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Rechtsprechung zum Strafrecht - 1998 - 1999 - 2000 - 2001 - 2002 - 2003 - 2004 - 2005
BGH, 22.12.1999, 3 StR 401/99 (StV 2000, 234)
Verweigert ein umfassend schweigender Angeklagter die Entbindung eines Zeugen von der Schweigepflicht, darf hieraus
kein belastendes Indiz gegen ihn hergeleitet werden (Ergänzung zu BGHSt 20, 298f. = NJW 1966, 209).
BGH, 22.12.1999, 3 StR 339/99 (Hohmann, NStZ 2000, 255 )
Ein Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden hat, ist auch dann Täter
eines Bandendiebstahls, wenn er zwar nicht am Tatort an der Ausführung des Diebstahls unmittelbar beteiligt ist, aber auf
eine andere als täterschaftlicher Tatbeitrag zu wertende Weise daran mitwirkt und der Diebstahl von mindestens zwei
weiteren Bandenmitgliedern in zeitlichen und örtlichen Zusammenwirken begangen wird.
BGH, 15.12.1999, 5 StR 608/99 (StV 2000, 196)
Ausländische Strafen sind wegen des damit verbundenen Eingriffs in ihre Vollstreckbarkeit nicht gesamtstrafenfähig.
Zur Bemessung des Härteausgleiches für den Nachteil, der durch die Nichteinbeziehung von Strafen aus einem
ausländischen Urteil in die Gesamtstrafenbildung entstanden ist.
BGH, 14.12.1999, 4 StR 554/99 (StV 2000, 129)
Der Tatrichter ist bei der nach Ermessensgesichtspunkten ("kann") zu treffenden Entscheidung, ob er von der Strafmilderungsmöglichkeit des § 46a StGB Gebrauch macht, nicht gehindert, auch zu berücksichtigen, dass der Angeklagte seine Ausgleichsbemühungen spät - und zwar erst, nachdem der Schuldspruch rechtskräftig geworden war - entfaltet hat.
BGH, 14.12.1999, 5 StR 520/99 (wistra 2000, 136)
Die (rechtliche oder tatsächliche) Unmöglichkeit zur fristgerechten Aufstellung einer Bilanz, etwa dadurch, dass der Bilanzierungspflichtige mit der Ausarbeitung der Bilanz einen Dritten beauftragt, lässt grundsätzlich die Tatbestandsmäßigkeit des Unterlassens einer rechtzeitigen Bilanzerstellung entfallen.
BGH, 14.12.1999, 1 StR 492/99 (NStZ 2000, 219)
Die Revision des Nebenklägers mit dem Ziel, über die Annahme eines dem Angeklagten im Ergebnis ungünstigeren Konkurrenzverhältnisses die Verhängung einer Gesamtstrafe und damit einer insgesamt schweren Rechtsfolge zu erreichen, ist zulässig.
BGH, 9.12.1999, 5 StR 312/99 (StV 2000, 121)
Die Schuldfrage betreffende Wahrnehmungen des beauftragten Richters dürfen nicht im Wege der dienstlichen Erklärung in
die Hauptverhandlung eingeführt werden.
BGH, 7.12.1999, 5 StR 533/99 (NStZ-RR 2000, 138)
Kommt nach den Feststellungen in Betracht, dass durch Maßnahmen im Rahmen einer Betreuung sichergestellt werden kann, dass eine Gefährdung der Allgemeinheit i.S. des § 63 StGB nicht mehr zu erwarten ist, so muss diese Möglichkeit vom Tatrichter geprüft und im Urteil erörtert werden.
BGH, 7.12.1999, 1 StR 494/99 (NStZ 2000, 214)
Die Verlesung des Anklagesatzes gehört zu den wesentlichen Förmlichkeiten, deren Beobachtung das Protokoll ersichtlich machen muss (§ 273 StPO) und die nur durch das Protokoll bewiesen werden können (§ 274 StPO). Sie ist ein so wesentliches Verfahrenserfordernis, dass die Unterlassung im Allgemeinen die Revision begründet.
BGH, 3.12.1999, 3 StR 481/99 (NStZ 2000, 193)
Zum Beweiswert der Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit, wenn Umstände vorliegen, die die Tat insgesamt als persönlichkeitsfremd und nicht erklärlich erscheinen lassen.
BGH, 2.12.1999, 3 StR 479/99 (NStZ 2000, 207)
Ein vollendetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln liegt bereits dann vor, wenn der Verkäufer dem Kaufinteressenten ein
verbindliches und ernsthaftes Verkaufsangebot unterbreitet. Dabei ist es rechtlich unerheblich, ob es zu Umsatzgeschäften
tatsächlich gekommen ist, ob der Täter über das angebotene Rauschgift verfügen konnte und ob er eine gesicherte
Lieferantenzusage hatte.
Zur Annahme einer Bewertungseinheit bei mehreren bindenden Verkaufsangeboten.
BGH, 24.11.1999, 2 StR 534/99 (NStZ 2000, 217)
Die Befugnis des Tatrichters zur Verwerfung der Revision ist auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen der Beschwerdeführer die für die Einlegung und Begründung des Rechtsmittels vorgeschriebenen Formen oder Fristen nicht gewahrt hat (§ 346 I StPO). Soweit die Revision dagegen aus einem anderen Grund als unzulässig zu verwerfen ist, steht die Befugnis hierzu allein dem Revisionsgericht zu. Das gilt auch dann, wenn ein solcher Grund mit Mängeln der Form- oder Fristeinhaltung zusammentrifft, also etwa die Revision nach wirksamem Rechsmittelverzicht verspätet eingelegt worden ist.
BGH, 24.11.1999, 3 StR 390/99 (NStZ 2000, 212)
Der während einer Hauptverhandlung neu bestellte Verteidiger hat es als unabhängiges Organ der Rechtspflege, das die Verteidigung selbständig führt, in erster Linie selbst und in eigener Verantwortung zu beurteilen, ob er für die Erfüllung seiner Aufgabe hinreichend informiert und vorbereitet ist. Es ist grundsätzlich nicht Sache des Gerichts, dies zu überprüfen.
§ 338 Nr. 5 StPO liegt nur bei körperlicher Abwesenheit oder erkennbarer Verhandlungsunfähigkeit des Verteidigers im Falle einer notwendigen Verteidigung vor.
Für die Annahme, die Verteidigung sei in einem für die Entscheidung wesentlichen Punkt beschränkt worden (§ 338 Nr. 8
StPO), genügt es nicht, wenn die Beschränkung der Verteidigung generell (abstrakt) geeignet ist, die gerichtliche
Entscheidung zu beeinflussen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist § 338 Nr. 8 StPO vielmehr nur dann gegeben, wenn
die Möglichkeit eines kausalen Zusammenhangs zwischen dem Verfahrensverstoß und dem Urteil konkret besteht.
BGH, 23.11.1999, 5 StR 316/99 (StV 2000, 73)
Ist ein gewichtiges Handeltreiben mit Betäubungsmitteln im Einzelfall belegt, so ist die Erwägung, die verwirklichte Tatbestandsvariante des Handeltreibens sei "eine der verwerflichsten Tatmodalitäten des § 29a BtMG", nicht zu beanstanden (imAnschluß an BGHSt 44, 361 = NJW 1999, 1724 = NStZ 1999, 365).
BGH, 22.11.1999, 5 StR 493/99 (NStZ 2000, 150)
Einfuhr von Betäubungsmitteln wird durch deren Verbringen über eine ausländische Grenze nicht verwirklicht, erfordert vielmehr das Verbringen der Betäubungsmittel über die deutsche Hoheitsgrenze aus dem Ausland in den Geltungsbereich das Betäubungsmittelgesetzes.
BGH, 18.11.1999, 4 StR 435/99 (StV 2000, 128)
Der Anwendung des § 46a StGB steht nicht entgegen, dass das Opfer eine juristische Person (hier: eingetragener Verein) ist.
Die Erfüllung von Schadensersatzansprüchen allein genügt nicht für die Anwendung des § 46a Nr. 2 StGB. Es wird - damit die Schadenswiedergutmachung ihre friedensstiftende Wirkung entfalten kann und die Vorschrift nicht etwa eine Privilegierung "reicher" oder solcher Täter bewirkt, die noch im Beutebesitz sind - verlangt, dass der Täter einen über die rein rechnerische Kompensation hinausgehenden Betrag erbringt.
Mit Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses in Verbindung mit der Bestellung einer Sicherungshypothek können die
Voraussetzungen des § 46a StGB erfüllt werden. Die Stellung einer Sicherheit kann allerdings nur dann der Zahlung
gleichgestellt werden, wenn der Gläubiger auf die alsbaldige Verwertung freiwillig verzichtet, etwa um dem Schuldner
Gelegenheit zu geben, in anderer Weise seine Schuld abzutragen.
BGH, 18.11.1999, 1 StR 221/99 (StV 2000, 57)
Wird eine unverdächtige und zunächst nicht tatgeneigte Person durch die von einem Amtsträger geführte Vertrauensperson in einer dem Staat zuzurechnenden Weise zu einer Straftat verleitet und führt dies zu einem Strafverfahren, liegt darin ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens gem. Art. 6 I 1 EMRK. Dieser Verstoß ist in den Urteilsgründen festzustellen. Er ist bei der Festsetzung der Rechtsfolgen zu kompensieren. Das Maß der Kompensation für das konventionswidrige Handeln ist gesondert zum Ausdruck zu bringen.
BGH, 18.11.1999, 4 StR 389/99 (StV 2000, 198)
Die Tatbestandsalternative des "Eindringens in den Körper" in § 176a I Nr. 1 StGB ist nicht auf Fälle des Vaginal-, Oral- oder Analverkehrs beschränkt.
Abgesehen von den Fällen des Vaginal-, Oral- oder Analverkehrs bedarf das Tatbestandsmerkmal "besonders erniedrigen" für die Annahme des Regelbeispiels der "Vergewaltigung" in § 177 II 2 Nr. 1 StGB der Prüfung und Darlegung der Einzelumstände der Tat.
BGH, 17.11.1999, 3 StR 438/99 (NStZ 2000, 214)
Allein der Umstand, dass eine erwachsene, gehörlose Zeugin, bei der keine psychischen Auffälligkeiten gegeben sind, mit
Hilfe eines Gebärdendolmetschers vernommen werden muss, gibt keinen Anlass zur Hinzuziehung eines Sachverständigen
zur Beurteilung der Glaubwürdigkeit.
Führt eine auf der Grundlage der gefestigten Rechtsprechung des BGH zur Rückrechnung der BAK (Abbauwert von 0,2 Promille pro Stunde zuzüglich eines einmaligen Sicherheitszuschlages von 0,2 Promille) zu einer BAK von etwa 2,68 Promille bei Tatbegehung, so liegt bei einem solchen Wert die Annahme einer erheblichen Herabsetzung des Hemmungsvermögens nahe.
BGH, 17.11.1999, 1 StR 290/99 (NStZ 2000, 216)
Zur Frage, ob der rechtskräftige Freispruch des Angeklagten vom Vorwurf der eigenhändigen Ermordung seiner vormaligen Ehefrau in einem früheren Verfahren der Ahndung der versuchten Bestimmung eines Dritten zur Tötung des Opfers entgegensteht.
BGH, 17.11.1999, 2 StR 313/99 (StV 2000, 177)
Erweckt das Gericht nach Vorberatung über die Strafobergrenze, die es im Fall eines Geständnisses nicht überschreiten wolle, den Eindruck, sich insoweit ohne Rücksicht auf den Umfang des Geständnisses und den weiteren Verlauf der Hauptverhandlung vorbehaltlos und endgültig festgelegt zu haben, so kann dies für einen Verfahrensbeteiligten die Besorgnis der Befangenheit begründen.
BGH, 17.11.1999, 3 StR 305/99 (NStZ 2000, 215)
Die Beobachtung und Befragung des Angeklagten durch den Sachverständigen während der Hauptverhandlung ist keine
Untersuchung i. S. des § 246a StPO. Die Untersuchung muss "maßnahmespezifisch" sein, der bloße Kontakt während der
Hauptverhandlung reicht dafür nicht aus.
BGH, 16.11.1999, 4 StR 504/99 (NStZ-RR 2000, 139)
Werden mehrere Opfer in unmittelbarer zeitlicher Abfolge aufgrund eines einheitlichen Tatentschlusses unter Anwendung von Gewalt zur Duldung sexueller Handlungen genötigt, so stehen die gegenüber den Opfern begangenen Sexualdelikte untereinander im Verhältnis der Tateinheit.
BGH, 10.11.1999, 3 StR 361/99 (NJW 2000, 748)
Das Verschlechterungsverbot gebietet dem neuen Tatrichter nicht, das Ausmaß der Kompensation für die Verletzung des Beschleunigungsverbots nach Art. 6 I 1 MRK im Vergleich zu der bisherigen Strafe des früheren Tatrichters zu bestimmen; er hat vielmehr die an sich - ohne die Verletzung des Beschleunigungsgebots - verwirkte Strafe in einem neuen, eigenständigen Strafzumessungsvorgang zu ermitteln, ohne an die Höhe der früheren Strafe gebunden zu sein. Diese bildet erst die Obergrenze für die um das Ausmaß der Kompensation reduzierte, letztlich verhängte Strafe.
BGH, 10.11.1999, 5 StR 221/99 (NStZ 2000, 203)
Dem Steuerpflichtigen steht es frei, jeweils die ihm günstigste steuerrechtliche Gestaltung zu wählen. Er macht jedenfalls dann keine unrichtigen Angaben i. S. von § 370 I Nr. 1 AO, wenn er offen oder verdeckt eine ihm günstige unzutreffende Rechtsansicht vertritt, aber die steuerlich erheblichen Tatsachen richtig und vollständig vorträgt und es dem Finanzamt dadurch ermöglicht, die Steuer unter abweichender rechtlicher Beurteilung zutreffend festzusetzen.
Zu den sich aus der Stellung eines Geschäftsführers einer OHG ergebenden Pflichten zur Nachprüfung und Kontrolle der Handlungen eines Mitgeschäftsführers.
