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Stand: 11. Juli 2013
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Bundesurlaubsgesetz - Kündigungsschutzgesetz |
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Rechtsprechung des BAG im Jahr - 1998 - 1999 - 2000 - 2001 - 2002 - 2003 - 2004 - 2005 - 2006
BAG, Beschluss vom 27.09.2006 - 5 AZB 33/06
Studenten, die nach dem Berufsakademiegesetz des Landes Baden-Württemberg vom 1. 2. 2000 (GBl, S. 197) an einer Berufsakademie und einer betrieblichen
Ausbildungsstätte eine Ausbildung zum Diplombetriebswirt (Berufsakademie) absolvieren, sind während der betrieblichen Ausbildung zu ihrer
Berufsausbildung beschäftigt i. S. von § 5 I 1 ArbGG, wenn sie einem Weisungsrecht des Ausbildenden unterliegen.
BAG, Urteil vom 20.09.2006 - 10 AZR 33/06
Haben die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag unter Bezugnahme auf den Zuwendungstarifvertrag in seiner jeweiligen Fassung vor dessen Kündigung
zum 30. 6. 2003 geschlossen, so besteht ein Anspruch auf die Zuwendung auch dann, wenn die Arbeitsaufnahme erst zum 1. 8. 2003 und damit im
Nachwirkungszeitraum erfolgte.
BAG, Urteil vom 06.09.2006 - 5 AZR 703/05
Stellt der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ausspruch einer ordentlichen Kündigung für die Dauer der Kündigungsfrist unter Anrechnung bestehender
Urlaubsansprüche von der Arbeit frei und bittet er den Arbeitnehmer zugleich, ihm die Höhe des während der Freistellung erzielten Verdienstes mitzuteilen,
überlässt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die zeitliche Festlegung der Urlaubszeit und gerät während der verbleibenden Zeit gem. § 293 BGB in Annahmeverzug.
BAG, Urteil vom 06.09.2006 - 5 AZR 684/05
§ 11 II 2 ArbGG sieht die Vollmacht als selbständige Grundlage neben der Satzung vor, um eine Vertretungsbefugnis zu begründen. Die Bevollmächtigung
muss keine ausdrückliche Grundlage in der Satzung des Verbands haben. Es genügt, dass die vorgesehene Prozessvertretung im Rahmen des Verbandszwecks liegt.
BAG, Urteil vom 23.08.2006 - 4 AZR 410/05
Die Prüfung der Voraussetzung, ob ein Tätigkeitsmerkmal durch die „überwiegende Tätigkeit" des Arbeitnehmers (§ 51 Nr. 3 TV AL II) erfüllt ist, erfordert
zunächst die Feststellung, ob der Arbeitnehmer eine einheitlich zu bewertende Gesamttätigkeit oder mehrere voneinander trennbare Teiltätigkeiten ausübt. Ist
Letzteres der Fall, sind diese jeweils selbstständig tariflich zu bewerten. Innerhalb der zu bewertenden Gesamt- oder Teiltätigkeit ist nicht mehr zu prüfen, ob
die qualifizierenden fachlichen Anforderungen zeitlich überwiegen. Bei der Ausübung mehrerer voneinander trennbarer Teiltätigkeiten müssen die
Teiltätigkeiten mit qualifizierenden Anforderungen den überwiegenden Teil der Arbeitszeit des Arbeitnehmers in Anspruch nehmen. Über die Lohngr. 6 TV
AL II hinausgehende fachliche Anforderungen können darin bestehen, dass der Arbeitnehmer für seine Arbeit Fremdsprachenkenntnisse benötigt, die sich auf
die einschlägige Fachsprache erstrecken. Zu den das Revisionsgericht bindenden Feststellungen nach § 559 II ZPO zählen auch tatsächliche Feststellungen in
den Entscheidungsgründen des Berufungsurteils.
BAG, Urteil vom 15.08.2006 - 9 AZR 639/05
Während eines Altersteilzeitarbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer Anspruch auf das seiner tatsächlichen Arbeitsleistung entsprechende Teilzeitentgelt und
zusätzlich auf die vereinbarten Aufstockungsleistungen (Mindestnettobetrag und zusätzliche Rentenbeiträge). Wird der Arbeitnehmer während der
Arbeitsphase infolge Krankheit arbeitsunfähig, erhält er Entgeltfortzahlung nach den auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden gesetzlichen, tarifvertraglichen
und arbeitsvertraglichen Regelungen. Fortzuzahlen sind das für die geleistete Arbeitszeit geschuldete Arbeitsentgelt sowie die Aufstockungsleistungen. Nach §
8 I 1 1. Halbs. TV ATZ besteht der Anspruch auf die Aufstockungsleistungen längstens für die Dauer der Entgeltfortzahlung; die an den Arbeitnehmer
fließenden Aufstockungsleistungen (§ 5 I und II TV ATZ) sind nach § 8 I 1 2. Halbs. zusätzlich zu zahlen, solange der Arbeitgeber einen Zuschuss zum
Krankengeld schuldet. Ist der Arbeitnehmer über diese Fristen hinaus arbeitsunfähig erkrankt, so besteht kein Anspruch auf weitere Aufstockungsleistungen.
BAG, Urteil vom 02.08.2006 - 10 AZR 425/05
Eine tarifliche Vergütungsregelung, die dazu führt, dass Mutterschutzfristen nicht in die Bemessungsgrundlage eines ergebnisbezogenen Entgelts einbezogen
werden, beinhaltet die Vereinbarung einer geringeren Vergütung im Sinne des § 612 III 2 BGB. Da es sich bei den Mutterschutzfristen um besondere
Schutzvorschriften handelt, die wegen des Geschlechts gelten, ist die dadurch bedingte Kürzung des ergebnisbezogenen Entgelts unzulässig und führt zu einem
unverminderten Entgeltanspruch.
BAG, Urteil vom 02.08.2006 - 10 AZR 688/05
Nimmt die Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft (ULAK) einen Unternehmer, der einen anderen Unternehmer (Subunternehmer) mit der
Erbringung von Bauleistungen beauftragt hat, gem. § 1a S. 1 AEntG als gesetzlichen Bürgen für Beitragsschulden des Subunternehmers in Anspruch, wirkt die
Rechtskraft einer der ULAK günstigen Entscheidung gegen den Subunternehmer nicht zu Lasten des Unternehmers. Die Regelung in § 1a AEntG steht einer
Erklärung des Bürgen mit Nichtwissen gem. § 138 IV ZPO über die Anzahl und die Einsatzzeiten der vom Subunternehmer beschäftigten Arbeitnehmer nicht
entgegen. Besteht zwischen der ULAK und dem Bürgen Streit über die Höhe des Urlaubskassenbeitrags, ist diese von den Tatsachengerichten nach § 287 II
ZPO zu ermitteln, wenn die ULAK die Höhe des beanspruchten Beitrags nicht anhand von Beitragsmeldungen des Subunternehmers oder mit Hilfe anderer
Beweismittel nachweist.
BAG, Beschluss vom 02.08.2006 - 10 ABR 48/05
Der Betriebsrat, der seinen Widerspruch gegen eine beabsichtigte Umgruppierung einer Arbeitnehmerin damit begründet hat, die Mitarbeiterin gehöre in eine
höhere Vergütungsgruppe, da eine tarifliche Besitzstandsregel eingreife, ist im Zustimmungsersetzungsverfahren nicht auf dieses Argument beschränkt,
sondern kann sich auch auf weitere Gründe berufen, aus denen sich die Eingruppierung in die höhere Vergütungsgruppe ergeben soll. Eine
Reiseverkehrskauffrau, die im Bereich "Geschäftsreisen" tätig ist, ist nicht deshalb in Beschäftigungsgruppe D eingruppiert, weil sie mit dem von Kunden
anzuwendenden Reservierungssystem "Global Trac" arbeitet und im Rahmen ihrer allgemeinen Aufgaben Fragen von Auszubildenden beantwortet, ohne dass
ihr die Ausbildung übertragen worden ist. Beide Tätigkeiten sind keine Spezialaufgaben im Sinne der Tarifnorm. Die Besitzstandsregelung in § 3 des
Gehaltstarifvertrages erfasst nur solche Mitarbeiter, die am Stichtag 1. 12. 1999 bereits in den Gruppen K 1 oder K 2 eingruppiert waren und für die der zu
diesem Zeitpunkt anwendbare Tarifvertrag galt. Die Vorschrift ist nicht so auszulegen, dass an Stelle des Stichtags 1. 12. 1999 der Zeitpunkt des
Wiedereintritts der Arbeitgeberin in die Tarifgemeinschaft des Deutschen Reisebüroverbandes anzusehen wäre.
BAG, Urteil vom 26.07.2006 - 7 AZR 514/05
Zur Wahrung der nach § 14 IV TzBfG für die Befristung von Arbeitsverträgen erforderlichen Schriftform genügt es, wenn die eine Vertragspartei in einem von
ihr unterzeichneten, an die andere Vertragspartei gerichteten Schreiben den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags anbietet und die andere Vertragspartei
das Vertragsangebot annimmt, indem sie das Schriftstück ebenfalls unterzeichnet (ebenso zum Schriftformerfordernis für langfristige Mietverträge in § 566 S. 1
BGB a.F.: BGHZ 160, 97 = NJW 2004, 2962; a.A. RG [19. 6. 1922], RGZ 105, 60).
BAG, Beschluss vom 18.07.2006 - 1 ABR 36/05
Ein Arbeitgeberverband kann seine Tarifzuständigkeit nicht wirksam auf seine jeweiligen Mitglieder beschränken. Er kann jedoch in seiner Satzung eine Form
der Mitgliedschaft vorsehen, die nicht zur Tarifgebundenheit nach § 3 I TVG führt. Eine OT-Mitgliedschaft im so genannten Stufenmodell betrifft keine
Regelung zur personellen Tarifzuständigkeit eines Arbeitgeberverbands. Sie kann nicht in einem Verfahren nach § 97 ArbGG überprüft werden.
BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 305/05
Die Frist zur Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB wird weder bei einer unterbliebenen noch
bei einer nicht ordnungsgemäßen Unterrichtung ausgelöst. Eine Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB erfordert eine verständliche, arbeitsplatzbezogene und
zutreffende Information. Sie muss ua. Angaben über die Identität des Erwerbers, den Gegenstand und den rechtlichen Grund des Betriebsübergangs sowie eine
korrekte Darstellung der rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs für den Arbeitnehmer enthalten. Wird das Widerspruchsrecht nach dem Betriebsübergang
ausgeübt, wirkt es auf den Zeitpunkt des Betriebsübergangs zurück.
BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 331/05
Ein Betriebsübergang im Sinne des § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung von deren Identität fortführt.
Gegen eine Identität der wirtschaftlichen Einheit spricht es, wenn der Betriebszweck sich durch ein anderes Einkaufs- und Verkaufskonzept des Erwerbers
ändert und statt des Verkaufs und der Lieferung von Markenmöbeln über einen Möbeleinkaufsverband der Verkauf von Möbeln zum Selbstabholen und
Selbstaufbau zu Discountpreisen im Vordergrund steht.
BAG, Urteil vom 13.07.2006 - 8 AZR 303/05
Die Frist zur Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang eines Arbeitsverhältnisses gem. § 613a Abs. 6 BGB wird nur durch eine ordnungsgemäße
Unterrichtung ausgelöst. Eine unterbliebene oder fehlerhafte Unterrichtung führt nicht zum Fristbeginn. Eine fehlerhafte Unterrichtung über Rechtsfragen ist im
Rahmen des § 613a Abs. 5 BGB dann aber nicht unwirksam, wenn der Unterrichtungspflichtige die Rechtslage gewissenhaft geprüft und einen vertretbaren
Rechtsstandpunkt eingenommen hat. Die Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB umfasst auch etwaige Ansprüche aus einem Sozialplan.
BAG, Urteil vom 12.07.2006 - 5 AZR 646/05
Sowohl § 108 GewO als auch § 36 IV BAT betreffen nur die Abrechnung der erfolgten Zahlung. Sie gewähren keinen selbstständigen Abrechnungsanspruch
zur Vorbereitung eines Zahlungsanspruchs.
BAG, Urteil vom 12.07.2006 - 5 AZR 277/06
Der Ausschluss des Rechts zur fristlosen Kündigung ohne wichtigen Grund nach § 627 BGB setzt voraus, dass der Dienstverpflichtete sowohl in einem
dauernden Dienstverhältnis steht als auch feste Bezüge erhält. Ein dauerndes Dienstverhältnis liegt bei einem auf ein Jahr befristeten Dienstvertrag vor, wenn
eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses nach den Umständen objektiv möglich erscheint.
BAG, Urteil vom 12.07.2006 - 5 AZR 613/05
Nach § 41 I 2 AktG haftet, wer vor Eintragung der Aktiengesellschaft in ihrem Namen handelt. Diese Haftung setzt voraus, dass die Gesellschaft bereits
errichtet, aber noch nicht in das Handelsregister eingetragen ist.
BAG, Urteil vom 11.07.2006 - 9 AZR 535/05
Die nachträgliche Erklärung des Arbeitgebers, für den vom Arbeitnehmer im Vorjahr zu Unrecht in Anspruch genommenen AZV-Tag (Arbeitszeitverkürzung
durch freie Tage) Erholungsurlaub unter Anrechnung auf den Urlaubsanspruch des darauf folgenden Jahres zu gewähren, erfüllt nicht den Urlaubsanspruch.
Eine Erfüllung außerhalb des Urlaubsjahres ist mit Ausnahme des auf das Folgejahr zulässigerweise übertragenen Urlaubs gem. § 7 III BUrlG ausgeschlossen;
denn Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Eine Urlaubsgewährung im Vorgriff auf das nächste Urlaubsjahr ist ebenso unzulässig wie eine Anrechnung zuviel
gewährter Freizeit des Vorjahres auf den Urlaubsanspruch des nächsten Jahres.
