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Aufenthaltsverbot, Präventivgewahrsam
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Weltmeisterschaft 2006
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Stand: 12. Juni 2006
Staatliche und privatrechtliche Beschränkungen der bürgerlichen Freiheiten vor, während und nach den FIFA Weltmeisterschaften 2006 in der BRD:
1. Öffentliches Recht
(a) Die Polizei soll nach dem Willen der Politiker, die vertraglichen Rechte des Veranstalters (FIFA/DFB) und der Sponsoren der Weltmeisterschaft auf Kosten
der Bürger durchzusetzen, obwohl sie dazu von Rechts wegen nicht berufen ist.
Rechtfertigung: Der Staat sei doch grundsätzlich verpflichtet, die tatsächlich möglichen und rechtlich zulässigen Maßnahmen gegen Gewalttäter zu ergreifen,
wobei er hinsichtlich der konkreten Mittel einen erheblichen Ermessensspielraum habe.
(b) Mit Polizeiverordnungen für das Stadiongelände werden die Anforderungen an das Verhalten der Besucher geregelt. Der Besitz einer Eintrittskarte ist
Voraussetzung für die öffentlich-rechtliche Zugangsberechtigung. Die Polizei kann das Vorzeigen der Eintrittskarte verlangen. Der Stadionbesucher muss den
Anweisungen der Polizei und des Ordnungsdienstes Folge leisten.
(c) Die Städte machen mit ihren so genannten „Stadionsatzungen" von der Möglichkeit Gebrauch, das Verhalten im Stadion unabhängig von der
Polizeiverordnung zu einem Teil der staatlichen Rechtsordnung und damit der öffentlichen Sicherheit zu machen, um weitere Eingriffsbefugnisse zu Lasten der
Bürger zu fixieren. Die Stadionordnungen regeln u.a. die Zutrittsvoraussetzungen, der Weisungsgebundenheit und das Verbot des Mitführens gefährlicher Gegenstände.
(d) In den Wochen vor der Weltmeisterschaft weist die Polizei ohne Ermächtigungsgrundlage und unter Verwendung gespeicherter Daten „potenzielle
Gewalttäter" schriftlich oder mündlich darauf hin, dass sie im polizeilichen Fokus stehen und gegen sie bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen
vorbeugende oder strafverfolgende Maßnahmen ergriffen werden können. Eine Ermächtigungsgrundlage ist erforderlich, wenn die Polizeibehörde dem
Adressaten schon für die bloße Anreise konkrete präventivpolizeiliche Maßnahmen mit dem Ziel ankündigt, ihn von der Teilnahme abzuhalten.
(e) Von einem betroffenen Bürger geht schon dann eine Gefahr aus, wenn auf Grund seines individuellen Verhaltens in der Vergangenheit bei objektiver
Betrachtung damit zu rechnen ist, dass er sich bei der Weltmeisterschaft an Ausschreitungen beteiligt. In diesem Fall soll gegen ihn eine Meldeauflage erlassen
werden dürfen. Die Meldeauflage soll den Betroffenen grundsätzlich zur Meldung auf der Polizeidienststelle seines Wohnsitzes oder einer anderen
Polizeidienststelle verpflichten, um ihn vom „Gefahrenort fernzuhalten".
(f) Gegen Bürger, die als Gewalttäter geführt werden, wird ein Aufenthaltsverbot verhängt. Die Polizeibehörde wird Zeit und Ort des Aufenthaltsverbots genau
bezeichnen. Das Gebiet wird mit Straßennamen oder sonstigen eindeutigen Ortsbezeichnungen und möglichst mit einer Karte umgrenzt sein.
(g) Hat sich der betroffene Bürger nach Ansicht der Polizeibehörden über eine vorangegangene Meldeauflage oder ein Aufenthaltsverbot hinweggesetzt oder
wird dies auf Grund konkreter Anhaltspunkte befürchtet, so droht Verhaftung in Form von „Präventivgewahrsam".