Wurde zur Klärung einer für die Abgabe der Steuererklärungen wichtigen Rechtsfrage eine Steuerkanzlei beauftragt, so ist
leichtfertiges Handeln des Geschäftsführers jedenfalls dann nicht auszuschließen, wenn sich der Geschäftsführer (im Rahmen
seiner Kontrollpflicht) nicht hinreichend mit dem angefertigten Rechtsgutachten auseinandersetzt, sondern weiterhin
uneingeschränkt auf den anderen Geschäftsführer vertraut.
BGH, 9.11.1999, 4 StR 521/99 (NStZ 2000, 136)
Die Anforderungen an die Aussagekraft der für die Annahme uneingeschränkter Steuerungsfähigkeit trotz erheblicher Alkoholisierung herangezogenen psycho-diagnostischen Kriterien sind umso größer, je höher der Wert der zugrundegelegten Blutalkoholkonzentration ist.
BGH, 9.11.1999, 4 StR 492/99 (NStZ 2000, 197)
Zwar kann bereits die erzwungene Ausstellung eines Schuldscheins einen Vermögensnachteil in Form einer Vermögensgefährdung darstellen. Allein der Umstand, dass der Angeklagte die Möglichkeit gehabt hätte, die Forderung im Wege des Urkundsprozesses durchzusetzen (§§ 592 ff. ZPO), rechtfertigt aber die Annahme einer vollendeten Nachteilszufügung nicht. Dies setzt vielmehr voraus, dass bereits im Zeitpunkt der Tatbegehung aus der Sicht des Genötigten konkret mit der Inanspruchnahme durch den nach Aushändigung der Erklärung beweisbegünstigten Täter zu rechnen ist.
BGH, 3.11.1999, 3 StR 406/99 (wistra 2000, 55)
Für die Bewertung und Gewichtung einer Teilnahmehandlung als besonders schwerer Fall kommt es in erster Linie auf den Unwert des vom Tatbeteiligten erbrachten Tatbeitrags sowie auf die dadurch verwirklichte und von seiner Person bestimmte Schuld als solche an und erst in zweiter Linie und nur mittelbar auf das mit der Haupttat verwirklichte Unrecht.
BGH, 3.11.1999, 2 StR 326/99 (NStZ 2000, 147)
Ein Polizeibeamter ist zwar grundsätzlich nur im Rahmen seiner Dienstausübung Garant für strafrechtlich geschützte
Rechtsgüter Dritter. Eine Rechtspflicht zum Handeln kann sich aber ergeben, wenn er außerdienstlich Kenntnis von
Straftaten erlangt, die - wie Dauerdelikte oder auf ständige Wiederholung angelegte Handlungen - während seiner
Dienstausübung fortwirken; dabei bedarf es der Abwägung im Einzelfall, ob das öffentliche Interesse privaten Belangen vorgeht.
BGH, 28.10.1999, 4 StR 370/99 (StV 2000, 123)
Es erscheint grundsätzlich zweifelhaft, ob dem Gesichtspunkt der Aussagekonstanz für die Bewertung der Glaubhaftigkeit einer Aussage wesentliches Gewicht zukommen kann, wenn sich die Schilderungen des Tatzeugen durch ausgesprochene Detailarmut auszeichnen und nicht ausreichen, bei einer Serie von (zehn) gleichen Straftaten auch nur einer ein individuelles Gepräge zu geben.
Macht ein Angeklagter, der sich zunächst nicht geäußert hat, im Laufe der Hauptverhandlung doch noch Angaben zur Sache, ist diese Tatsache als wesentliche Förmlichkeit i. S. des § 273 I StPO in die Sitzungsniederschrift aufzunehmen; das gilt auch dann, wenn die Einlassung im Rahmen einer Äußerung nach § 257 StPO oder nach § 258 StPO erfolgt. Dass im Protokoll vermerkt ist, dass der Angeklagte Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme und zugleich das letzte Wort hatte, belegt eine Sachaussage des Angeklagten nicht. Mit dieser Formulierung ist lediglich belegt, dass das Recht des Angeklagten auf das letzte Wort gewahrt wurde. Dass er von diesem Recht auch Gebrauch gemacht hat, besagt die Eintragung dagegen nicht.
Bei einem Täter, dem eine Vielzahl sich gleichartig wiederholender Taten zur Last fällt, kann eine je nach den Umständen deutliche - gegebenenfalls eher strafmildernd wirkende - Herabsetzung der Hemmschwelle stattfinden.
BGH, 27.10.1999, 3 StR 309/99 (NStZ 2000, 137)
Das Gericht muss einen Nachteil ausgleichen, der sich für einen Angeklagten möglicherweise dadurch ergibt, dass die Bildung mehrerer Gesamtstrafen zu einem zu hohen Gesamtstrafenübel führt. Die Berücksichtigung des Gesamtstrafenübels kann aber nicht dazu führen, dass die Summe der Gesamtstrafen die ohne Zäsurwirkung zu verhängende Gesamtstrafe nicht übersteigen darf.
Zum erforderlichen Umfang der Erörterung eines Gesamtstrafenübels in den Urteilsgründen.
BGH, 27.10.1999, 2 StR 451/99 (StV 2000, 195)
Eine Beihilfe i. S. des § 52 StGB liegt vor, wenn der Gehilfe mit einer einzigen Unterstützungshandlung zu mehreren Haupttaten eines anderen Hilfe leistet. Demgegenüber ist Tatmehrheit nach § 53 StGB anzunehmen, wenn durch mehrere Hilfeleistungen mehrere Taten unterstützt werden. Diese Grundsätze gelten nicht nur für aktive Unterstützungshandlungen des Gehilfen, sondern auch für die durch garantenpflichtwidriges Unterlassen geleistete Beihilfe.
BGH, 26.10.1999, 4 StR 459/99 (StV 2000, 184)
Fehlt im Urteil die Unterschrift eines Richters, der an der Hauptverhandlung teilgenommen hat, muß im Falle seiner Verhinderung diese unter dem Urteil förmlich vermerkt werden und zwar innerhalb der Absetzungsfrist des § 275 I S. 2 StPO. Denn die nach § 275 II StPO vorgeschriebene Unterschrift der mitwirkenden Richter sowie der sie ersetzende Verhinderungsvermerk stellen ein wesentliches Formerfordernis dar, das vor Ablauf der Frist des § 275 I StPO erfüllt sein muss.
BGH, 26.10.1999, 4 StR 393/99 (wistra 2000, 97)
Die Tatbestände der §§ 331 bis 334 StGB a. F. setzen eine zwischen dem Amtsträger und dem Vorteilsgeber -
ausdrückliche oder konkludent getroffene - Unrechtsvereinbarung voraus, bei der eine bestimmte Diensthandlung als
Äquivalent für die Vorteilsgewährung erbracht wird. Es genügt also - auch zur Verurteilung wegen Vorteilsannahme nach §
331 StGB a. F. - nicht schon die Feststellung der Annahme eines Vorteils durch den Amtsträger, auch wenn die Zuwendung
mit Rücksicht auf seine Dienstleistung, etwa zur Erlangung seines allgemeinen Wohlwollens, erfolgt.
BGH, 21.10.1999, 4 StR 78/99 (NStZ 2000, 85)
Sind mehrere selbständige Straftaten Gegenstand des Ermittlungsverfahrens, so erstreckt sich die verjährungsunterbrechende Handlung auf alle Taten, es sei denn, der Verfolgungswille der Strafverfolgungsorgane ist erkennbar auf eine oder nur einen Teil der Taten beschränkt. Dies gilt auch dann, wenn eine Tat zum Zeitpunkt der verjährungsunterbrechenden Handlung (noch) nicht als mögliche Tathandlung des Angeklagten erkannt war.
BGH, 21.10.1999, 4 StR 376/99 (NStZ 2000, 86)
Der Zweifelsgrundsatz gebietet nicht, Angaben eines Angeklagten als unwiderlegt hinzunehmen, für die es keine unmittelbaren Beweise gibt, und die Zurückweisung einer Einlassung erfordert nicht, dass sich ihr Gegenteil positiv feststellen lässt.
Selbst wenn es im Ergebnis nicht zur Ausübung der Prostitution gekommen ist, steht dies der Annahme vollendeten Menschenhandels nicht entgegen, weil § 180b StGB den Erfolg der Einwirkung nicht voraussetzt.
Zu den Voraussetzungen eines Versuchs des schweren Menschenhandels.
BGH, 20.10.1999, 2 StR 397/99 (NStZ 2000, 140)
Kann das Opfer der sexuellen Handlung (etwa wegen Bewusstlosigkeit) keinen der Tat entgegenstehenden Willen bilden
und wollte der Täter auch keinen Willen des Opfers beugen oder überwinden, so kommt nicht § 177 StGB, sondern eine
Anwendung des § 179 StGB in Betracht.
BGH, 20.10.1999, 3 StR 324/99 (NStZ 2000, 137)
Die Vorschrift des § 73d StGB eröffnet ausschließlich die Abschöpfung des aus kriminellen Taten Erlangten. Im Hinblick hierauf genügt für die Anwendung des § 73d StGB nicht, dass bestimmte Gelder mit überwiegender Wahrscheinlichkeit aus Straftaten stammten oder für solche bestimmt waren.
Bei der Strafzumessung darf zu Gunsten des Angeklagten nicht berücksichtigt werden, er habe durch die Verfallsanordnung einen erheblichen finanziellen Nachteil erlitten.
BGH, 20.10.1999, 1 StR 429/99 (StV 2000, 77)
Setzt der Täter beim schweren Raub zur Drohung gegenüber dem Opfer eine ungeladene Pistole ein und führt er das zugehörige, aufmunitionierte Magazin in seiner Jackentasche bei sich, so verwendet er damit kein objektiv gefährliches Tatmittel i.S. des § 250 II Nr. 1 StGB.
BGH, 20.10.1999, 2 StR 248/99 (StV 2000, 200)
Zur Verwirklichung der dritten Alternative des § 177 I StGB reicht es aus, dass sich der Täter bei Vornahme der sexuellen Handlungen die schutzlose Lage des Opfers bewusst zunutze macht, um den der Tat entgegenstehenden Willen des Opfers zu überwinden. Worauf die schutzlose Lage beruht, ist unerheblich.
§ 179 StGB kommt bei Vergewaltigung durch Ausnutzen einer schutzlosen Lage als Auffangtatbestand dann in Betracht,
wenn das Opfer keinen der Tat entgegenstehenden Willen bilden kann.
BGH, 19.10.1999, 4 StR 86/99 (StV 2000, 4)
Wird aufgrund einer unzulässigerweise vor Erlass des Urteils im Rahmen einer verfahrensbeendenden Absprache getroffenen Vereinbarung Rechtsmittelverzicht erklärt, kann dies zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Rechtsmittelfrist führen (Ergänzung zu BGHSt 43, 195) NJW 1988, 86 = NStZ 1998, 31).
BGH, 19.10.1999, 4 StR 471/99 (NStZ 2000, 93)
Bei einer Prüfung nach § 2 III StGB wird die Umgestaltung des Verbrechenstatbestands des Versicherungsbetrugs in das Vergehen des Versicherungsmissbrauchs (§ 265 I StGB n. F.) grundsätzlich durch Aufwertung des Betrugs in Form eines Regelbeispiels zum besonders schweren Fall nach § 263 III 2 Nr. 5 StGB ausgeglichen.
BGH, 19.10.1999, 5 StR 442/99 (NStZ 2000, 156)
Die Beanstandung, der Tatrichter habe den Beweisgehalt eines in der Hauptverhandlung erhobenen Beweismittels nicht ausgeschöpft, kann mit der Revision nicht geltend gemacht werden.
BGH, 19.10.1999, 1 StR 528/99 (StVt 2000, 78)
Der Täter, der irrtümlich annimmt, sich das weggenommene Geld zueignen zu dürfen, befindet sich in einem den Vorsatz
ausschließenden Tatbestandsirrtum. Auch bei mittäterschaftlicher Begehung mit dem Plan, gemeinsam für verschiedene
Gläubiger jedenfalls im wesentlichen, möglicherweise auch insgesamt berechtigte Forderungen einzutreiben, kommt ein
Tatbestandsirrtum in Frage.
BGH, 19.10.1999, 1 StR 515/99 (NStZ 2000, 83)
Zusagen, den Schaden wiedergutmachen zu wollen, genügen für eine Anwendung des § 46a StGB nicht. Ebenso kann die Stellung einer Sicherheit nur dann der Zahlung gleichgestellt werden, wenn der Gläubiger auf die alsbaldige Verwertung verzichtet, etwa um dem Schuldner Gelegenheit zu geben, durch Ratenzahlungen seine Schuld abzutragen.
BGH, 19.10.1999, 1 StR 264/99 (NStZ 2000, 90)
Zu den Anforderungen an die Feststellung, der für die Bestellung von Herzschrittmachern zuständige Arzt eines Kreiskrankenhauses nehme einen Vorteil als Gegenleistung für eine Dienstpflichtverletzung an.
BGH, 19.10.1999, 4 StR 467/99 (NStZ-RR 2000, 106)
Dient das dem Opfer einer schweren räuberischen Erpressung bzw. eines schweren Raubes nach Vollendung der Tat abgenötigte Verhalten ausschließlich der Sicherung der zuvor erlangten Beute, kommt § 240 StGB gegenüber §§ 249, 253, 250, 255 StGB keine eigenständige Bedeutung zu; die tatbestandlich verwirklichte Nötigung tritt vielmehr hinter der räuberischen Erpressung zurück.
Wirkt sich die Einschüchterung mittels einer - scheinbar geladenen - Waffe auf die körperliche Verfassung des Opfers aus
und hat hiermit der Täter konkret gerechnet und die körperliche Beeinträchtigung billigend in Kauf genommen, ist der
objektive und subjektive Tatbestand des § 223 StGB erfüllt.
BGH, 19.10.1999, 4 StR 384/99 (NStZ 2000, 144)
Das Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs i. S. von § 316a I StGB setzt voraus, dass der Täter eine Gefahrenlage nutzt, die dem fließenden Straßenverkehr eigentümlich ist. Eine solche Gefahrenlage wird nur dann ausgenutzt, wenn nach dem Tatplan das Kraftfahrzeug als Verkehrsmittel für die Begehung eines Raubes, eines räuberischen Diebstahls oder einer räuberischen Erpressung eine Rolle spielt. Ist die Fahrt beendet und wird der räuberische Entschluss erst danach gefasst, so fehlt es am Ausnutzen der besonderen Verhältnisse des Straßenverkehrs.