BAG, Urteil vom 06.07.2006 - 2 AZR 215/05
Die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist kann auch außerhalb der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG geltend gemacht werden. Eine Ausnahme gilt nur dann,
wenn der Kündigungstermin integraler Bestandteil der Kündigungserklärung ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn die Auslegung der Kündigung ergibt, dass der
Arbeitgeber die Kündigung ausschließlich zu dem in ihr genannten Zeitpunkt gelten lassen und für den Fall, dass dieser Termin nicht der richtige ist, am
Arbeitsverhältnis festhalten will.
BAG, Urteil vom 06.07.2006 - 2 AZR 520/05
§ 17 I KSchG und Vertrauensschutz: Ende Juni 2004 konnte sich der Arbeitgeber darauf verlassen, dass bei der Prüfung, ob auf Grund Überschreitung der
Schwellenwerte eine Massenentlassungsanzeige zu erstatten ist, auf den Entlassungstermin abzustellen sei, nicht aber auf den Zeitpunkt des
Kündigungsausspruchs. Der Arbeitgeber ist im Rahmen der Betriebsratsanhörung nicht verpflichtet, die Richtigkeit dokumentierter Daten zu überprüfen. Er
kann deshalb mangels anderweitiger Kenntnisse auch von den Eintragungen in der Lohnsteuerkarte ausgehen, hat dies aber dann gegenüber dem Betriebsrat zu
kennzeichnen. Nach § 112 I 1 BetrVG ist ein Interessenausgleich über eine geplante Betriebsänderung schriftlich niederzulegen und vom Unternehmer und
vom Betriebsrat zu unterschreiben. Auf das gesetzliche Schriftformerfordernis sind die §§ 125, 126 BGB anwendbar. Das Schriftformerfordernis ist nach der
Rechtsprechung des Senats nicht allein deshalb verletzt, weil die Namensliste nicht im Interessenausgleich selbst, sondern in einer Anlage enthalten ist. § 1 V 1
KSchG spricht zwar davon, die namentliche Bezeichnung müsse "in einem Interessenausgleich" erfolgen. Das Erfordernis ist aber erfüllt, wenn
Interessenausgleich und Namensliste eine Urkunde bilden. Ausreichend ist es jedenfalls, wenn die Haupturkunde unterschrieben, in ihr auf die nicht
unterschriebene Anlage ausdrücklich Bezug genommen ist und Haupturkunde und nachfolgende Anlage mittels Heftmaschine körperlich derart zu einer
einheitlichen Urkunde verbunden sind, dass eine Lösung nur durch Gewaltanwendung (Lösen der Heftklammer) möglich gewesen wäre. Das Erfordernis der
Einheit der Urkunde ist jedoch nicht bereits dann erfüllt, wenn eine bloß gedankliche Verbindung (Bezugnahme) zur Haupturkunde besteht. Vielmehr muss die
Verbindung auch äußerlich durch tatsächliche Beifügung der in Bezug genommenen Urkunde zur Haupturkunde in Erscheinung treten. Deshalb müssen im
Augenblick der Unterzeichnung die Schriftstücke als einheitliche Urkunde äußerlich erkennbar werden. Die erst nach Unterzeichnung erfolgte
Zusammenheftung genügt daher dem Schriftformerfordernis nicht.
BAG, Beschluss vom 28.06.2006 - 10 AZR 407/05
Verweist eine vertragliche Wettbewerbsklausel für alle Einzelheiten der vereinbarten Regelung auf die maßgebenden Vorschriften des Handelsgesetzbuchs, so
liegt darin im Zweifel die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe. Ist eine Wettbewerbsabrede in Bezug auf die Verpflichtung zur
Zahlung von Karenzentschädigung nicht klar und verständlich i. S. von § 307 I 2 BGB, kann der Arbeitgeber sich hierauf nicht mit Erfolg berufen, wenn er die
Wettbewerbsabrede selbst vorformuliert hat. Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gilt auch bei einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses innerhalb einer
vereinbarten Probezeit, sofern die Parteien nicht vereinbart haben, dass es erst nach deren Ablauf in Kraft treten soll.
BAG, Urteil vom 28.06.2006 - 10 AZR 385/05
Die Beurteilung, ob aus den vom Berufungsgericht festgestellten Tatsachen eine betriebliche Übung hinsichtlich der Gewährung von Leistungen entstanden ist
oder nicht, unterliegt der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Überprüfung.
BAG, Urteil vom 28.06.2006 - 10 AZR 326/05
Eine Tätigkeit war nach § 9 TV SR nur dann gem. dem in § 5 ERTV geregelten Bewertungsverfahren (Regelverfahren) den Tätigkeitsmerkmalen und
Richtbeispielen einer Entgeltgruppe zuzuordnen, wenn die Tätigkeit am 25. 6. 2001 (Implementierungszeitpunkt) nicht von der von den Tarifvertragsparteien
erstellten Transferliste (Anlage 1 zum TV SR) erfasst wurde. Arbeitnehmer, die zum Implementierungszeitpunkt die Aufgabenträgerbezeichnung „Technischer
Sachbearbeiter" und die Aufgabenträgernummer 47787 hatten, wurden von der tariflichen Transferliste erfasst und der Entgeltgruppe T6 des
Entgeltgruppenverzeichnisses zugeordnet. Ändert sich die Tätigkeit eines solchen Arbeitnehmers nach dem Implementierungszeitpunkt nicht, führt eine
Änderung der Aufgabenträgerbezeichnung und der Aufgabenträgernummer nicht zu einer Eingruppierung nach dem Regelverfahren.
BAG, Beschluss vom 28.06.2006 - 10 ABR 42/05
Nach Ablauf des Tarifvertrags kann der Arbeitgeber mit einem neu eingestellten Arbeitnehmer eine längere als die tarifliche Wochenarbeitszeit wirksam
vereinbaren. Eine solche Erhöhung der Wochenarbeitszeit ist für die Eingruppierung des Arbeitnehmers ohne Bedeutung, wenn nach der tariflichen Regelung
für die Eingruppierung ausschließlich die Art der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit oder eine in bestimmten Vergütungsgruppen vorausgesetzte
Berufsausbildung entscheidend sind. Die Erhöhung des wöchentlichen Stundenmaßes unter Beibehaltung der tariflichen Monatsvergütung führt zwar zu einem
geringeren Stundenlohn des Arbeitnehmers. Sie ist aber kein Grund für die Verweigerung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer vom Arbeitgeber
vorgesehenen Eingruppierung, wenn diese den tariflichen Merkmalen entspricht. Ein Arbeitgeber kann nach Ablauf eines Manteltarifvertrags mit einem neu
eingestellten Arbeitnehmer eine längere als die in diesem Tarifvertrag festgelegte Wochenarbeitszeit auch ohne entsprechende Erhöhung der Vergütung
wirksam vereinbaren. Eine solche Erhöhung der Wochenarbeitszeit ist für die Eingruppierung des Arbeitnehmers nach dem ETV ohne Bedeutung. Die
tarifliche Regelung in den §§ 2, 4 ETV stellt für die Eingruppierung nur auf die Art der vom Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeit und eine in bestimmten
Vergütungsgruppen vorausgesetzte Berufsausbildung ab.
BAG, Urteil vom 27.06.2006 - 3 AZR 255/05
Verweise in Formulararbeitsverträgen auf die für die betriebliche Altersversorgung beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen sind im Regelfall dynamisch
auszulegen. Sie verweisen dann - soweit keine gegenteiligen Anhaltspunkte bestehen - auf die jeweils beim Arbeitgeber geltenden Regelungen. Soweit danach
auf Tarifverträge verwiesen wird, ist auch dies rechtlich unbedenklich. Das gilt jedenfalls dann, wenn diese geeignet sind, für die Belegschaft eine
repräsentative Regelung herbeizuführen. Nach § 70 NWPersVG und nach § 72 IV Eingangssatz NWPersVG gilt der Vorrang des Tarifvertrags vor
Dienstvereinbarungen. In sich abschließende tarifliche Regelungen über die betriebliche Altersversorgung verdrängen Dienstvereinbarungen, die den gleichen
Regelungsgegenstand haben. Tarifverträge, die in laufende Betriebsrenten eingreifen, sind an die aus dem Rechtsstaatsprinzip folgenden Grundsätze des
Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit gebunden.
BAG, Beschluss vom 27.06.2006 - 3 AZR 352/05 (A)
Enthält das Primärrecht der EG ein Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, dessen Schutz die Gerichte der Mitgliedstaaten auch dann zu gewährleisten
haben, wenn die möglicherweise diskriminierende Behandlung keinen gemeinschaftsrechtlichen Bezug aufweist? b) Falls die Frage zu a) verneint wird: Wird
ein solcher gemeinschaftsrechtlicher Bezug hergestellt durch Art. 13 EG oder - auch vor Ablauf der Umsetzungsfrist - durch die Richtlinie 2000/78/EG des
Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf? Ist ein sich aus der Beantwortung
der Frage zu 1 ergebendes gemeinschaftsrechtliches Verbot der Diskriminierung wegen des Alters auch anwendbar zwischen privaten Arbeitgebern einerseits
und ihren Arbeitnehmern oder Betriebsrentnern und deren Hinterbliebenen andererseits? Falls die Frage zu 2 bejaht wird: a) Wird von einem solchen Verbot
der Diskriminierung wegen des Alters eine Regelung der betrieblichen Altersversorgung erfasst, nach der eine Hinterbliebenenversorgung einem
hinterbliebenen Ehegatten nicht gewährt wird, wenn er mehr als 15 Jahre jünger ist als der verstorbene ehemalige Arbeitnehmer? b) Falls die Frage zu a) bejaht
wird: Kann es ein Rechtfertigungsgrund für eine derartige Regelung sein, dass der Arbeitgeber ein Interesse an der Begrenzung der aus der betrieblichen
Altersversorgung folgenden Risiken hat? c) Falls die Frage zu 3 b) verneint wird: Kommt dem möglichen Verbot der Diskriminierung wegen des Alters im
Betriebsrentenrecht unbegrenzte Rückwirkung zu oder ist es für die Vergangenheit begrenzt und falls ja in welcher Weise?
BAG, Beschluss vom 27.06.2006 - 1 ABR 35/05
Die bloße Verlagerung eines Betriebs oder eines räumlich gesonderten Betriebsteils um wenige Kilometer innerhalb einer politischen Gemeinde ist ohne
Hinzutreten weiterer Veränderungen keine Versetzung der davon betroffenen Arbeitnehmer.
BAG, Urteil vom 27.06.2006 - 1 AZR 322/05
Ein Abfindungsanspruch aus einem Sozialplan kann nur vererbt werden, wenn er zum Zeitpunkt des Todes des Arbeitnehmers bereits entstanden war. Haben
die Betriebsparteien den Zeitpunkt der Entstehung des Abfindungsanspruchs nicht ausdrücklich geregelt, ist er durch Auslegung des Sozialplans zu ermitteln.
Dabei ist im Falle einer Betriebsstilllegung insbesondere zu berücksichtigen, dass dem Arbeitnehmer regelmäßig keine wirtschaftlichen Nachteile entstehen,
wenn er vor der betriebsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses stirbt.
BAG, Urteil vom 21.06.2006 - 7 AZR 389/05
Nach § 37 III 1 BetrVG kann ein Betriebsratsmitglied einen Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Vergütung zum Ausgleich für Reisezeiten
haben, die es anlässlich der Erfüllung erforderlicher Betriebsratsaufgaben außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit aufwenden muss. Ob und in welchem
Umfang ein Ausgleichsanspruch besteht, richtet sich nach den im Betrieb des Arbeitgebers geltenden tariflichen oder betrieblichen Regelungen über die
Durchführung von Dienstreisen.
BAG, Entscheidung vom 21.06.2006 - 7 AZR 234/05
Die zeitliche Rückerstreckung der §§ 57 a ff. HRG durch das Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher Vorschriften im Hochschulbereich vom 27.
12. 2004 (HdaVÄndG) auf die in der Zeit zwischen dem 23. 2. 2002 bis 27. 7. 2004 abgeschlossenen befristeten Arbeitsverträge mit wissenschaftlichem und
künstlerischem Personal an Hochschulen ist verfassungsgemäß.
BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 584/05
Ein maßgeblich von der Bundesrepublik Deutschland gefördertes Unternehmen (hier: Großforschungseinrichtung) verstößt nicht gegen den arbeitsrechtlichen
Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn es unabhängig von einer beiderseitigen Tarifbindung das Tarifrecht des öffentlichen Dienstes einschließlich der
unterschiedlichen Anknüpfungspunkte für die Geltung von BAT und BAT-O anwendet.
BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 592/05
In dem Abschluss eines Geschäftsführer-Dienstvertrags durch einen angestellten Mitarbeiter liegt im Zweifel die konkludente Aufhebung des bisherigen
Arbeitsverhältnisses. Nach dem Willen der vertragschließenden Parteien soll regelmäßig neben dem Dienstverhältnis nicht noch ein Arbeitsverhältnis ruhend
fortbestehen. Eine andere Auslegung kommt nur in Ausnahmefällen in Betracht, für die zumindest deutliche Anhaltspunkte vorliegen müssen.
BAG, Urteil vom 14.06.2006 - 5 AZR 405/05
„Lohnzahlungspflichtige Wochenfeiertage" i. S. von § 8 II Anlage 1 zum BMT-G II sind nicht alle Feiertage eines Jahres, die auf die Wochentage Montag bis
Samstag fallen, sondern die Wochenfeiertage, die für die nicht im Schichtdienst tätigen Arbeiter des betreffenden Nahverkehrsbetriebs lohnzahlungspflichtig
sind. Maßgeblich ist das im jeweiligen Beschäftigungsbetrieb geltende Feiertagsrecht.
BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 9 AZR 423/05
Schuldet der Arbeitgeber nettolohnbezogene Leistungen, so hat er ihrer Berechnung - soweit keine besonderen Bemessungsbestimmungen getroffen sind -
grundsätzlich die auf der Lohnsteuerkarte eingetragenen Lohnsteuermerkmale zu Grunde zu legen. Einer ihn belastenden Änderung der Lohnsteuerklasse kann
er gegebenenfalls den Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegenhalten. Die Wahl der Lohnsteuerklassenkombination IV/IV ist regelmäßig nicht missbräuchlich.
BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 9 AZR 588/05
Nach Nr. 3 der SR 2l l BAT finden die Bestimmungen des BAT über die Arbeitszeit auf Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis an allgemein bildenden Schulen
und berufsbildenden Schulen keine Anwendung. Es gelten die Bestimmungen für entsprechende Beamte. Diese Verweisung der Tarifvertragsparteien auf das
Beamtenrecht ist rechtswirksam. Bei der Festlegung der Anzahl der wöchentlich zu erteilenden Unterrichtsstunden sind die für das Beamtenrecht zuständigen
Normgeber an den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG gebunden. Das gilt entsprechend, wenn die Festlegung durch Verwaltungsvorschriften des
zuständigen Ministeriums erfolgt. Eine Ermäßigung der wöchentlichen Unterrichtsstunden aus Altersgründen lässt den Umfang der von der Lehrkraft insgesamt
geschuldeten Arbeitszeit unverändert. Es verschiebt sich lediglich das zeitliche Verhältnis zwischen Unterricht und den sonstigen Aufgaben, die typischerweise
von einer Lehrkraft zu erbringen sind. Auch die Vergütung bleibt von einer Verringerung des Pflichtunterrichtsdeputats unberührt. Einer mit der Hälfte der
regelmäßigen Arbeitszeit (hier: 14 Unterrichtsstunden) teilzeitbeschäftigten Lehrkraft steht deshalb trotz der Stundenermäßigung eine Vergütung von weiterhin
14/28 zu. Der Ausschluss von Lehrkräften, die in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt werden, von einer für voll- und teilzeitbeschäftigte Lehrkräfte
geltenden Pflichtstundenermäßigung für ältere Lehrkräfte verstößt gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 I GG. Er ist daher unwirksam. Wird der
älteren Lehrkraft die Unterrichtsermäßigung nicht gewährt, weil sie in einem Altersteilzeitarbeitsverhältnis beschäftigt wird, hat sie Anspruch auf Entgelt für
die von ihr zusätzlich geleistete Arbeit, soweit die Mehrbelastung nicht durch Arbeitsbefreiung ausgeglichen wird.
BAG, Urteil vom 13.06.2006 - 8 AZR 271/05
Nutzt ein Auftragnehmer von der Bundesrepublik Deutschland zwingend zur Verfügung gestellte technische Geräte und Anlagen, um die Personenkontrolle am
Flughafen durchzuführen, macht deren Einsatz den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs aus, insbesondere wenn
die technische Ausstattung nicht frei am Markt erhältlich ist. Führt er die Kontrolltätigkeit darüber hinaus unverändert und ohne zeitliche Unterbrechung aus,
ist von einem Betriebsübergang auszugehen. Auf die eigenwirtschaftliche Nutzung der sächlichen Betriebsmittel kommt es nicht an. Sind dem früheren
Auftragnehmer im Zeitpunkt der Kündigung die Umstände bekannt, die einen Betriebsübergang ausmachen, fehlt es an der die betriebsbedingte Kündigung
rechtfertigenden Stilllegungsentscheidung.
BAG, Urteil vom 07.06.2006 - 4 AZR 225/05
Die Tätigkeit des „Sportlehrers in Offizierslehrgängen" bei der Offizierschule des Heeres, der nach den „Rahmenrichtlinien für die Ausbildung von
Übungsleitern Bundeswehr in der Bundeswehr vom 21. 7. 2000" Offiziersanwärter ausbildet, erfüllt die Anforderung der „entsprechenden Tätigkeit" eines
„Diplom-Sportlehrers mit mindestens sechssemestrigem Hochschulstudium und Abschlußprüfung" der VergGr. IIb der Anlage 1a zum BAT-O/BL Teil III
Abschn. I - Sportlehrer an Bundeswehrschulen -. Die Tätigkeit eines Sportlehrers an Bundeswehrschulen ist ein Arbeitsvorgang iSv. § 22 II Unterabs. 2 Satz 1
BAT-O. Bei der Anforderung der „entsprechenden Tätigkeit" handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff (ständige Rechtsprechung des Senats),
dessen Anwendung durch das Berufungsgericht in der Revisionsinstanz nur begrenzt überprüfbar ist.
BAG, Urteil vom 01.06.2006 - 6 AZR 59/06
Gemäß § 61 S. 1 InsO ist der Insolvenzverwalter einem Massegläubiger zum Scha densersatz verpflichtet, wenn eine Masseverbindlichkeit, die durch eine
Rechtshandlung des Insolvenzverwalters begründet worden ist, aus der Insolvenzmasse nicht voll erfüllt werden kann, wobei der Verwalter nach § 61 S. 2 InsO
nur dann haftet, wenn er bei der Begrün dung der Verbindlichkeit erkennen konnte, dass die Masse voraussichtlich zur Erfüllung nicht ausreichen wird. Aus der
Vorschrift ist kein Anspruch auf Ersatz eines Schadens herzuleiten, der auf einem späteren Verhalten des Insolvenzverwalters beruht. Sie legt keine
insolvenzspezifischen Pflichten für die Zeit nach Begründung einer Verbindlichkeit fest. Der Insolvenzverwalter haftet nicht für die Nichterfüllung der ohne
seine Beteiligung entstandenen Masseforderun gen, der sog. oktroyierten Forderungen, weil er auf die Entstehung und Höhe dieser Verbindlichkeiten keinen
Einfluss hat. Die persönliche Haftung des Insolvenzverwalters beschränkt sich nach § 61 S. 1 InsO auf die Forderungen sog. Neumassegläubiger, die
hinsichtlich dieser Forderungen überhaupt erst durch seine Rechtshandlung zu Massegläubigern geworden sind. Gemäß § 60 I InsO ist der Insolvenzverwalter
den Beteiligten nur dann zum Scha densersatz verpflichtet, wenn er schuldhaft die Pflichten verletzt, die ihm nach diesem Ge setz obliegen, wobei er für die
Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Insolvenzver walters einzustehen hat. Dazu gehört die Pflicht, die Ansprüche der Massegläubiger vorab aus der
Masse zu befriedigen.
BAG, Beschluss vom 30.05.2006 - 1 ABR 17/05
Beabsichtigt ein Verlagsunternehmen, einen Redakteur zu einer Berufsbildungsmaßnahme nach § 98 III BetrVG zu entsenden, hat der Betriebsrat wegen § 118
I 1 Nr. 2 BetrVG regelmäßig nicht gemäß § 98 IV BetrVG mitzubestimmen.
BAG, Urteil vom 30.05.2006 - 1 AZR 111/05
Die Betriebsparteien können wegen des Tarifvorbehalts in § 77 III 1 BetrVG keine Regelungen über die Weitergabe von Tariferhöhungen treffen. Sie sind
jedoch nicht gehindert zu regeln, ob und inwieweit Tariferhöhungen auf übertarifliche Zulagen angerechnet werden können. Der Tarifvorbehalt des § 77 III 1
BetrVG verwehrt den Betriebsparteien jegliche Regelung über tarifliche Vergütungsbestandteile. Daher können sie weder über die Höhe noch über den
Zeitpunkt von Tariflohnerhöhungen disponieren. Die Betriebsparteien können aber Regelungen über die Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf
übertarifliche Zulagen treffen. Sie können auch regeln, dass sich eine übertarifliche Zulage um denselben Prozentsatz erhöht wie der Tariflohn. Eine solche
Bestimmung regelt nicht das Schicksal der Tariflohnerhöhung, sondern die Behandlung der übertariflichen Zulage. Sie ist wirksam, wenn die
betriebsverfassungsrechtliche Zulagenregelung ihrerseits dem Tarifvorbehalt des § 77 III 1 BetrVG genügt. Eine Betriebsvereinbarung, nach der sich anlässlich
von Tarifabschlüssen das Effektivgehalt rückwirkend schon zum 1. 1. des betreffenden Jahres um den Prozentsatz der Tariferhöhung erhöht, verstößt gegen §
77 III 1 BetrVG und ist daher unwirksam. Die im Berufungsverfahren vorgenommene Klageerweiterung des in erster Instanz in vollem Umfang obsiegenden
Klägers ist der Sache nach eine Anschlussberufung. Eine Anschlussberufung ist gem. § 524 II 2 ZPO i. V. mit § 64 VI 1 ArbGG nur bis zum Ablauf der
Berufungsbeantwortungsfrist zulässig. Die Frist wird jedoch nicht in Lauf gesetzt, wenn der nach § 66 I 4 ArbGG vorgeschriebene Hinweis unterblieben ist. Es
bleibt offen, welchen Inhalt ein solcher Hinweis haben muss.
BAG, Entscheidung vom 24.05.2006 - 7 AZR 201/05
Der Betriebsrat kann die mitgeteilte Tagesordnung in der Betriebsratssitzung nur ändern, wenn der vollzählig versammelte Betriebsrat einstimmig sein
Einverständnis erklärt, den Beratungspunkt in die Tagesordnung aufzunehmen und darüber zu beschließen.
BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 2 AZR 412/05
Im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung kann ein zu einer betriebsbedingten Kündigung führender Überhang an Leiharbeitnehmern entstehen, wenn der
Einsatz des Leiharbeitnehmers beim Entleiher endet, ohne dass er wieder bei anderen Entleihern oder im Betrieb des Verleihers sofort oder auf absehbare Zeit
eingesetzt werden kann. Zur Darlegung des dringenden betrieblichen Erfordernisses zur Kündigung i. S. von § 1 II KSchG reicht der bloße Hinweis auf einen
auslaufenden Auftrag und einen fehlenden Anschlussauftrag regelmäßig nicht aus. Der Verleiher muss an Hand der Auftrags- und Personalplanung vielmehr
darstellen, warum es sich um einen dauerhaften Auftragsrückgang und nicht nur um eine kurzfristige Auftragsschwankung handelt. Das Vorliegen von
möglicherweise nur kurzfristigen Auftragsschwankungen muss auszuschließen sein. Kurzfristige Auftragslücken gehören zum typischen Wirtschaftsrisiko eines
Arbeitnehmerüberlassungsunternehmens und sind nicht geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen.
BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 2 AZR 245/05
Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung im Sinne von § 1 II KSchG kann gegeben sein, wenn auf Grund der Entscheidung der
Stationierungskräfte die bisher in einer Dienststelle erbrachten Aufgaben in die USA zurückverlegt werden und das in der Dienststelle verbleibende Personal
deswegen auf eine bestimmte Anzahl reduziert wird. Die entsprechende Änderung des für die Dienststelle geltenden Stellenplans ist die unternehmerische
Entscheidung, die zum Wegfall der überzähligen Arbeitsplätze führt. Der Entsendestaat kann bei den Stationierungskräften auch das Verhältnis zwischen den
Zivilpersonen im Sinne von Art. I Abs. 1b NATO-Truppenstatut und den örtlichen Arbeitskräften im Sinne von Art. IX Abs. 4 NATO-Truppenstatut auf Grund
seiner Hoheitsgewalt autonom bestimmen. Deshalb führt eine Veränderung dieses Verhältnisses durch den Entsendestaat zu Lasten der örtlichen Arbeitskräfte
nicht zur Negierung eines dringenden Erfordernisses im Sinne von § 1 II KSchG. Werden bestimmte - freie - Stellen US-amerikanischen Arbeitnehmern
vorbehalten (Zivilpersonal im Sinne von Art. I Abs.1 NATO-Truppenstatut), sind diese für eine deutsche Ortskraft nicht "frei" im Sinne von § 1 II 2 KSchG.
BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 6 AZR 631/05
Nach § 8 Nr. 1 lit. c TV SozSich wird Überbrückungsbeihilfe nicht gezahlt für Zeiten nach Ablauf des Monats, in dem der Arbeitnehmer die Voraussetzungen
zum Bezug des vorgezogenen Altersruhegeldes aus der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllt. Wenn eine Arbeitnehmerin mit der Vollendung ihres 60.
Lebensjahres die Voraussetzungen eines vorgezogenen Altersruhegeldes nach § 237a SGB VI erfüllt, erlischt der Anspruch auf Zahlung der
Überbrückungsbeihilfe, wobei unerheblich ist, ob die Arbeitnehmerin die Rente tatsächlich erhält oder beantragt hat.
BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 6 AZR 627/05
Ein Berufungsurteil ist im Revisionsverfahren aufzuheben, wenn es entgegen den zivilprozessualen Regelungen keinen Tatbestand enthält; daran hat sich durch
das ZPO-Reformgesetz 2001 nichts geändert. Das vorübergehend in den Betriebsrat eingerückte Ersatzmitglied genießt nach Beendigung des Vertretungsfalles
- nur - den nachwirkenden Kündigungsschutz gem. § 15 I 2 KSchG; einer Zustimmung des Betriebsrats gem. § 103 BetrVG zur außerordentlichen Kündigung
bedarf es nicht. Es bleibt offen, ob im Falle des Zustimmungserfordernisses nach § 103 BetrVG eine Drohung mit einer außerordentlichen Kündigung ohne
Hinweis auf die beabsichtigte Einholung der Zustimmung des Betriebsrats schon deswegen i. S. des § 123 BGB widerrechtlich ist.
BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 2 AZR 230/05
Die Frist zur Erklärung des Vorbehalts nach § 2 S. 2 KSchG gilt als Mindestfrist auch für die Erklärung der vorbehaltslosen Annahme des Änderungsangebots.
