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Streikrecht - Grundlagen - KD Mainlaw - www.mainlaw.de

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Stand: 13. Dezember 2014

Grundlagen des Streikrechts in der BRD - Zusammen gestellt von Rechtsanwalt Tronje Döhmer, KD Mainlaw, Gießen

Nach der Vorlage des Antistreikgesetzes wird wieder einmal nachhaltig über das Streikrecht gestritten.

Siehe dazu http://kurzlink.de/Antistreikgesetz und Kommentar!

Dazu die Grundlagen:

I. Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der UN-Generalversammlung vom 10.12.1948

Artikel 23

1. Jeder hat das Recht auf Arbeit, auf freie Berufswahl, auf gerechte und befriedigen-de Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit.

2. Jeder, ohne Unterschied, hat das Recht auf gleichen Lohn für gleiche Arbeit.

3. Jeder, der arbeitet, hat das Recht auf gerechte und befriedigende Entlohnung, die ihm und seiner Familie eine der menschlichen Würde entsprechende Existenz sichert, gegebenenfalls ergänzt durch andere soziale Schutzmaßnahmen.

4. Jeder hat das Recht, zum Schutze seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und solchen beizutreten.

***

II. Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Mai 2002 (BGBl. II S. 1054)

Art. 11 EMRK Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit

(1) Jede Person hat das Recht, sich frei und friedlich mit anderen zu versammeln und sich frei mit anderen zusammenzuschließen; dazu gehört auch das Recht, zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu gründen und Gewerkschaften beizutreten.

(2) Die Ausübung dieser Rechte darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die nationale oder öffentliche Sicherheit, zur Aufrechterhaltung der Ordnung oder zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Dieser Artikel steht rechtmäßigen Einschränkungen der Ausübung dieser Rechte für Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der Staatsverwaltung nicht entgegen.

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III. Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19. Dezember 1966 (BGBl. 1973 II S. 1534)

Artikel 22

(1) Jedermann hat das Recht, sich frei mit anderen zusammenzuschließen sowie zum Schutz seiner Interessen Gewerkschaften zu bilden und ihnen beizutreten.

(2) Die Ausübung dieses Rechts darf keinen anderen als den gesetzlich vorgesehenen Einschränkungen unterworfen werden, die in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen oder der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung (ordre public), zum Schutz der Volksgesundheit, der öffentlichen Sittlichkeit oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig sind. Dieser Artikel steht gesetzlichen Einschränkungen der Ausübung dieses Rechts für Angehörige der Streitkräfte oder der Polizei nicht entgegen.

(3) Keine Bestimmung dieses Artikels ermächtigt die Vertragsstaaten des Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation von 1948 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts, gesetzgeberische Maßnahmen zu treffen oder Gesetze so anzuwenden, daß die Garantien des oben genannten Übereinkommens beeinträchtigt werden.

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V. Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte - abgeschlossen in New York am 16. Dezember 1966 - ratifiziert am 17.12.1973

Art. 8

(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, folgende Rechte zu gewährleisten:

a) das Recht eines jeden, zur Förderung und zum Schutz seiner wirtschaftlichen und sozialen Interessen Gewerkschaften zu bilden oder einer Gewerkschaft eigener Wahl allein nach Massgabe ihrer Vorschriften beizutreten. Die Aus übung dieses Rechts darf nur solchen Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer erforderlich sind;

b) das Recht der Gewerkschaften, nationale Vereinigungen oder Verbände zu gründen, sowie deren Recht, internationale Gewerkschaftsorganisationen zu bilden oder solchen beizutreten;

c) das Recht der Gewerkschaften, sich frei zu betätigen, wobei nur solche Einschränkungen zulässig sind, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nationalen Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderererforderlich sind;

d) das Streikrecht, soweit es in Übereinstimmung mit der innerstaatlichen Rechtsordnung ausgeübt wird.

(2) Dieser Artikel schliesst nicht aus, dass die Ausübung dieser Rechte durch Angehörige der Streitkräfte, der Polizei oder der öffentlichen Verwaltung rechtlichen Einschränkungen unterworfen wird.

(3) Keine Bestimmung dieses Artikels ermächtigt die Vertragsstaaten des Übereinkommens der Internationalen Arbeitsorganisation von 1948 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts, gesetzgeberische Massnahmen zu treffen oder Gesetze so anzuwenden, dass die Garantien des oben genannten Übereinkommens beeinträchtigt werden.

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VI. Charta der Grundrechte der Europäischen Union - verbindlich seit 01.12.2009

Artikel 28

Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber oder ihre jeweiligen Organisationen haben nach dem Unionsrecht und den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und Gepflogenheiten das Recht, Tarifverträge auf den geeigneten Ebenen auszuhandeln und zu schließen sowie bei Interessenkonflikten kollektive Maßnahmen zur Verteidigung ihrer Interessen, einschließlich Streiks, zu ergreifen.

Dazu das Bundesverfassungsgericht:

„... Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta - EuGRCh) zum Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen einschließlich des Streiks ist hier entgegen einer in den Stellungnahmen geäußerten Auffassung nicht anwendbar. Nach Art. 51 Abs. 1 EuGRCh bindet die Charta die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Die Charta findet keine Anwendung, wenn über einen Sachverhalt zu entscheiden ist, für den der Union die Regelungskompetenz fehlt. Das Primärrecht schließt eine Zuständigkeit der Union für das Koalitionsrecht, Streikrecht und Aussperrungsrecht in Art. 153 Abs. 5 AEUV ausdrücklich aus. ..." (BVerfG, Beschluss vom 26.03.2014 - 1 BvR 3185/09)

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VII. Grundgesetz

Art 9

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Vereine und Gesellschaften zu bilden.

(2) Vereinigungen, deren Zwecke oder deren Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind verboten.

(3) Das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden, ist für jedermann und für alle Berufe gewährleistet. Abreden, die dieses Recht einschränken oder zu behindern suchen, sind nichtig, hierauf gerichtete Maßnahmen sind rechtswidrig. Maßnahmen nach den Artikeln 12a, 35 Abs. 2 und 3, Artikel 87a Abs. 4 und Artikel 91 dürfen sich nicht gegen Arbeitskämpfe richten, die zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen von Vereinigungen im Sinne des Satzes 1 geführt werden.

Dazu das Bundesverfassungsgericht:

„... 1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht die in Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit des Beschwerdeführers.

a) Das Doppelgrundrecht des Art. 9 Abs. 3 GG schützt nicht nur Einzelne in ihrer Freiheit, eine Vereinigung zur Wahrung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu gründen, ihr beizutreten oder fernzubleiben oder sie zu verlassen. Geschützt ist auch die Koalition selbst in ihrem Bestand, ihrer organisatorischen Ausgestaltung und in ihren Betätigungen, sofern diese der Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen dienen. Der Schutz ist nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung nicht etwa von vornherein auf den Bereich des Unerlässlichen beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen (vgl. BVerfGE 93, 352 <358 f.>; zudem BVerfGE 94, 268 <283>; 100, 271 <282>; 103, 293 <304> m.w.N.). Er ist auch nicht auf die traditionell anerkannten Formen des Streiks und der Aussperrung beschränkt, denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass allein diese Arbeitskampfmittel in ihrer historischen Ausprägung vom Verfassungsgeber als Ausdruck eines prästabilen Gleichgewichts angesehen worden wären (vgl. BVerfGE 84, 212 <229 f.>). Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erreichung der koalitionsspezifischen Zwecke für geeignet halten, überlässt Art. 9 Abs. 3 GG vielmehr grundsätzlich ihnen selbst. Dies folgt aus der Bedeutung des Art. 9 Abs. 3 GG als Freiheitsrecht der Koalitionen und aus der Staatsferne der Koalitionsfreiheit (vgl. BVerfGE 92, 365 <393> m.w.N.).

Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit bedarf allerdings der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung, soweit es die Beziehungen zwischen Trägern widerstreitender Interessen zum Gegenstand hat (vgl. BVerfGE 84, 212 <228>; 88, 103 <115>; 92, 365 <394>). Beide Tarifvertragsparteien genießen den Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG in gleicher Weise, stehen bei seiner Ausübung aber in Gegnerschaft zueinander. Sie sind auch insoweit vor staatlicher Einflussnahme geschützt, als sie zum Austragen ihrer Interessengegensätze Kampfmittel mit beträchtlichen Auswirkungen auf den Gegner und die Allgemeinheit einsetzen (vgl. BVerfGE 88, 103 <115>; 92, 365 <394>).