BGH, 14.10.1999, 4 StR 312/99 (NStZ 2000, 194)
Die Vorschrift des § 125a StGB enthält keine den Landfriedensbruch qualifizierende Vorschrift, sondern ist eine Strafzumessungsregel, wobei die angeführten Regelbeispiele lediglich Anhaltspunkte für ihre Anwendung geben.
Für eine gemeinschaftliche Tatbegehung der Körperverletzung ist es nicht erforderlich, dass jeder der Mittäter eigenhändig an der Körperverletzungshandlung teilnimmt; auch kann ein dritter Mittäter abwesend sein, vorausgesetzt, dass 2 weitere Täter dem Opfer gegenüberstehen und die Täter die Tat als gemeinschaftliche wollen.
BGH, 13.10.1999, 3 StR 417/99 (NStZ-RR 2000, 139)
Gelingt es dem durch die Tat begünstigten Strafgefangenen nicht, das Anstaltsgebäude zu verlassen, also seine Freiheit
wieder zu erlangen, scheidet Vollendung der Gefangenenbefreiung aus.
BGH, 13.10.1999, 3 StR 297/99 (NStZ 2000, 91)
Der Tatrichter ist auch bei freisprechenden Urteilen aus sachlich-rechtlichen Gründen zumindest dann zu Feststellungen über die Person des Angeklagten verpflichtet, wenn diese zur Überprüfung des Freispruchs durch das Revisionsgericht auf Rechtsfehler hin notwendig sind.
Die Bestrafung als Mittel zur Ausschaltung des politischen Gegners oder einer bestimmten sozialen Gruppe kann Rechtsbeugung darstellen.
Ein Staatsanwalt kann bei rechtsbeugerisch angeordneter U-Haft durch die Beantragung der Fortdauer der U-Haft bei Anklageerhebung Rechtsbeugung und Freiheitsberaubung als Täter begehen.
BGH, 13.10.1999, 2 StR 384/99 (NStZ-RR 2000, 80)
Zu den erforderlichen Feststellungen zum Ausschluss des Provokationstatbestandes der §§ 227 II, 213 Alt. 1 StGB. - Provokation.
Entscheidend für den Anwendungsbereich der §§ 227 II, 213 Alt. 1 StGB ist, ob die durch das vorausgegangene Verhalten
des Opfers verursachte Reizung die Tat ausgelöst hat, also ein motivationspsychologischer Zusammenhang zwischen der
Misshandlung oder Beleidigung durch das Opfer und der Körperverletzungshandlung des Täters besteht.
BGH, 13.10.1999, 3 StR 256/99 (NStZ 2000, 215)
Eine Verfahrensrüge, der Tatrichter habe eine gem. § 251 StPO verlesene Zeugenaussage im Urteil nicht mit deren tatsächlichen Inhalt wiedergegeben, ist nur dann zulässig erhoben, wenn die Aussage ihrem Wortlaut oder ihrem wesentlichen Inhalt nach in der Rechtfertigungsschrift wiedergegeben ist.
BGH, 12.10.1999, 1 StR 109/99 (NStZ 2000, 156)
Eine Spielzeugpistole erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 250 II Nr. 1 StGB i. d. F. des 6. StrRG.
In der Tatsacheninstanz entscheidet der Richter selbst, ob er die erforderliche Sachkunde hat. Eine Beweisaufnahme über die Sachkunde des Gerichts findet nicht statt.
In Fällen, in denen ein Zeuge für länger zurückliegende Vorgänge benannt wird, hat der Tatrichter die Eignung des Beweismittels anhand allgemeiner Lebenserfahrung unter Berücksichtigung aller Umstände, die dafür oder dagegen sprechen, dass der Zeuge die in sein Wissen gestellten Wahrnehmungen gemacht und im Gedächtnis behalten hat, zu beurteilen.
Es kann mit der Aufklärungsrüge grundsätzlich nicht gerügt werden, dass das Gericht versäumt habe, an einen Zeugen eine
bestimmte Frage zu richten.
BGH, 8.10.1999, 2 StR 463/99 (StV 2000, 180)
Wird in das Wissen eines Sachverständigen gestellt, dass sich an einem Beweisgegenstand keine Spuren befinden, die auf eine Täterschaft hindeuten könnten, handelt es sich um einen Beweisantrag.
BGH, 29.9.1999, 2 StR 218/99 (NStZ 2000, 48)
Der Tatrichter muss die Beweise erschöpfend würdigen, um eine rechtsfehlerfreie Grundlage für die Verurteilung zu schaffen. Eine umfängliche Wiedergabe der Zeugenaussagen in den Urteilsgründen ohne Bezug zu den Einzelheiten der Beweiswürdigung genügt nicht.
BGH, 29.9.1999, 3 StR 359/99 (NStZ 2000, 197)
Der Betrug gegenüber der Versicherung, der durch eine schwere Brandstiftung ermöglicht werden sollte, stellt eine "andere Straftat" i. S. des § 306b II Nr. 2 StGB dar.
BGH, 29.9.1999, 2 StR 167/99 (NStZ 2000, 26)
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, zumal in größerer Menge, belegt in aller Regel eine erhebliche charakterliche
Unzuverlässigkeit, die auch die Ungeeignetheit des Täters zum Führen eines Kraftfahrzeugs ergibt, wenn er im Rahmen des
Tatgeschehens ein Fahrzeug geführt hat.
BGH, 23.9.1999, 4 StR 700/98 (NJW 2000, 227)
Die Brandstiftung und der darauf beruhende (versuchte) Betrug zum Nachteil der Versicherung sind regelmäßig eine prozessuale Tat i. S. des § 264 StPO.
§ 306b II Nr. 2 StGB ist auch dann erfüllt, wenn die schwere Brandstiftung zum Zweck eines Betrugs zum Nachteil der Versicherung begangen wird.
BGH, 23.9.1999, 4 StR 189/99 (NJW 2000, 596)
Die Geltendmachung des Zeugnisverweigerungsrechts hindert den Zeugen nicht, nach ordnungsgemäßer Belehrung die Verwertung der bei einer nichtrichterlichen Vernehmung gemachten Aussage zu gestatten.
BGH, 22.9.1999, 3 StR 393/99 (NStZ 2000, 25)
Zwischen dem in § 64 I StGB vorausgesetzten Hang zum übermäßigen Drogenkonsum und den begangenen Taten sowie
der künftigen Gefährlichkeit des Täters muss ein symptomatischer Zusammenhang bestehen. Dieser ist auch dann zu
bejahen, wenn der Hang zum Drogenkonsum neben anderen Umständen mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte
erhebliche rechtswidrige Taten begangen hat und dies bei unverändertem Sachverhalten für die Zukunft zu besorgen ist.
Dieser Zusammenhang kann daher grundsätzlich nicht allein deswegen verneint werden, weil außer der Sucht noch weitere
Persönlichkeitsmängel eine Disposition für die Begehung von Straftaten begründen.
BGH, 22.9.1999, 3 StR 358/99 (NStZ 2000, 45)
Dem Beschleunigungsgebot kommt im Jugendstrafverfahren aus erzieherischen Gründen eine erhöhte Bedeutung zu.
BGH, 21.9.1999, 4 StR 71/99 (VersR 1999, 1554)
Keine Urkundenfälschung liegt vor, wenn das amtliche Kennzeichen eines Kraftfahrzeugs mit einem reflektierenden Mittel versehen wird, so dass die Erkennbarkeit der Buchstaben und Ziffern bei Blitzlichtaufnahmen beeinträchtigt ist.
BGH, 20.9.1999, 5 StR 729/98 (NStZ 2000, 34)
Für den Beihilfevorsatz eines als Rechtsanwalt herangezogenen firmenexternen Beraters sind grundsätzlich folgende -
allgemein für berufstypische "neutrale" Handlungen geltende - Grundsätze zur beachten: Zielt das Handeln des Haupttäters
ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen, und weiß dies der Hilfeleistende, so ist sein Tatbeitrag als
Beihilfehandlung zu werten. Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter
verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, daß sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln
regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen, es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren
Verhaltens des von ihm Unterstützten war derart hoch, daß er sich mit seiner Hilfeleistung die Förderung eines erkennbar
tatgeneigten Täters angelegen sein ließ.
BGH, 16.9.1999, 1 StR 453/99 (NStZ-RR 2000, 83 L)
Ein Angeklagter, der seinen Verteidiger mit der Einlegung der Revision beauftragt hat und aufgrund der erteilten Rechtsmittelbelehrung weiß, dass eine Rechtsmittelbegründungsfrist zu beachten ist, hat dafür Sorge zu tragen, dass er für seinen Verteidiger erreichbar ist.
BGH, 16.9.1999, 1 StR 393/99 (StrVert 1999, 636)
Die Nichtbescheidung eines Beweisantrags, der einen Vorgang aus einer gem. § 154 II StPO eingestellten Tat betrifft, ist rechtsfehlerhaft, wenn der Beweisantrag auch für die nicht eingestellten Taten von Bedeutung ist (hier: Beweisantrag gegen die Glaubwürdigkeit eines Zeugen, der den Angeklagten im eingestellten Teil des Verfahrens sowie bei der der Verurteilung zugrunde liegenden Tat belastet hat).
BGH, 15.9.1999, 1 StR 286/99 (StrVert 1999, 580)
§ 247a StPO ermöglicht es dem Tatrichter, auch einen im Ausland aufenthältlichen Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung durch eine zeitgleiche Bild- und Tonübertragung zu vernehmen.
Bei einer audiovisuellen Vernehmung eines sich im Ausland befindlichen Zeugen muß die Rechtshilfeleistung des ersuchten
Staates im konkreten Fall die Einhaltung der für die Hauptverhandlung geltenden wesentlichen Verfahrensgarantien gewährleisten.
BGH, 30.7.1999, 1 StR 618/98 (StrVert 1999, 473)
Wissenschaftliche Anforderungen an aussagepsychologische Begutachtungen (Glaubhaftigkeitsgutachten).
BGH, 28.7.1999, 3 StR 206/99 (NJW 1999, 3275)
Die Einwirkung zur Fortsetzung der Prostitutionsausübung setzt nicht voraus, daß die Person, auf die eingewirkt wird, den aktuellen Willen hat, die Prostitutionsausübung zu beenden. Es reicht vielmehr, daß der Täter auf die Person einwirkt, weil er davon ausgeht, daß sie möglicherweise die Prostitution beenden will.
BGH, 22.7.1999, 4 StR 90/99 (NJW 1999, 3132)
Auch ein (äußerlich) verkehrsgerechtes Verhalten kann das Bereiten eines Hindernisses oder einen ähnlichen, ebenso
gefährlichen Eingriff darstellen, wenn es aus verkehrsfeindlichen Gründen, nämlich in der Absicht erfolgt, einen
Verkehrsunfall herbeizuführen.
BGH, 22.7.1999, 4 StR 185/99 (StrVert 1999, 540)
§ 306b II Nr. 1 StGB ist kein erfolgsqualifiziertes Delikt, sondern setzt auch hinsichtlich des Eintritts der Gefahr Vorsatz voraus.
BGH, 20.7.1999, 4 StR 106/99 (NJW 1999, 3058)
Die Ergebnisse einer Blutalkoholuntersuchung nach dem ADH- und Gaschromatographie-Verfahren rechtfertigen eine Verurteilung nach § 316 StGB (wegen "absoluter Fahruntüchtigkeit"), wenn bei Blutalkoholkonzentrationen mit einem Mittelwert ab 1,1 Promille die Differenz zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Einzelwert (Variationsbreite) nicht mehr als zehn Prozent des Mittelwerts beträgt und das untersuchende Institut die erfolgreiche Teilnahme an den Ringversuchen versichert; einer Berechnung der Standardabweichung der Einzelwerte bedarf es nicht.
BGH, 14.7.1999, 3 StR 209/99 (NJW 1999, 3723)
Die formellen Voraussetzungen der Sicherungsverwahrung gem. § 66 III 2 StGB - Begehung von zwei Straftaten der im Katalog des § 66 III 1 StGB genannten Art und Verwirkung von jeweils mindestens zwei Jahren Freiheitsstrafe für diese Taten - setzen bei tateinheitlichem Zusammentreffen einer Katalogtat mit einer Nichtkatalogtat zwar nicht die Klarstellung in den Urteilsgründen voraus, daß auch ohne die nicht unter den Katalog des § 66 III 1 StGB fallende Gesetzesverletzung eine Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren erreicht worden wäre; es ist jedoch näher zu prüfen und im Urteil darzulegen, daß es sich bei der Katalogtat um eine symptomatische Tat handelt, die den Hang des Täters zur Begehung erheblicher Taten, namentlich der in § 66 III 1 StGB genannten Art, belegt.
BGH, 13.7.1999, 5 StR 667/98 (wistra 1999, 420)
Weder die Verfügungsmacht über ein Wirtschaftsgut, das dem Inhaber wegen einer gegen ihn bestehenden fälligen einredefreien Forderung nicht (mehr) zusteht, noch eine günstige Beweissituation, die der wahren Rechtlage widerspricht, stellen für sich im Rahmen der §§ 253, 263, 266 StGB einen geschützten Vermögenswert dar. Es würde eine Überspannung des sogenannten wirtschaftlichen Vermögensbegriffs bedeuten und könnte zu unauflöslichen Wertungswidersprüchen führen, die Tilgung von Verbindlichkeiten, zu der die Rechtsprechung den Schuldner verpflichtet - mögen sie auch vom Gläubiger schwer beweisbar sein - als Vermögensschaden anzusehen.
Der Einsatz rechtswidriger Methoden - Nötigung, Täuschung, Überschreitung der eingeräumten Verfügungsmacht -, mit
denen der Täter die Erfüllung von Forderungen durchsetzt, ist für die rechtliche Beurteilung des
Vermögensschadens/-nachteils ohne Bedeutung. In besonderen Fällen kann allerdings der Einsatz rechtswidriger Methoden
indizielle Bedeutung für die materielle Rechtslage haben.