Die zu kurze Bestimmung der Annahmefrist durch den Arbeitgeber im Änderungsangebot führt nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Sie setzt vielmehr die
gesetzliche Annahmefrist des § 2 S. 2 KSchG in Lauf. Nach § 2 S. 2 KSchG kann der Arbeitnehmer, dem gegenüber eine Änderungskündigung ausgesprochen
wurde, das Änderungsangebot unter dem Vorbehalt der sozialen Rechtfertigung annehmen. Den Vorbehalt muss der Arbeitnehmer, wenn die Kündigungsfrist
weniger als drei Wochen beträgt, innerhalb der Kündigungsfrist, ansonsten innerhalb von drei Wochen erklären. Diese gesetzliche Frist ist zwingend. Für den
Arbeitnehmer nachteilige Abweichungen von den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes können nicht vereinbart, erst recht nicht einseitig durch den
Arbeitgeber festgelegt werden. An dieser Rechtslage hat auch die Entscheidung des Senats vom 6. 2. 2003 (BAGE 104, 315 = NZA 2003, 659) nichts geändert.
§ 2 S. 2 KSchG betrifft nach seinem Wortlaut lediglich die Vorbehaltserklärung, nicht jedoch die vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots. Indes ist
diese Frist als Mindestfrist auch auf die vorbehaltlose Annahme des Änderungsangebots zu erstrecken. Die Vorbehaltserklärung stellt eine bedingte Annahme
dar. Sie setzt deshalb ein annahmefähiges Angebot voraus. Zwar ist der Arbeitgeber grundsätzlich frei, sein Änderungsangebot zu befristen ( BAGE 104, 315 =
NZA 2003, 659). Dabei bildet jedoch die gesetzliche Mindestfrist des § 2 S. 2 KSchG die Untergrenze. Die Unwirksamkeitsfolge ist nach §§ 1, 2 KSchG eine
Reaktion des Rechts auf das Fehlen materieller Kündigungs- oder Änderungsgründe, nicht auf fehlerhafte Fristbestimmungen.
BAG, Urteil vom 18.05.2006 - 2 AZR 207/05
Ist in einem Kündigungsrechtsstreit entschieden, dass das Arbeitsverhältnis durch eine bestimmte Kündigung nicht aufgelöst worden ist, so kann der
Arbeitgeber eine erneute Kündigung nicht auf Kündigungsgründe stützen, die er schon zur Begründung der ersten Kündigung vorgebracht hat und die in dem
ersten Kündigungsschutzprozess materiell geprüft worden sind mit dem Ergebnis, dass sie die Kündigung nicht rechtfertigen können. Der zweiten, rechtzeitig
erhobenen Klage ist ohne weiteres stattzugeben. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, wenn der öffentliche Arbeitgeber, nachdem eine außerordentliche
betriebsbedingte Beendigungskündigung rechtskräftig für unwirksam erklärt worden ist, eine Änderungskündigung nach § 55 II Unterabs. 1 BAT ausspricht.
Die Tatbestandsmerkmale der außerordentlichen Änderungskündigung nach § 55 II Unterabs. 1 BAT weichen von denen der außerordentlichen
betriebsbedingten Beendigungskündigung ab. Auch die erstrebte Rechtsfolge ist eine andere. Die Kündigungserklärungsfrist des § 54 II BAT (§ 626 II BGB) ist
auch bei Dauertatbeständen anwendbar. Das gilt auch dann, wenn es sich um auf betriebliche Gründe gestützte außerordentliche Kündigungen handelt. Jedoch
ist in diesen Fällen nahezu immer ein Dauertatbestand gegeben, was in aller Regel zu der Beurteilung führt, dass die Frist eingehalten ist. Für die
außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung ist maßgeblich, ob die zugrundeliegende Organisationsentscheidung die vorgeschlagene Änderung
erzwingt oder ob sie im Wesentlichen auch ohne oder mit weniger einschneidenden Änderungen im Arbeitsvertrag des Gekündigten durchsetzbar bleibt. Der
Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist nicht generell verpflichtet, zur Vermeidung einer außerordentlichen Änderungskündigung gegenüber ordentlich
unkündbaren Arbeitnehmern Arbeitsplätze ordentlich kündbarer Arbeitnehmer „freizukündigen". Eine Freikündigungspflicht besteht keinesfalls, wenn der
unkündbare Arbeitnehmer den freigekündigten Arbeitsplatz nicht innerhalb der für einen qualifizierten Stellenbewerber ausreichenden Einarbeitungszeit
ausfüllen kann. Der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes ist nicht verpflichtet, zur Vermeidung einer Änderungskündigung nach § 55 II Unterabs. 1 BAT zu
versuchen, den ordentlich unkündbaren Arbeitnehmer bei einem anderen Arbeitgeber unterzubringen.
BAG, Urteil vom 09.05.2006 - 9 AZR 278/05
Der Arbeitnehmer kann für die Teilzeitbeschäftigung während der Elternzeit die Verringerung der vertraglich geschuldeten Arbeitszeit auch dann noch
verlangen, wenn er sich bereits in Elternzeit befindet und somit von der Arbeitspflicht befreit ist. Der prozessuale Anspruch richtet sich auf Verurteilung des
Arbeitgebers, der vom Arbeitnehmer beantragten Verringerung seiner vertraglichen Arbeitszeit für den gewünschten Zeitraum während der Elternzeit
zuzustimmen. Einem stattgebenden Urteil steht nicht entgegen, dass der Zeitraum, für den die Teilzeitbeschäftigung verlangt worden ist, bereits verstrichen ist.
Eine bestimmte Verteilung der verringerten Arbeitszeit kann nach Ablauf des beanspruchten Zeitraumes nur noch durch Feststellungsklage verfolgt werden.
Das nach § 256 I ZPO erforderliche Interesse ergibt sich aus den im Fall des Obsiegens bestehenden Ansprüchen auf Annahmeverzugslohn (§ 615 BGB). Der
Arbeitgeber kann dem Anspruch auf Verringerung der Arbeitszeit nur dringende betriebliche Gründe entgegensetzen. Das gilt auch für die vom Arbeitnehmer
verlangte Verteilung der Arbeitszeit.
BAG, Entscheidung vom 05.05.2006 - 3 AZB 62/04
BAG, Urteil vom 04.05.2006 - 8 AZR 299/05
Wesentliche Änderungen in der Organisation, der Struktur und im Konzept können im Rahmen des § 613a I BGB der Identitätswahrung entgegenstehen. Haben
Merkmale eines Anforderungsprofils einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation und zum Inhalt der auszuführenden Arbeiten, kann ein
Betriebsübernehmer ein geändertes Anforderungsprofil gegenüber einem Wiedereinstellungsanspruch einwenden. Wesentliche Änderungen des Konzepts und
der Organisation sind Umstände, die einem Betriebsübergang entgegenstehen können. Verfolgt ein neuer Betreiber eines Frauenhauses im Gegensatz zum
früheren Betriebsinhaber die geschützte Unterbringung misshandelter Frauen nicht als eigentlichen Betriebszweck, sondern vielmehr ein umfassendes
Beratungskonzept, in dem die Unterbringung nur die letztmögliche Maßnahme ist und organisiert er zugleich das Frauenhaus nicht als eigenständigen Betrieb,
sondern strukturell und personell zusammengefasst mit mehreren Beratungsstellen nach dem Gewaltschutzgesetz, ist ein Betriebsübergang nicht anzunehmen.
Ein Wiedereinstellungsanspruch besteht dann nicht, wenn berechtigte Interessen des neuen Betriebsinhabers entgegenstehen, beispielsweise, wenn er den frei
gewordenen Arbeitsplatz schon wieder besetzt hat. Die Berufung auf diesen - erneuten - Wegfall des Arbeitsplatzes ist dem Arbeitgeber aber dann gemäß § 162
BGB verwehrt, wenn er den Arbeitsplatz in Kenntnis des Wiedereinstellungsverlangens treuwidrig besetzt und nicht eine den §§ 242, 315 BGB genügende
Auswahlentscheidung getroffen hat. Die Entscheidung des Arbeitgebers, Tätigkeiten nur von Arbeitnehmern mit bestimmten Qualifikationen ausführen zu
lassen, ist von den Arbeitsgerichten jedenfalls dann zu respektieren, wenn die Qualifikationsmerkmale einen nachvollziehbaren Bezug zur Organisation der
auszuführenden Arbeiten haben. Diese für die Durchführung der Sozialauswahl heranzuziehenden Grundsätze gelten auch für den Anspruch auf
Neubegründung eines Arbeitsverhältnisses im Rahmen des § 613a BGB. Schreibt ein Fördervertrag den Einsatz von Arbeitnehmern mit Hochschulabschluss
vor und verfolgt der neue Arbeitgeber darüber hinaus ein umfassendes Beratungskonzept, ist die Nichtübernahme einer nicht diplomierten Arbeitnehmerin nach
dem Wechsel der Trägerschaft für ein Frauenhaus nicht als treuwidrige Vereitelung eines ggf. bestehenden Wiedereinstellungsanspruchs anzusehen.
BAG, Urteil vom 03.05.2006 - 4 AZR 189/05
Kollektive Regelungen außerhalb von Sozialplänen, in denen den Arbeitnehmern für den Verlust des Arbeitsplatzes eine Abfindung versprochen wird, die aber
dann entfallen soll, wenn der Begünstigte Kündigungsschutzklage erhebt, sind nach Sinn und Zweck einschränkend auszulegen. Die Erhebung einer
Kündigungsschutzklage führt nur dann zum Erlöschen des Abfindungsanspruchs, wenn für den Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt erkennbar ist, dass er die
Wahl zwischen Abfindung und Klageerhebung hat.
BAG, Beschluss vom 03.05.2006 - 1 ABR 15/05
Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für einen Interessenausgleich folgt nicht notwendig seine Zuständigkeit auch für den Abschluss eines
Sozialplans. Vielmehr ist hierfür Voraussetzung, dass die Regelung des Ausgleichs oder der Abmilderung der durch die Betriebsänderung entstehenden
Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend erfolgen muss. Die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte bei Betriebsänderungen
(§§ 111 ff. BetrVG) obliegt nach § 50 I 1 BetrVG dem Gesamtbetriebsrat, wenn es sich um Maßnahmen handelt, die das gesamte Unternehmen oder mehrere
Betriebe betreffen und notwendigerweise nur einheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden können. Beim Interessenausgleich und Sozialplan handelt
es sich nicht um dieselbe Angelegenheit i. S. von § 50 I 1 BetrVG. Interessenausgleich und Sozialplan sind Rechtsinstitute, die sich nach Inhalt und
Ausgestaltung wesentlich unterscheiden. Aus der Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss eines Interessenausgleichs folgt nicht ohne weiteres
seine Zuständigkeit auch für den Abschluss eines Sozialplans. Vielmehr ist gesondert zu prüfen, ob der Ausgleich oder die Abmilderung der durch die
Betriebsänderung entstehenden Nachteile zwingend unternehmenseinheitlich oder betriebsübergreifend geregelt werden muss. Der Umstand, dass die Mittel für
den Sozialplan von ein und demselben Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müssen, genügt alleine nicht, um die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats
für den Abschluss des Sozialplans zu begründen. Etwas anderes gilt, wenn ein mit dem Arbeitgeber im Rahmen eines Interessenausgleichs vereinbartes, das
gesamte Unternehmen betreffendes Sanierungskonzept nur auf der Grundlage eines bestimmten, auf das gesamte Unternehmen bezogenen Sozialplanvolumens
realisiert werden kann.
BAG, Beschluss vom 03.05.2006 - 1 ABR 2/05
Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei einer Umgruppierung gem. § 99 I, II BetrVG beschränkt sich auf die Überprüfung der Rechtsanwendung durch
den Arbeitgeber. Haben die Urheber der Vergütungsordnung eine Stelle mit bindender Wirkung für den Arbeitgeber in ihr abstraktes Vergütungsschema
eingereiht, ist daran auch der Betriebsrat gebunden.
BAG, Beschluss vom 03.05.2006 - 4 ABR 8/05
Der Gehaltstarifvertrag für die Angestellten in Zeitungsverlagen in den Ländern Rheinland-Pfalz und Saarland vom 17. 10. 2003 enthält kein
Eingruppierungsmerkmal für Auszubildende. Der Arbeitgeber braucht daher auf der Grundlage dieses Tarifvertrages keine mit-bestimmungspflichtige
Eingruppierung bei der Einstellung von Auszubildenden vorzunehmen.
BAG, Urteil vom 03.05.2006 - 4 AZR 795/05
Ein Tarifvertrag ist regelmäßig nur als Ganzes kündbar. Zulässig ist die Teilkündigung eines Tarifvertrags, wenn sie darin ausdrücklich zugelassen ist. Ob die
Teilkündigung auch ohne eine sie ausdrücklich gestattende Regelung zulässig sein kann, bleibt unentschieden.
BAG, Urteil vom 03.05.2006 - 10 AZR 310/05
Verwirklicht ein Arbeitgeber die einem im Bereich Private Equity tätigen Angestellten im Arbeitsvertrag in Aussicht gestellte Teilnahme an einem
Carried-Interest-Plan, indem er dem Angestellten eine Gesellschafterstellung in einer Beteiligungsgesellschaft verschafft, die nach einer gewinnbringenden
Veräußerung der mit Kapital des Arbeitgebers erworbenen Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen ihren Gesellschaftern den jeweiligen Anteil am
Veräußerungsgewinn ausschüttet, schuldet der Arbeitgeber selbst ohne das Hinzutreten besonderer Umstände nicht die Zahlung von Carried Interest. Hat ein an
einem Carried-Interest-Modell beteiligter Angestellter die Aufgabe, für das Private-Equity-Geschäft geeignete Unternehmen zu identifizieren, die Akquisition
vorzubereiten und das Engagement bis zur Veräußerung zu begleiten, und obliegt die Entscheidung, ob und gegebenenfalls zu welchen Bedingungen
Unternehmen oder Unternehmensbeteiligungen erworben und wann und zu welchen Bedingungen diese wieder veräußert werden, allein dem Arbeitgeber, der
das Investitionskapital zur Verfügung stellt, begründet die Einstellung des Private-Equity-Geschäftes durch den Arbeitgeber regelmäßig keinen
Schadensersatzanspruch des Angestellten.
BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 360/05
Es ist in aller Regel ermessensfehlerhaft, über einen Kündigungsschutzantrag hinsichtlich einer Kündigung und über einen darauf bezogenen Auflösungsantrag
eher zu entscheiden, als über einen zeitlich vorgehenden Auflösungsantrag (Aufgabe von BAG 17. 9. 1987 - 2 AZR 2/87 - RzK I 11a Nr. 16).
Auflösungsanträge, die auf unterschiedliche Kündigungen bezogen sind, haben unterschiedliche Streitgegenstände. Mit der Rechtskraft des der Klage
stattgebenden Urteils im Kündigungsschutzprozess ist festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die angegriffene Kündigung zu dem bestimmten Termin
nicht aufgelöst worden ist. Außerdem steht in aller Regel jedenfalls fest, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung ein Arbeitsverhältnis zwischen den
Parteien bestanden hat. In Fällen der Vorgreiflichkeit kann das Gericht den Rechtsstreit fortführen und in der Sache entscheiden oder aussetzen, es kann, falls
die übrigen Voraussetzungen vorliegen, einen über die vorgreifliche Rechtsfrage anhängigen Rechtsstreit hinzuverbinden oder es kann die Rechtsstreite
unverbunden lassen, aber zeitnah (uU am selben Tag) entscheiden. Von welcher dieser Möglichkeiten das Gericht Gebrauch macht, steht in seinem Ermessen.
Das Ermessen kann jedoch eingeschränkt sein mit der Folge, dass nicht jede der an sich denkbaren Möglichkeiten, sondern nur bestimmte Möglichkeiten oder
sogar nur noch eine Möglichkeit einer rechtmäßigen Ermessensausübung entsprechen. Bei der Ausübung des Ermessens hat das Gericht mehrere
Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Dazu gehören insbesondere die Prozesswirtschaftlichkeit und die Vermeidung der Gefahr widersprüchlicher
Entscheidungen. Von Bedeutung ist daneben auch der Beschleunigungsgrundsatz, der in arbeitsrechtlichen Bestandsstreitigkeiten besonders in den
Vordergrund tritt. Die genannten Gesichtspunkte schließen es in aller Regel aus, über einen Kündigungsschutzantrag hinsichtlich einer Kündigung und über
einen darauf bezogenen Auflösungsantrag eher zu entscheiden als über einen zeitlich vorgehenden Auflösungsantrag. Die widersprechende Rechtsprechung des
Senats (17. 9. 1987 - 2 AZR 2/87 - RzK I 11a Nr. 16) wird aufgegeben. Sowohl der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers als auch der Anspruch des
Arbeitgebers auf die Arbeitsleistung hängen vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses ab. Ebenso hängt häufig vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses ab, ob der
Arbeitnehmer berechtigt ist, konkurrierend tätig zu werden. Alle diese Fragen blieben in der Schwebe und könnten nur alternativ-fiktiv beurteilt werden, wenn
die Entscheidung über den zeitlich letzten in einer Reihe von Beendigungstatbeständen abgewartet werden müsste, ehe über den zeitlich vorausgehenden
Auflösungsantrag entschieden würde.
BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 415/05
Liegt ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung an sich vor, so kann eine hierauf gestützte beabsichtigte außerordentliche Kündigung gleichwohl
das Arbeitsverhältnis nur wirksam beenden, wenn bei der umfassenden Interessenabwägung das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers das Bestandsinteresse
des Arbeitnehmers überwiegt. Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend für alle Fälle festlegen. Auch
Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falles - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls nicht von vornherein von der
Berücksichtigung ausgeschlossen, wenn sie auch im Einzelfall in den Hintergrund treten und im Extremfall von der Berücksichtigung ausgeschlossen sein
können. Die gegenteilige Auffassung, der zufolge bestimmte Umstände stets von der Berücksichtigung ausgeschlossen sein sollen, korrespondiert nicht
ausreichend mit der gesetzlichen Vorgabe, nach der „alle" Umstände des Einzelfalles Bedeutung haben können.
BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 2 AZR 386/05
Bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers vorliegt, geht es allein um die
Abwägung, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der „fiktiven" Kündigungsfrist noch zugemutet werden kann.
BAG, Urteil vom 27.04.2006 - 6 AZR 364/ 05
Sieht ein Tarifvertrag für den Fall der Kündigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen die Zahlung einer Abfindung vor, ist der
Abfindungsanspruch auch dann bloße Insolvenzforderung iSv. § 38 InsO, wenn die Kündigung erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch den
Insolvenzverwalter erklärt wird.
BAG, Urteil vom 26.04. 2006 - 5 AZR 549/ 05
Eine arbeitsvertragliche Vergütungsvereinbarung ist nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig, wenn sie gegen die guten Sitten verstößt. Ob eine Entgeltvereinbarung
sittenwidrig ist, beurteilt sich nicht allein nach der vereinbarten Vergütungshöhe. § 138 Abs. 1 BGB schützt auch anerkannte Rechts- und Grundwerte des
Gemeinschaftslebens, die sich aus den Wertungen des Grundgesetzes und einfachgesetzlichen Regelungen ergeben. Für private Ersatzschulen sind insoweit
Art. 7 Abs. 4 GG und die Regelungen in den Schulgesetzen der Länder maßgebend. Danach erhalten die Träger anerkannter privater Ersatzschulen einen
Finanzierungszuschuss zu den Personalkosten für die angestellten Lehrkräfte. Dieser betrug in Brandenburg 97 % der Personalkosten einer vergleichbaren
Schule in öffentlicher Trägerschaft nebst Zulagen und Arbeitgeberanteilen zur Sozialversicherung. Genehmigungsvoraussetzung ist, dass die Vergütung der
angestellten Lehrkräfte mindestens 75 % der Gehälter der vergleichbaren im öffentlichen Dienst stehenden Lehrkräfte beträgt. Dieser Zusammenhang zwischen
der aus Steuergeldern erbrachten Finanzhilfe zu den Personalkosten und der festgesetzten Mindestvergütung verdeutlicht, dass eine 75 % unterschreitende
Vergütung nicht den guten Sitten im Sinne von § 138 BGB entspricht.
BAG, Urteil vom 26.04.2006 - 7 AZR 500/ 04
Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Dazu sieht das
Gesetz Ausnahmen vor. So ist ua. der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags mit einem Arbeitnehmer, der bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses
das 58. Lebensjahr vollendet hat, ohne sachlichen Grund zulässig, wenn zu einem vorhergehenden unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber kein
enger sachlicher Zusammenhang besteht (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 TzBfG). Durch das Erste Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. 12.
2002 ist die Altersgrenze für die sachgrundlose Befristung von älteren Arbeitnehmern bis zum 31. 12. 2006 auf 52 Jahre abgesenkt worden (§ 14 Abs. 3 Satz 4
TzBfG). Der Europäische Gerichtshof hat am 22. November 2005 (- C 144/ 04 [Mangold] -) entschieden, dass die nach § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG vorgesehene
Befristungsmöglichkeit eine nach Gemeinschaftsrecht unzulässige Diskriminierung wegen des Alters darstellt und die Vorschrift von den nationalen Gerichten
nicht angewendet werden darf. Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte erstmals über die Wirksamkeit einer Befristung zu entscheiden, die von einem
Arbeitgeber der Privatwirtschaft allein auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützt wurde. Der 1950 geborene Kläger dieses Rechtsstreits war seit dem 12. Juli 1999
auf Grund mehrerer befristeter Arbeitsverträge bei der Beklagten als Aushilfe in der Produktion beschäftigt. Der zuletzt abgeschlossene Vertrag vom 18.
Februar 2003 sah eine Befristung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit vom 19. Februar 2003 bis zum 31. März 2004 vor. Die Vorinstanzen haben die Klage
unter Berufung auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG abgewiesen. Der Siebte Senat hat der Befristungskontrollklage des Klägers stattgegeben. In Folge der
Entscheidung des Europäischen Gerichthofs sind allein auf § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG gestützte sachgrundlose Befristungen unwirksam. Der Arbeitgeber kann
sich bei den bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgeschlossenen Verträgen auch nicht darauf berufen, auf die Gültigkeit der Vorschrift
vertraut zu haben. Die Entscheidung über den sich aus dem Gemeinschaftsrecht ergebenden Vertrauensschutz ist dem Europäischen Gerichtshof vorbehalten.
Dieser hat in der Entscheidung vom 22. November 2005 den Ausspruch über die Unanwendbarkeit von § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG in zeitlicher Hinsicht nicht
begrenzt. Hieran sind die nationalen Gerichte gebunden. Die Beklagte konnte im Übrigen auch nach nationalem Recht keinen Vertrauensschutz beanspruchen.
Die Vereinbarkeit der Norm mit Gemeinschaftsrecht war im arbeitsrechtlichen Schrifttum bereits seit ihrem In-Kraft-Treten in Zweifel gezogen worden.
BAG, Beschluss vom 26.04.2006 - 3 AZB 54/04 zu ZPO § 115 III
Das Guthaben aus einem noch nicht zuteilungsreifen Bausparvertrag gehört zum Vermögen des Ast., das im Rahmen der Prozesskostenhilfe nach § 115 III
ZPO einzusetzen ist. Das Guthaben aus einem Bausparvertrag gehört grundsätzlich zu dem vom Ast. vor der Prozesskostenhilfe einzusetzenden Vermögen iSd.
§ 115 III Satz 1 ZPO. Nur wenn die anzuschaffende Immobilie Wohnzwecken behinderter oder pflegebedürftiger Menschen dienen soll, kann es zum
Schonvermögen gehören, § 90 II Nr. 3 SGB XII. Dies gilt auch für das Guthaben aus noch nicht zuteilungsreifen Bausparverträgen. Finanzielle Verluste wie
anfallende Bearbeitungsgebühr, Verlust der Wohnungsbauprämie und der Arbeitnehmersparzulage sowie des Rechtes auf günstige Darlehenszuteilung bei
Kündigung des Bausparvertrages vor Zuteilungsreife sind Fragen der Zumutbarkeit des Vermögenseinsatzes. Jedenfalls ist der Einsatz des Guthabens aus dem
Bausparvertrag ab dem Zeitpunkt des Ablaufes der gesetzlichen Sperrfrist nach dem Vermögensbildungsgesetz und dem Zeitpunkt der Zuteilungsreife
zumutbar iSd. § 115 III Satz 1 ZPO. Solche Festsetzungen des ab einem bestimmten Zeitpunkt aus dem Vermögen einzusetzenden Betrages können in
entsprechender Anwendung von § 120 I Satz 2 ZPO schon bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe getroffen werden.
BAG, Beschluss vom 24.04.2006 - 3 AZB 12/05 - ZPO § 115 III
Für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindungen sind Vermögen i. S. des § 115 III ZPO. Da dem Arbeitnehmer durch den Verlust des
Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, ist es ihm in der Regel nicht zumutbar, die gesamte Abfindung einzusetzen. Das gilt auch für Abfindungen, die
auf Grund gerichtlicher Urteile, gerichtlicher oder außergerichtlicher Vergleiche und auf der Grundlage von Sozialplänen gezahlt werden. Da dem
Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise Kosten entstehen, ist es ihm in der Regel nicht zumutbar, die gesamte Abfindung
einzusetzen. Als Anhaltspunkt für die Höhe der dem Arbeitnehmer durch den Verlust des Arbeitsplatzes typischerweise entstehenden Kosten kann derzeit die
Höhe des Schonbetrages für Ledige nach der Durchführungsverordnung zu § 90 II Nr. 9 SGB XII dienen.
BAG, Urteil vom 11.04.2006 - 9 AZR 557/05
§ 308 Nr. 4 BGB ist nicht auf arbeitsvertragliche Versetzungsvorbehalte anzuwenden; denn die Vorschrift erfasst nur einseitige Bestimmungsrechte hinsichtlich
der Leistung des Verwenders. Versetzungsklauseln in Arbeitsverträgen betreffen demgegenüber die Arbeitsleistung als die dem Verwender geschuldete
Gegenleistung. Eine formularmäßige Versetzungsklausel, die materiell der Regelung in § 106 S. 1 GewO nachgebildet ist, stellt weder eine unangemessene
Benachteiligung des Arbeitnehmers nach § 307 I 1 BGB dar noch verstößt sie allein deshalb gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB, weil keine
konkreten Versetzungsgründe genannt sind (NJW 2006, 3303 ff. zu BGB §§ 305 I 1, 2, 307 I 1, 2, 308 Nr. 4, 315 III 1, 310 IV; BetrVG §§ 118 I, 99 I 1, 95 III;
GewO § 106 S. 1; EGBGB Art. 229 § 5; Manteltarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Tageszeitungen in der ab 01.01.2003 geltenden Fassung § 2;
BRRG § 123 a).