Bei der Ausgestaltung des Arbeitskampfrechts besteht ein weiter Handlungsspielraum. Das Grundgesetz schreibt nicht vor, wie die gegensätzlichen Grundrechtspositionen im Einzelnen abzugrenzen sind; es verlangt keine Optimierung der Kampfbedingungen (vgl. BVerfGE 92, 365 <394 ff.>). Umstrittene Arbeitskampfmaßnahmen werden unter dem Gesichtspunkt der Proportionalität überprüft; durch den Einsatz von Arbeitskampfmaßnahmen soll kein einseitiges Übergewicht bei Tarifverhandlungen entstehen (vgl. BVerfGE 84, 212 <229>; 92, 365 <395>). Die Orientierung des Bundesarbeitsgerichts am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist insofern nicht zu beanstanden (vgl. BVerfGE 84, 212 <229>; 92, 365 <395>; entsprechend BAG, Großer Senat, Beschluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -, juris, sowie EGMR, Enerji Yapi-Yol Sen v. Türkei, Urteil vom 21. April 2009, Nr. 68959/01, - NZA 2010, S. 1423, §§ 24, 32).

b) Ausgehend von diesen Maßstäben lässt sich eine Verletzung des Beschwerdeführers in seiner Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG durch die angegriffenen Urteile nicht feststellen. Gewerkschaftlich getragene, auf Tarifverhandlungen bezogene sogenannte Flashmob-Aktionen der vorliegend zu beurteilenden Art fallen in den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG.

aa) Das Bundesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Beurteilung, ob eine Betätigung koalitionsspezifisch ist, grundsätzlich nicht nach der Art des von der Koalition gewählten Mittels, sondern nach dem von ihr damit verfolgten Ziel zu erfolgen hat. Es besteht kein Anlass, am koalitionsspezifischen Zweck des Aufrufs zu einem Flashmob der vorliegend zu beurteilenden Art zu zweifeln, der streikbegleitend während der laufenden Tarifauseinandersetzung erkennbar darauf ausgerichtet ist, rechtmäßige Arbeitskampfziele zu unterstützen.

Die Frage, ob strafbare Handlungen von vornherein aus dem Schutzbereich der Koalitionsfreiheit ausgeschlossen sind, muss vorliegend nicht beantwortet werden. Das Bundesarbeitsgericht, das allein darauf abstellt, dass Flashmob-Aktionen nicht generell unzulässig seien, geht in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon aus, dass es hier um Aufrufe zu streikbegleitenden Flashmob-Aktionen geht, die jedenfalls nicht typischerweise mit Straftaten wie Hausfriedensbruch, Nötigung oder Sachbeschädigung einhergehen. Tatsächlich hatte die Gewerkschaft in ihrem Flugblatt, das für den Beschwerdeführer Anlass war, die Unterlassung vergleichbarer Aufrufe zu fordern, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass keine Frischware in die Einkaufswagen gelegt werden solle, also Sachbeschädigungen vermieden werden sollten, und sie hat auch nicht zum Hausfriedensbruch aufgefordert. Das Bundesarbeitsgericht hat den Antrag so ausgelegt, dass ein Aufruf dazu, Wagen mit verderblicher Frischware zu beladen oder Waren einscannen zu lassen, sie aber sodann nicht zu bezahlen und den gefüllten Wagen an der Kasse stehen zu lassen, nicht Verfahrensgegenstand war, weshalb es über die Rechtmäßigkeit eines derartigen Aufrufs nicht entschieden hat. Es nimmt für seine Aussagen vielmehr eine Fallkonstellation zum Ausgangspunkt, in der - soweit ersichtlich - Straftaten nicht begangen wurden.

bb) Die vom Bundesarbeitsgericht herangezogenen Kriterien zur Beurteilung von Flashmob-Aktionen sind auch hinsichtlich der Grenzen der Koalitionsfreiheit verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Das Bundesarbeitsgericht berücksichtigt insbesondere, dass sich durch die Teilnahme Dritter an Flashmob-Aktionen die Gefahr erhöhen kann, dass diese außer Kontrolle geraten, weil das Verhalten Dritter weniger beeinflussbar ist. Es setzt der - im Ausgangsfall auch tatsächlich eingeschränkten - Teilnahme Dritter daher auch rechtliche Grenzen. So muss der Flashmob als gewerkschaftlich getragene Arbeitskampfmaßnahme erkennbar sein, also deutlich werden, dass es sich nicht um eine ‚wilde', nicht gewerkschaftlich getragene Aktion handelt, was auch für Schadensersatzforderungen der Arbeitgeber bei rechtswidrigen Aktionen von Bedeutung ist. In verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise berücksichtigt das Bundesarbeitsgericht auch, dass Flashmob-Aktionen - anders als Streiks - kein Element unmittelbarer Selbstschädigung der Teilnehmenden in Form des Verlustes des Arbeitsentgelts innewohnt, das einen (eigen-)verantwortlichen Umgang mit dem Arbeitskampfmittel fördern kann. Der Gehalt des Art. 9 Abs. 3 GG, der sowohl die Gewerkschaft als auch die Arbeitgeberseite schützt, wird jedoch nicht verkannt, wenn das Bundesarbeitsgericht darauf abstellt, dass der Arbeitgeberseite geeignete Verteidigungsmittel gegen die hier in Rede stehenden Aktionen zur Verfügung stünden. Es ist nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts, eine eigene Einschätzung zur praktischen Wirksamkeit von Reaktionsmöglichkeiten der Arbeitgeberseite an die Stelle derjenigen der Fachgerichte zu setzen, solange diese nicht einer deutlichen Fehleinschätzung folgen. Eine solche ist hier nicht erkennbar, denn das Bundesarbeitsgericht hat sich mit der Frage nach wirksamen Gegenmaßnahmen der Arbeitgeberseite gegen einen streikbegleitenden Flashmob intensiv auseinandergesetzt. Es berücksichtigt dabei insbesondere auch die Interessen der Arbeitgeberseite. Danach ist ein Hausverbot ein Mittel zur Abwehr der hier streitigen Arbeitskampfmaßnahmen, soweit Teilnehmende äußerlich als solche zu erkennen sind, zum Beispiel aufgrund von Kleidung oder Mitgliedszeichen der Gewerkschaft oder aufgrund eindeutigen Verhaltens; die Befürchtung, dass Teilnehmende der Aufforderung, die Einzelhandelsfiliale zu verlassen, verbreitet keine Folge leisten würden, wird durch die Strafandrohung des § 123 Abs. 1 2. Alt. StGB relativiert. Auch die Annahme, eine suspendierende Betriebsstilllegung sei in Fällen der vorübergehenden Störung des Betriebsablaufes durch einen Flashmob nicht wirkungslos, ist jedenfalls nicht offensichtlich unrichtig; mit ihr verlören auch die Arbeitswilligen ihren Lohnanspruch, was ein für die Gewerkschaft beachtlicher und die Kampfparität fördernder Effekt ist. Gegen diese fachgerichtliche Einschätzung, das Hausrecht und die vorübergehende Betriebsstilllegung seien als wirksame Verteidigungsmittel anzusehen, ist verfassungsrechtlich daher nichts zu erinnern.

(2) Das Bundesarbeitsgericht verkennt den Schutzgehalt des Art. 9 Abs. 3 GG auch nicht mit Blick auf die vorübergehende Erschwerung des Zugangs zu den Kassen durch beladene Einkaufswagen und durch den Einkauf von Cent-Artikeln, denn die an sich durchaus gewichtige Beeinträchtigung des Betriebs war nicht umfassend und von vergleichsweise kurzer Dauer. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kassenbereich durch die hier konkret zu beurteilende Aktion nachhaltig blockiert gewesen wäre.

2. Art. 28 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Grundrechtecharta - EuGRCh) zum Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen einschließlich des Streiks ist hier entgegen einer in den Stellungnahmen geäußerten Auffassung nicht anwendbar. Nach Art. 51 Abs. 1 EuGRCh bindet die Charta die Mitgliedstaaten ausschließlich bei der Durchführung des Rechts der Union. Die Charta findet keine Anwendung, wenn über einen Sachverhalt zu entscheiden ist, für den der Union die Regelungskompetenz fehlt. Das Primärrecht schließt eine Zuständigkeit der Union für das Koalitionsrecht, Streikrecht und Aussperrungsrecht in Art. 153 Abs. 5 AEUV ausdrücklich aus.