BGH, 7.7.1999, 1 StR 262/99 (NStZ 1999, 523)
Diebstahl und Hehlerei oder Raub und Hehlerei können nach ständiger Rechtsprechung einen geschichtlichen Vorgang und damit eine Tat im prozessualen Sinne bilden, wenn der in der Anklage nach Objekt, Ort und Zeit der Handlung konkretisierte Diebstahl oder Raub Grundlage der Verurteilung wegen Hehlerei blieb.
BGH, 6.7.1999, 1 StR 216/99 (NStZ 1999, 505)
Zur Annahme von Tatmehrheit bei mehrfach erzwungenem Geschlechtsverkehr.
Nicht jede Drohung mit einer Handlung, die im Falle ihrer Verwirklichung Gewalt wäre, ist eine Drohung mit Gefahr für Leib und Leben. Doch können vorausgegangene Mißhandlungen oder Drohungen eine fortwirkende Rolle spielen; so kann sich aus einer Gesamtschau heraus das Vorliegen einer Drohung i. S. des § 177 StGB ergeben, wenn der Täter dem Opfer gegenüber ein Klima der Angst und Einschüchterung geschaffen hat.
Der Vollzug der Geschlechtsverkehr ohne Verwendung eine Kondoms kann grundsätzlich straferschwerend berücksichtigt werden.
BGH, 6.7.1999, 1 StR 206/99 (NStZ 1999, 523)
Zur Frage, wie an sich beweiskräftige Beweisanzeichen für eine Täterschaft gegenüber einer Alibibehauptung, die mit möglichen, aber nicht zwingenden Erwägungen ausgeräumt war, zu gewichten sind.
BGH, 6.7.1999, 1 StR 142/99 (StrVert 1999, 524)
Nicht jede Verhinderung eines gewählten Verteidigers kann zur Folge haben, daß eine Hauptverhandlung gegen den Angeklagten nicht durchgeführt werden kann. Jedoch muß seitens des Gerichts - unter Umständen auch durch Absprache mit anderen Gerichten - ernsthaft versucht werden, dem Recht des Angeklagten, sich in einem Strafverfahren von einem Rechtsanwalt seines Vertrauens verteidigen zu lassen, so weit wie möglich Geltung zu verschaffen.
BGH, 29.6.1999, 4 StR 271/99 (DAR 1999, 464)
Bei äußerst gefährlicher Gewaltanwendung kann es nahe liegend sein, daß der Täter auch mit der Möglichkeit, daß das Opfer dabei zu Tode kommen könne, rechnet und einen solchen Erfolg billigend in Kauf nimmt. Angesichts der hohen Hemmschwelle gegenüber einer Tötung ist jedoch auch immer die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, daß der Täter jedenfalls darauf vertraut hat, ein solcher Erfolg werde nicht eintreten.
Die Rechtsprechung fordert im Falle versuchter Totschlag bei Zufahren auf den Geschädigten eine Gesamtschau aller
objektiven und subjektiven Tatumstände. Diese Gesamtschau wird nicht deshalb entbehrlich, weil der Geschädigte durch den
Anprall auf die Motorhaube geschleudert wurde. Es bedarf in diesem Fall, für die Beurteilung, ob dadurch der Geschädigte
in Lebensgefahr geriet, näherer Feststellungen, aus welcher Entfernung der Angeklagte auf ihn zufuhr und mit welcher
Geschwindigkeit er ihn erfaßte.
BGH, 25.6.1999, 3 StR 372/98 (StrVert 1999, 650)
Der Tatbestand des bewaffneten Betäubungsmittelhandels setzt nicht voraus, daß der Täter die Schußwaffe und das Betäubungsmittel gleichzeitig in seinem Besitz hat.
BGH, 23.6.1999, 3 StR 212/99 (StrVert 1999, 636)
Nach ständiger Rechtsprechung gehören die Verhandlung und Entscheidung über die Vereidigung eines Zeugen nicht zur Vernehmung i. S. des § 247 S. 1 StPO, so daß i. d. R. der absolute Revisionsgrund des § 338 Nr. 5 StPO gegeben ist, wenn der Angeklagte während dieses Verhandlungsteils von der Hauptverhandlung ausgeschlossen war.
Ein Angeklagter, der während einer Zeugenvernehmung aus dem Sitzungssaal entfernt worden ist, muß von dem in seiner Abwesenheit Ausgesagten auch dann vor der Fortsetzung der Beweisaufnahme unterrichtet werden, sobald er wieder anwesend ist, wenn die während seiner Ausschließung durchgeführte Vernehmung lediglich unterbrochen worden war.
BGH, 23.6.1999, 3 StR 132/99 (NStZ-RR 1999, 332)
Für die Feststellung von (inneren) Tatsachen genügt, daß ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit besteht, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht laut werden können. Außer Betracht zu bleiben haben solche Zweifel, die eines realen Anknüpfungspunktes entbehren und sich lediglich auf die Annahme einer bloß gedanklichen, abstrakt theoretischen Möglichkeit gründen. Insbesondere kann die bloße gedankliche Möglichkeit, daß der Tathergang auch anders gewesen sein könnte, die Beurteilung nicht hindern.
BGH, 22.6.1999, 1 StR 238/99 (StrVert 1999, 536)
Zeugen und Mittäter betreffende Angaben des Angeklagten können nur dann strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sie eindeutig die Grenzen angemessener Verteidigung überschreiten und Rückschlüsse auf eine rechtsfeindliche Einstellung zulassen. Dies kann regelmäßig nicht allein daraus geschlossen werden, daß ein Angeklagter versucht, im Rahmen seiner Verteidigung alle Schuld auf Mitangeklagte oder unbeteiligte Dritte abzuschieben.
An sich zulässiges Verteidigungsverhalten kann auch dann nicht strafschärfend berücksichtigt werden, wenn sich hieraus für
andere erheblich nachteilige Folgen ergeben (hier: Erleiden von Untersuchungshaft). Diese Grundsätze gelten in gleicher
Weise, wenn es um die Würdigung von Angaben geht, die erhoben werden, um überhaupt festzustellen, wer Beschuldigter
und wer Geschädigter ist. Bei der späteren Würdigung dieser Angaben ist die konkrete Situation mitzuberücksichtigen, in
der sie gemacht wurden.
BGH, 22.6.1999, 1 StR 205/99 (NStZ 1999, 522)
Ein Beweisantrag liegt nicht vor, wenn nicht erkennbar ist, ob zwischen Beweismittel und Beweistatsache Konnexität besteht.
BGH, 16.6.1999, 2 StR 68/99 (NStZ 1999, 506)
Arg- und Wehrlosigkeit können auch dann gegeben sein, wenn der Täter dem Opfer feindselig gegenübertritt, das Opfer die drohende Gefahr aber erst im letzten Augenblick erkennt, so daß ihm keine Möglichkeit bleibt, dem Angriff zu begegnen. Maßgebend für die Beurteilung ist die Lage bei Beginn der ersten mit Tötungsvorsatz geführten Angriffs.
BGH, 16.6.1999, 2 StR 28/99 (StrVert 1999, 602)
§ 176a I Nr. 1 StGB erfaßt sowohl das Eindringen in den Körper des Opfers als auch in den des Täters.
BGH, 15.6.1999, 1 StR 203/99 (StrVert 1999, 523)
Trifft sich die Zielperson einmalig mit zuvor nicht bestimmbaren Tatbeteiligten, so deckt die Zustimmung des Staatsanwalts
oder Richters auch den Einsatz gegen solche Kontaktpersonen ab. Richtet sich der Einsatz des Verdeckten Ermittlers jedoch
darüber hinaus nicht mehr (nur) gegen den ursprünglichen Beschuldigten, sondern (auch) gezielt gegen weitere bestimmte
Personen i. S. von § 110b II 1 Nr. 1 StPO, so ist die Einholung einer Zustimmungserklärung auch hinsichtlich der weiteren
Beschuldigten erforderlich.
BGH, 9.6.1999, 3 StR 89/99 (NJW 1999, 2606)
Zur sachlich-rechtlichen Darlegungspflicht, wenn die formellen Voraussetzungen des durch das Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten vom 26.1.1998 neu geschaffenen § 66 III 1 StGB vorliegen und die Feststellungen zu der Annahme drängen, daß der Täter infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist.
BGH, 9.6.1999, 3 StR 78/99 (NStZ 1999, 509)
Die Annahme erpresserischen Menschenraubs (§ 239a StGB) setzt eine eigenständige Bedeutung der Bemächtigungssituation und eine gewisse Stabilisierung der Lage, die ausgenutzt werden soll, voraus. Erforderlich ist ein funktionaler Zusammenhang zwischen dem ersten, objektiv verwirklichten Teilakt des Entführens oder Sichbemächtigen und dem zweiten, in die Vorstellung des Täters verlagerten Teilakt der angestrebten weitergehenden Nötigung bzw. Erpressung.
BGH, 8.6.1999, 4 StR 237/99 (StrVert 1999, 470)
Die ständige Anwesenheit eines Sachverständigen in der Hauptverhandlung im Rahmen eines Sicherungsverfahrens wird vom Gesetz nicht gefordert. Soll mit der Revision beanstandet werden, daß der Sachverständige einem wesentlichen Teil der Hauptverhandlung nicht beigewohnt hat, der ihm ein zutreffendes Bild von der Persönlichkeit des Beschuldigten und dessen Zustand vermittelt hätte, muß diesbezüglich eine Aufklärungsrüge erhoben werden.
BGH, 26.5.1999, 3 StR 570/98 (NJW 1999, 2827)
Die Strafvorschrift des § 92a I AuslG über das "Einschleusen" von Ausländern erfaßt auch das Durchschleusen von Ausländern, die sich auf dem Weg in ein Drittland vorübergehend in Deutschland ohne Aufenthaltserlaubnis oder Duldung bzw. ohne Paß oder Ausweisersatz aufhalten (§ 92 I Nrn. 1 und 2 AuslG).
BGH, 26.5.1999, 3 StR 122/99 (NJW 1999, 2829)
Wiederholtes Handeln i.S. des Straftatbestandes des Einschleusens von Ausländern nach § 92a I Nr. 2 AuslG setzt voraus, daß bei der vorausgegangenen Schleusung zu einer der in § 92 I Nrn. 1, 2 oder 6 und II AuslG bezeichneten Handlungen angestiftet oder Hilfe geleistet worden ist; die Vortat braucht keiner besonderen Merkmale des § 92a I AuslG erfüllt zu haben.
BGH, 26.5.1999, 2 StR 203/99 (NStZ 1999, 508)
Zu den Anforderungen an die Beurteilung der Schuldfähigkeitsfrage, wenn bei dem Täter eine
Borderline-Persönlichkeitsstörung vorliegt und dieser trotz erheblicher Alkoholisierung nach dem Totschlag ein gezieltes
Nachtatverhalten gezeigt hat.
BGH, 26.5.1999, 2 StR 188/99 (StrVert 1999, 490)
Hat der Angeklagte ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall gem. § 177 III Nr. 1 StGB verwirklicht und liegt ein gesetzlich vertypter Strafmilderungsgrund vor, muß der Tatrichter sowohl die Möglichkeit der Strafmilderung des erhöhten Strafrahmens nach § 49 I StGB als auch die Möglichkeit der Anwendung des Normalstrafrahmens in seine Abwägung bei der Wahl des anzuwendenden Strafrahmens einbeziehen.
BGH, 21.5.1999, 2 StR 154/99 (NStZ 1999, 467)
Handeltreiben mit Betäubungsmitteln ist dann nicht mehr möglich, wenn nach der Vorstellung des Beteiligten jedweder Rauschgiftumsatz, zu dem die auf den Erlös gerichteten Bemühungen Bezug haben können, beendet ist.
BGH, 20.5.1999, 4 StR 201/99 (StrVert 1999, 631)
Der Umstand, daß der bisher unbescholtene, unverdächtige Angeklagte erst durch eine Vertrauensperson der Polizei zu der Tat verleitet worden ist, muß bei der Strafzumessung wesentlich ins Gewicht fallen; hierbei kann auch die Unterschreitung der sonst schuldangemessenen Strafe geboten sein.
BGH, 19.5.1999, 3 StR 200/99 (wistra 1999, 346)
Rechtzeitige Einlegung der Revision bei unzutreffender Angabe des Betreffs und des Aktenzeichens.
BGH, 11.5.1999, 4 StR 380/98 (StrVert 1999, 375)
Waffe i. S. des § 250 I Nr. 1a und II Nr. 1 StGB ist ein gefährliches Werkzeug, das nach seiner Beschaffenheit und nach seinem Zustand zur Zeit der Tat bei bestimmungsgemäßer Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen zuzufügen.
Der Begriff des "Verwendens" i. S. des § 250 II Nr. 1 StGB setzt nicht voraus, daß der Einsatz des objektiv gefährlichen Tatmittels eine konkrete Gefahr erheblicher Verletzungen anderer begründet.
BGH, 11.5.1999, 4 StR 162/99 (StrVert 1999, 430)
Daß ein Angeklagter von den Rauschgiftgeschäften eines anderen Kenntnis hat und diese billigt, erfüllt für sich noch nicht die Voraussetzungen strafbarer Beihilfe. Dies gilt auch dann, wenn sich der Angeklagte darauf beschränkte, Verkäufe aus seiner Wohnung heraus zu dulden.
Wegen der Akzessorietät der Beihilfe werden mehrere Beihilfehandlungen auch dann zu einer Tat im Rechtssinne
zusammengefaßt, wenn dies nach den Grundsätzen der Rechtsprechung zur Bewertungseinheit bei den Tagen des
Haupttäters, zu denen Beihilfe geleistet worden ist, der Fall ist.
BGH, 11.5.1999, 4 StR 10/99 (StrVert 1999, 635)
Als Termin, der zur fristwahrenden Fortsetzung der Hauptverhandlung geeignet ist, gilt nach ständiger Rechtsprechung nur ein solcher, in dem zur Sache verhandelt, d. h. das Verfahren sachlich gefördert worden ist. Die Bestellung eines Pflichtverteidigers nur für die fragliche Sitzung ist ebenso wie die nochmalige Einführung des Inhalts einer Auskunft aus dem Bundeszentralregister nicht als Verhandeln zur Sache i. S. einer fristwahrenden Fortsetzungsverhandlung anzusehen.