BAG, Urteil vom 11.04. 2006 - 9 AZR 610/ 05
Haben die Parteien in einem vom Arbeitgeber vorformulierten Arbeitsvertrag vereinbart, dass ein Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor
Ablauf einer bestimmten Frist vom Arbeitgeber übernommene Ausbildungskosten zurückzahlen muss, ohne dass es auf den Grund der Beendigung des
Arbeitsverhältnisses ankommt, ist diese Rückzahlungsklausel unwirksam. Sie benachteiligt den Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben
unangemessen und ist damit nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam. Eine Auslegung der Klausel dahingehend, dass sie nur für den Fall gilt, dass das
Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer selbst oder wegen eines von ihm zu vertretenden Grundes durch den Arbeitgeber beendet wird (geltungserhaltende
Reduktion) scheidet aus. Der Beklagte war bei der Klägerin, einem technischen Überwachungsverein, beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag war vereinbart, dass
er nach Abschluss einer entsprechenden Ausbildung als amtlich anerkannter Sachverständiger mit Teilbefugnissen für den Kraftfahrzeugverkehr eingesetzt
werden sollte. Der Arbeitsvertrag enthielt unter anderem folgende Klausel: "Die voraussichtlichen Ausbildungskosten werden ca. DM 15. 000, 00 betragen. Sie
gelten für die Dauer von 2 Jahren ab dem Ausbildungsende als Vorschuss. Wird das Arbeitsverhältnis vor Ablauf dieser Zeit beendet, verpflichtet sich der
Mitarbeiter, den Betrag, der nach abgeschlossener Ausbildung genau ermittelt und dem Mitarbeiter gesondert mitgeteilt wird, anteilig zurückzuzahlen. Dabei
wird für jeden Monat 1/ 24 verrechnet." Der Beklagte schloss seine Ausbildung im August 2002 erfolgreich ab. Im Mai 2003 kündigte er sein Arbeitsverhältnis
zum 30. Juni 2003. Daraufhin forderte die Klägerin von ihm die Ausbildungskosten iHv. 5. 028, 93 Euro zurück. Das Arbeitsgericht hat der Klage teilweise
stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des Beklagten die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos, weil die
vorformulierte Rückzahlungsklausel zu weitgehend war.
BAG, Urteil vom 11.04. 2006 - 9 AZR 500/ 05
Nach § 667 2. Alt. BGB ist der Beauftragte verpflichtet, seinem Auftraggeber alles herauszugeben, was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt. Dieser
Grundsatz findet auch im Arbeitsverhältnis Anwendung. Die Herausgabepflicht gilt für alle Vorteile, soweit sie dem Arbeitnehmer von einem Dritten nicht nur
bei Gelegenheit, sondern auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft gewährt worden sind. Der Kläger ist bei der Beklagten als
Verkaufsleiter Ausland beschäftigt. Auf Grund dieser Tätigkeit unternimmt er eine Vielzahl von dienstlichen Flugreisen. Die Kosten trägt die Beklagte. Der
Kläger nimmt als Vielflieger am Miles-and-More-Programm einer Fluggesellschaft teil. Auch die dienstlichen Flugmeilen werden seinem persönlichen
Meilenkonto als Bonuspunkte gutgeschrieben. Zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht wies sein Meilenkonto 350.
000 Bonuspunkte auf. Das entspricht einem Wert in Höhe von 9. 700, 00 Euro. Bisher nutzte der Kläger seine gesammelten Bonuspunkte für private Zwecke.
Das untersagte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Januar 2003. Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung, dass er weiter berechtigt ist, alle
erworbenen Bonuspunkte für private Zwecke zu nutzen. Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der
Beklagten die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos. Die Sondervorteile aus dem Miles-and-More-Programm stehen nach § 667 2. Alt.
BGB dem Arbeitgeber als Auftraggeber zu. Demjenigen, für dessen Rechnung und damit auch auf dessen Kosten ein anderer Geschäfte führt, gebühren die
gesamten Vorteile aus dem Geschäft. Die Beklagte durfte deshalb dem Kläger untersagen, die Bonuspunkte zu privaten Zwecken zu nutzen und konnte
verlangen, sie in ihrem wirtschaftlichen Interesse zur Bezahlung von Dienstflügen einzusetzen.
BAG, Urteil vom 06.04.2006 - 8 AZR 249/ 04
Ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB setzt die im Wesentlichen unveränderte Fortführung einer wirtschaftlichen Einheit unter Wahrung ihrer Identität
voraus. Ein Betrieb oder Betriebsteil geht daher nur dann über, wenn er beim Erwerber als Betrieb oder organisatorisch selbständiger Betriebsteil fortgeführt
wird. Dies ist nicht der Fall, wenn ein Bewirtschaftungsbetrieb vollständig in die eigene Organisationsstruktur eines anderen Unternehmens eingegliedert wird.
Die Klägerin war seit 1995 als Bistro-Stewardess bei der Beklagten zu 1), einem Catering-Unternehmen, beschäftigt. Diese betrieb die Bistros von 16
Interregio-Verbindungen auf der Strecke Düsseldorf-Weimar. Die Beklagte zu 2), eine Tochter der Bahn AG, führte die Zugbewirtschaftung mit dem
Fahrplanwechsel im Dezember 2002 in den nunmehr statt der 16 Interregios auf dieser Strecke eingesetzten sechs ICE- und zehn IC-Zügen selbst durch. Sie
übernahm kein Personal und bewirtschaftete diese Strecke - wie alle ihre übrigen Züge - nach eigenem Konzept. Mit Schreiben vom 25. Oktober 2002 kündigte
die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin zum 30. November 2002. Die Klägerin ist der Ansicht, die Kündigung verstoße gegen § 613a Abs. 4
BGB, da ein Betriebsübergang vorliege. Die Beklagte zu 2) habe nach der Übernahme der Zugbewirtschaftung die Betriebsmittel, die zuvor im Rahmen eines
Franchisevertrages der Beklagten zu 1) zur Verfügung gestellt worden waren und mit denen diese eigenwirtschaftlich habe arbeiten können, übernommen und
insofern mit dem identitätsbildenden Kern des Betriebs die Aufgaben fortgeführt. Der Achte Senat hat ebenso wie die Vorinstanzen die Klage abgewiesen. Die
Kündigung der Beklagten zu 1) ist wirksam. Ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) liegt nicht vor.
BAG, Urteil vom 05.04.2006 - 4 AZR 390/ 05
Wenn in einem Arbeitsvertrag auf die Eingruppierungs- und Vergütungsregelungen des BAT verwiesen wird, im übrigen aber die Arbeitsvertragsrichtlinien des
Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche Deutschlands (AVR) gelten sollen, ist damit nicht die Anwendung auch der Arbeitszeitregelungen des BAT
vereinbart worden. Der Abschluss eines Tarifvertrages im öffentlichen Dienst, der die befristete Absenkung der Arbeitszeit und - proportional - der Vergütung
bei Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen regelt, führt deshalb nicht dazu, dass auf Grund der arbeitsvertraglichen Regelung auch die Arbeitszeit
entsprechend abzusenken ist. Die Höhe der Vergütung für die hiernach unverändert zu leistende Arbeitszeit richtet sich nach derjenigen Vergütung, die ein
Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst für diese Arbeitszeit zu erhalten hat. Bei einer kirchlichen Einrichtung in Berlin, die vor allem in der Behinderten-, Alten-
und Jugendarbeit tätig ist, waren bis 1999 in den Formulararbeitsverträgen hinsichtlich der Eingruppierung und der Vergütung Verweisungen auf den BAT
enthalten; im Übrigen sollten die AVR gelten. In elf beim Vierten Senat anhängigen Rechtsstreitigkeiten begehrten die Klägerinnen und Kläger, sämtlich
Arbeitnehmer der Stiftung, die Feststellung, dass sich die von ihnen zu leistende Arbeitszeit nach wie vor auf 38, 5 Wochenstunden oder - bei Teilzeitkräften -
einen entsprechenden prozentualen Anteil hiervon bemesse. Dies war vom Arbeitgeber bestritten worden, weil das Land Berlin in einem
Sanierungs-Tarifvertrag mit der Gewerkschaft ver. di u. a. eine gleichmäßige Absenkung der allgemeinen (BAT-) Wochenarbeitszeit und der entsprechenden
Vergütung auf 88 - 92 % vereinbart hatte. Die Stiftung war der Auffassung, dass dies dann auch auf diejenigen Arbeitsverhältnisse in ihrem eigenen Bereich zu
übertragen sei, die eine Verweisungsklausel auf die Vergütungsbestimmungen des BAT enthielten. Alle Kammern des Arbeitsgerichts und eine Minderheit der
Kammern des Landesarbeitsgerichts hatten den Klageanträgen stattgegeben; mehrere Kammern des Landesarbeitsgericht hatten die Klage aber abgewiesen. Die
Revisionen der in zweiter Instanz jeweils unterlegenen Parteien führten zur Bestätigung der zu Gunsten der Klägerinnen und Kläger ergangenen
arbeitsgerichtlichen Urteile.
BAG, Urteil vom 15.03.2006 - 4 AZR 75/05 zu TVG § 1
Die vertragliche Bezugnahme auf einen bestimmten für das Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrag und die diesen „ergänzenden Tarifverträge" erfasst
bezüglich letzterer regelmäßig ebenfalls nur einschlägige Tarifverträge, also solche, unter deren Geltungsbereich das Arbeitsverhältnis fällt.
BAG, Urteil vom 02.03.2006 - 2 AZR 53/ 05
Ein Arbeitnehmer, der als ärztlicher Gutachter für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen bei einem Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) beschäftigt
ist und während seiner eigenen längeren Arbeitsunfähigkeit wegen einer Meningoenzephalitis trotz erkannter Krankheitssymptome im Hochgebirge Ski läuft,
verletzt seine arbeitsvertraglichen Pflichten in so erheblicher Weise, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund nach § 626 BGB fristlos
beenden kann. Der Kläger war vom 8. September 2003 bis 16. Januar 2004 wegen einer Hirnhautentzündung arbeitsunfähig krank. Am 27. Dezember 2003
fuhr er in einen bis zum 3. Januar 2004 geplanten Skiurlaub in die Schweiz. Den Beklagten informierte er hiervon nicht. Während eines Skikurses stürzte der
Kläger und brach sich das Schien- und Wadenbein, was zu einer erheblichen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit führte. Daraufhin kündigte der Beklagte das
Arbeitsverhältnis außerordentlich. Der Kläger hat sich mit seiner Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung gewandt und ua. geltend gemacht, er habe nicht
gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten während der Arbeitsunfähigkeit verstoßen. Insbesondere hätten ihm die behandelnden Ärzte das Skifahren nicht
verboten. Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg. Der Kläger hat seine Pflicht zu einem gesundheitsfördernden Verhalten erheblich verletzt. Er durfte während
seiner Erkrankung, die nach seinen eigenen Ausführungen ua. mit erheblichen Konzentrationsschwächen verbunden war, keine sportlichen Freizeitaktivitäten
ausüben, die - wie das alpine Skilaufen - an die Konzentration und die allgemeine Fitness nicht unerhebliche Anforderungen stellen. Außerdem hat er die
gesteigerte Pflicht zur Förderung des Vertragszwecks verletzt. Als Gutachter des MDK gehört es vor allem zu seinen Aufgaben, das Fehlverhalten von
versicherten Arbeitnehmern im Hinblick auf das bescheinigte Krankheitsbild und damit die Berechtigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu
überprüfen. Dementsprechend hat er alles zu unterlassen, was die Neutralität und Glaubwürdigkeit des MDK und seiner Gutachten bei den Auftraggebern in
Frage stellen könnte. Durch seine Aktivitäten während der attestierten Arbeitsunfähigkeit hat der Kläger aber gerade ein solches, dem Vertragszweck grob
widersprechendes Verhalten an den Tag gelegt. Diese Pflichtverletzungen berechtigen den Arbeitgeber auch ohne Abmahnung zu einer fristlosen Beendigung
des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund (§ 626 BGB).
BAG, Urteil vom 02.03.2006 - 8 AZR 124/ 05
Nach § 613a Abs. 6 BGB kann ein Arbeitnehmer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen, wenn der Betrieb, in dem er beschäftigt ist, infolge
eines Rechtsgeschäfts auf einen anderen Inhaber übergeht. Die Vorschrift findet auf den gesetzlich angeordneten Übergang eines Arbeitsverhältnisses keine
Anwendung. Auch eine sinngemäße Anwendung kommt nicht in Betracht, wenn ein Gesetz zur Überleitung von Arbeitsverhältnissen von einem Land auf eine
Stiftung des öffentlichen Rechts ausdrücklich nur auf die Anwendung der rechtserhaltenden Regelungen gegen den neuen Arbeitgeber nach § 613a Abs. 1 - 4
BGB verweist. Der darin gleichzeitig enthaltene Ausschluss eines Widerspruchsrechts verstößt auch nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12
Abs. 1 GG), wenn überwiegende Belange des Gemeinwohls die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des übergehenden Betriebes gebieten und die Interessen der
Belegschaft hierdurch nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt werden. Der Kläger war bei dem beklagten Land als Bühnenhandwerker in einem Opernhaus
beschäftigt. Auf Grund eines Gesetzes übernahm eine Stiftung die Trägerschaft und die Betriebsmittel der Staatsoper Unter den Linden, der Deutschen Oper
Berlin und der Komischen Oper Berlin. Das Gesetz ordnete zudem den Übergang der Arbeitsverhältnisse der bei den Opernhäusern beschäftigten Arbeitnehmer
an. Der Kläger und zahlreiche Arbeitnehmer widersprachen dem Übergang des Arbeitsverhältnisses. Mit der Klage verlangt der Kläger die Feststellung, dass
sein Arbeitsverhältnis auf Grund seines Widerspruchs nicht von dem beklagten Land auf die Stiftung übergegangen ist. Die Vorinstanzen haben die Klage
abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.