3. Die Rüge des Beschwerdeführers zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hat keinen Erfolg. Der gesetzliche Richter ist nicht dadurch entzogen worden, dass der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts nicht an den Großen Senat vorgelegt hat.

a) Rechtsuchende können dem gesetzlichen Richter dadurch entzogen werden, dass das Gericht der Verpflichtung zur Vorlage an ein anderes Gericht nicht nachkommt (vgl. BVerfGE 13, 132 <143>; 101, 331 <359>). Auch die unterlassene Vorlage an den Großen Senat eines obersten Bundesgerichts kann Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzen (vgl. BVerfGE 19, 38 <43>; BVerfGK 2, 213 <220>). Ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG durch Nichtvorlage liegt allerdings nur vor, wenn die Auslegung und Anwendung einfachen Rechts nicht nur fehlerhaft, sondern willkürlich ist (grundlegend BVerfGE 3, 359 <364 f.>).

b) Davon ausgehend ist nicht ersichtlich, dass das Bundesarbeitsgericht die Vorlagepflicht aus § 45 ArbGG willkürlich verkannt hätte. Das gilt sowohl für die Anforderungen an eine Divergenzvorlage als auch für jene an eine Grundsatzvorlage.

aa) Der Große Senat des Bundesarbeitsgerichts hat keinen Rechtssatz zum Arbeitskampfrecht aufgestellt, von dem die angegriffene Entscheidung abwiche. Auch nach der Rechtsprechung des Großen Senats gibt es eine ‚Kampffreiheit' bei der Wahl der Mittel des Arbeitskampfes und es gilt der Grundsatz der Waffengleichheit als Kampfparität (vgl. BAG, Beschluss vom 28. Januar 1955 - GS 1/54 -, juris, Rn. 65); maßgeblich ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (vgl. BAG, Beschluss vom 21. April 1971 - GS 1/68 -, juris, Rn. 62 ff.), der auch die vorliegende Entscheidung trägt.

bb) Das Bundesarbeitsgericht hat auch eine Grundsatzvorlage nicht willkürlich unterlassen. Es kann dahinstehen, ob § 45 Abs. 4 ArbGG verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass bei grundsätzlicher Bedeutung zwingend vorzulegen ist oder ob ein Ermessen besteht. Jedenfalls ist dies im Rahmen des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nur anhand des Willkürmaßstabs zu überprüfen. Für Willkür spricht aber vorliegend nichts. Das Bundesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung zum Arbeitskampfrecht nicht in Frage gestellt, sondern für einen konkreten Sachverhalt weiterentwickelt.

4. Der Beschwerdeführer kann nicht mit Erfolg geltend machen, er sei in seinen Grundrechten aus Art. 9 Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG verletzt, weil die angegriffenen Urteile die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung missachteten.

a) Die Gerichte sind nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, die Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit vorzunehmen, weil dies allein Sache des Gesetzgebers wäre. Zwar ist es Aufgabe des Gesetzgebers, die Koalitionsfreiheit näher auszugestalten. Soweit es um das Verhältnis der Parteien des Arbeitskampfes als gleichgeordnete Grundrechtsträger geht, muss diese Ausformung nicht zwingend durch gesetzliche Regelungen erfolgen (vgl. BVerfGE 84, 212 <226 f.>; 88, 103 <115 f.> m.w.N.). Die Gerichte sind aufgrund des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Justizgewährleistungsanspruchs verpflichtet, wirkungsvollen Rechtsschutz zu bieten (vgl. BVerfGE 85, 337 <345>; 107, 395 <406 f.>). Sie müssen bei unzureichenden gesetzlichen Vorgaben mit den anerkannten Methoden der Rechtsfindung aus den bestehenden Rechtsgrundlagen ableiten, was im Einzelfall gilt (vgl. BVerfGE 84, 212 <226 f.>). Entschieden die Gerichte für Arbeitssachen arbeitskampfrechtliche Streitigkeiten mit Hinweis auf fehlende gesetzliche Regelungen nicht, verhielten sie sich ihrerseits verfassungswidrig.

b) Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts genügt auch den Anforderungen, die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip für die Bestimmtheit des Rechts ergeben. Der Grundsatz der Bestimmtheit verlangt von der Gesetzgebung, Tatbestände so präzise zu formulieren, dass von einer Norm Adressierte ihr Handeln kalkulieren können, weil die Folgen der Regelung für sie voraussehbar und berechenbar sind (vgl. BVerfGE 78, 205 <212>; 84, 133 <149>). Rechtsnormen brauchen allerdings nur so bestimmt zu sein, wie dies nach der Eigenart der zu regelnden Sachverhalte mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (vgl. BVerfGE 78, 205 <212>; 84, 133 <149>), weshalb auch unbestimmte Rechtsbegriffe oder auslegungsfähige Generalklauseln zulässig sind (vgl. BVerfGE 31, 255 <264>; 110, 33 <56 f.>). Diese bedürfen dann der Konkretisierung durch die Gerichte. Den Gerichten sind hierbei durch das Rechtsstaatsprinzip, insbesondere durch die Grundsätze der Bestimmtheit und der Rechtssicherheit, Grenzen gesetzt. Angesichts seiner Weite ist bei der Ableitung konkreter Begrenzungen jedoch behutsam vorzugehen (vgl. BVerfGE 111, 54 <82>).

Danach unterliegt es von Verfassung wegen keinen Bedenken, dass das Bundesarbeitsgericht die Flashmob-Aktionen auf der Grundlage des geltenden Rechts nach Maßgabe näherer Ableitungen aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht als generell unzulässig beurteilte. Der hierfür vom Bundesarbeitsgericht maßgeblich herangezogene Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist zwar inhaltlich unbestimmt, aber dogmatisch detailliert durchformt. Das Bundesarbeitsgericht präzisiert so die Anforderungen an einen Flashmob, nachdem die übrigen Voraussetzungen des Schutzes von Art. 9 Abs. 3 GG bejaht worden sind. Die Verhältnismäßigkeit strukturiert die gerichtliche Überprüfung der Grenzen, die einer grundrechtlich geschützten Freiheit gesetzt sind. Dies genügt den Anforderungen, die sich aus der Verfassung für die auf das Recht bezogene Handlungsorientierung der Arbeitskampfparteien stellen. ..." (BVerfG, Beschluss vom 26.03.2014 - 1 BvR 3185/09)

***

„... I. Art. 9 Abs. 3 GG wird durch § 116 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AFG in der Fassung des Neutralitätsgesetzes nicht verletzt. Die Regelung beeinträchtigt zwar die Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften. Sie wahrt aber die Grenzen, die der Ausgestaltungsbefugnis des Gesetzgebers dabei von Verfassungs wegen gezogen sind.

1. a) Das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG ist in erster Linie ein Freiheitsrecht. Es gewährleistet den Einzelnen die Freiheit, Vereinigungen zur Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen zu bilden und diesen Zweck gemeinsam zu verfolgen. Darüber sollen die Beteiligten grundsätzlich frei von staatlicher Einflußnahme, selbst und eigenverantwortlich bestimmen können. Geschützt ist damit aber auch das Recht der Vereinigungen selbst, durch spezifisch koalitionsmäßige Betätigung die in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Zwecke zu verfolgen (vgl. BVerfGE 50, 290 <367> m.w.N.). Die Wahl der Mittel, die die Koalitionen zur Erreichung dieses Zwecks für geeignet halten, überläßt Art. 9 Abs. 3 GG grundsätzlich ihnen selbst. Das Grundrecht schützt als koalitionsmäßige Betätigung auch Arbeitskampfmaßnahmen, die auf den Abschluß von Tarifverträgen gerichtet sind. Sie werden jedenfalls insoweit von der Koalitionsfreiheit erfaßt, als sie erforderlich sind, um eine funktionierende Tarifautonomie sicherzustellen (vgl. BVerfGE 84, 212 <224 f.>). Dazu gehört auch der Streik (vgl. BVerfGE 88, 103 <114>).

b) Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit bedarf der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung, soweit es die Beziehungen zwischen Trägern widerstreitender Interessen zum Gegenstand hat. Beide Tarifvertragsparteien genießen den Schutz des Art. 9 Abs. 3 GG in gleicher Weise, stehen bei seiner Ausübung aber in Gegnerschaft zueinander. Sie sind auch insoweit vor staatlicher Einflußnahme geschützt, als sie zum Austragen ihrer Interessengegensätze Kampfmittel mit beträchtlichen Auswirkungen auf den Gegner und die Allgemeinheit einsetzen. Dieser Schutz erfordert koordinierende Regelungen, die gewährleisten, daß die aufeinander bezogenen Grundrechtspositionen trotz ihres Gegensatzes nebeneinander bestehen können. Die Möglichkeit des Einsatzes von Kampfmitteln setzt rechtliche Rahmenbedingungen voraus, die sichern, daß Sinn und Zweck dieses Freiheitsrechts sowie seine Einbettung in die verfassungsrechtliche Ordnung gewahrt bleiben (vgl. BVerfGE 88, 103 <115>).