BGH, 6.5.1999, 4 StR 173/99 (NStZ-RR 1999, 360)
Hat der Lebensgefährte der personensorgeberechtigten Mutter mit deren Einverständnis die (Mit-)Verantwortung für die Lebensführung des Tatopfers übernommen, steht er zu diesem in einem Obhutsverhältnis i. S. des § 174 I Nr. 1 StGB.
Die Obhut wird beendet, wenn die Personensorgeberechtigte der weiteren Wahrnehmung von Betreuungsbefugnissen durch ihren Lebensgefährten ausdrücklich widerspricht und Maßnahmen tritt, die seiner weiteren Einflußnahme auf das Tatopfer weitgehend entgegenwirken. Die weiterhin bestehende häusliche Gemeinschaft zwischen ihm, seiner Lebensgefährtin und dem Tatopfer vermag die Annahme (des Fortbestandes) eines Obhutsverhältnisses nicht zu rechtfertigen.
BGH, 5.5.1999, 2 StR 529/98 (NStZ 1999, 448)
Eine erhebliche Verminderung der Schuldfähigkeit i. S. von § 21 StGB kommt bei Betäubungsmittelabhängigkeit nur dann in Betracht, wenn langjähriger Betäubungsmittelgenuß zu einer Persönlichkeitsveränderung i. S. einer schweren anderen seelischen Abartigkeit geführt hat oder der Täter unter starken Entzugserscheinungen leidet und durch sie dazu getrieben wird, sich mittels einer Straftat Drogen zu verschaffen, ferner dann wenn er das Delikt im Zustand eines aktuellen Rausches verübt. Zu einer erheblichen Verminderung der Hemmungsfähigkeit kann auch die Angst des Drogenabhängigen vor Entzugserscheinungen, die er schon als äußerst unangenehm erlebt hat und als nahe bevorstehend einschätzt, führen.
Bei Waffen, die nicht funktionsfähig bzw. nicht geladen sind, handelt es sich nicht um gefährliche Werkzeuge i. S. von § 250 II Nr. 1 StGB n. F.
BGH, 4.5.1999, 4 StR 153/99 (StrVert 1999, 428)
Handeltreiben erfordert das eigennützige Bemühen, den Umsatz von Betäubungsmitteln zu ermöglichen oder zu fördern. Eigennützig ist eine solche Tätigkeit nur, wenn das Handeln des Täters vom Streben nach Gewinn geleitet wird oder er sich irgendeinen anderen persönlichen Vorteil verspricht, durch den er materiell oder immateriell besser gestellt wird. Ein immaterieller Vorteil kommt nur in Betracht, wenn er einen objektiv meßbaren Inhalt hat und den Empfänger in irgendeiner Weise tatsächlich besser stellt.
Zur Annahme von Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln bei untergeordneten Tätigkeiten.
BGH, 4.5.1999, 1 StR 122/99 (wistra 1999, 338)
Spricht das Gericht den Angeklagten frei, weil es Zweifel an seiner Schuld nicht zu überwinden vermag, so ist das grundsätzlich hinzumehmen. Die Beweiswürdigung ist Sache des Tatrichters. Das Revisionsgericht hat nur zu prüfen, ob dem Tatrichter Rechtsfehler unterlaufen sind. Das ist namentlich der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar und lückenhaft ist oder gegen die Denkgesetze oder gegen gesicherte Erfahrungssätze verstößt oder wenn an die zur Verurteilung erforderliche Gewissheit überspannte Anforderungen gestellt worden sind.
BGH, 4.5.1999, 1 StR 104/99 (NStZ-RR 1999, 272)
Die schriftliche Urteilsgründe dienen nicht dazu, Verfahrensvorgänge, den Gang der Ermittlungen und all das zu dokumentieren, was in der Hauptverhandlung an Beweisen erhoben wurde. Vielmehr sollen sie das Ergebnis der Hauptverhandlung wiedergeben und die Nachprüfung der getroffenen Entscheidung ermöglichen.
Die Beweiswürdigung hat lediglich zu belegen, warum der Tatrichter bestimmte bedeutsame tatsächliche Umstände so festgestellt hat.
BGH, 30.4.1999, 3 StR 215/98 (StrVert 1999, 604 L)
Die Vorschrift des § 6 Nr. 1 StGB, nach der kraft des Weltrechtsprinzips deutsches Strafrecht für ein im Ausland begangenes Verbrechen des Völkermordes gilt, steht im Einklang mit den Regelungen der Völkermord-Konvention (Genozid-Konvention) vom 9.12.1948, die die von jedem der Vertragsstaaten übernommene Verpflichtung, Völkermord zu verhindern und zu bestrafen, nicht erritorial begrenzt haben.
Die mit einem Völkermord gem. § 220a I Nr. 1 StGB tateinheitlich begangenen Verbrechen gem. §§ 211, 212 StGB werden von dem nach § 6 Nr. 1 StGB geltenden Weltrechtsprinzip erfaßt (Annexkompetenz).
§ 220a I StGB ist ein Straftatbestand, der nach seinem Wortlaut und auch nach seinem durch Auslegung zu ermittelnden Sinn außer einmaligen Handlungen auch mehrere natürliche Handlungen oder ganze Handlungskomplexe umschreibt (tatbestandliche Handlungseinheit).
Eine einzige materiellrechtliche Tat i. S. des § 220a I StGB liegt vor, wenn sich die tatbestandlichen Handlungen auf eine bestimmte, etwa durch ihren Lebensraum näher konkretisiert nationale, rassische, religiöse oder ethnische (Teil)Gruppe beziehen und die mehreren Handlungen als ein einheitlicher örtlich und zeitlich begrenzter Lebenssachverhalt erscheinen.
BGH, 29.4.1999, 4 StR 44/99 (NStZ 1999, 510)
Mittäter eines Raubes kann nur sein, wer selbst Zueignungsabsicht hat; es genügt nicht, daß ein anderer Tatgenosse von
dieser Absicht geleitet wird.
BGH, 27.4.1999, 4 StR 94/99 (StrVert 1999, 429)
Daß ein Angeklagter mit der Durchführung des Transports einen für den Umsatz des Rauschgifts nützlichen Tatbeitrag leistet, macht ihn noch nicht zum Täter in Bezug auf das unerlaubte Handeltreiben; denn es macht gerade das Wesen der Beihilfe aus, daß dadurch die (Haupt-) Tat gefördert werden soll. Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung von Täterschaft oder Beihilfe sind, ob der Angeklagte irgendeinen Einfluß auf die Bestimmung von Art und Menge des zu transportierenden Rauschgifts hatte, er Zeit und Ort der Übernahme des Rauschgifts mitbestimmen konnte und mit dem An- und Verkauf des Rauschgifts etwas zu tun hatte.
BGH, 22.4.1999, 5 StR 117/99 (NStZ-RR 1999, 280)
Während der fehlende Nachweis einer Verzollung im Zollrecht nur dazu führt, daß keine günstigere Zollbehandlung stattfindet, kann er im Strafrecht aufgrund des Grundsatzes der freien Beweiswürdigung zur Verurteilung wegen Schmuggels führen.
BGH, 22.4.1999, 4 StR 76/99 (StrVert 1999, 593)
Die Frage der Freiwilligkeit beim Rücktritt vom Versuch ist als subjektives Moment aus der konkreten Tätersicht zu beurteilen.
Eine Straftat versucht, wer subjektiv die Schwelle zum "jetzt geht´s los" überschreitet und objektiv zur tatbestandsmäßigen
Angriffshandlung ansetzt, so daß sein Tun ohne Zwischenakte in die Tatbestandserfüllung übergeht. Bedarf es eines
weiteren Willensimpulses, damit das Tun des Täters unmittelbar in die Tatbestandshandlung einmündet, liegt noch keine
Versuchstat vor.
BGH, 22.4.1999, 4 StR 3/99 (StrVert 1999, 372)
§ 177 II 2 Nr. 1 StGB verlangt, daß der Täter selbst die "Vergewaltigung" ausführt.
BGH, 22.4.1999, 4 StR 19/99 (StrVert 1999, 524)
Auch ein willkürlich erlassener Beschluß nach § 270 StPO macht das Verfahren bei dem Gericht, an das verwiesen wurde, rechtshängig, da der Verweisungsbeschluß nicht nichtig, sondern (nur) rechtsfehlerhaft ist.
Trotz willkürlicher Verweisung verbleibt die Sache bei dem höheren Gericht, wenn dessen sachliche Zuständigkeit tatsächlich gegeben ist.
BGH, 22.4.1999, 1 StR 46/99 (StrVert 1999, 353)
Hat das Gericht selbst die Anregung zur teilweisen Einstellung des Verfahrens gegeben und die Staatsanwaltschaft daraufhin einen entsprechenden Antrag gestellt, verstößt es gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, wenn das Gericht im Zusammenhang mit dem Urteil nur in einem Teil der Fälle die Verfahrenseinstellung tatsächlich vorgenommen hat. Das Gericht wäre verpflichtet gewesen, dem Angeklagten einen Hinweis zu geben, daß es inzwischen in einzelnen Fällen zu einer anderen Beurteilung gelangt.
BGH, 21.4.1999, 5 StR 715/98 (NStZ 1999, 419)
Der bloße Wunsch eines Zeugen, in Abwesenheit des Angeklagten aussagen zu dürfen, kann die Anordnung nach § 247 S. 1 StPO nicht rechtfertigen. Eine substantiierte Begründung kann grundsätzlich nur dann als entbehrlich angesehen werden, wenn sich unmittelbar aus dem Anklagegegenstand sowie aus der Person von Zeugen und Angeklagten und ihrer Beziehung zueinander ohne weiteres eine massive Furcht des Zeugen vor dem auszuschließenden Angeklagten aufdrängt, die geeignet erscheint, den Zeugen von wahren, insbesondere vollständigen Angaben in Gegenwart des Angeklagten abzuhalten.
BGH, 21.4.1999, 2 StR 162/99 (StrVert 1999, 645)
Es ist unzulässig, den Handel mit Kokain und Heroin wegen der besonderen Gefährlichkeit dieser Rauschmittel generell aus dem Anwendungsbereich des § 56 StGB auszunehmen.
Die Annahme, eine Aussetzung der nach Anrechnung langandauernder Untersuchungshaft verbleibenden Reststrafe könne
auf das Unverständnis der Bevölkerung stoßen und deren Rechtstreue ernstlich gefährden, liegt fern.
BGH, 20.4.1999, 4 StR 639/98 (NStZ 1999, 426)
Folgt ein Zuhörer einer vom Vorsitzenden mit sachbezogener Begründung ausgesprochen "Bitte" den Sitzungssaal zu verlassen, freiwillig, so liegt darin nach der Rechtsprechung des BGH kein die Revsion begründender Verstoß gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz. Anders verhält es sich allerdings dann, wenn die "Bitte" in Wahrheit den Charakter einer Anordnung hatte.
BGH, 20.4.1999, 5 StR 604/98 (StrVert 1999, 424)
Die bandenmäßige Begehung auch i. S. von § 373 II Nr. 4 AO erfordert stets, daß die Bandenmitglieder während der Tatausführung zeitlich und örtlich, wenn auch nicht notwendig körperlich zusammenwirken. Dies hat zur Folge, daß ein am Tatort nicht selbst mitwirkendes Bandenmitglied selbst dann nicht als Täter eines Bandendelikts bestraft werden kann, wenn es nach allgemeinen Grundsätzen aufgrund seines Täterwillens und seines Tatbeitrages als Mittäter angesehen wird. Da erst die Effizienzsteigerung und die Gefahrerhöhung durch das zeitliche und örtliche Zusammenwirken der Bandenmitglieder die Strafschärfung begründet, kann eine bandenmäßige Begehung der Tat zumindest dann nicht angenommen werden, wenn bei der Tatausführung vor Ort nur ein Bandenmitglied beteiligt war, auch wenn andere Bandenmitglieder an der Tat im Hintergrund mitwirken.
Zur Fehlerhaftigkeit des Urteils, wenn das Gericht gegen den Willen der Staatsanwaltschaft eine Strafe verhängt, die es im Rahmen von Gesprächen über eine Absprache für den Fall eines Geständnisses des Angeklagten als Obergrenze in Aussicht gestellt hat.
Zwar darf das Bestreben, dem Angeklagten Strafaussetzung zur Bewährung zu bewilligen, nicht dazu führen, daß die schuldangemessene Strafe unterschritten wird. Dies hindert den Tatrichter jedoch nicht daran, pflichtgemäß zu prüfen, ob insbesondere im Hinblick auf die von der Strafe ausgehende Wirkung für das künftige Leben des Täters eine Freiheitsstrafe, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden kann, in Verbindung mit einer anderen Sanktion, insbesondere einer Geldstrafe oder Vermögensstrafe, noch schuldangemessen ist. der Tatrichter darf Freiheitsstrafe und Geldstrafe so miteinander verbinden, daß die Freiheitsstrafe und die Geldstrafe zusammen das Maß des Schuldangemessenen erreichen.
BGH, 20.4.1999, 5 StR 54/99 (wistra 1999, 298)
Kam es dem Angeklagten ausschließlich auf die Erlangung ungerechtfertigter Vorsteuererstattungen mit Hilfe von
Scheinrechnungen unter Vortäuschen von Umsätzen an, so ist es aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, wenn der
Tatrichter bei dieser Sachlage von einer Hinterziehung auf Dauer ausgeht, weil ersichtlich von Anfang an eine Berichtigung
der unzutreffenden Voranmeldungen durch eine spätere zutreffende Umsatzsteuerjahreserklärung für dasselbe Jahr vom
Angeklagten nicht beabsichtigt war.
BGH, 20.4.1999, 5 StR 148/99 (StrVert 1999, 470)
Ungewöhnlich karge Angaben zum Tatgeschehen des kindlichen Opfers eines sexuellen Mißbrauchs können die Einholung eines Glaubwürdigkeitsgutachtens sowie eine besonders eingehende Darstellung der Angaben zum Tatgeschehen in den Urteilsgründen erfordern.