***
BAG, Urteil vom 02.03.2006 - 8 AZR 124/05 zu BGB § 613a
Ordnet ein Gesetz zwingend die Überleitung von Arbeitsverhältnissen vom Land auf eine Stiftung öffentlichen Rechts an, so verstößt dieser Eingriff in die
Freiheit der Arbeitsplatzwahl des Arbeitnehmers jedenfalls dann nicht gegen Art. 12 I GG, wenn die Nichteinräumung eines Widerspruchsrechts der Erhaltung
der Funktionsfähigkeit einer Einrichtung der Daseinsvorsorge dient, sich die Arbeitsbedingungen nicht wesentlich ändern und dem Arbeitnehmer mit dem
neuen Arbeitgeber ein vergleichbar potenter Schuldner gegenübersteht.
BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 363/05
Wird in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Zulage unter dem Vorbehalt der Anrechnung gewährt, ohne dass die Anrechnungsgründe näher bestimmt
sind, führt dies nicht zur Unwirksamkeit nach § 308 Nr. 4 BGB. Eine solche Klausel verstößt auch nicht gegen das Transparenzgebot des § 307 I 2 BGB. Aus
dem Inhalt und der äußeren Gestaltung der in einem Vertrag verwendeten Bedingungen kann sich ein vom Verwender zu widerlegender Anschein dafür
ergeben, dass sie zur Mehrfachverwendung formuliert worden sind. Vertragsbedingungen sind für eine Vielzahl von Verträgen bereits dann vorformuliert,
wenn ihre dreimalige Verwendung beabsichtigt ist. Die Absicht der dreimaligen Verwendung ist auch dann belegt, wenn der Verwender die Klausel dreimal
mit demselben Vertragspartner vereinbart. „Ausgehandelt" i. S. von § 305 I 3 BGB ist eine Vertragsbedingung nur, wenn der Verwender die betreffende
Klausel inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit der realen
Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Das setzt voraus, dass sich der Verwender deutlich und ernsthaft zu
gewünschten Änderungen der zu treffenden Vereinbarung bereit erklärt. Für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer ist bei einem in Allgemeinen
Geschäftsbedingungen enthaltenen Anrechnungsvorbehalt erkennbar, dass im Falle einer Erhöhung des tariflich geschuldeten Arbeitsentgelts die Zulage bis zur
Höhe der Tarifsteigerung gekürzt werden kann. . Die Regelung einer „freiwilligen, jederzeit widerruflichen Zulage" beinhaltet die Vereinbarung einer Leistung,
zu welcher der Arbeitgeber gesetzlich, tarifvertraglich oder betriebsverfassungsrechtlich nicht verpflichtet ist. Erst mit der Zusage der Leistung wird ein
individualrechtlicher Anspruch begründet. Will der Arbeitgeber jeden Anspruch für die Zukunft ausschließen, hat er dies deutlich zu machen. Die Anrechnung
von Tariflohnerhöhungen auf übertarifliche Zulagen ist mitbestimmungsfrei, wenn die Tariferhöhung im Rahmen des rechtlich und tatsächlich Möglichen
vollständig und gleichmäßig auf die übertarifliche Vergütung sämtlicher Arbeitnehmer angerechnet wird.
BAG, Urteil vom 01.03.2006 - 5 AZR 511/05
Eine Klausel, die für den Beginn der Ausschlussfrist nicht die Fälligkeit der Ansprüche berücksichtigt, sondern allein auf die Beendigung des
Arbeitsverhältnisses abstellt, benachteiligt den Arbeitnehmer unangemessen und ist deshalb gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.
BAG, Beschluss vom 28.02.2006 - 5 AS 19/05
Der persönlich haftende Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft ist Arbeitgeber der Arbeitnehmer der Kommanditgesellschaft iSv. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ArbGG.
BAG, Urteil vom 16.02.2006 - 8 AZR 204/05 zu BGB § 613a
§ 613 a BGB setzt für den Teilbetriebsübergang voraus, dass die übernommenen Betriebsmittel bereits bei dem früheren Betriebsinhaber die Qualität eines
Betriebsteils hatten. Es reicht nicht aus, wenn der Erwerber mit einzelnen bislang nicht teilbetrieblich organisierten Betriebsmitteln einen Betrieb oder
Betriebsteil gründet. Überdies ist erforderlich, dass der Erwerber gerade die wesentlichen Betriebsmittel des Teilbetriebs übernimmt.
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BAG, Urteil vom 16.02.2006 - 8 AZR 211/ 05
Geht ein Betrieb oder Betriebsteil durch Rechtsgeschäft auf einen anderen Inhaber über, so tritt dieser nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB in die Rechte und
Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein. Erwerben verschiedene rechtlich selbständige Unternehmen vom insolvent
gewordenen Arbeitgeber nur einzelne Betriebsmittel, führt dies dann zu einem Teilbetriebsübergang, wenn diese Betriebsmittel die Identität eines bereits zuvor
beim Arbeitgeber organisatorisch verselbständigten Teilbetriebs prägten. Haben die Erwerber dieser Betriebsmittel zur Betriebsführung einen
Gemeinschaftsbetrieb gebildet, so wird dieser Betrieb ebenfalls nicht gemäß § 613a BGB neuer Arbeitgeber. Zum einen bleiben bei einem
Gemeinschaftsbetrieb die ihn errichtenden Unternehmen Arbeitgeber der bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer. Zum anderen wird auf die
Betriebsführungsgesellschaft nichts, was die Identität einer wirtschaftlichen Einheit ausmacht, übertragen. Der Kläger war seit 1980 bei der
Insolvenzschuldnerin, die Aufträge von gewerblichen und Privatkunden bearbeitete, als Lüftungs- und Heizungsbauer tätig. Die Schuldnerin stellte ihren
Geschäftsbetrieb in der ersten Julihälfte 2003 ein. Der Insolvenzverwalter sprach Kündigungen gegenüber allen Arbeitnehmern aus. Die Beklagten wurden mit
Gesellschaftsverträgen aus Juli 2003 gegründet und im August 2003 in das Handelsregister eingetragen. Beide Firmen üben ihre Geschäftstätigkeit in einzelnen
Räumen der Insolvenzschuldnerin aus. Sie sind ebenso wie die Insolvenzschuldnerin im Bereich der Heizungs- und Sanitärtechnik tätig, wobei ein
Unternehmen private Aufträge bearbeitet und das andere Unternehmen gewerbliche Aufträge durchführt und größere Baustellen betreibt. Die Unternehmen
übernahmen jeweils drei von 17 bereits bei der Insolvenzschuldnerin tätige Arbeitnehmer sowie einige Fahrzeuge. Der Kläger begehrt mit der Klage die
Feststellung, dass das mit der Insolvenzschuldnerin begründete Arbeitsverhältnis zu unveränderten Arbeitsbedingungen auf die Beklagten übergegangen ist.
Die Kündigung hält er für unwirksam. Der Kläger meint, der Betrieb sei auf einen Gemeinschaftsbetrieb der Beklagten oder zumindest auf eine der beiden
Beklagten übergegangen. Die Beklagten sind hingegen der Auffassung, der Betrieb der Insolvenzschuldnerin sei stillgelegt und nicht von ihnen fortgeführt
worden. Sie seien in getrennten Geschäftsbereichen tätig und hätten keine wesentlichen Betriebsmittel übernommen. Auch bildeten sie keinen
Gemeinschaftsbetrieb. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.
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BAG, Urteil vom 09.02.2006 - 6 AZR 47/05 - KSchG § 14
Der Anstellungsvertrag eines DO-Angestellten, der für die Dauer des Anstellungsvertrages aus der Unterstellung unter die Dienstordnung beurlaubt ist, kann
nicht wirksam durch „Abbestellung" beendet werden, auch wenn diese Möglichkeit vertraglich vorgesehen ist; mit einer solchen Vereinbarung wird der
gesetzliche (Änderungs-)Kündigungsschutz umgangen.
BAG, Urteil vom 02.02.2006 - 2 AZR 596/04 zu BErzGG §§ 18, 15 IV
Das Kündigungsverbot des § 18 BErzGG gilt nicht für Arbeitsverhältnisse mit dem „anderen" Arbeitgeber i. S. des § 15 IV 2 BErzGG.
BAG, Urteil vom 02.02.2006 - 2 AZR 57/05 zu BGB § 626 II
Die Erklärungsfrist des § 626 II BGB ist ein gesetzlich bzw. tariflich (§ 54 II BAT) konkretisierter Verwirkungstatbestand. Die Frist beginnt, wenn der
Kündigungsberechtigte eine zuverlässige und möglichst vollständige positive Kenntnis der für die Kündigung maßgebenden Tatsachen hat, die ihm die
Entscheidung ermöglicht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zumutbar ist oder nicht. Der Kündigungsberechtigte, der Anhaltspunkte für einen
Sachverhalt hat, der zur außerordentlichen Kündigung berechtigen könnte, kann - mit gebotener Zügigkeit - Ermittlungen anstellen und den Betroffenen
anhören, ohne dass die Frist zu laufen beginnt. Der bereits eingetretene Ablauf der Frist des § 626 II BGB schadet in analoger Anwendung von § 91 V SGB IX
dann nicht, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nach Abschluss des innerhalb der Frist eingeleiteten personalvertretungsrechtlichen
Mitbestimmungsverfahrens unverzüglich ausspricht. Findet das Mitbestimmungsverfahren durch die Entscheidung des Hauptpersonalrats, die Einigungsstelle
nicht anzurufen (§ 80 PersVG Berlin), seinen Abschluss, so muss der Arbeitgeber die Kündigung unverzüglich nach Kenntnis von der Entscheidung
aussprechen. Er ist dagegen in der Regel nicht verpflichtet, von sich aus Erkundigungen über Zeitpunkt und Inhalt der Entscheidung des Hauptpersonalrats
einzuholen. § 91 III SGB IX ist nicht analog anzuwenden.
BAG, Urteil vom 02.02.2006 - 2 AZR 58/05 zu TVG §§ 1, 4 I
Tarifvertragliche Regelungen tragen den immanenten Vorbehalt ihrer nachträglichen Änderung durch Tarifvertrag in sich. Dies gilt auch für Regelungen über
einen Sonderkündigungsschutz. Ist bisher tarifvertraglich die ordentliche Kündigung nach entsprechender Beschäftigungszeit und ab einem bestimmten
Lebensalter nicht ausnahmslos ausgeschlossen, sondern bleibt bei bestimmten Betriebsänderungen eine ordentliche Kündigung zulässig, so sind die
Tarifvertragsparteien grundsätzlich nicht gehindert, die Ausnahmevorschrift über die Zulässigkeit betriebsbedingter Kündigungen an geänderte Verhältnisse
anzupassen. Das Vertrauen des Arbeitnehmers, der die tariflichen Voraussetzungen für den Sonderkündigungsschutz (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter)
bereits erreicht hat, in die Aufrechterhaltung seines Sonderkündigungsschutzes im bisherigen Umfang steht einer solchen Modifizierung der tariflichen
Regelung nicht entgegen. Tarifvertragliche Regelungen tragen den immanenten Vorbehalt ihrer rückwirkenden Abänderung durch Tarifvertrag in sich. Die
Gestaltungsfreiheit der Tarifvertragsparteien zur rückwirkenden Änderung tarifvertraglicher Regelungen ist allerdings durch den Grundsatz des
Vertrauensschutzes der Normunterworfenen begrenzt; es gelten insoweit die gleichen Regelungen wie nach der Rechtsprechung des BVerfG bei der
Rückwirkung von Gesetzen. Bei tarifvertraglichen Beendigungsnormen können Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes nur im Ausnahmefall gegenüber einer
tarifvertraglichen Neuregelung durchschlagen. Einen solchen Ausnahmefall hat die Rechtsprechung bei einem Flächentarifvertrag angenommen, wenn ein
bereits erlangter Unkündbarkeitsstatus durch eine tarifliche Neuregelung nachträglich ganz wegfallen sollte. Sind dem gegenüber schon nach der bisherigen
Tariflage bestimmte Fallgestaltungen von dem Schutz gegen ordentliche Kündigungen ausgenommen, muss auch der Arbeitnehmer, der die Voraussetzungen
für den Sonderkündigungsschutz (Lebensalter, Betriebszugehörigkeit) erfüllt hat, damit rechnen, dass die Tarifvertragsparteien diese Ausnahmeregelung in
ihren Einzelheiten modifizieren, ohne die Unkündbarkeit selbst in Frage zu stellen.
BAG, Urteil vom 01.02.2006 - 5 AZR 187/05
Die Regelung eines Widerrufsvorbehalts in einer Betriebsvereinbarung unterliegt gemäß § 310 IV 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB.
BAG, Urteil vom 18.01.2006 - 7 AZR 178/ 05
„... Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung der klageabweisenden
Entscheidung des Arbeitsgerichts. Das Landesarbeitsgericht hat der Befristungskontrollklage zu Unrecht stattgegeben. Die am 14. November 2003 vereinbarte
Befristung zum 16. Mai 2004 ist nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gerechtfertigt. Durch sie wird das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht
verletzt. Die Unwirksamkeit der Befristung ergibt sich auch weder aus der von der Klägerin behaupteten Zusage des Geschäftsführers der Beklagten, noch aus
einer möglicherweise erfolgten Neubesetzung der Stelle der Klägerin.
I. Die am 14. November 2003 vereinbarte Befristung zum 16. Mai 2004 ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG ohne Sachgrund wirksam. Es handelt sich um die erste
Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts folgt die Unwirksamkeit der
Befristung nicht aus dem am 25. August 2003 geschlossenen Vertrag, mit dem die Parteien die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit von 30 auf 39 Stunden
und die Geltung verschiedener allgemeiner Vertragsbedingungen unter Beibehaltung der Vertragslaufzeit bis 17. November 2003 vereinbart haben. Durch
diesen Vertrag wurde das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht verletzt.
1. Die am 14. November 2003 vereinbarte Befristung kann auf § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gestützt werden. Bei ihr handelt es sich um die zulässige erste
Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG.
a) Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig.
