigenantrag des Schuldners maßgeblich.