BGH, 20.4.1999, 5 StR 114/99 (NStZ-RR 1999, 274)
Der Beschluss der großen Strafkammer über seine Besetzung nach § 76 II GVG muß in Ausfertigungen und Abschriften des Eröffnungsbeschlusses nicht ersichtlich sein. Ausreichend ist, wenn auf dem Formular für den Eröffnungsbeschluss nicht angekreuzt wurde, daß die Mitwirkung eines dritten Richters notwendig ist.
BGH, 15.4.1999, 4 StR 93/99 (NStZ 1999, 501)
Ergibt sich die besondere Schuldschwere nicht bereits aus der Tat, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet wird, sondern erst aus einer Mehrzahl von Straftaten, so ist nach Maßgabe von § 57b StGB hierüber vorrangig in dem Verfahren auf lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erkannt wird, zusammenfassend gewürdigt werden.
BGH, 14.4.1999, 3 StR 70/99 (NStZ 1999, 424)
Zur Zulässigkeit einer Verfahrensrüge, die von einem in der Hauptverhandlung anwesenden Verteidiger auf eine - gemessen am tatsächlichen Verfahrensablauf - wissentlich unwahre Behauptung gestützt wird.
BGH, 14.4.1999, 3 StR 45/99 (NStZ 1999, 395)
Zur Annahme verminderter Schuldfähigkeit bei dissozialer Persönlichkeitsstörung.
BGH, 14.4.1999, 3 StR 22/99 (StrVert 1999, 432)
Der Qualifikationstatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in § 29a I Nr. 2
BtMG kann - anders als die Begehungsweisen des Herstellens, Abgebens und des Besitzes nach dieser Vorschrift - voll und
nicht bloß als untauglicher Versuch verwirklicht sein, wenn die geschäftliche Vereinbarung auf eine große Menge
Betäubungsmittel bezogen ist, jedoch nur eine für Rauschgift gehaltene Scheindroge geliefert wird.
BGH, 14.4.1999, 1 StR 678/98 (StrVert 1999, 644)
Verschiedene Verstöße gegen das Waffengesetz, die zugleich Begründung oder Fortsetzung (bzw. Beendigung) des Dauerdelikts des unerlaubten Waffenbesitzes sind, stehen, soweit es sich um dieselbe Waffe handelt, zueinander in Tateinheit gem. § 52 StGB.
Mehrere Beihilfehandlungen zu einer Tat eines Täters rechtfertigen grundsätzlich nur die Annahme einer Beihilfe. Das gilt
jedenfalls dann, wenn ein enger zeitlicher und örtlicher Zusammenhang zwischen den Einzelhandlungen besteht.
BGH, 13.4.1999, 4 StR 42/99 (StrVert 1999, 431)
Der Senat hat Bedenken, ob der bloße Zahlungsvorgang die Kraft hat, mehrere an sich selbständige Rauschgiftgeschäfte zu einer Tat im Rechtssinne zu verbinden.
BGH, 13.4.1999, 4 StR 117/99 (NStZ 1999, 473)
Eine Verletzung des § 258 Halbs. 2, III StPO stellt zwar keinen absoluten Revisionsgrund dar. Die Möglichkeit, daß das Urteil auf ihm beruht, kann jedoch nur in besonderen Ausnahmen ausgeschlossen werden.
BGH, 13.4.1999, 4 StR 101/99 (StrVert 1999, 371)
Die pauschale Feststellung, ein Kind habe sexuelle Annäherungen "mit Armen und Beinen abzuwehren" versucht, ergibt noch nicht notwendig, daß der Täter seinerseits qualifizierende Gewalt gegen das Kind zur Erzwingung der sexuellen Handlungen verübt hätte.
BGH, 13.4.1999, 1 StR 77/99 (StrVert 1999, 423)
Zwar genügt es für die Annahme eines Bandenraubes, wenn sich die Mitglieder einer Diebesbande am Tatort eines Diebstahls spontan entschließen, zum Raub überzugehen; Voraussetzung dafür ist aber, daß an dieser Erweiterung der Bandenabrede jedenfalls zwei Bandenmitglieder beteiligt sind.
BGH, 13.4.1999, 1 StR 111/99 (NStZ 1999, 470)
Zur Annahme des Tat- oder Beteiligtenverdachts i. S. von § 60 Nr. 2 StPO, wenn der Angeklagte mit seiner Tochter den
Beischlaf vollzogen hat.
BGH, 13.4.1999, 1 StR 107/99 (StrVert 1999, 359)
Zwar kann eine Urkunde auch Gegenstand des Augenscheinsbeweises sein, jedoch nur, soweit es auf ihr Vorhandensein
oder ihre äußere Beschaffenheit ankommt. Soweit ihr Inhalt beweiserheblich ist, ist dieser grundsätzlich in der
Hauptverhandlung zu verlesen. Werden in der Hauptverhandlung nicht verlesene Schriftstücke ohne Hinweis auf eine
bestätigende Einlassung des Angeklagten oder eine solche Erklärung einer anderen Auskunftsperson im Urteil wörtlich
wiedergegeben, deutet dies in der Regel darauf hin, daß der Wortlaut selbst zum Zwecke des Beweises verwertet worden ist
und nicht nur eine gegebenenfalls auf einen Vorbehalt abgegebene Erklärung.
BGH, 9.4.1999, 3 StR 77/99 (NStZ-RR 1999, 359)
Die fehlende Auseinandersetzung der Vorinstanz mit einer schweren anderen seelischen Abartigkeit des Täters gefährdet nur den Strafausspruch, nicht aber den Schuldspruch wegen Mordes, wenn ein seltener Ausnahmefall der Schuldunfähigkeit erkennbar nicht vorliegt.
Die beschränkte Anfechtung des Urteils ist wirksam, wenn der Beschwerdepunkt nach dem inneren Zusammenhang des Urteils losgelöst von seinem nicht angefochtenen Teil rechtlich und tatsächlich unabhängig beurteilt werden kann, ohne daß eine Überprüfung des Urteils im übrigen erforderlich ist.
BGH, 31.3.1999, 5 StR 689/98 (NStZ 1999, 423)
Will das Tatgericht den Angeklagten freisprechen, obwohl gegen diesen nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung ein ganz erheblicher Tatverdacht fortbesteht, muß es in seine Beweiswürdigung und deren Darlegung alle für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und Erwägungen einbeziehen.
Auch ein nachweisbar erlogenes Alibi läßt sich nur mit Vorsicht als Beweiszeichen für die Schuld eines Angeklagten werten, weil auch ein Unschuldiger Zuflucht zur Lüge nehmen kann. Eine nachweisbar erlogene Alibibehauptung kann jedoch dann ein belastendes Indiz sein, wenn sie im Wege der Vorwegverteidigung darauf gerichtet ist, einen den Ermittlungsbehörden noch nicht bekannten Tatumstand zu entkräften, den nur der Täter wissen kann.
BGH, 30.3.1999, 5 StR 563/98 (NStZ 1999, 502)
Hangtäter i. S. des § 66 I Nr. 3 StGB kann auch sein, wer willensschwach ist, aus innerer Haltlosigkeit Tatanreizen nicht genügend zu widerstehen vermag und so jeder neuen Versuchung zum Opfer fällt. Das Vorliegen eines solchen Hanges hat der Tatrichter unter sorgfältiger Gesamtwürdigung aller für die Persönlichkeit des Täters und seiner Taten maßgebenden Umstände darzulegen.
Der Umstand, daß Vortaten wegen Eintritts der Rückfallverjährung nicht mehr als Symptomtaten herangezogen werden
können, hindert nicht ihre Verwertung als sonstiges Beweisanzeichen für die Hangtäterschaft im Rahmen der Würdigung der
Persönlichkeit des Angeklagten.
BGH, 25.3.1999, 1 StR 493/98 (wistra 1999, 304)
Bei § 34 II Nr. 3 AWG handelt es sich um ein abstraktkonkretes Gefährdungsdelikt. Die jeweilige Handlung muß bei genereller Betrachtung gefahrengeeignet sein.
Als Handlung i. S. des § 34 II AWG ist, soweit dieser auf § 33 V Nr. 1 AWG verweist, das Erklären unrichtiger Angaben
(tatsächlicher Art) anzusehen.
BGH, 25.3.1999, 1 StR 344/98 (StrVert 1999, 382)
Die unverzügliche Anzeige einer Einreise gegenüber inländischen Behörden läßt unter den Voraussetzungen des § 92 AuslG nur das Strafbedürfnis entfallen. Die Strafbarkeit von Beteiligten, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, ist hiervon nicht berührt.
Das nur aus einem Ausländer mögliche illegale Einreisen ist kein persönliches Merkmal i.S.d. § 28 I StGB.
BGH, 25.3.1999, 1 StR 26/99 (StrVert 1999, 577)
Polizeilicher Schusswaffengebrauch bei Festnahme.
BGH, 24.3.1999, 3 StR 636/98 (NStZ-RR 1999, 218)
Zum Vorliegen konkreter tatsächlicher Anhaltspunkte, welche die Annahme rechtfertigen, daß mehrere veräußerter Kleinmengen Rauschgifts aus einer einheitlich erworbenen Gesamtmenge herrühren.
BGH, 24.3.1999, 3 StR 556/98 (wistra 1999, 297)
Die Strafzumessung unterliegt nur begrenzter revisionsgerichtlicher Kontrolle. In Zweifelsfällen muß das Revisionsgericht die Bewertung des Tatgerichts hinnehmen. Diese Grundsätze gelten auch für die Bildung der Gesamtstrafe und für die Entscheidung über die Aussetzung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zur Bewährung.
BGH, 24.3.1999, 3 StR 240/98 (NJW 1999, 1979)
Pornographische Filme und Photographien haben den sexuellen Mißbrauch von Kindern auch dann zum Gegenstand, wenn die Aufnahmen zwar unmittelbar nur die Vornahme der sexuellen Handlungen der Kinder an sich selbst zeigen, sich aber aus dem Kontext der Aufnahme ergibt, daß das Kind von einem anderen, z. B. dem Photographen, hierzu aufgefordert worden ist.
Die Vervielfältigung von Videofilmen mittels zweier Videorecorder ist keine Herstellung in einem zur Massenherstellung
geeigneten Vervielfältigungsverfahren i. S. von § 7 I des LPG-NRW, so daß die Tat nicht der kurze presserechtlichen
Verjährung des § 25 I 1 LPG unterfällt.
BGH, 24.3.1999, 1 StR 97/99 (NStZ-RR 1999, 327)
Wird bei einem totgeglaubten Opfer eine Rettungsmaßnahme vom Täter nur versehentlich mitbewirkt, scheidet ein strafbefreiender Rücktritt aus.
BGH, 24.3.1999, 1 StR 84/99 (StrVert 1999, 429)
Eine ganz untergeordnete Tätigkeit eines Kuriers genügt für die Annahme der Mittäterschaft beim unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in aller Regel nicht. Maßgeblich für die Wertung der Tathandlung als Mittäterschaft oder als Beihilfe kann insbesondere sein, welchen Einfluß der Kurier auf die Bestimmung von Art und Menge des zu transportierenden Rauschgifts oder auf die Gestaltung von Übernahme und Transport hatte.
BGH, 19.3.1999, 2 StR 66/99 (StrVert 1999, 369)
Die in Tateinheit mit einem schweren Raub verwirklichte räuberische Erpressung hat dann kein eigenständiges straferhöhendes Gewicht, wenn die erzwungene Herausgabe statt der dem Angeklagten ohne weiteres möglichen Wegnahme des Geldes lediglich der Beschleunigung des Vorgangs diente und weder zu einer zusätzlichen psychischen Belastung des Opfers noch zu einem weiteren Vermögensschaden führte, der nicht bereits von dem von vornherein bestehenden allgemeinen Vorsatz des Angeklagten, Geld zu erbeuten, umfaßt war.
BGH, 17.3.1999, 3 StR 507/98 (NStZ 1999, 418)
Über den Wortlaut des § 231 II StPO hinaus darf eine unterbrochene Hauptverhandlung nur dann ohne den Angeklagten
forgesetzt werden, wenn dieser ihr eigenmächtig ferngeblieben ist, d. h. ohne Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgründe
wissentlich seiner Anwesenheitspflicht nicht genügt hat.
BGH, 16.3.1999, 4 StR 588/98 (StrVert 1999, 656)
Die (negative) Beweiskraft des Protokolls gem. § 274 StPO erstreckt sich nicht auf die Abwesenheit von Personen, deren Anwesenheit das Gesetz nicht zwingend vorschreibt.
Zu den Auswirkungen eines Verfahrensverstoßes, der darin besteht, daß dem Erziehungsberechtigten entgegen § 67 I JGG i.
V. mit § 258 II und III StPO nicht das letzte Wort gewährt worden ist.
BGH, 16.3.1999, 4 StR 26/99 (wistra 1999, 222)
Die Verhängung einer Maßregel nach § 70 StGB setzt voraus, daß der Täter den Beruf oder das Gewerbe, bei dem ihm Missbrauch oder grobe Pflichtverletzung vorgeworfen wird, bei Begehung der Straftat tatsächlich ausübt. Es genügt nicht, daß die vom Angeklagten begangenen Betrugstaten nur im Zusammenhang mit einer beabsichtigten oder vorgetäuschten Berufs- oder Gewerbetätigkeit standen.
BGH, 16.3.1999, 3 StR 64/99 (NStZ-RR 1999, 207)
Die Feststellung, die Einsichtsfähigkeit sei generell erheblich vermindert, entbindet den Tatrichter nicht von der Prüfung und
der Darlegung im Urteil, ob der Täter die Einsicht auch im konkreten Fall hatte oder nicht. Erkannte er nämlich das Unrecht
seiner Tat, handelt er - unbeschadet seiner eingeschränkten Einsichtsfähigkeit im allgemeinen - voll schuldhaft. Andererseits
kann § 21 StGB nur angewandt werden, wenn dem Täter das Fehlen der Unrechtseinsicht vorzuwerfen ist. Kann ein solcher
Vorwurf nicht erhoben werden, greift § 20 StGB mit der Folge ein, daß eine Bestrafung ausscheidet.