2. Strafrechtliche Maßnahmen
Ist die zuständige Staatsanwaltschaft im Gleichschritt mit den jeweils zuständigen Strafgerichten der Ansicht, dass betroffene Bürger schnell abgeurteilt
müssen, so werden so genannte „beschleunigte Verfahren", die häufig mit einer heftigen Beschneidung der prozessualen Verteidigungsrechte einhergehen,
durchgeführt; kurzer Prozess.
Siehe dazu im Strafrechtslexikon unter „Beschleunigtes Verfahren".
3. Zivilrechtliche Verantwortlichkeit
(a) Der DFB und die FIFA sind verpflichtet, Leib, Leben und Eigentum der Besucher weder durch eigene oder beauftragte Mitarbeiter zu gefährden, noch
Gefährdungen durch Dritte zu begünstigen oder zuzulassen. Die Veranstalter haben die für Großveranstaltungen üblichen und zumutbaren
Sicherheitsvorkehrungen zu treffen, insbesondere eine ausreichende Zahl an Ordnern zur Verfügung zu stellen und qualifizierte Kontrollen an den
Stadionzugängen zu gewährleisten. Dazu gehört auch, die Bürger vor gewalttätigen Übergriffen zu schützen. Die zur Verfügung stehenden Erkenntnisse
müssen genutzt werden. Gegen bekannte Gewalttäter muss vorgegangen werden.
(b) Sollte es zu Schadenfällen kommen, werden die Veranstalter versuchen, sich ihrer Verantwortung zu entziehen. Die Brücke dafür ist schon gebaut. Der
DFB und die FIFA sollen „nur die tatsächlich möglichen und nach Treu und Glauben zumutbaren Maßnahmen" treffen müssen.
(c) Nach dem „Kleingedruckten" (ATGB und Hausordnung) sind Zuschauer verpflichtet, Eingangskontrollen zu dulden und sich im Stadion nicht
sicherheitsgefährdend zu verhalten. Bei Betreten des Stadioninnenraums droht der Stadionverweis.
(d) Der DFB spricht nach den Sicherheitsrichtlinien ein bundesweites Stadionverbot gegen Personen aus, „die durch ihr Verhalten innerhalb oder außerhalb der
Platzanlage im Zusammenhang mit einer Fußballveranstaltung die Sicherheit und Ordnung der Veranstaltung beeinträchtigen oder gefährden". ein
Stadionverbot für künftige Spiele verhängen, muss eine Besitzbeeinträchtigung „zu besorgen" sein. Ein Stadionverbot für künftige Spiele wird verhängt, wenn
der individuell betroffene Bürger anlässlich vorangegangener Fußballspiele nachweislich gewalttätig in Erscheinung getreten ist oder anderweitig gegen die
Stadionordnung verstoßen hat.
(e) Nach der jeweiligen Hausordnung berechtigt der Besitz einer Eintrittskarte nicht zum Zutritt, wenn ein Stadionverbot vorliegt.
(f) Das DFB-Stadionverbot darf nicht mit dem bundesweit geltenden „faktischen Stadionverbot" verwechselt werden. Dieses besteht für junge und alte
Fußballfans gleichermaßen, weil keine Chance bestand, in einem transparenten Verfahren auch nur eine Eintrittskarte für ein einziges WM-Spiel zu erlangen. Dazu:
- http://www.fanguide2006.de
- http://www.stadionwelt.de
4. Fazit
Das Motto „freie Bürger für freie Stadien" erscheint unter diesen Bedingungen in einem neuen Licht, wird bedacht, dass die Welt zu Gast im
Überwachungsstaat mit Bürgern ohne Eintrittskarten sein wird, in dem sich zu allem Überfluss hinter jeder Ecke, ob in Dörfern oder Städten, Feld, Wald oder
Wiese, Terroristen verstecken und auf das Klingeln ihres Weckers warten.
Was sonst noch geschieht, geschehen wird oder schon geschehen ist, davon erfahren die Fußballfans erst, wenn die Skandale - zumindest teilweise - aufgedeckt
worden sind. Also bitte brav in den nächsten fünfzig Jahren den Spiegel oder andere einschlägige Publikationen lesen.