Bei dieser Ausgestaltung hat der Gesetzgeber einen weiten Handlungsspielraum. Das Grundgesetz schreibt ihm nicht vor, wie die gegensätzlichen Grundrechtspositionen im einzelnen abzugrenzen sind. Es verlangt auch keine Optimierung der Kampfbedingungen. Grundsätzlich ist es den Tarifvertragsparteien selbst überlassen, ihre Kampfmittel den sich wandelnden Umständen anzupassen, um dem Gegner gewachsen zu bleiben und ausgewogene Tarifabschlüsse zu erzielen. Andererseits ist der Gesetzgeber aber auch nicht gehindert, die Rahmenbedingungen von Arbeitskämpfen zu ändern, sei es aus Gründen des Gemeinwohls, sei es, um gestörte Paritäten wieder herzustellen (vgl. BVerfGE 84, 212 <228 f.>).

c) Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers findet seine Grenzen am objektiven Gehalt des Art. 9 Abs. 3 GG. Die Tarifautonomie muß als ein Bereich gewahrt bleiben, in dem die Tarifvertragsparteien ihre Angelegenheiten grundsätzlich selbstverantwortlich und ohne staatliche Einflußnahme regeln können (vgl. BVerfGE 50, 290 <367>). Ihre Funktionsfähigkeit darf nicht gefährdet werden. Die Koalitionen müssen ihren verfassungsrechtlich anerkannten Zweck, die Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ihrer Mitglieder zu wahren und zu fördern, insbesondere durch den Abschluß von Tarifverträgen erfüllen können. Das Tarifvertragssystem ist darauf angelegt, die strukturelle Unterlegenheit der einzelnen Arbeitnehmer beim Abschluß von Arbeitsverträgen durch kollektives Handeln auszugleichen und damit ein annähernd gleichgewichtiges Aushandeln der Löhne und Arbeitsbedingungen zu ermöglichen. Funktionsfähig ist die Tarifautonomie folglich nur, solange zwischen den Tarifvertragsparteien ein ungefähres Kräftegleichgewicht - Parität - besteht (vgl. BVerfGE 84, 212 <229>). Unvereinbar mit Art. 9 Abs. 3 GG ist eine Regelung daher jedenfalls dann, wenn sie dazu führt, daß die Verhandlungsfähigkeit einer Tarifvertragspartei bei Tarifauseinandersetzungen einschließlich der Fähigkeit, einen wirksamen Arbeitskampf zu führen, nicht mehr gewahrt bleibt und ihre koalitionsmäßige Betätigung weitergehend beschränkt wird, als es zum Ausgleich der beiderseitigen Grundrechtspositionen erforderlich ist (vgl. BVerfGE 84, 212 <228 f.>).

Konkrete Maßstäbe, nach denen das Kräftegleichgewicht der Tarifvertragsparteien beurteilt werden könnte, lassen sich Art. 9 Abs. 3 GG nicht entnehmen. Die Einzelheiten sind in der arbeitsrechtlichen Literatur stark umstritten. Das Bundesarbeitsgericht stellt in seiner Rechtsprechung zum Arbeitskampfrecht darauf ab, wie sich die Verhandlungsstärke der Gegenspieler beim Aushandeln von Tarifverträgen auswirkt und wie sie durch Arbeitskampfmittel beeinflußt werden kann (BAG, AP Nr. 64 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Für diese Betrachtungsweise sprechen gute Gründe. Sie bietet einen angemessenen Maßstab für die fachgerichtliche Überprüfung umstrittener Arbeitskampfmaßnahmen unter dem Gesichtspunkt der Proportionalität. Verfassungsrechtlich ist sie in diesem Zusammenhang unbedenklich (BVerfGE 84, 212 <229 ff.>). Der Gesetzgeber ist allerdings bei der Ausgestaltung der Koalitionsfreiheit nicht daran gebunden. Er kann auch andere Regeln aufstellen, die verhindern sollen, daß eine der Tarifvertragsparteien ein Übergewicht bei Tarifverhandlungen erhält. Verfassungswidrig ist sein Ansatz erst dann, wenn er von vornherein ungeeignet ist, dieses Ziel zu erreichen.

Der Gesetzgeber ist allerdings nicht verpflichtet, Disparitäten auszugleichen, die nicht strukturell bedingt sind, sondern auf inneren Schwächen einer Koalition beruhen. Der Organisationsgrad einer Koalition, ihre Fähigkeit zur Anwerbung und Mobilisierung von Mitgliedern und ähnliche Faktoren liegen außerhalb der Verantwortung des Gesetzgebers. Er ist nicht gehalten, schwachen Verbänden Durchsetzungsfähigkeit bei Tarifverhandlungen zu verschaffen.

d) Bei der Beurteilung der Frage, ob die Regelung den Gewerkschaften die Fähigkeit nimmt, einen wirksamen Arbeitskampf zu führen, ist von der Einschätzung durch den Gesetzgeber auszugehen. Die Kampfstärke einer Arbeitnehmerkoalition hängt von einer im einzelnen kaum überschaubaren Fülle von Faktoren ab, die in ihren Wirkungen schwer abschätzbar sind. Nicht ohne weiteres erkennbar sind zudem die Möglichkeiten, die einer Gewerkschaft zu Gebote stehen, sich durch besondere Arten der Kampfführung an veränderte Umstände anzupassen. In einer solchen Lage trifft den Gesetzgeber die politische Verantwortung für eine zutreffende Erfassung und Bewertung der maßgebenden Faktoren. Das Bundesverfassungsgericht kann sich nicht durch eine eigene Einschätzung an seine Stelle setzen. Die Grenze der Verfassungswidrigkeit ist daher erst dann überschritten, wenn sich deutlich erkennbar abzeichnet, daß eine Fehleinschätzung vorgelegen hat oder die angegriffene Maßnahme von vornherein darauf hinauslief, ein vorhandenes Gleichgewicht der Kräfte zu stören oder ein Ungleichgewicht zu verstärken.

e) Eine Einschätzung, von der der Gesetzgeber bei einer arbeitskampfrelevanten Regelung in zunächst unbedenklicher Weise ausgeht, kann sich im nachhinein als unzutreffend erweisen. Ursprünglich plausible Annahmen können durch die nachfolgende Entwicklung widerlegt, wohlbegründete Erwartungen hinsichtlich der komplexen Wirkungszusammenhänge enttäuscht werden. So kann sich trotz einer zunächst verfassungsrechtlich zulässigen Regelung eine nachhaltige Störung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie einstellen. Eine solche Entwicklung ist in dem Maße korrekturbedürftig, in dem sich zeigt, daß strukturelle Ungleichgewichte auftreten, die ein ausgewogenes Aushandeln der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nicht mehr zulassen und die in dem der Rechtsprechung gezogenen Rahmen nicht ausgeglichen werden können. Der Gesetzgeber ist dann verpflichtet, Maßnahmen zum Schutz der Koalitionsfreiheit zu treffen (vgl. BVerfGE 25, 1 <13>; 49, 89 <130>; 50, 290 <335>).

2. An diesen Maßstäben gemessen hält die angegriffene Regelung der verfassungsrechtlichen Überprüfung stand.

a) Das vom Gesetzgeber gewählte Regelungsprinzip ist mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar.

Er hat die Regelung getroffen, weil er meinte, durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld werde zugunsten der Gewerkschaften in Arbeitskämpfe eingegriffen und damit deren Kampfkraft in unvertretbarer Weise erhöht; die Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit werde durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld an Arbeitnehmer außerhalb des umkämpften Bezirks verletzt, wenn diese aller Voraussicht nach an dem erstrebten Arbeitskampfergebnis teil hätten. Der Neuregelung liegt das Prinzip zugrunde, daß das Lohnausfallrisiko bei Arbeitskämpfen von denjenigen nicht am Arbeitskampf selbst beteiligten Arbeitnehmern mitgetragen werden soll, die in (annähernd) gleicher Weise am Erfolg der streikenden Arbeitnehmer interessiert sind wie diese selbst, weil er auch ihnen voraussichtlich zugute kommt.

Das ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Partizipation ist ein einleuchtendes Kriterium für die Verlagerung des Lohnausfallrisikos von der Arbeitslosenversicherung auf Arbeitnehmer, deren Interessen mit denen ihrer unmittelbar im Arbeitskampf stehenden Kollegen weitgehend übereinstimmen. Es liegt nahe, diese Übereinstimmung als Anknüpfungspunkt für das Ruhen des Kurzarbeitergeldes zu nehmen.

b) In tatsächlicher Hinsicht ging der Gesetzgeber von der Annahme aus, daß es der Beschwerdeführerin infolge der hohen Produktionsverflechtung in der Metallindustrie leicht möglich sei, durch Streiks in einem einzelnen Tarifbezirk weitgehende Produktionsstörungen in anderen Bezirken auszulösen. Diese Annahme wird von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellt und ist zudem durch den Arbeitskampf des Jahres 1984 belegt. Durch eine solche Kampfführung wird ein starker Druck auf die Arbeitgeberseite ausgeübt. Die von den Fernwirkungen betroffenen Arbeitgeber und ihre regionalen Verbände werden in dem Maße die unmittelbar kampfbetroffenen Arbeitgeber und deren Organisationen zum Einlenken zu bewegen versuchen, in dem sie den wirtschaftlichen Belastungen durch Produktionsausfälle ausgesetzt sind. Hinreichend plausibel ist ebenso die Annahme, daß der auch von den ‚kalt ausgesperrten' Arbeitnehmern ausgehende Binnendruck auf die Gewerkschaft durch die Zahlung von Kurzarbeitergeld abgeschwächt würde.

c) Die bewertende Einschätzung des Gesetzgebers, daß durch die frühere Fassung des § 116 AFG in der Auslegung, die diese Bestimmung durch die Rechtsprechung der Sozialgerichte auf der Grundlage der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung zum Lohnrisiko gefunden hatte, eine Verschiebung der Parität eingetreten sei, ist nicht zu beanstanden. Derartige Bewertungen komplexer Sachverhalte trifft der Gesetzgeber in seiner politischen Verantwortung für die Wahrung des Gemeinwohls.

Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, daß die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie durch die zur Prüfung stehende Regelung in einer Weise beeinträchtigt wird, die die verfassungsrechtlichen Bedenken der Beschwerdeführerin und der Antragsteller rechtfertigt.

aa) Eine solche Beeinträchtigung müßte sich am ehesten an der Kampffähigkeit der Beschwerdeführerin erweisen, die, wie allgemein anerkannt wird, von der Regelung am stärksten betroffen ist. Sie führt Tarifauseinandersetzungen seit jeher in einzelnen Bezirken und ist nach ihren insoweit unwidersprochen gebliebenen Darlegungen auf eine solche Kampfführung auch angewiesen. Der hohe Grad an Verflechtungen in der Metallbranche führt dazu, daß Arbeitskampfmaßnahmen besonders häufig Produktionsstörungen außerhalb des umkämpften Bezirks auslösen.

Deutlich geworden ist allerdings, daß die Beschwerdeführerin es nicht in der Hand hat, ein Ruhen des Kurzarbeitergeldes in anderen Bezirken dadurch zu vermeiden, daß sie dort eine Hauptforderung aufstellt, die von der des umkämpften Bezirks wesentlich abweicht. Die Behauptung der Beschwerdeführerin, daß es in einem wirtschaftlich insgesamt recht homogenen Gebiet wie der Bundesrepublik Deutschland kaum möglich ist, in einzelnen Tarifgebieten wesentlich voneinander abweichende Forderungen hinsichtlich des Arbeitsentgelts und der Arbeitszeit zu stellen, wird durch die von ihr vorgelegten Forderungskataloge anschaulich belegt.

Erkennbar ist schließlich auch, daß die Beschwerdeführerin durch die Neuregelung beim Einsatz ihrer Arbeitskampfmittel eingeschränkt worden ist. Das hat sich vor allem bei der Tarifauseinandersetzung des Jahres 1994/95 in Bayern gezeigt. Die Beschwerdeführerin hat dabei gezielt solche Betriebe bestreikt, die Endprodukte herstellen und infolgedessen in relativ geringem Umfang mit anderen Betrieben technisch verflochten sind. Es spricht viel dafür und wird von den Arbeitgebern auch nicht in Frage gestellt, daß sich die Beschwerdeführerin zu dieser Taktik genötigt sah, um den Konsequenzen der Regelung zu entgehen und den sonst zu erwartenden Binnendruck aus anderen Bezirken zu vermeiden. Es liegt auf der Hand, daß Arbeitnehmer einen längeren Arbeitskampf ohne jede Unterstützung nicht durchstehen können, weil sie auf regelmäßiges Einkommen existentiell angewiesen sind. Offensichtlich ist auch, daß es die Beschwerdeführerin erheblich belasten würde, wenn sie allen mittelbar betroffenen Mitgliedern bundesweit Streikunterstützung gewähren müßte.

Insgesamt ist daher nicht zu übersehen, daß die Beschwerdeführerin durch die angegriffene Regelung in ihrer Kampffähigkeit beeinträchtigt wird. Sie ist nicht nur an einer Kampfstrategie gehindert, die darauf angelegt ist, Produktionsausfälle in anderen Bezirken gezielt herbeizuführen, um auch dort Druck auf die Arbeitgeberseite auszuüben. Vielmehr muß sie es umgekehrt darauf anlegen, die Arbeitskampffolgen auf den umkämpften Bezirk zu beschränken, weil sonst die Arbeitnehmer in anderen Bezirken den vollen Druck der Fernwirkungen zu spüren bekämen, den sie ohne Kurzarbeitergeld nicht lange durchstehen könnten. Insofern geht die Wirkung der Regelung über das erklärte Ziel, einen sogenannten Stellvertreterstreik zu verhindern, hinaus: Die Gewerkschaft unterliegt bei Arbeitskampfmaßnahmen auch dann weitgehenden Einschränkungen, wenn sie sich darum bemüht, den Arbeitskampf auf das umkämpfte Gebiet zu beschränken. Betriebe, deren Produktion mit Betrieben derselben Branche in anderen Tarifbezirken stark verflochten ist, kann sie praktisch nicht mehr bestreiken.

bb) Ungeachtet dieser Beeinträchtigungen der Kampffähigkeit der Beschwerdeführerin läßt sich eine verfassungswidrige Störung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie (noch) nicht feststellen.

Die seit dem Inkrafttreten des Neutralitätsgesetzes in der Metallindustrie geführten Tarifauseinandersetzungen lassen eine so weitgehende Einschränkung der Kampfkraft der Beschwerdeführerin nicht erkennen. Ihre Durchsetzungsfähigkeit erscheint nicht durchgreifend geschwächt. Die Tarifauseinandersetzungen haben ganz überwiegend zu Abschlüssen geführt, ohne daß es zu Arbeitskampfmaßnahmen gekommen ist. Die Beschwerdeführerin selbst macht nicht geltend, daß sie sich dabei mangels ausreichender Kampffähigkeit den Forderungen der Arbeitgeberseite hätte unterwerfen müssen. Dafür ist auch nichts ersichtlich.

Auch soweit Arbeitskämpfe stattgefunden haben, hat sich die Beschwerdeführerin nicht als ungleiche Partnerin erwiesen. Insbesondere die Tarifauseinandersetzung des Jahres 1994/95 in Bayern hat gezeigt, daß sie in der Lage ist, auch unter der Geltung der angegriffenen Regelung ihre Positionen gleichgewichtig zu vertreten. Sie verfügt unwidersprochen über hinreichende Informationen, um solche Betriebe für Streikmaßnahmen auszuwählen, die mit Betrieben derselben Branche in anderen Tarifbezirken nicht so stark vernetzt sind, daß diese als Folge des Arbeitskampfes stillgelegt werden müssen. Daß die Zahl der Betriebe, die diese Voraussetzungen erfüllen, im Zuge fortschreitender Vernetzung oder durch Verbandsaustritte weiter abnimmt, bis schließlich für wirksame Arbeitskampfmaßnahmen kein hinreichender Handlungsspielraum mehr verbleibt, ist eine zur Zeit nicht belegbare Prognose. Bislang hat der von den bestreikten Betrieben ausgehende Druck noch ausgereicht, um die Arbeitgeber insgesamt zum Einlenken zu veranlassen. Das Ergebnis gerade dieses Arbeitskampfes wird allgemein als Erfolg der Gewerkschaft angesehen.

cc) Andererseits hat dieser Arbeitskampf auch weitere Risiken für die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie erkennen lassen. Wäre es zu Aussperrungen der Arbeitgeberseite gekommen, so hätten dadurch Beschäftigungsausfälle in anderen Bezirken in einem Umfang auftreten können, der die Kampfkraft der Beschwerdeführerin erheblich geschwächt hätte. Die Beschwerdeführerin trägt dazu vor, daß dies nahezu unvermeidlich gewesen wäre, weil die von ihr nicht bestreikten Betriebe, die allein für eine Aussperrung noch in Betracht gekommen wären, in hohem Maße mit Betrieben der Metallindustrie in anderen Bezirken verflochten seien. Jedenfalls hätten die Arbeitgeber die Möglichkeit gehabt, ihrerseits durch Aussperrungen in ausgewählten Betrieben gezielt Fernwirkungen in anderen Bezirken auszulösen. Die Regelung hätte bei einer solchen Kampfführung der Arbeitgeber in der Tat zu einer Paritätsstörung führen können, wenn man davon ausgeht, daß sie auch in diesem Fall zu einem Ruhen des Kurzarbeitergeldes für die betroffenen Arbeitnehmer geführt hätte.