BGH, 11.3.1999, 4 StR 56/99 (NStZ 1999, 449)
Ein unbeendeter Versuch kommt auch dann in Betracht, wenn der Täter, dessen Handlungsmöglichkeiten unverändert fortbestehen, nach seinem Handeln einen Erfolgseintritt zwar zunächst für möglich hält, unmittelbar darauf aber die Vorstellung gewinnt, mit einer tödlichen Wirkung sei (noch) nicht zu rechnen, mit der Folge, daß er durch freiwilliges Absehen von weiterem Tun strafbefreiend zurücktreten kann. Insoweit kommt vor allem dem vom Täter wahrgenommenen Verhalten des Opfers nach der letzten Ausführungshandlung indizielle Bedeutung zu.
Hat ein Beteiligter die begangene Tat durch Vorbereitungshandlungen gefördert, kommt auch dann, wenn er vor Versuchsbeginn von der weiteren Tatausführung Abstand genommen hat, nur eine Verurteilung wegen einer Beteiligung an der Haupttat in Betracht, nicht aber wegen der auch gegenüber der Beteiligung an der nur versuchten Haupttat subsidiären Verabredung zu dieser Tat.
BGH, 10.3.1999, 3 StR 1/99 (NStZ-RR 1999, 235)
Die Verdeckungsabsicht umfaßt auch solche Motive, die im Rahmen eines "sonst niedrigen Beweggrundes"
Berücksichtigung finden. Das Verdeckungsmotiv ist für sich als niedriger Beweggrund zu werten, weil in ihm in aller Regel
eine besonders verwerfliche Gesinnung zutage tritt. Danach ist die Annahme niedriger Beweggründe neben der
Verdeckungsabsicht nicht gerechtfertigt, wenn die zur Begründung dieses Merkmals herangezogenen Motive des
Angeklagten - hier: denjenigen zu töten, der seine Flucht verhindern oder erschweren wollte - über die Verdeckungsabsicht
hinaus keinen weiteren Unrechtsgehalt aufweisen.
BGH, 10.3.1999, 2 StR 613/98 (StrVert 1999, 357)
Besteht der Untersuchungserfolg i.S.d. § 168c V S. 2 StPO in der Gewinnung einer wahrheitsgemäßen, in späteren Verfahrensabschnitten verwertbaren Aussage, so kann eine Gefährdung dieses Erfolges nur aus Umständen resultieren, die geeignet sind, das durch die Zeugenvernehmung erst noch zu gewinnende Beweisergebnis zu beeinflussen. Eine mögliche Beeinträchtigung von weiteren Ermittlungshandlungen, deren Notwendigkeit sich aus dem Ergebnis der richterlichen Zeugenvernehmung ergibt, vermag daher ein Unterbleiben der Verteidigerbenachrichtigung wegen Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht zu rechtfertigen.
Erfolgt die Entscheidung über das Unterbleiben der Benachrichtigung der Verteidiger zu Beginn des Vernehmungstermins, zu dem der Zeuge bereits erschienen war und damit gleichsam in Obhut der Ermittlungsbehörden stand, ist eine Beeinflussung des Zeugen durch Dritte vor der Vernehmung praktisch ausgeschlossen, so dass das Unterbleiben der Benachrichtigung des Verteidigers nicht mit einer Einflussnahme durch Dritte auf den Zeugen begründet werden kann. Bei dieser Sachlage ist angesichts des hohen Stellenwerts, den die Vorschrift des § 168c StPO den Anwesenheitsrechten der Verfahrensbeteiligten einräumt, jedenfalls zu erwägen, ob nicht eine telefonische Benachrichtigung des Verteidigers und ein für alle Verfahrensbeteiligten zumutbares Warten mit dem Vernehmungsbeginn die Teilnahme der Verteidigung an der Vernehmung ohne Gefährdung des Untersuchungserfolges ermöglichen kann.
BGH, 10.3.1999, 1 StR 665/98 (NStZ 1999, 416)
Der durch Telefonüberwachung bekannt gewordene Inhalt eines Gesprächs des Angeklagten mit seinem Bruder ist nicht
deshalb unverwertbar, weil der Bruder in der Hauptverhandlung die Zeugenaussage gem. § 52 StPO verweigert.
BGH, 9.3.1999, 1 StR 693/98 (StrVert 1999, 303)
Bei einfach gelagerten Abläufen, die sich zudem in wenigen Augenblicken zutragen, kann Beweisthema auch eine Negativtatsache sein, ohne daß der Charakter eines Antrags als Beweisantrag gefährdet wäre.
Ein Zeuge ist nur dann ein völlig ungeeignetes Beweismittel, wenn feststeht, daß eine verwertbare Aussage keinesfalls zu erwarten ist. Dieses ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein im Beweisantrag benannter Zeuge entgegen der Beweisbehauptung, er sei Augenzeuge gewesen, bei seiner freibeweislichen Anhörung erklärt, sich nur in der Nähe des Tatorts aufgehalten zu haben, seine Vorstellung vom Tatgeschehen aber auf Schlüssen aus bestimmten Wahrnehmungen beruhe.
BGH, 9.3.1999, 1 StR 50/99 (NStZ 1999, 555)
Zum Vermögensschaden beim Erwerb einer Wohnung, wenn Mieteinnahmen und Steuerersparnis die Aufwendungen nicht decken.
BGH, 4.3.1999, 5 StR 355/98 (NStZ 1999, 353)
Bei einer Forderung des Verfügenden - insbesondere auf Rückzahlung - fehlt es an einem Vermögensschaden, soweit der
Gläubiger über werthaltige Sicherheiten verfügt, die sein Ausfallrisiko abdecken und die er ohne finanziellen und zeitlichen
Aufwand, namentlich ohne Mitwirkung des Schuldners und ohne Gefährdung durch ihn sofort nach Fälligkeit realisieren
kann, wobei hinsichtlich der Bonität der Sicherheiten auf den Zeitpunkt der Vermögensverfügung abzustellen ist. In den
Vermögensausgleich muß auch eine Vermögensmehrung beim Verfügenden einbezogen werden, wenn der
Vermögenszuwachs unmittelbar durch die Verfügung erfolgt (Gesichtspunkt der Schadenskompensation).
BGH, 3.3.1999, 5 StR 566/98 (StrVert 1999, 359)
Hat der Vorsitzende auf einen Beweisantrag des Verteidigers die Ladung des benannten Zeugen angeordnet und ist diese Anordnung nach einem wiederholten Versuch ebenso wie die polizeiliche Vorführung des Zeugen erfolglos geblieben und damit dessen Vernehmung unterblieben, ist es rechtsfehlerhaft, wenn das Gericht den Beweisantrag nicht bescheidet. Denn allein aufgrund einer mißlungenen Ladung liegt eine Unerreichbarkeit des benannten Zeugen nicht ohne weiteres offen zu Tage.
Zur Frage, ob dem Beweisantragsteller ein Beharren auf dem Beweisantrag durch nochmalige ausdrückliche Erklärung abverlangt werden kann.
BGH, 3.3.1999, 2 StR 608/98 (NStZ 1999, 349)
Von einer "auslandsspezifischen Hilflosigkeit" ist grundsätzlich auszugehen, wenn das Opfer der deutschen Sprache nicht mächtig ist, über keinerlei Barmittel verfügt und bezüglich Unterkunft und Verpflegung auf den Täter angewiesen ist.
Der Begriff der Ausbeutung verlangt ein planmäßiges und eigensüchtiges Ausnutzen der Prostitutionsausübung als
Erwerbsquelle, das zu einer spürbaren Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Prostituierten führt.
BGH, 25.2.1999, 4 StR 690/98 (NStZ-RR 1999, 298)
Exhibitionistische Handlungen nach § 176 V StGB oder § 183 StGB rechtfertigen nicht ohne weiteres die Annahme der Erheblichkeit i. S. von § 63 StGB. Eine Unterbringung kommt vielmehr nur in Betracht, wenn im Einzelfall Anlass zu der Sorge besteht, es werde künftig nicht bei exhibitionistischen Handlungen bleiben, sondern der Täter werde infolge seines Zustandes anstelle solcher Taten oder aus ihrem Anlass schwerer wiegende Delikte begehen. Hierzu reicht die durch konkrete Tatsachen nicht belegte Annahme des Tatrichters, der Angeklagte werde künftig Gewalt gegen kindliche Opfer seiner exhibitionistischen und pädophilen Neigung anwenden, nicht aus.
BGH, 25.2.1999, 4 StR 23/99 (StrVert 1999, 369)
Zu den Voraussetzungen des sexuellen Mißbrauchs eines Gefangenen durch die in der Vollzugsanstalt tätige Leiterin einer Arbeitstherapiegruppe.
BGH, 25.2.1999, 1 StR 32/99 (NJW 1999, 1726)
Ermöglichen die Angaben des Angeklagten die Festnahme eines Tatbeteiligten, sind die Voraussetzungen von § 31 Nr. 1 BtMG auch dann erfüllt, wenn dessen Tatbeitrag den Ermittlungsbehörden bereits bekannt war.
BGH, 24.2.1999, 3 StR 520/98 (NStZ-RR 1999, 234)
Rechnet das Tatopfer aufgrund einer vorangegangenen tätlichen Auseinandersetzung mit einem schweren oder doch erheblichen Angriff, entfällt seine Arglosigkeit.
Der Annahme eines Verdeckungsmordes steht nicht entgegen, daß sich bereits die zu verdeckende Vortat gegen die körperliche Unversehrtheit des Opfers richtete und unmittelbar in die Tötung zur Verdeckung des vorangegangenen Geschehens überging.
Ein Beweggrund ist i. d. R. als niedrig zu beurteilen, wenn das Opfer zur Verdeckung einer Verhaltensweise des Täters
getötet wird, die er zwar nicht für strafbar, jedoch für verwerflich oder seinem Ansehen für abträglich hält. Die besondere
Verwerflichkeit liegt gerade darin, daß der Täter das Leben eines Menschen so sehr gering achtet, daß er seine Vernichtung
als Mittel zur Verdeckung eigenen Fehlverhaltens einsetzt. Stellt dieses Fehlverhalten nicht wie bei der Verdeckungsabsicht
eine strafbare Handlung, deren Folgen für den Täter zumeist wesentlich gravierender sein dürften, sondern lediglich eine
"peinliche Situation" dar, ist die Vernichtung eines anderen Menschenlebens um so eher niedrig und verwerflich zu beurteilen.
BGH, 24.2.1999, 3 StR 52/99 (StrVert 1999, 372 L)
Nachdem durch die Neuregelung der Straftatbestände der §§ 177, 178 StGB a.F. von § 177 I StGB n.F. die sexuelle Nötigung als Grunddelikt erfaßt wird und die Vergewaltigung zu einem von mehreren Regelbeispielen für einen besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung geworden ist, ist ein Täter nur aus dem vollendeten Grunddelikt und nicht wegen Versuchs der Verwirklichung eines Regelbeispiels zu verurteilen, wenn er mit dem Tatopfer den erzwungenen Beischlaf auszuführen versucht und es dabei schon zu sexuellen Handlungen i.S.d. § 177 II StGB kommt.
BGH, 23.2.1999, 4 StR 25/99 (NStZ 1999, 406)
Zur Annahme von Tateinheit zwischen (vollendeter) räuberischer Erpressung und versuchter schwerer räuberischer Erpressung, wenn das Tatgeschehen in einem engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang steht und der Täter seinen ursprünglich, auf die Erlangung von Geld gerichteten Tatentschluß weiter verfolgt hat.
BGH, 18.2.1999, 5 StR 45/99 (NStZ 1999, 347)
Ist der vom Täter abgegebene Schuss durch Notwehr gerechtfertigt, entfällt auch die Strafbarkeit wegen des damit
einhergehenden Führens einer Schusswaffe.
BGH, 18.2.1999, 5 StR 236/98 (NJ 1999, 327)
Die Verfahren in den "Waldheim-Prozessen" sind als krasser Mißbrauch der Justiz zur Durchsetzung machtpolitischer Ziele anzusehen; Art und Weise der Durchführung der Verfahren und die Entscheidungsfindung stellen offensichtliche schwere Menschenrechtsverletzungen dar.
BGH, 18.2.1999, 5 StR 193/98 (NJW 1999, 1485)
Ein Vermögensschaden im Sinne des § 263 StGB liegt stets dann vor, wenn der Bewerber um eine Beamtenstellung bei seiner Einstellung über seine frühere Tätigkeit für das Ministerium für Staatssicherheit der DDR (MfS) täuscht, welche seine persönliche Eignung (im Sinne persönlicher Zuverlässigkeit) für das angestrebte Amt ausschließt, so daß die Einstellungsbehörde ihn nach Gesetz oder Verwaltungsvorschriften - aufgrund einer Ermessensreduzierung auf Null - nicht hätte einstellen dürfen. Das gilt selbst dann, wenn er die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen erfüllt und nach seiner Einstellung als Beamter fachlich nicht zu beanstandende Leistungen erbringt.
BGH, 17.2.1999, 2 StR 483/98 (StrVert 1999, 486)
Auch wenn erst Alkoholgenuß den Ausschluß der Schuldfähigkeit oder deren erhebliche Verminderung zur Zeit der Tat
bewirkt hat, liegt ein die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus rechtfertigender Zustand i. S. des § 63 StGB
dann vor, wenn der Täter an einer länger dauernden krankhaften geistig-seelischen Störung leidet, bei der bereits geringer
Alkoholkonsum oder andere alltägliche Ereignisse die akute erhebliche Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit auslösen
können und dies getan haben.
BGH, 16.2.1999, 5 StR 623/98 (wistra 1999, 190)
Verfahrenserledigung gemäß § 153 II StPO nach einer beträchtlichen Verfahrensverzögerung im Rahmen der Vorlage der Akten an den Bundesgerichtshof.