Eine Verlängerung iSd. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags vereinbart und nur die
Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen (st. Rspr., vgl. BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 31/ 05 -, zu 2 a der Gründe; 25. Mai
2005 - 7 AZR 286/ 04 -, zu II 2 a der Gründe; vgl. zu § 1 Abs. 1 BeschFG 1996: 19. Februar 2003 - 7 AZR 648/ 01 -, zu I 1 der Gründe; 26. Juli 2000 - 7 AZR
51/ 99 - BAGE 95, 255 = AP BeschFG 1996 § 1 Nr. 4 = EzA BeschFG 1985 § 1 Nr. 19, zu III 1 der Gründe). Andernfalls liegt der Neuabschluss eines
befristeten Arbeitsvertrags vor, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis
bestanden hat.
b) Bei der Vereinbarung vom 14. November 2003 handelt es sich um die Verlängerung eines nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG befristeten Arbeitsvertrags. Die
Klägerin wurde durch Arbeitsvertrag vom 23. Oktober 2002 befristet für die Zeit vom 18. November 2002 bis zum 17. November 2003 eingestellt. Die Parteien
haben die Verlängerungsvereinbarung vom 14. November 2003 abgeschlossen, bevor die Laufzeit des befristeten Vertrags vom 23. Oktober 2002 am 17.
November 2003 abgelaufen war. Durch den Vertrag vom 14. November 2003 wurde nur die Vertragsdauer geändert, die übrigen Arbeitsbedingungen wurden
beibehalten. Die nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG zulässige Höchstbefristungsdauer von insgesamt zwei Jahren wurde durch die einmalige Vertragsverlängerung
bis 16. Mai 2004 nicht überschritten.
c) Durch die am 14. November 2003 vereinbarte Befristung wird das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht verletzt. Entgegen der Auffassung
des Landesarbeitsgerichts verstieß der zu verlängernde Vertrag nicht seinerseits gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG.
aa) Eine Vertragsverlängerung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG ist nur zulässig, wenn der zu verlängernde Vertrag nicht selbst gegen das Anschlussverbot des §
14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verstieß. Ein Ausgangsvertrag, der nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht auf § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG gestützt werden konnte, kann
auch nicht nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG verlängert werden. Handelt es sich bei dem der Befristungskontrolle unterliegenden Zeitvertrag um einen
Verlängerungsvertrag iSv. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG, kommt es für die Prüfung des Anschlussverbots auf den Vertrag an, der dem auf § 14 Abs. 2 TzBfG
gestützten und höchstens dreimal verlängerten Zeitvertrag vorausgeht (vgl. zur Vorgängerregelung in § 1 BeschFG 1996: BAG 19. Februar 2003 - 7 AZR 648/
01 -, zu I 2 a der Gründe).
bb) Die in dem Vertrag vom 14. November 2003 vereinbarte Befristung zum 16. Mai 2004 verstößt nicht deshalb gegen § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG, weil der
Vertrag vom 23. Oktober 2002, in dem die Befristung für die Zeit vom 18. November 2002 bis zum 17. November 2003 vereinbart wurde, das Anschlussverbot
des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verletzt hätte. Das ist nicht der Fall, da zwischen den Parteien vor dem 18. November 2002 kein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Beklagte nicht auf
Grund eines Betriebsübergangs nach § 613a BGB vor dem 18. November 2002 Arbeitgeberin der Klägerin geworden. Die S GmbH & Co. KG, bei der die
Klägerin zuvor beschäftigt war, ist nicht derselbe Arbeitgeber wie die Beklagte.
cc) Die am 14. November 2003 vereinbarte Befristung verstößt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts auch nicht wegen der in dem Vertrag vom
25. August 2003 erfolgten Änderung der Arbeitsbedingungen gegen das Anschlussverbot des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG. Das Landesarbeitsgericht hat diesen
Vertrag zu Unrecht als Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags angesehen. Durch den Arbeitsvertrag vom 25. August 2003 wurde die in dem Vertrag
vom 23. Oktober 2002 vereinbarte Vertragslaufzeit bis zum 17. November 2003 nicht geändert. Vielmehr wurden unter Beibehaltung der Vertragsdauer der
Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit und sonstige Arbeitsbedingungen geändert. Der Vertrag vom 25. August 2003 enthält daher keine eigenständige Befristungsabrede.
(1) Die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags ist nach ständiger
Rechtsprechung des Senats befristungsrechtlich nicht von Bedeutung. Eine derartige Vereinbarung unterliegt nicht der Befristungskontrolle (vgl. etwa BAG 19.
Oktober 2005 - 7 AZR 31/ 05 -, zu 2 b der Gründe; 25. Mai 2005 - 7 AZR 286/ 04 -; 19. Februar 2003 - 7 AZR 2/ 02 -, zu III der Gründe; 19. Februar 2003 - 7
AZR 648/ 01 -, zu I 2 b der Gründe). Sie enthält keine erneute, die bereits bestehende Befristungsabrede ablösende Befristung, die ihrerseits auf ihre
Wirksamkeit überprüft werden könnte. Es bedarf keiner Entscheidung, ob eine derartige Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen bei einer
Sachgrundbefristung im Einzelfall geboten sein kann, wenn während der Vertragslaufzeit eine Änderung der Tätigkeit und der Vergütung vereinbart wird (so
BAG 21. März 1990 - 7 AZR 286/ 89 - AP BGB § 620 Befristeter Arbeitsvertrag Nr. 135 = EzA BGB § 620 Nr. 106, zu II 1 b der Gründe; offen gelassen von
BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 31/ 05 -, zu 1 a der Gründe). Bei der sachgrundlosen Befristung kommt eine derartige Auslegung grundsätzlich nicht in
Betracht (BAG 19. Oktober 2005 - 7 AZR 31/ 05 - aaO).
(2) An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch für den vorliegenden Fall fest. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts setzt eine nach § 14 Abs. 2
TzBfG zulässige Vertragsverlängerung nicht voraus, dass die Bedingungen des Ausgangsvertrags während der gesamten Vertragslaufzeit unverändert
beibehalten werden. Der Begriff der Verlängerung in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bezieht sich zwar ausschließlich auf die Laufzeit des Vertrags. Eine bloße
Verlängerung lässt die übrigen Vertragsbestandteile unberührt. Das bedeutet aber nur, dass der im Zeitpunkt des Abschlusses der Verlängerungsvereinbarung
bestehende Vertragsinhalt - abgesehen von der Vertragsdauer - nicht geändert werden darf. Diese am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung steht sowohl mit
Sinn und Zweck der Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG als auch mit der Systematik der Befristungskontrolle in Einklang. Der Schutz des
Befristungskontrollrechts greift im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung ein. Während der Vertragslaufzeit eintretende Umstände sind für die
Wirksamkeit der Befristung nicht von Bedeutung. Dies gilt auch für Vertragsverlängerungen. Durch die Beschränkung mehrfacher sachgrundloser Befristungen
auf Vertragsverlängerungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG soll der Arbeitnehmer davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber die zeitlich begrenzte Fortsetzung
des Arbeitsverhältnisses nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass der
Arbeitnehmer durch das Angebot anderer - ggf. für ihn günstigerer - Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten
Arbeitsvertrags veranlasst wird. Dieser Schutzzweck des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG greift nur bei Abschluss des Verlängerungsvertrags ein. Vereinbarungen
über die Änderung von Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags werden davon nicht erfasst. Dadurch werden
die Vertragsbedingungen nur für die restliche Laufzeit des Vertrags und nicht in Verbindung mit einem weiteren befristeten Anschlussvertrag geändert. Allein
die möglicherweise bei dem Arbeitnehmer bestehende Erwartung, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise später verlängert werden könnte, wenn er sich mit
der vom Arbeitgeber erstrebten Änderung der Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt, wird durch die Befristungskontrolle nicht geschützt.
II. Die Befristung zum 16. Mai 2004 ist auch nicht deshalb unwirksam, weil der Geschäftsführer der Beklagten nach dem Vorbringen der Klägerin anlässlich
der Übernahme des Reinigungsauftrags im Jahr 2002 bei einer Betriebsversammlung geäußert haben soll, die Arbeitsverhältnisse der von der S GmbH & Co.
KG in dem H zentrum eingesetzten Reinigungskräfte würden zu den bisherigen Bedingungen fortgesetzt. Aus einer derartigen Zusage konnte sich allenfalls ein
Anspruch der Klägerin auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags ergeben. Einen derartigen Anspruch hat die Klägerin aber nicht gegenüber der
Beklagten geltend gemacht, sondern statt dessen einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen.
III. Der Umstand, dass die Beklagte möglicherweise den Arbeitsplatz der Klägerin nach deren Ausscheiden am 16. Mai 2004 anderweitig besetzt hat, führt
nicht zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung.
Die Wirksamkeit einer Befristung ist nicht davon abhängig, ob bei Ablauf der Vertragslaufzeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer besteht.
Maßgeblich ist vielmehr, ob bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags für die Befristung eine Rechtfertigung vorlag. Dies war hier der Fall. Die Befristung
ist nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt. Sie hat daher zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 16. Mai 2004 geführt. Der Beklagten war es
deshalb unbenommen, den Arbeitsplatz danach mit einem anderen Arbeitnehmer zu besetzen. Dies verstößt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gegen
das verfassungsrechtlich gewährleistete Mindestmaß an Arbeitnehmerschutz. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestbestandsschutz von
Arbeitsverhältnissen wird bei vertraglich vereinbarten Befristungen durch die gesetzlichen Regelungen im TzBfG und die arbeitsgerichtliche
Befristungskontrolle gewahrt. Ist hiernach eine Befristung zulässig, wird der Arbeitnehmer nicht in seinen Rechten aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt (st. Rspr.,
vgl. etwa BAG 27. November 2002 - 7 AZR 655/ 01 - AP BGB § 620 Altersgrenze Nr. 22 = EzA BGB 2002 § 620 Altersgrenze Nr. 2, zu B II 2 a der Gründe). ..."
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BAG, Urteil vom 12.01.2006 - 2 AZR 126/05 - zu KSchG § 2
Eine Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist nicht allein deshalb sozial gerechtfertigt, weil eine neue gesetzliche Regelung die Möglichkeit vorsieht, durch
Parteivereinbarung einen geringeren (tariflichen) Lohn festzulegen, als er dem Arbeitnehmer bisher gesetzlich oder vertraglich zustand.
BAG, Urteil vom 11.01.2006 - 5 AZR 98/05 zu KSchG § 11
Die Arbeit bei dem bisherigen Arbeitgeber ist nur zumutbar i.S. von § 11 S. 1 Nr. 2 KSchG, wenn sie auf den Erwerb von Zwischenverdienst gerichtet ist. Auf
eine dauerhafte Änderung des Arbeitsvertrags braucht sich der Arbeitnehmer nicht einzulassen. Hängt die Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts über
Annahmeverzugslohn von der Wirksamkeit einer Kündigung ab und ist die Wirksamkeit der Kündigung Gegenstand eines Revisionsverfahrens beim BAG,
muss das Landesarbeitsgericht regelmäßig entweder die Revision gegen seine Sachentscheidung zulassen oder den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des BAG
aussetzen (§ 148 ZPO). Die Annahme einer Arbeit iSv. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG ist nicht dasselbe wie die Annahme eines Angebots und setzt kein Angebot
voraus. Der Arbeitnehmer darf nicht untätig bleiben, wenn sich eine realistische Arbeitsmöglichkeit bietet. Das kann die Abgabe von eigenen Angeboten mit
einschließen. Geht es um eine Arbeitsmöglichkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber,kann der Arbeitnehmer allerdings regelmäßig abwarten, ob ihm eine
zumutbare Arbeit angeboten wird.
BAG, Urteil vom 11.01.2006 - 5 AZR 125/05 zu KSchG § 11
Bezieht der Arbeitnehmer während des Annahmeverzugs des Arbeitgebers Arbeitslosengeld und unterlässt er zugleich böswillig einen ihm zumutbaren Erwerb,
hat eine proportionale Zuordnung der Anrechnung nach § 11 S. 1 Nrn. 2 und 3 KSchG zu erfolgen. Die proportionale Zuordnung der Anrechnung nach § 11
Satz 1 Nr. 2 und 3 KSchG erfolgt in zwei Schritten: Zunächst ist von dem vom Arbeitgeber geschuldeten Bruttoarbeitsentgelt der Bruttoverdienst in Abzug zu
bringen, den zu erwerben der Arbeitnehmer böswillig unterlassen hat. Von dem so errechneten Differenzbetrag muss sich der Arbeitnehmer den Teil des
bezogenen Arbeitslosengelds anrechnen lassen, der dem Anteil der Bruttovergütung entspricht, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer noch nach Anrechnung
des böswillig unterlassenen Erwerbs auf das vertraglich geschuldete Arbeitsentgelt zu zahlen hat.
BAG, Urteil vom 11.01.2006 - 5 AZR 97/ 05
Arbeitnehmer, die an Sonn- und Feiertagen arbeiten, haben keinen gesetzlichen Anspruch auf einen Zuschlag zur Arbeitsvergütung. Ein solcher Anspruch folgt
nicht aus § 11 Abs. 2 ArbZG. Soweit dort auch auf § 6 Abs. 5 ArbZG verwiesen wird, handelt es sich um eine Rechtsgrundverweisung. Das hat zur Folge, dass
ein Arbeitnehmer einen Zuschlag verlangen kann, wenn er an Sonn- oder Feiertagen Nachtarbeit leistet. Für die an Sonn- oder Feiertagen geleistete Arbeit ist
gem. § 11 Abs. 3 ArbZG ein Ersatzruhetag zu gewähren.
Der Kläger war als Tankwart an einer Autobahntankstelle im Schichtdienst beschäftigt. Er leistete dabei auch Sonn- und Feiertagsarbeit. Seine auf die
Bezahlung gesetzlicher Sonn- und Feiertagszuschläge gerichtete Klage war in allen Instanzen erfolglos.