Diese Risiken stellen die Verfassungsmäßigkeit der angegriffenen Regelung allerdings ebenfalls (noch) nicht in Frage. Einmal läßt sich derzeit nicht erkennen, ob die Arbeitgeber von einer gezielt auf Fernwirkungen hin angelegten Aussperrungstaktik in einem Arbeitskampf tatsächlich in einer Weise Gebrauch machen können, die zu einem strukturellen Ungleichgewicht der Tarifvertragsparteien führt. Auch sie setzen sich einem Binnendruck aus, wenn sie Produktionsausfälle in anderen Bezirken in größerem Maße auslösen. Die ohnehin schwächere Solidarität ihrer Mitglieder, die untereinander im Wettbewerb stehen, kann damit überfordert werden. Außerdem sind die rechtlichen Fragen, die eine solche Kampfführung aufwirft, ungeklärt. Der Vertreter von Gesamtmetall und der Bundesarbeitsminister haben dazu auf die Arbeitskampfrechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Verhältnismäßigkeit von Abwehraussperrungen hingewiesen. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht bisher in diesem Zusammenhang allein auf den Aussperrungsbeschluss abgestellt und damit die mittelbar betroffenen Arbeitnehmer außer Betracht gelassen (vgl. BAG, AP Nr. 64 und 84 zu Art. 9 GG Arbeitskampf). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber auf Arbeitskämpfe, die noch unter der früheren Fassung des § 116 AFG geführt wurden. Das Bundesarbeitsgericht ging damals erkennbar davon aus, daß in nicht umkämpften Bezirken regelmäßig Kurzarbeitergeld gezahlt wird. Seine Ausgangsüberlegungen, daß Abwehraussperrungen die Kampfkraft der Arbeitnehmer nicht in unverhältnismäßiger Weise beeinträchtigen dürfen, können aber auch unter der Geltung der Neuregelung zu einer wirksamen Begrenzung der mittelbaren Folgen solcher Kampfmaßnahmen führen. Es kommt hinzu, daß auch das Bundessozialgericht noch keine Gelegenheit hatte, sich mit der Anwendbarkeit des § 116 Abs. 3 AFG auf Arbeitnehmer zu befassen, die infolge der Fernwirkungen von Aussperrungen nicht beschäftigt werden. Zwar unterscheidet die angegriffene Regelung ihrem Wortlaut nach nicht zwischen den mittelbaren Folgen von Streiks einerseits und Aussperrungen andererseits, doch ist eine Auslegung im Sinne einer solchen Differenzierung nicht ausgeschlossen. Sie könnte zur Wahrung der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie geboten sein, wenn sonst ein strukturelles Übergewicht der Arbeitgeber bei Arbeitskämpfen eintreten würde.

Danach ist insgesamt sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht unsicher, ob die angegriffene Regelung bei künftigen Arbeitskämpfen zu einer solchen Ungleichheit der Kampfstärke der Tarifvertragsparteien führt, daß Verhandlungen auf einer annähernd ausgeglichenen Basis nicht mehr möglich sind. Sollte dies eintreten, wäre der Gesetzgeber aufgefordert, entsprechende Maßnahmen zur Wahrung der Tarifautonomie zu treffen. Solange dies nicht geschieht, bleibt es die Aufgabe der Gerichte, die geltenden Regeln im Lichte des Art. 9 Abs. 3 GG auszulegen und anzuwenden.

II. Mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar ist nach Maßgabe der folgenden Ausführungen auch § 116 Abs. 3 Satz 2 zweite Alternative AFG, wonach eine Forderung auch dann als erhoben gilt, wenn sie aufgrund des Verhaltens der Tarifvertragspartei im Zusammenhang mit dem angestrebten Tarifabschluß als beschlossen anzusehen ist.

1. Die Koalitionsfreiheit schützt auch die Selbstbestimmung der Koalitionen über ihre eigene Organisation, das Verfahren ihrer Willensbildung und die Führung der Geschäfte (BVerfGE 50, 290 <373 f.>). Der Staat muß, um diesen Schutz zu gewährleisten, den Koalitionen geeignete Rechtsformen zur Verfügung stellen, die eine hinreichende rechtliche Handlungsmöglichkeit gewährleisten. Das gilt für ihre Binnenstruktur ebenso wie für ihre Wirksamkeit nach außen. Darüber hinaus darf er dem Selbstbestimmungsrecht der Koalitionen nur solche Schranken setzen, die zum Schutz anderer Grundrechte oder verfassungsrechtlich geschützter Rechtsgüter geboten sind.

2. Die Regelung greift nicht in das Selbstbestimmungsrecht ein, soweit sie mißbräuchliches Zurückhalten einer Forderung im Sinne von § 116 Abs. 3 Satz 1 AFG zu unterbinden sucht. Mißbräuchliches Verhalten ist nicht schutzwürdig.

Eine darüber hinausgehende Auslegung des § 116 Abs. 3 Satz 2 AFG würde dagegen in verfassungswidriger Weise in das Selbstbestimmungsrecht der Koalitionen eingreifen.

a) Wäre die Vorschrift dahin zu verstehen, daß aus dem Verhalten der Tarifvertragspartei bereits dann eine Forderung abgeleitet werden darf, wenn die satzungsgemäße Willensbildung durch die zuständigen Organe noch nicht abgeschlossen ist, so würde dadurch deren Willensbildungsprozeß selbst beeinträchtigt. Die Tarifvertragspartei wäre nicht mehr Herrin des Verfahrens, das nach ihrer Satzung dazu bestimmt ist, die Beteiligung der Mitglieder an wesentlichen Entscheidungen zu gewährleisten und die Verantwortlichkeit ihrer Organe festzulegen.

Weder grundrechtlich geschützte Gemeinwohlbelange noch der Schutz von Grundrechten Dritter vermöchten einen solchen Eingriff zu rechtfertigen. Die Regelung dient erklärtermaßen dazu, die Arbeitgeber vor einer paritätsgefährdenden Streikführung durch die Gewerkschaften (‚Stellvertreterstreik') zu schützen, indem sie eine Umgehungsmöglichkeit unterbindet. Dieses Ziel, das von der Sache her allein als rechtfertigender Grund für den Eingriff in Betracht kommt, ist legitim. Vorkehrungen gegen mögliche Umgehungen einer Norm darf der Gesetzgeber treffen.

Der Eingriff wäre aber unverhältnismäßig. Die Gewerkschaft könnte sich bei der Meinungsbildung über Tarifforderungen nicht mehr unbefangen verhalten. Schon bei Diskussionen unter Mitgliedern und in Unterorganisationen müßte bedacht werden, daß sich aus ihnen Anhaltspunkte für eine Interpretation des Verhaltens im Sinne von § 116 Abs. 3 Satz 2 AFG ergeben können. Entscheidungen, die der abschließenden Willensbildung vorgelagert sind, wären mit der Verantwortung belastet, als Grundlage für die gesetzliche Forderungsfiktion genommen zu werden. Die Zuständigkeit des Organs, das die abschließende Entscheidung zu treffen und vor den Mitgliedern zu verantworten hat, würde überspielt. Insgesamt würde die Rücksichtnahme auf unbeabsichtigte Folgen freimütiger Beiträge zur endgültigen Meinungsbildung diese selbst auch sachlich beeinflussen.

Schon die bisherige Entwicklung gibt keinen Anlaß, zum Schutz einer ausgewogenen Kampfstärke der Arbeitgeberseite in so schwerwiegender Weise in die Tarifautonomie der Gewerkschaften einzugreifen. Daß die Beschwerdeführerin in der Vergangenheit aus taktischen Gründen Forderungen zurückgehalten hätte, um das Gesetz zu umgehen, ist nicht vorgetragen und auch nicht erkennbar. Auch das frühere Recht hätte dazu Anlaß bieten können; denn nach der Neutralitätsanordnung kam es ebenfalls auf die Unterschiede zwischen den Tarifforderungen in den verschiedenen Tarifbezirken an. Daß die Beschwerdeführerin gleichwohl ihre Forderungen stets offengelegt hat, beruht erkennbar auf den Sachgesetzlichkeiten, denen sie bei den von ihr geführten Tarifauseinandersetzungen unterliegt. Nach § 1 der Schlichtungs- und Schiedsvereinbarung für die Metallindustrie vom 14. Dezember 1979 ist die Gewerkschaft verpflichtet, ihre Forderungen für den Neuabschluß des Tarifvertrages dem Arbeitgeberverband spätestens vier Wochen vor Ablauf des Tarifvertrages zu übermitteln. Geschieht das nicht, verlängert sich nach § 3 Abs. 2 der Vereinbarung die Friedenspflicht. Die Sorge, daß sie in Zukunft ihre internen Willensbildungsprozesse hinsichtlich von Tarifforderungen in nicht umkämpften Bezirken mit dem Ziel einer Umgehung des § 116 Abs. 3 Satz 1 AFG manipulieren könnte, erscheint deshalb wenig begründet. Die Vertreter der Arbeitgeberseite haben dazu auch nichts Näheres vorgetragen. Soweit danach überhaupt ein Schutzbedürfnis der Arbeitgeber besteht, ist es jedenfalls nicht so schwerwiegend, daß dadurch der Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Gewerkschaften gerechtfertigt wäre.

b) Aus denselben Gründen ist auch die von den Arbeitgeberverbänden vorgetragene Auslegung des § 116 Abs. 3 Satz 2 AFG mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht vereinbar. Danach soll die Gleichheit der Hauptforderungen nur der Feststellung dienen, daß das Arbeitskampfergebnis aller Voraussicht nach in den nicht umkämpften Bezirken übernommen wird; dem Verhalten der Gewerkschaft komme in diesem Zusammenhang Indizwirkung zu (vgl. Löwisch, in: Festschrift für Stahlhacke, 1995, S. 332 ff.). Wie weit diese Auslegung noch mit Wortlaut und Sinn des Gesetzes im Einklang steht, braucht nicht erörtert zu werden. Jedenfalls wäre aber der Eingriff in die Tarifautonomie der Gewerkschaften, der sich bei dieser Auslegung ergibt, nicht geringer als bei der zuvor erörterten. Auch nach dieser Auffassung würde das Ergebnis eines nicht abgeschlossenen Willensbildungsprozesses vorweggenommen.