BGH, 11.2.1999, 4 StR 711/98 (StrVert 1999, 434)
Die Tatbegehung als Bandenmitglied stellt eine gegenüber der Mittäterschaft gesteigerte Zusammenarbeit dar. Dazu genügt nicht bereits ein Handeln im Rahmen eines eingespielten Bezugs- und Vertriebssystems. Erforderlich ist ferner, daß die Mittäter ein gemeinsames übergeordnetes (Banden-)Interesse verfolgen.
BGH, 11.2.1999, 4 StR 657/98 (StrVert 1999, 529)
Die Revision kann auf die Verfahrensrüge, das LG habe in erster Instanz fehlerhaft in der Besetzung mit zwei statt mit drei Berufsrichtern verhandelt, weil kein Beschluß nach § 76 II GVG gefaßt wurde, nur dann gestützt werden, wenn dieser Einwand rechtzeitig und in der vorgeschriebenen Form in der Hauptverhandlung geltend gemacht worden ist.
Die strafschärfende Erwägung, das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln sei die "verwerflichste Tatvariante des §
29 I Nr. 1 BtMG", verstößt für sich allein genommen - als bloße "Leerformel" - gegen das Doppelverwertungsverbot.
BGH, 11.2.1999, 4 StR 647/98 (StrVert 1999, 373)
Dass die Tötung im Zusammenhang mit der Vergewaltigung erfolgte, genügt für die Erfolgsqualifizierung nach § 177 III StGB a. F., § 178 StGB n. F. auch dann nicht, wenn die Gewaltlage zum Tötungszeitpunkt fortdauerte und der Täter diese zur Tötungshandlung ausnutzte. Fasst mithin der Täter den Tötungsentschluss erst nach Ausübung des Geschlechtsverkehrs, so macht er sich nur des Mordes und der Vergewaltigung, nicht aber der Vergewaltigung mit Todesfolge in Tateinheit mit Mord schuldig.
Zur Frage der Versagung der Strafrahmenmilderung des § 49 I StGB bei Begehung eines Mordes im Zustand erheblicher Verminderung der Schuldfähigkeit.
Zur besonderen Schwere der Schuld bei Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe.
Zur Frage der kumulativen Verhängung von lebenslanger Gesamtfreiheitsstrafe, zeitiger Freiheitsstrafe und Unterbringung sowohl in einem psychiatrischen Krankenhaus als auch in der Sicherungsverwahrung.
BGH, 11.2.1999, 4 StR 594/98 (NJW 1999, 1344)
Nach § 235 StGB macht sich auch der allein sorgeberechtigte Elternteil strafbar, der dem umgangsberechtigen Elternteil das Kind entzieht.
BGH, 11.2.1999, 1 StR 694/98 (NStZ 1999, 299)
An die Voraussetzung für die Annahme eines noch unbeendeten Versuchs, der Täter habe den Erfolgseintritt nicht für
möglich gehalten, sind strenge Anforderungen zu stellen. Hält der Täter bei der Tathandlung eine dadurch bewirkte Tötung
für möglich, so müssen Umstände festgestellt werden, welche die Wertung des Gerichts rechtfertigen, der Täter habe bei
Beendigung der Tathandlung einen tödlichen Erfolg nicht (mehr) für möglich gehalten.
BGH, 11.2.1999, 1 StR 686/98 (NJW 1999, 1269)
In allen Fällen der Verurteilung zu lebenslanger Freiheitsstrafe hat das Tatgericht zu entscheiden, ob die Schuld des Angeklagten besonders schwer wiegt (Ergänzung zu BVerfGE 86, 288 = NJW 1992, 2947).
BGH, 10.2.1999, 2 StR 416/98 (NStZ 1999, 312)
Zur Einstellung durch das Revisionsgericht nach § 153 II 1 StPO in einem Verfahren, in dem das (möglicherweise) fahrlässige Verhalten einer Ärztin zu schwersten irreparablen Schäden bei dem Nebenkläger geführt hat.
BGH, 10.2.1999, 3 StR 618/98 (NStZ 1999, 300)
Erkennt der Täter die tatsächlichen Umstände, die die Möglichkeit des Eintritts des Todes nach der Lebenserfahrung nahelegen, so liegt nach ständiger Rechtsprechung des BGH ein vollendeter Versuch vor. Dabei braucht der Täter weder die Gewissheit des Erfolgseintritts zu haben noch muß er den Tod jetzt noch wollen oder billigen.
Zweifel an der Freiwilligkeit des Rücktritts sind zwar grundsätzlich zugunsten des Täters zu lösen. Es müssen dafür aber
zumindest Anhaltspunkte vorliegen.
BGH, 3.2.1999, 5 StR 705/98 (StrVert 1999, 436 L)
Die Annahme, Ecstasy-Tabletten hätten eine harten Drogen vergleichbare Gefährlichkeit, ist unzutreffend.
BGH, 3.2.1999, 2 StR 506/98 (StrVert 1999, 427)
Täter der unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln ist grundsätzlich, wer das Rauschgift selbst über die Grenze bringt, auch wenn er es unter Einfluß und Gegenwart eines anderen nur in dessen Interesse tut.
Der Schuldspruch wegen Mittäterschaft hinsichtlich der unerlaubten Einfuhr bedingt nicht notwendig auch die Bewertung der Handlung als täterschaftliches Handeltreiben. Insoweit bedarf es vielmehr der Abgrenzung der Mittäterschaft zur Beihilfe nach allgemeinen Grundsätzen des Strafrechts.
BGH, 2.2.1999, 5 StR 651/98 (NStZ-RR 1999, 293)
Zur Annahme eines minder schweren Falls der Vergewaltigung, wenn der Täter bei der Tat ein "gefährliches Werkzeug" verwendet.
BGH, 2.2.1999, 1 StR 698/98 (StrVert 1999, 198 L)
Allein der Umstand, daß ein nachträglich beauftragter weiterer Verteidiger nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist zu der Auffassung gelangt, die Revision hätte auch auf eine Verfahrensrüge gestützt werden können, stellt keinen Grund i. S. des § 44 StPO dar, der ausnahmsweise Wiedereinsetzung in die Frist des § 345 I StPO gebieten könnte.
BGH, 2.2.1999, 1 StR 636/98 (NStZ 1999, 371)
Zur Wirksamkeit von Verfahrenshandlungen während des Ausschlusses der Öffentlichkeit für die Vernehmung eines Zeugen.
BGH, 2.2.1999, 1 StR 590/98 (NStZ 1999, 312)
Dem Antrag, einen bereits vernommenen Zeugen zum selben Beweisthema nochmals zu vermehren, braucht das Gericht - vorbehaltlich seiner Aufklärungspflicht - nicht zu entsprechen, weil ein derartiges Verlangen lediglich auf Wiederholung der Beweiserhebung abzielt.
BGH, 21.1.1999, 1 StR 654/98 (StrVert 1999, 208)
Ob ein bei der Tat verwendeter Gegenstand als "gefährliches Werkzeug" zu qualifizieren ist, hängt davon ab, ob er bei der konkreten Art und Weise der Verwendung geeignet ist, erhebliche Verletzungen herbeizuführen.
BGH, 20.1.1999, 3 StR 571/98 (wistra 1999, 180)
Zwar kann auch ein sogenannter Zwischenhehler tauglicher Vortäter im Sinne des § 259 StGB für denjenigen sein, der sich
um die Veräußerung der bemakelten Sache bemüht. Dies gilt aber nur für einen Zwischenhehler, der die gestohlene oder
sonst durch eine Vermögensstraftat erworbene Sache in eigene Verfügungsgewalt erlangt hat, somit nicht für den Absetzer
oder Absatzhelfer. Wird dieser bei seinen Absatzbemühungen unterstützt, liegt nur Beihilfe zur Hehlerei des Absetzers vor.
BGH, 20.1.1999, 2 StR 137/98 (NStZ-RR 1999, 136)
Gegenüber sogenannter Vereinigungskriminalität besteht besonders in den neuen Bundesländern eine erhöhte Sensibilität, die bei der Beurteilung der Frage, ob die Gewährung von Strafaussetzung zur Bewährung als ungerechtfertigtes Zurückweichen vor dem Unrecht erscheinen muß, nicht außer acht gelassen werden darf.
BGH, 19.1.1999, 1 StR 171/98 (NJW 1999, 1562)
Fehlt endgültig eine objektive hohe Wahrscheinlichkeit der Tatbegehung durch die Angeklagte, kann von Rechts wegen eine sichere Überzeugung von der Täterschaft nicht gewonnen werden. Der BGH kann bei dieser Sachlage durch Freispruch in der Sache selbst entscheiden.- Pistazieneis-Fall.
BGH, 19.1.1999, 4 StR 663/98 (NStZ 1999, 350)
Für die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH das äußere
Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten maßgebend. Wird dieser mit Gewalt oder unter
Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gezwungen, die Wegnahme der Sache nach den
Täter selbst zu dulden, so liegt Raub vor; wird er dagegen nicht nur zur Duldung, sondern zur Vornahme einer
vermögensschädigenden Handlung gezwungen, so ist eine räuberische Erpressung anzunehmen.
BGH, 19.1.1999, 5 StR 612/98 (NStZ-RR 1999, 326)
Die Milderungsgründe der 2. Alternative des § 213 StGB brauchen in ihrem Gewicht nicht denen der 1. Alternative zu entsprechen. Gleichwohl geben die Merkmale des § 213 Alt. 1 StGB einen Maßstab für die Auslegung der 2. Alternative dieser Vorschrift.
BGH, 19.1.1999, 4 StR 693/98 (NStZ 1999, 258)
Der Verzicht auf Rechtsmittel setzt die Verhandlungsfähigkeit des Erklärenden voraus. Ob er verhandlungsfähig war, ist vom Revisionsgericht im Freibeweisverfahren zu klären.
BGH, 12.1.1999, 4 StR 705/98 (NStZ 1999, 188)
Zur Erfüllung des Tatbestandes des § 250 I Nr. 2 StGB n. F. durch eine Bombenattrappe.
BGH, 12.1.1999, 4 StR 685/98 (NStZ-RR 1999, 103)
Zur Frage, ob die tatrichterlichen Feststellungen die Annahme der Zueignungsabsicht oder nur den Vorsatz zum unbefugten Gebrauch eines Pkw tragen.
Die gewaltsame Besitzerlangung einer Sache mit dem Vorsatz zu deren unbefugten Gebrauch stellt eine räuberische Erpressung dar. Wird statt dessen - wegen fehlerhafter Annahme von Zueignungsabsicht - wegen Raubes verurteilt, so kann sich dieser Rechtsfehler auf die verhängte Strafe ausgewirkt haben.
BGH, 12.1.1999, 4 StR 666/98 (wistra 1999, 179)
Wird ein Unternehmen in betrügerischer Absicht gegründet und geleitet, so liegt für den Geschäftsleiter bei dem betrügerischen Abschluß von Verträgen nur eine einzige Tat des Betruges vor, wenn der Geschäftsleiter die Verträge nicht selbst abschließt und die für ihn handelnden Mitarbeiter nicht jeweils auf direkte Anweisung oder konkrete Einwirkungen hin handeln.
BGH, 12.1.1999, 1 StR 622/98 (NStZ 1999, 243)
Die Verdeckungsabsicht erfaßt auch solche Motive, die im Rahmen eines "sonst niedrigen Beweggrundes" Berücksichtigung
finden. Sie verlangt nicht, daß der Täter für den Fall des Bekanntwerdens seiner vorangegangenen Straftat mit
Strafverfolgung rechnet. Es genügt, daß es ihm um die Vermeidung außerstrafrechtlicher Konsequenzen geht.
BGH, 8.1.1999, 2 StR 430/98 (NJW 1999, 1792)
Eine Alkoholsucht kann die Unterbringung des Täters im psychiatrischen Krankenhaus rechtfertigen, wenn ihr Fortbestand auf einer Persönlichkeitsstörung beruht, die sich zwar als schwere andere seelische Abartigkeit darstellt, aber die Schuldfähigkeit des Täters bei der Tat weder ausgeschlossen noch erheblich vermindert hat.
BGH, 7.1.1999, 4 StR 686/98 (StrVert 1999, 209)
Als Waffe bzw. "anderem gefährlichen Werkzeug" i. S. des § 250 I Nr. 1 bzw. II Nr. 1 StGB werden nur Tatmittel erfasst, die - jedenfalls in ihrer konkreten Anwendung - objektiv gefährlich und geeignet sind, erhebliche Verletzungen zu verursachen.
BGH, 5.1.1999, 3 StR 372/98 (NStZ 1999, 360)
Der Tatbestand des § 30a II Nr. 2 BtMG setzt nicht voraus, daß der Täter die Schusswaffe und das Betäubungsmittel gleichzeitig in seinem Besitz hat.
BGH, 5.1.1999, 3 StR 550/98 (NStZ-RR 1999, 176)
Die für die Verwendung als Beweismittel durch Verlesung erforderliche Überzeugung des Tatrichters von der Übereinstimmung der Kopie mit dem Original, die ohne Strengbeweis gewonnen werden muß, muß sich weder aus dem Protokoll ableiten lassen, noch bedarf sie in jedem Fall auch ausdrücklichen Erörterung bei der Darstellung der Beweiswürdigung.
BGH, 5.1.1999, 3 StR 608/98 (StrVert 1999, 372)
Erzwingt der Täter neben dem Geschlechtsverkehr eine andere das Opfer besonders erniedrigende sexuelle Handlung (z. B. Oral- oder Analverkehr), so kommt dies nach der Neufassung der §§ 177, 178 StGB zwar nicht mehr im Schuldspruch zum Ausdruck, ist aber nach wie vor strafschärfend zu berücksichtigen.
BGH, 4.1.1999, 3 StR 597/98 (StrVert 1999, 205)
Die Verletzung des Beschleunigungsgebots nach Art. 6 I S. 1 MRK ist im Revisionsverfahren grundsätzlich nur aufgrund
einer entsprechenden Verfahrensrüge zu prüfen. Die Revision muß u. a. neben der Dauer des Ermittlungsverfahrens Art und
Ausmaß einer von den Strafverfolgungsbehörden zu verantwortenden Verzögerung angeben und ferner mitteilen, wann das
Verfahren anklagereif war, so daß das Ausmaß eines möglichen Verstoßes durch verzögerte Anklageerhebung vom
Revisionsgericht beurteilt werden kann.