III. Die Neuregelung des § 116 Abs. 3 Satz 1 AFG verletzt Art. 14 Abs. 1 GG nicht. Soweit sie in eigentumsrechtlich geschützte Positionen eingreifen sollte, wäre der Eingriff gerechtfertigt.

1. Die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG umfaßt auch sozialversicherungsrechtliche Positionen, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind; diese genießen Eigentumsschutz, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhen und der Sicherung seiner Existenz dienen (vgl. BVerfGE 53, 257 <289 ff.>; 72, 9 <18 f.>; 74, 9 <25>; 74, 203 <213>). Darunter fallen Ansprüche auf Arbeitslosengeld jedenfalls dann, wenn der Arbeitnehmer durch Zahlung von Beiträgen während der gesetzlichen Wartefrist die volle Anwartschaft darauf erworben hat (BVerfGE 72, 9 <18 f.>).

Ob darüber hinausgehende Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung in den Schutzbereich der Eigentumsgewährleistung fallen, ist fraglich und in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch nicht geklärt. Zweifelhaft ist vor allem, ob das Kurzarbeitergeld, um das es im Anwendungsbereich des § 116 Abs. 3 Satz 1 AFG hauptsächlich geht, dem Versicherten privatnützig zugeordnet ist. Es beruht zwar ebenfalls auf Eigenleistungen der Versicherten und dient ihrer Existenzsicherung bei Lohnausfall wegen Kurzarbeit. Anders als beim Arbeitslosengeld ist aber die Erfüllung einer Wartezeit nicht erforderlich. Außerdem soll die Zahlung von Kurzarbeitergeld vor allem auch den von Kurzarbeit betroffenen Betrieben die eingearbeiteten Arbeitnehmer erhalten. Der Anspruch auf Kurzarbeitergeld entsteht daher nicht automatisch bei absehbar kurzfristiger Beschäftigungslosigkeit. Vielmehr ist er an eine Anzeige des Arbeitsausfalles geknüpft, die nicht durch den Arbeitnehmer, sondern nur durch den Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung erstattet werden kann (§ 72 Abs. 1 AFG). Obwohl beitragsfinanziert, ist das Kurzarbeitergeld eine Arbeitgeber und Arbeitnehmer begünstigende Leistung des Solidarausgleichs.

2. Die Frage, inwieweit Ansprüche auf Kurzarbeitergeld dennoch eigentumsrechtlich geschützte Rechtspositionen sein können, braucht hier nicht abschließend entschieden zu werden. Selbst wenn man dies annimmt, greift die angegriffene Regelung nicht in verfassungswidriger Weise in diese Position ein.

Ob das Gesetz die frühere Rechtslage zu Lasten der Versicherten verschlechtert und damit möglicherweise in den geschützten Bestand versicherungsrechtlicher Positionen eingreift oder nur klarstellt, was bereits die Fassung des Gesetzes von 1969 bewirken sollte, braucht ebenfalls nicht entschieden zu werden. Denn die von den Antragstellern geltend gemachte Minderung der Versichertenrechte ist durch das vom Gesetzgeber angestrebte Ziel gerechtfertigt.

§ 116 Abs. 3 Satz 1 AFG soll der Sicherung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit bei Arbeitskämpfen dienen. Dieses Ziel ist legitim. Die tatsächlichen Annahmen, auf denen die Besorgnis des Gesetzgebers beruht, die Neutralität sei bei Zahlung von Kurzarbeitergeld nicht mehr gewahrt, sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch insoweit kann auf die Ausführungen zu Art. 9 Abs. 3 GG verwiesen werden.

Die Regelung ist auch geeignet, die Neutralität der Bundesanstalt bei Arbeitskämpfen mit Fernwirkungen zu gewährleisten. Der Partizipationsgedanke ermöglicht eine Abgrenzung der Leistungsempfänger nach Kriterien, die an diesem Ziel ausgerichtet sind. Ein gleich wirksames Mittel, das weniger weitgehend in die versicherungsrechtlichen Positionen der Arbeitnehmer eingreift, ist nicht ersichtlich.

Der Eingriff wäre auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinne. Zum einen ist die Position, in die eingegriffen würde, den Versicherten allenfalls in geringfügigem Umfang als privatnützig zugeordnet. Außerdem bewirkt die Regelung in der Praxis, daß die Gewerkschaften - und möglicherweise auch die Arbeitgeber - bestrebt sind, bei Arbeitskämpfen so vorzugehen, daß Kurzarbeit in anderen Bezirken vermieden wird. Überdies würde nur in Rechtspositionen solcher Arbeitnehmer eingegriffen, bei denen erwartet werden kann, daß sie am Erfolg des Arbeitskampfes teilhaben werden.

Auf der anderen Seite ist die Wahrung der Neutralität der Bundesanstalt für Arbeit ein wichtiges Anliegen, dem der Gesetzgeber gegenüber diesen Rechtspositionen den Vorrang einräumen durfte.

IV. Die Regelung verletzt nicht den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Sie führt zwar bei streikbedingten Arbeitsausfällen zu einer Ungleichbehandlung der Arbeitnehmer aus nicht umkämpften Bezirken derselben Branche gegenüber den Arbeitnehmern in anderen Branchen. Doch ist diese Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt.

1. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Der unterschiedlichen Weite des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums entspricht eine abgestufte Kontrolldichte bei der verfassungsgerichtlichen Prüfung (vgl. BVerfGE 88, 87 <96 ff.>). Danach gilt hier ein relativ strenger Maßstab. Die angegriffene Regelung führt zu einer erheblichen Ungleichbehandlung von Personengruppen, deren Mitglieder die ungleichen Rechtsfolgen faktisch nicht vermeiden können.

2. Die Begrenzung der Ruhensregelung auf Arbeitnehmer derselben Branche ist hiernach sachgerecht. Sie beruht auf der auch im Regierungsentwurf zum Ausdruck gekommenen unbestrittenen Annahme, daß außerhalb der Fachbereichsgrenze andere Tarifvertragsparteien eigenständige Tarifziele verfolgen. Der Gesetzgeber konnte mit guten Gründen davon ausgehen, daß Arbeitskämpfe weder mit dem Ziel noch mit dem absehbaren Ergebnis geführt werden, daß der Abschluß auf die Arbeitnehmer anderer Fachbereiche übertragen wird. Zutreffend wird dazu im Regierungsentwurf ausgeführt, daß nur im Rahmen desselben Fachbereichs durch Gewährung von Leistungen überhaupt in den Arbeitskampf eingegriffen werden kann (BTDrucks. 10/4989).

Die Abgrenzung nach Fachbereichen oder Branchen entspricht einem überkommenen Ordnungsprinzip der Koalitionen. Deren Tarifzuständigkeit richtet sich nach Satzungen, die regelmäßig auf Branchen abstellen (Industrieverbandsprinzip). Praktisch alle Tarifverträge unterscheiden nach persönlichem und fachlichem Geltungsbereich. Die Arbeitsrechtsordnung knüpft vielfach an den Geltungsbereich von Tarifverträgen an, so zum Beispiel in § 622 Abs. 4 Satz 2 BGB oder in § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG.

Die zur Prüfung gestellte Regelung dient dazu, den Einfluß von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung auf Arbeitskämpfe im Interesse einer Erhaltung der Parität der Tarifvertragspartner zu neutralisieren. Sie orientiert sich dabei am Partizipationsgedanken. Daß dieses Prinzip ein sachgerechtes Zuordnungskriterium im vorliegenden Zusammenhang darstellt, ist bereits dargelegt worden. An den Ergebnissen des Arbeitskampfes in einem anderen Bezirk partizipieren vor allem die Angehörigen derselben Branche. Einmal verhandeln bei Tarifauseinandersetzungen in den unterschiedlichen Bezirken derselben Branche praktisch dieselben Partner. Außerdem sind die Rahmenbedingungen für das Aushandeln von Löhnen in aller Regel und von anderen Arbeitsbedingungen weitgehend gleich. Durch einheitliche Abschlüsse werden auch regionale Wettbewerbsverzerrungen vermieden, was im Interesse beider Tarifvertragsparteien liegt.

Zwischen den verschiedenen Branchen gibt es hingegen sehr viel weniger Übereinstimmungen. Nur von der allgemeinen Konjunkturlage werden meist alle Branchen in annähernd gleicher Weise betroffen. Daher kommt bestimmten Tarifabschlüssen am Beginn einer Periode von Tarifauseinandersetzungen häufig eine gewisse Pilotfunktion zu. Ein solches branchenübergreifendes Signal, das von einem Tarifabschluß ausgeht, ist aber schwächer als ein Pilotabschluß in derselben Branche und in seinen Auswirkungen rechtlich kaum faßbar.

3. § 116 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AFG verstößt auch in anderer Hinsicht nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

Es ist nicht zu beanstanden, daß die mittelbar von einem Arbeitskampf betroffenen Arbeitnehmer außerhalb des umkämpften Bezirks belastet werden, obwohl sie am Ergebnis des Arbeitskampfes nicht mit Sicherheit teilhaben. Voraussetzung für das Ruhen der Versicherungsansprüche ist, daß das Arbeitskampfergebnis den betroffenen Arbeitnehmern aller Voraussicht nach zugute kommt. Diese Prognose wird von dem Neutralitätsausschuß getroffen, der aus Vertretern der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber sowie dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit zusammengesetzt ist (§ 206 a Abs. 1 AFG). Sie ist zudem gerichtlich überprüfbar. Damit hat der Gesetzgeber hinreichend dafür vorgesorgt, daß am Arbeitskampf nicht beteiligte Arbeitnehmer nur dann nachteilig betroffen werden, wenn ihnen die Vorteile der Tarifauseinandersetzung zugute kommen.

V. Die Regelung steht auch mit dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) im Einklang. Sie ist weder unklar noch bürdet sie der Bundesanstalt für Arbeit wertende Entscheidungen in einem mit diesem Prinzip nicht mehr zu vereinbarenden Umfang auf. Zwar ist sie auslegungsbedürftig; sie läßt aber in Verbindung mit den Gesetzesmaterialien hinreichend deutlich erkennen, was gemeint ist und woran die anwendende Stelle sich zu orientieren hat. Das wird durch die inzwischen ergangene Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 4. Oktober 1994 (NZA 1995, S. 320) bestätigt.

VI. Die Regelung der Klagebefugnis in § 116 Abs. 6 AFG verstößt nicht gegen die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG.

1. Bindungswirkung gegenüber Dritten beigemessen wird, läßt eine Verletzung dieser Garantie von vornherein nicht erkennen. Rechtsschutzmöglichkeiten Dritter könnten allenfalls dann eingeschränkt sein, wenn eine Bindungswirkung ihnen gegenüber bestünde. Soweit sie nicht an die Entscheidung des Bundessozialgerichts gebunden sind, bleibt es ihnen unbenommen, die Entscheidung des Neutralitätsausschusses inzident mit den gesetzlich gegebenen Klagemöglichkeiten überprüfen zu lassen.

2. Ebensowenig wird Art. 19 Abs. 4 GG dadurch verletzt, daß gegen die Entscheidung des Neutralitätsausschusses nur das Bundessozialgericht in erster und letzter Instanz angerufen werden kann.

a) Weder Art. 19 Abs. 4 GG noch das allgemeine Rechtsstaatsprinzip gewährleisten einen Instanzenzug (BVerfGE 87, 48 <61> m.w.N.; st. Rspr.). Den obersten Gerichtshöfen des Bundes können in begrenztem Umfang erstinstanzliche Zuständigkeiten übertragen werden. Aus Art. 95 Abs. 1 GG folgt zwar, daß sie grundsätzlich als höchste Rechtsmittelgerichte innerhalb eines Gerichtszweiges gedacht sind. Der Gesetzgeber darf ihnen aber die alleinige Kompetenz zur Überprüfung von Verwaltungsakten oberster Bundesbehörden übertragen, die von überregionaler oder allgemeiner grundsätzlicher Bedeutung sind oder einer raschen endgültigen Klärung bedürfen (vgl. BVerfGE 8, 174 <177, 181>).

b) Daran gemessen ist die Rüge unbegründet. Für den Neutralitätsausschuß kann nichts anderes gelten als für oberste Bundesbehörden. Er ist die allein zuständige Verwaltungsinstanz für die Entscheidungen nach § 116 Abs. 3 AFG. Seine Beschlüsse unterliegen keiner Überprüfung im Verwaltungsverfahren. Sie sind von überregionaler und allgemeiner Bedeutung und betreffen Fragen, die wegen des laufenden Arbeitskampfes einer besonders raschen Klärung bedürfen.

3. Es ist auch nicht erkennbar, daß die Regelung die Arbeitgeber bevorzugt, soweit diese nur regional organisiert sind. Der Begriff Fachspitzenverbände braucht nicht technisch in dem Sinne ausgelegt zu werden, den ihm die Beschwerdeführerin beimißt. Von der Sache her liegt es zudem nahe, auch Dachverbände einzubeziehen, soweit es bundesweit organisierte Fachverbände im engeren Sinne nicht gibt. In diesem Sinne hat das Bundessozialgericht die Vorschrift im übrigen inzwischen ausgelegt (NZA 1995, S. 320 <323>). ..." (BVerfG, Urteil vom 04.07.1995 - 1 BvF 2/86, 1 BvF 1/87, 1 BvF 2/87, 1 BvF 3/87, 1 BvF 4/87, 1 BvR 1421/86)

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„... 1. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet das Recht, zur Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Vereinigungen zu bilden. Er schützt auch die Koalitionen selbst in ihrem Bestand, ihrer Organisation und ihrer Tätigkeit, soweit diese gerade in der Wahrung und Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen besteht. Hierzu gehört insbesondere der Abschluß von Tarifverträgen. Die Koalitionen sollen beim Abschluß von Tarifverträgen frei sein und die Mittel, die sie zur Erreichung dieses Zwecks für geeignet halten, selbst wählen können. Zu den geschützten Mitteln zählen jedenfalls die Arbeitskampfmaßnahmen, die erforderlich sind, um eine funktionierende Tarifautonomie sicherzustellen (BVerfGE 84, 212 <225>). Ein solches Mittel ist auch der Streik. ..." (BVerfG, Beschluss vom 02.03.1993 - 1 BvR 1213/85).

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VIII. Verfassung des Landes Hessen Vom 1. Dezember 1946

Artikel 29

(1) Für alle Angestellten, Arbeiter und Beamten ist ein einheitliches Arbeitsrecht zu schaffen.

(2) Im Rahmen dieses Arbeitsrechts können Gesamtvereinbarungen nur zwischen den Gewerkschaften und den Unternehmungen oder ihren Vertretungen abgeschlossen werden. Sie schaffen verbindliches Recht, das grundsätzlich nur zugunsten der Arbeitnehmer abbedungen werden kann.

(3) Das Schlichtungswesen wird gesetzlich geregelt.

(4) Das Streikrecht wird anerkannt, wenn die Gewerkschaften den Streik erklären.

(5) Die Aussperrung ist rechtswidrig.

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Kommentar

Die Gewerkschaften scheinen ihre Lage und ihre Aussichten vor den Gerichten der BRD fahrlässig zu rosig einzuschätzen. Die BRD ist nicht der Staat der Arbeiter und Angestellten sowie ihrer Koalitionen. Fürchten müssen Grundrechtsträger der Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit nicht nur die einseitige Wahrnehmung der Arbeitgeberinteressen durch die im Bundestag mehrheitlich vertretenen Parteien, vor allem die SPD und Die Grünen. Grob fahrlässig ist es zu verkennen, wie die Richter des Bundesverfassungsgerichts bestellt werden (§§ 5 ff BVerfGG). Allein die in diesem Dokument zu den Grundlagen des Streikrechts zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts verdeutlichen, dass vor allem von den Richtern dieses Gerichts aus politischen Gründen die größten Gefahren für die Rechte der Lohnabhängigen und ihre Gewerkschaften ausgehen. Seit Jahrzehnten macht dieses Bundesverfassungsgericht nichts anderes, als das Grundgesetz so zu verbiegen, dass es den Vorstellungen der allein unter politischen Gesichtspunkten ausgewählten Richterschaft am Bundesverfassungsgericht von der ideologisch gewünschten Verfassungswirklichkeit entspricht. Solche Richter scheuen von Haus aus - ebenso wie die Bundesarbeitsministerin Frau Andrea Nahles (SPD) - das Streikrecht der Arbeitnehmer wie der Teufel das Weihwasser. Sie haben außerdem den Vorteil, dass sie von der rechten Journaille der Mainstream-Medien jubelnd unterstützt werden.